&&am &&lg=0 &&rl=0 &&rr=0 &&ll=0 &&___A4A5A6_Z0___halb16zu9_Z16___T3A7_Z-1___SVGHTML_Z0 &&lg=x Choderlos de Laclos &&lg=0 &&fa {{Gefährliche Liebschaften}} &&fe &&lg=x Band 2 erschienen im HYPERION-VERLAG München &&sw02 &&sglogo &&ak=1 &&wt0 &&x &&lg=0 &&nsr &&am {{Inhalt}} &&gv &&x &&nsr &&am &&lg=x &&g="[Personen]" &&fa Personen &&fe &&ax &&lg=x {{Mar¬qui¬se von Mer¬teuil}} &&fa Marquise von Merteuil: &&fe Von adliger Abstammung. Sie[[1]] plant eine Intrige gegen den {{Gra¬fen Ger¬court}} [Grafen Gercourt], weil der sie verlassen hat. Dazu bedient sie sich ihres ehemaligen Geliebten, den: {{Vi¬com¬te von Val¬mont}} &&fa Vicomte von Valmont: &&fe Auch von adliger Herkunft. Sein Hobby: Frauen verführen. Sein Ziel: Durch die Verführung der {{Ma¬da¬me von Tour¬vel}} seinen Ruf und Ruhm in gewissen Kreisen zu festigen. Er soll im Auftrag der Marquise von Merteuil das Fräulein {{Cé¬cile Vo¬lan¬ges}} vor ihrer Ehe mit dem Grafen Gercourt verführen. {{Cé¬cile Vo¬lan¬ges}} &&fa Cécile Volanges: &&fe Ehemalige Klosterschülerin. 15 Jahre jung. Soll mit dem Grafen Gercourt verheiratet werden. Sie[[1]] verliebt sich aber in ihren Musiklehrer, den: {{Che¬va¬lier Dan¬ce¬ny}} &&fa Chevalier Danceny: &&fe Musiklehrer von Cécile Volanges. {{Ma¬da¬me de Tour¬vel}} &&fa Madame de Tourvel: &&fe Mit dem Präsidenten Tourvel verheiratet und ihm treu ergeben. Sie[[1]] ist von außerordentlicher Schönheit. {{Ma¬da¬me de Rose¬monde}} &&fa Madame de Rosemonde: &&fe Tante des Vicomte von Valmont und mit Madame de Tourvel befreundet. {{Ma¬da¬me Vo¬lan¬ges}} &&fa Madame Volanges: &&fe Die Mutter von Cécile Volanges. &&x &&nsr &&am &&lg=x &&g="91._Brief" &&fa Einundneunzigster Brief Frau von Tourvel an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x &&fz1 &&fzs=1 Ich wünsche, mein Herr, dieser Brief möge Ihnen keinen Schmerz bereiten, oder, wenn er es doch tun sollte, dieser Schmerz dann wenigstens gelindert werde durch den, den ich empfinde, während ich Ihnen schreibe. Sie[[1]] werden mich jetzt zur Genüge kennen, um zu wissen, daß es nicht in meiner Absicht liegt, Sie[[1]] zu kränken. Aber auch Sie[[1]] möchten mich doch auch nicht in ewige Verzweiflung stürzen. Ich beschwöre Sie[[1]] also, im Namen der zärtlichen Freundschaft, die ich Ihnen versprochen habe, im Namen der vielleicht stärkeren, aber sicher nicht aufrichtigeren Gefühle, die Sie[[1]] für mich haben – vermeiden wir es, uns zu sehen; reisen Sie[[1]] ab; und bis dahin lassen Sie[[1]] uns alle diese gefährlichen Unterhaltungen unter vier Augen meiden, bei denen ich durch eine mir unbegreifliche Macht Ihnen nie sagen kann, was ich will, sondern nur die ganze Zeit darauf höre, was ich nicht hören sollte. Gestern noch, als Sie[[1]] mich im Parke einholten, hatte ich wirklich keinen anderen Zweck, als Ihnen zu sagen, was ich jetzt – schreibe, und was habe ich getan? Mich mit Ihrer Liebe beschäftigt – mit Ihrer Liebe, die ich nie erwidern darf! Barmherzigkeit! Meiden Sie[[1]] mich. Glauben Sie[[1]] ja nicht, daß meine[[Besitz]] Abwesenheit meine[[Besitz]] Gefühle für Sie[[1]] schwächen könnte; wie sollte ich sie besiegen, wenn ich den Mut nicht mehr habe, gegen sie zu kämpfen? Sie[[1]] sehen, ich sage Ihnen alles, denn ich fürchte mich weniger davor, meine[[Besitz]] Schwäche zu bekennen, als ihr zu unterliegen. Aber wenn ich auch die Herrschaft über meine[[Besitz]] Gefühle verloren habe, so werde ich sie doch über meine[[Besitz]] Handlungen behalten, ja, ich werde sie behalten und bin dazu entschlossen, und wenn es mich mein Leben kostete! Mein Gott, die Zeit ist nicht ferne, da ich ganz fest glaubte, daß ich nie solche Kämpfe zu bestehen haben würde. Ich beglückwünschte mich dazu und war vielleicht zu stolz darauf. Der Himmel hat diesen Stolz grausam bestraft; aber voller Barmherzigkeit noch im Augenblick, da er uns züchtigt, warnt er mich noch vor dem Fall; und ich wäre doppelt schuldig, wenn ich es weiter an Vorsicht fehlen ließe, jetzt, da ich gewarnt bin, daß mir die Kraft ausgeht. Sie[[1]] haben mir hundertmal gesagt, daß Sie[[1]] kein Glück möchten, das mit meinen[[Besitz]] Tränen erkauft ist. Ach, sprechen wir nicht mehr von Glück, aber lassen Sie[[1]] mich meine[[Besitz]] Ruhe wiederfinden. Wenn Sie[[1]] meiner Bitte – nachgeben, was für neue Rechte erwerben Sie[[1]] sich dann nicht über mein Herz! Und die wären auf die Tugend gegründet, und ich brauchte mich nicht dagegen zu wehren. Wie würde ich mir in der Dankbarkeit nicht genug tun! Ich würde es Ihnen dann verdanken, ohne Reue ein köstliches Gefühl zu genießen. Jetzt bin ich erschrocken über meine[[Besitz]] Gefühle und Gedanken und fürchte, mich mit Ihnen wie mit mir zu beschäftigen. Schon der Gedanke an Sie[[1]] entsetzt mich; wenn ich ihn nicht fliehen kann, bekämpfe ich ihn; ich kann ihn nicht bannen, aber ich stoße ihn von mir. Wäre es nicht für uns beide besser, diesem Zustand der Angst und Verwirrung ein Ende zu machen? O Sie[[1]], dessen gefühlvolle Seele auch inmitten der Irrungen für die Tugend schlägt, Sie[[1]] werden Achtung vor meinem Schmerz haben und werden meine[[Besitz]] Bitte nicht abschlagen. Ein ruhigeres, aber nicht weniger zärtliches Interesse wird diesen stürmischen Erregungen folgen; dann werde ich dank Ihrer Güte aufatmen, dann werde ich mein Dasein wieder lieben, und in meiner; Herzensfreude sagen: Die Ruhe, die ich empfinde, verdanke ich meinem Freunde. Wenn Sie[[1]] sich einigen leichten Entbehrungen unterwerfen, die ich Ihnen nicht aufdringe, aber um die ich Sie[[1]] bitte – glauben Sie[[1]] denn damit das Ende meiner Qual zu teuer zu erkaufen? Ach, wenn, um Sie[[1]] glücklich zu machen, es nur nötig wäre, in mein eigenes Unglück zu willigen, dann, Sie[[1]] können mir's glauben, würde ich keinen Augenblick zögern. … Aber schuldig werden! … Nein, mein Freund, nein, lieber tausendmal sterben. Schon niedergedrückt durch die Scham, am Vorabend meiner Reue, fürchte ich die andern und mich selbst. Ich erröte in Gesellschaft und zittere in der Einsamkeit. Ich habe nur noch ein Leben, das des Schmerzes. Ruhe kann ich nur durch Sie[[1]] erlangen. Meine[[Besitz]] besten Entschlüsse genügen nicht, um mich zu beruhigen; ich habe diesen schon gestern gefaßt und habe doch diese Nacht in Tränen verbracht. Sehen Sie[[1]] Ihre Freundin, die, die Sie[[1]] lieben, verwirrt und bittend, von Ihnen Ruhe und Unschuld bittend. Ach Gott, ohne Sie[[1]], wäre sie jemals zu dieser demütigenden Bitte verurteilt worden? Aber ich werfe Ihnen nichts vor. Ich fühle zu gut an mir selbst, wie schwer es ist, einem herrischen Gefühl zu widerstehen. Eine Klage ist kein Murren. Tun Sie[[1]] aus Edelsinn, was ich aus Pflichtgefühl tue, und zu allen Gefühlen, die Sie[[1]] mir eingeflößt haben, werde ich das einer ewigen Dankbarkeit fügen. Adieu. Adieu. &&ar den 27. September 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="92._Brief" &&fa Zweiundneunzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Frau von Tourvel. &&fe &&ax &&lg=x Noch ganz bestürzt durch Ihren Brief, gnädige Frau, weiß ich wirklich nicht, wie ihn beantworten. Ohne Zweifel, wenn zwischen Ihrem Unglück und dem meinen[[Besitz]] gewählt werden muß, so ist es an mir, mich zu opfern, und ich zaudere nicht. Aber so wichtige Dinge verdienen, scheint mir, vor allem besprochen und aufgeklärt zu werden, aber wie das erreichen, wenn wir uns weder sehen noch sprechen sollen? Wie? Während uns die zärtlichsten Gefühle vereinen, soll eine eingebildete Furcht uns vielleicht für immer voneinander trennen? Vergebens sollen die zärtliche Freundschaft, die glühendste Liebe ihre Rechte verlangen und ihre Stimmen sollen nicht gehört werden? Und warum? Was ist denn das für eine Gefahr, die Sie[[1]] bedroht? Ach, glauben Sie[[1]] mir, solche Furchtanfälle, die so leicht kommen, sind, scheint mir, nur ein hinreichender Grund, sich sicher zu fühlen. Erlauben Sie[[1]] mir, daß ich Ihnen sage: ich finde hier wieder die Spur der ungünstigen Meinungen, die man Ihnen über mich gegeben hat. Man zittert nicht in der Nähe des Mannes, den man schätzt; man vertreibt besonders nicht den, den man einiger Freundschaft würdig hielt; einen gefährlichen Menschen, den fürchtet und flieht man. Wer aber war je respektvoller und ergebener als ich? Schon, Sie[[1]] sehen es, beherrsche ich mich in meiner Sprache; ich erlaube mir nicht mehr jene süßen Worte, die meinem Herzen so lieb sind, und die es Ihnen im Geheimen immer weiter gibt. Es ist nicht mehr der treue und unglückliche Geliebte, der von der zärtlichen und gütigen Freundin Ratschläge und Tröstungen erhält, es ist der Angeklagte vor dem Richter, der Sklave vor dem Herrn! Diese neuen Titel erfordern ohne Zweifel neue Pflichten. Ich verpflichte mich, sie alle zu erfüllen. Hören Sie[[1]] mich an, und wenn Sie[[1]] mich verurteilen, werde ich zu Boden blicken und abreisen. Ich verspreche noch mehr: ziehen Sie[[1]] den Despotismus vor, der verurteilt, ohne zu hören! Haben Sie[[1]] den Mut zur Ungerechtigkeit! Befehlen Sie[[1]] und ich gehorche auch dann noch. Aber dieses Urteil oder diesen Befehl, ich will ihn aus Ihrem Munde hören. Warum? werden Sie[[1]] fragen. Ach! wenn Sie[[1]] so fragen, wie kennen Sie[[1]] die Liebe und mein Herz wenig! Ist es denn nicht, Sie[[1]] noch einmal zu sehen? Und wenn Sie[[1]] die Verzweiflung in meine[[Besitz]] Seele bringen, wird vielleicht ein tröstender Blick sie davor bewahren, zu brechen. Wenn ich schon auf Liebe verzichten muß und auf Freundschaft, für die allein ich lebe, so werden Sie[[1]] wenigstens Ihr Werk sehen, und Ihr Mitleid wird mir bleiben. Diese geringe Gunst, wenn ich sie selbst nicht verdiente, bezahle ich wohl und bereitwillig teuer genug, um zu hoffen, sie zu erlangen. Wie! Sie[[1]] wollen mich aus Ihrer Nähe entfernen! Sie[[1]] lassen es zu, daß wir einer dem andern fremd werden! Was sage ich? Sie[[1]] wünschen es! Und während Sie[[1]] mir versichern, daß meine[[Besitz]] Abwesenheit Ihre Gefühle nicht verändern wird, beschleunigen Sie[[1]] meine[[Besitz]] Abreise nur, um leichter an die Zerstörung dieser Gefühle gehen zu können. Schon sprechen Sie[[1]] mir davon, daß Sie[[1]] diese Gefühle durch Dankbarkeit ersetzen wollen. Also ein Gefühl, das ein Fremder von Ihnen für eine kleinste Gefälligkeit bekäme, ja selbst Ihr Feind, wenn er aufhörte, Ihnen zu schaden, das ist es, was Sie[[1]] mir bieten! Und Sie[[1]] wollen, daß mein Herz sich damit begnügt! Befragen Sie[[1]] das Ihrige. Wenn Ihr Geliebter, Ihr Freund, eines Tages zu Ihnen käme, Ihnen von Dankbarkeit reden wollte, würden Sie[[1]] dem nicht entrüstet sagen: »Gehen Sie[[1]], Sie[[1]] sind undankbar« –? Ich schließe und rufe Ihre Nachsicht an. Verzeihen Sie[[1]] den Ausdruck des Schmerzes, den Sie[[1]] hervorrufen. Er wird meine[[Besitz]] treue Unterwerfung nicht hindern. Aber ich beschwöre Sie[[1]] meinerseits, im Namen dieser süßen Gefühle, auf die Sie[[1]] selbst sich berufen, weigern Sie[[1]] sich nicht, mich anzuhören! Und aus Barmherzigkeit wenigstens für den tödlichen Zustand, in den Sie[[1]] mich gestürzt haben, schieben Sie[[1]] den Augenblick nicht auf. Adieu, gnädige Frau. &&ar den 27. September 17.. Abend. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="93._Brief" &&fa Dreiundneunzigster Brief Der Chevalier Danceny an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x O Freund! Ihr Brief hat mich erstarren machen. Cécile – Gott, ist es möglich? Cécile liebt mich nicht mehr. Ja, ich sehe diese entsetzliche Wahrheit durch den Schleier hindurch, mit dem Ihre Freundschaft sie verhüllt. Sie[[1]] wollten mich auf den tödlichen Schlag vorbereiten – ich danke Ihnen für Ihre Bemühung; aber läßt sich die Liebe täuschen? Sie[[1]] läuft allem entgegen, was sie beschäftigt; sie erfährt ihr Geschick nicht, sie errät es. Ich zweifle nicht mehr an dem meinen[[Besitz]]; sprechen Sie[[1]] ohne Umschweife, Sie[[1]] können es, und ich bitte Sie[[1]] darum. Sagen Sie[[1]] mir alles: was hat die Zweifel in Ihnen erregt, was sie bestätigt. Die kleinsten Einzelheiten sind wichtig. Trachten Sie[[1]] vor allem, sich ihrer Worte zu entsinnen. Ein Wort statt eines andern kann einen ganzen Satz verändern; ein Wort ist oft doppelsinnig … Können Sie[[1]] sich nicht getäuscht haben? Ach, ich versuche mir es noch auszureden! Was hat sie Ihnen gesagt? Wirft sie mir etwas vor? Verteidigt sie sich nicht wenigstens wegen ihres Unrechtes? Ich hätte die Änderung voraussehen müssen, aus den Schwierigkeiten, die sie seit einiger Zeit in allem findet. Die Liebe kennt nicht so viel Hindernisse. Was soll ich tun? Was raten Sie[[1]] mir? Wenn ich versuchte, sie zu sehen! Ist dies denn unmöglich? Das Fernsein ist so grausam, so unheilvoll … Und sie hat ein Mittel ausgeschlagen, mich zu sehen. Sie[[1]] sagen mir nicht, was es für eins war; wenn wirklich zuviel Gefahr dabei war, so weiß sie sehr wohl, daß ich nicht wünsche, daß sie zuviel wagt. Aber ich kenne auch Ihre Vorsicht, und kann, zu meinem Unglück, nicht an ihr zweifeln. Was soll ich jetzt tun? Wie ihr schreiben? Wenn ich sie meinen[[Besitz]] Argwohn sehen lasse, betrübt sie das vielleicht; und wenn er ungerecht ist, würde ich mir je verzeihen, sie betrübt zu haben? Wenn ich ihn ihr verberge, dann betrüge ich sie, und ich kann mich bei ihr nicht verstellen. O! wüßte sie, was ich leide, meine[[Besitz]] Pein würde sie rühren. Ich weiß, sie hat ein Herz, und ich habe tausend Beweise ihrer Liebe. Zu schüchtern ist sie, zu umständlich und verlegen – aber sie ist noch so jung! Und ihre Mutter behandelt sie so streng! Ich will ihr schreiben; ich will an mich halten; ich werde sie nur bitten, ganz auf Sie[[2]] zu vertrauen. Wenn sie selbst dann noch sich weigert, so kann sie mir doch meine[[Besitz]] Bitte nicht übelnehmen; und vielleicht wird sie einwilligen. Sie[[1]], mein Freund, bitte ich tausendmal um Verzeihung, für sie und für mich. Ich versichere Ihnen, sie fühlt den Wert Ihrer Sorge und ist dankbar dafür. Es ist nicht Mißtrauen, es ist Schüchternheit. Haben Sie[[1]] Nachsicht mit ihr, das Schönste an der Freundschaft. Die Ihrige ist mir sehr wertvoll, und ich weiß nicht, wie ich mich für alles dankbar zeigen soll, was Sie[[1]] für mich tun. Adieu, ich will sofort schreiben. Ich fühle alle meine[[Besitz]] Befürchtungen wiederkommen; wer mir gesagt hätte, daß es mir je Mühe kosten würde, ihr zu schreiben! Ach, gestern noch war es meine[[Besitz]] süßeste Freude. Adieu, lieber Freund; fahren Sie[[1]] in Ihrer Mühe um mich fort und beklagen Sie[[1]] mich. &&ar Paris, den 27. September 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="94._Brief" &&fa Vierundneunzigster Brief Der Chevalier Danceny an Cécile Volanges. (Dem vorhergehenden Briefe beigelegt.) &&fe &&ax &&lg=x Ich kann Ihnen nicht verbergen, wie sehr ich betrübt war, als ich von Valmont hörte, wie wenig Vertrauen Sie[[1]] immer noch zu ihm haben. Wo Sie[[1]] doch wissen, daß er mein Freund ist, daß er der einzige Mensch ist, der uns beide zusammenbringen kann, – ich glaubte, dies würde Ihnen genügen; nun sehe ich schmerzlich, daß ich mich getäuscht habe. Kann ich hoffen, daß Sie[[1]] mich wenigstens über Ihre Gründe aufklären werden? Werden Sie[[1]] nicht auch hier Schwierigkeiten finden, die Sie[[1]] daran hindern? Denn ich kann ohne sie den Grund dieses Ihres Verhaltens nicht erraten. Ich wage es nicht, Ihre Liebe zu bezweifeln, und auch Sie[[1]] dürften doch von der meinen[[Besitz]] überzeugt sein. Ach! Cecile … Es ist also wahr, daß Sie[[1]] ein Mittel, mich zu sehen, zurückwiesen, ein einfaches, bequemes und sicheres Mittel? So lieben Sie[[1]] mich? Eine so kurze Trennung hat Ihre Gefühle sehr verändert. Aber warum mich täuschen? Warum mir sagen, daß Sie[[1]] mich immer noch lieben, und mehr als je? Hat Ihre Mama, als sie Ihre Liebe zerstörte, auch Ihre Aufrichtigkeit zerstört? Wenn sie Ihnen wenigstens einiges Mitleid gelassen hat, so werden Sie[[1]] nicht ganz ohne Kummer von den entsetzlichen Qualen hören, die Sie[[1]] mir verursachen. Ach! Sterben ist weniger schmerzhaft. Sagen Sie[[1]] doch, ist Ihr Herz mir unwiderruflich verschlossen? Haben Sie[[1]] mich ganz vergessen? Dank Ihrer Weigerung weiß ich nicht einmal, ob Sie[[1]] meine[[Besitz]] Klagen hören werden oder darauf erwidern. Die Freundschaft Valmonts hatte unsere Korrespondenz gesichert, aber Sie[[1]], Sie[[1]] wollten nicht; Sie[[1]] fanden es peinlich und mühsam und haben dieses unser einziges Verkehrsmittel selten gebraucht. Nein, ich kann nicht mehr an die Liebe glauben, an den guten Willen. Ach! an was kann man noch glauben, wenn Cecile mich betrog? Antworten Sie[[1]] mir doch! Ist es wahr, daß Sie[[1]] mich nicht mehr lieben? Das ist doch nicht möglich, das meinen[[Meinung]] Sie[[1]] nur und betrügen Ihr Herz. Eine vorübergehende Furcht, ein Augenblick der Mutlosigkeit, den die Liebe bald wieder verscheucht; nicht wahr, meine[[Besitz]] Cécile ? Ja, ja, so ist es und ich habe unrecht, Sie[[1]] anzuklagen. Wie froh werde ich sein, unrecht zu haben! Und wie will ich Sie[[1]] zärtlich um Verzeihung bitten und diesen Augenblick der Ungerechtigkeit wieder gut machen durch eine ewige Liebe! Cécile, Cécile, erbarmen Sie[[1]] sich! Willigen Sie[[1]] ein, mich zu sehen, und in alle Mittel, die es möglich machen! Sie[[1]] sehen, was die Trennung aus mir macht: Angst, Zweifel, Verdacht, vielleicht sogar Kälte! Ein einziger Blick, ein Wort, und wir werden glücklich sein. Aber kann ich noch von Glück sprechen? Vielleicht ist es für mich verloren, auf immer verloren. Von Angst geplagt, zwischen ungerechte Zweifel und noch grausamere Wahrheit gedrängt, kann ich nicht denken; ich bewahre nur deshalb mein Leben, um zu leiden und Sie[[1]] zu lieben. Ach, Cécile! Sie[[1]] allein haben das Mittel, mir dieses Leben lieb zu machen, und ich erwarte vom ersten Wort, das Sie[[1]] aussprechen, die Rückkehr des Glücks, oder die Gewißheit ewiger Verzweiflung. &&ar Paris, den 27. September 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="95._Brief" &&fa Fünfundneunzigster Brief Cécile Volanges an den Chevalier Danceny. &&fe &&ax &&lg=x Ich begreife nichts in Ihrem Briefe als den Schmerz, den er mir bereitet. Was hat Ihnen denn Herr von Valmont geschrieben, und was konnte Sie[[1]] denn auf den Glauben bringen, daß ich Sie[[1]] nicht mehr liebte? Das wäre vielleicht ein Glück für mich, denn ich hätte sicher weniger Kummer; und es ist, wo ich Sie[[1]] so liebe, sehr hart, zu sehen, daß Sie[[1]] immer glauben, ich sei im Unrecht und wo, statt mich zu trösten, mir gerade von Ihnen die Schmerzen kommen, die mir am meisten Kummer bereiten. Sie[[1]] glauben, daß ich Sie[[1]] täusche und daß ich Ihnen sage, was nicht so ist! Sie[[1]] haben da eine schöne Meinung von mir! Aber wenn ich eine Lügnerin wäre, wie Sie[[1]] mir vorwerfen, welches Interesse hätte ich denn daran? Wenn ich Sie[[1]] nicht mehr liebte, brauchte ich es doch nur sagen, und alle Welt würde sich darüber freuen; aber zu meinem Unglück ist das stärker als ich; und noch dazu für einen, der mir gar keinen Dank dafür weiß! Was habe ich denn getan, um Sie[[1]] so zu ärgern? Ich habe mich nicht getraut, einen Schlüssel anzunehmen, weil ich fürchtete, daß Mama es bemerken würde, und weil dies wieder Ihnen und mir neuen Kummer bereiten würde; und dann noch, weil mir scheint, daß es ein Unrecht ist. Herr von Valmont allein war es auch, der mir davon sprach, und ich konnte nicht wissen, ob Sie[[1]] es wollten oder nicht, weil Sie[[1]] nicht davon wußten. Jetzt, da ich weiß, daß Sie[[1]] es wünschen, widersetze ich mich denn, den Schlüssel zu nehmen? Ich werde ihn morgen nehmen; und dann werden wir sehen, was Sie[[1]] noch zu sagen haben. Herr von Valmont hat leicht Ihr Freund sein; ich glaube, daß ich Sie[[1]] mindestens ebenso liebe, wie er Sie[[1]] lieben kann; und trotzdem ist immer er es, der Recht hat, und ich habe immer unrecht. Ich muß Ihnen sagen, daß ich sehr böse bin. Das ist Ihnen natürlich gleichgültig, weil Sie[[1]] wissen, daß ich immer wieder bald gut bin, aber jetzt, wo ich den Schlüssel bekomme, werde ich Sie[[1]] sehen können, wenn ich will; und ich versichere Ihnen, daß ich nicht wollen werde, wenn Sie[[1]] so sind. Ich will lieber Kummer haben, der von mir kommt, als von Ihnen: richten Sie[[1]] sich danach. Wenn Sie[[1]] wollten, würden wir uns so lieben und hätten nur den Kummer, den man uns antut! Glauben Sie[[1]] mir, wäre ich meine[[Besitz]] eigene Herrin, Sie[[1]] würden sich nie zu beklagen haben. Aber wenn Sie[[1]] mir nicht glauben, werden wir immer sehr unglücklich sein, und es wird meine[[Besitz]] Schuld nicht sein. Ich hoffe, daß wir uns bald sehen, und daß wir keine Gelegenheit mehr haben werden, uns so zu kränken wie jetzt. Wenn ich das hätte vorhersehen können, hätte ich diesen Schlüssel sofort genommen, aber ich glaubte wirklich, ganz richtig zu handeln. Nehmen Sie[[1]] es mir also nicht übel, ich bitte Sie[[1]], und seien Sie[[1]] nicht mehr traurig, und lieben Sie[[1]] mich immer so, wie ich Sie[[1]] liebe – dann werde ich zufrieden sein. Adieu, mein Lieber. &&ar Schloß …, den 28. September 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="96._Brief" &&fa Sechsundneunzigster Brief Cécile Volanges an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Ich bitte Sie[[1]], mir gütigst den Schlüssel zuzustellen, den Sie[[1]] mir gaben, um ihn an Stelle des andern zu legen; weil man es will, muß ich wohl auch. Ich weiß nicht, warum Sie[[1]] Herrn Danceny schrieben, daß ich ihn nicht mehr liebe – ich glaube nicht, Ihnen je Ursache gegeben zu haben, dies zu denken; das hat ihm viel Kummer bereitet und mir auch. Ich weiß wohl, daß Sie[[1]] sein Freund sind, aber das ist doch kein Grund, ihm Kummer zu bereiten, und mir auch nicht. Sie[[1]] würden mir Freude machen, wenn Sie[[1]] ihm das Gegenteil sagten, das nächste Mal, wenn Sie[[1]] ihm schreiben, und daß Sie[[1]] davon überzeugt seien; denn zu Ihnen hat er das größte Vertrauen; ich, wenn ich etwas gesagt habe und man glaubt mir nicht, so weiß ich nicht mehr was tun. Was den Schlüssel betrifft, so können Sie[[1]] ganz ruhig sein; ich habe alles behalten, was Sie[[1]] mir in Ihrem Briefe anempfohlen haben. Wenn Sie[[1]] ihn noch haben und ihn mir gleichzeitig geben wollten, verspreche ich Ihnen, daß ich sehr acht darauf geben werde. Wenn es morgen sein kann, wenn wir zum Diner gehen, würde ich Ihnen den andern Schlüssel übermorgen nach dem Frühstück geben; und Sie[[1]] würden ihn mir auf dieselbe Art wie das erstemal wiedergeben. Ich möchte wohl, daß es nicht länger wäre, denn es wäre weniger Zeit riskiert, in der Mama darauf kommen könnte. Und dann, wenn Sie[[1]] schon diesen Schlüssel haben, würden Sie[[1]] wohl so gut sein, sich seiner zu bedienen, um meine[[Besitz]] Briefe zu holen? Auf diese Art würde Herr Danceny öfters Nachrichten von mir erhalten. Es ist wahr, es wird das so viel bequemer sein als bisher; anfangs hat es mir nur so viel Angst gemacht – ich bitte Sie[[1]], mich zu entschuldigen, ich hoffe, daß Sie[[1]] deshalb nicht weniger nett gegen mich sein werden als wie bisher. Ich werde Ihnen immer dankbar dafür sein. Ich bin Ihre sehr ergebene Dienerin. &&ar Schloß …, den 28. September 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="97._Brief" &&fa Siebenundneunzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Ich wette, seit Ihrem Abenteuer erwarteten Sie[[1]] täglich meine[[Besitz]] Komplimente und Glückwünsche, ja ich zweifle nicht einmal, daß mein langes Schweigen Sie[[1]] in schlechte Laune gebracht hat. Aber was wollen Sie[[1]], ich war immer der Meinung, wenn man eine Frau nur noch zu loben braucht, kann man es ihr allein überlassen und zu was andern gehen. Indes danke ich Ihnen, was mich, und gratuliere Ihnen zu dem, was Sie[[1]] betrifft. Ich will selbst, um Sie[[1]] ganz glücklich zu machen, zugeben, daß Sie[[1]] dieses Mal meine[[Besitz]] Erwartungen übertroffen haben – nun wollen wir sehen, ob ich meinerseits die Ihrigen wenigstens zum Teil erfüllt habe. Nicht von Frau von Tourvel will ich Ihnen erzählen; ihr zu langsamer Gang mißfällt Ihnen; Sie[[1]] lieben nur fertige Tatsachen. Das langsam sich Abspinnende langweilt Sie[[1]]; und ich habe noch niemals so viel Vergnügen erlebt, als bei diesem vermeintlich langsamen Vorrücken. Ja, ich liebe es, diese vorsichtige Frau zu studieren, wie sie, ohne es zu merken, in einen Pfad einlenkt, auf dem es kein Zurück gibt, und dessen gefährliche schiefe Neigung sie fortreißt und zwingt, mir gegen ihren Willen zu folgen. Da möchte sie, erschreckt über die Gefahr, den Schritt aufhalten und kann nicht. Ihre Mühe und ihre Geschicklichkeit können ihre Schritte wohl etwas verlangsamen, aber es muß doch einer auf den andern folgen. Zuweilen wagt sie nicht, der Gefahr ins Gesicht zu sehen, schließt die Augen, läßt sich gleiten, ergibt sich dem, was ich mit ihr tun will. Öfter aber belebt frische Furcht ihre Kraft, und in tödlicher Angst versucht sie es nochmals, umzukehren. Erschöpft ihre Kräfte, um ein kleines Stück Weg mühsam zu ersteigen – und gleich bringt sie wieder eine magische Kraft der gefährlichen Stelle näher, die sie eigentlich fliehen wollte. Da hat sie dann niemanden andern mehr als mich zu Führer und Stütze, denkt nicht mehr daran, mir den unvermeidlichen Sturz länger vorzuwerfen, fleht mich an, ihn aufzuhalten. Heißes Bitten, demütiges Flehen, alles was die Sterblichen in ihrer Angst der Gottheit darbringen, das empfange ich von ihr. Und Sie[[1]] wollen, daß ich, taub ihren Bitten, selber diesen Kultus zerstöre, den sie mir weiht, und daß ich sie zu stürzen die Macht anwende, die sie zu ihrer Stütze anruft! Ach! Lassen Sie[[1]] mir wenigstens Zeit, diesen Kampf zwischen Liebe und Tugend zu beobachten. Was denn! Dasselbe Schauspiel, deswegen Sie[[1]] ins Theater laufen, dem Sie[[1]] wütend Beifall klatschen – halten Sie[[1]] das für weniger anziehend im wirklichen Leben? Diese Gefühle einer reinen und zärtlichen Seele, die das Vergnügen nicht kennt, das sie begehrt und nicht aufhört, sich zu verteidigen, selbst wenn sie schon nicht mehr widersteht, Sie[[1]] hören sie begeistert an; sollten sie wertlos sein für den, der sie verursacht? Das aber sind die köstlichen Genüsse, die diese himmlische Frau mir täglich bietet, und Sie[[1]] werfen mir vor, daß ich ihre Süßigkeit auskoste! Ach! die Zeit wird nur zu schnell kommen, wo sie im Rang durch ihren Fall erniedrigt für mich nur mehr eine gewöhnliche Frau sein wird – wie alle andern. Aber ich vergesse, während ich von ihr spreche, daß ich nicht von ihr sprechen wollte. Ich weiß nicht, welche Macht mich immer wieder zu ihr zurück führt, selbst wenn ich sie beschimpfe. Setzen wir die gefährlichen Gedanken an sie beiseite und kommen wir, ich will wieder ich sein, auf was Heiteres. Es handelt sich um Ihre Schülerin, die jetzt die meine[[Besitz]] geworden ist, und ich hoffe, hier werden Sie[[1]] mich wiederkennen. Da ich seit einigen Tagen von meiner zärtlichen frommen Frau etwas besser behandelt und deshalb etwas weniger mit ihr beschäftigt war, hatte ich bemerkt, daß die kleine Volanges wirklich sehr hübsch ist; und wenn es auch eine Dummheit ist, in sie verliebt zu sein wie Danceny, so wäre es vielleicht nicht weniger dumm von mir, bei ihr nicht jene Zerstreuung zu suchen, die ich in meiner Einsamkeit so nötig hätte. Es schien mir auch nur billig, mich für die viele Mühe zu entschädigen, die ich mir ihretwegen gab. Ich erinnerte mich zudem, daß Sie[[1]] sie mir angeboten hatten, bevor Danceny etwas darein zu sagen hatte, und ich betrachtete mich für berechtigt, einige Abgaben zu verlangen von einer Ware, die er nur dank meiner Abweisung und Preisgabe besaß. Das hübsche Gesicht der kleinen Person, ihr frischer Mund, ihre kindliche Art, selbst ihre Ungeschicklichkeit bestärkten diese meine[[Besitz]] weisen Überlegungen, und ich beschloß, danach zu handeln: der Erfolg hat das Unternehmen gekrönt. Schon suchen Sie[[1]] zu erraten, durch welche Mittel ich den geliebten Liebhaber ausgestochen habe, welche Verführung diesem Alter, dieser Unerfahrenheit angemessen ist? Sparen Sie[[1]] sich alle Mühe, ich habe gar keine Mittel angewandt. Während Sie[[1]] mit Geschicklichkeit die Waffen Ihres Geschlechtes gebrauchten und triumphierten durch die Schlauheit, ließ ich dem Manne seine unverjährten Rechte und siegte durch die ihm zustehende Gewalt. Sicher, meine[[Besitz]] Beute zu fassen, wenn ich nur an sie heran konnte, brauchte ich List nur, um mich nähern zu können, und die List, deren ich mich bediente, verdient fast nicht diesen Namen. Ich profitierte vom ersten Brief, den ich von Danceny für seine Schöne bekam, und nachdem ich sie durch das zwischen uns verabredete Zeichen aufmerksam gemacht hatte, verwandte ich meine[[Besitz]] Geschicklichkeit statt auf die Abgabe des Briefes darauf, die Gelegenheit dazu zu verpassen. Die Ungeduld, die ich dadurch erreichte, teilte ich scheinbar, und nachdem ich das Übel gestiftet hatte, verschrieb ich das Gegenmittel. Das junge Fräulein bewohnt ein Zimmer, dessen eine Tür auf den Gang führt; aber, wie es sich schickt, hatte die Mutter den Schlüssel dazu bei sich. Es handelte sich nun darum, diesen Schlüssel zu kriegen. Nichts leichter als das; ich verlangte nur, ihn für zwei Stunden zu haben, und verbürgte mich, einen ähnlichen zu beschaffen. Dann würden Korrespondenz, nächtliche Zusammenkünfte und alles das leicht und bequem. Aber würden Sie[[1]] es glauben, das schüchterne Kind hatte Angst und weigerte sich. Ein anderer wäre darüber verzweifelt gewesen; ich sah darin nur die Gelegenheit zu einem reizvolleren Vergnügen. Ich schrieb an Danceny und beklagte mich über sie, und machte das so gut, daß unser leichtsinniger Herr nicht nachgab, bis er selbst von seiner furchtsamen Geliebten erreicht hatte, daß sie meiner Bitte nachgab und sich ganz meinem Belieben anvertraute. Ich war recht froh, ich gestehe es, auf diese Weise die Rolle gewechselt zu haben, und daß nun der junge Mann für mich tat, was ich nach seiner Rechnung für ihn tun sollte. Dieser Gedanke verdoppelte in meinen[[Besitz]] Augen den Wert des Abenteuers; ich beeilte mich darum auch, sobald ich den kostbaren Schlüssel hatte, davon Gebrauch zu machen. Das war die vorige Nacht. Nachdem ich mich vergewissert hatte, daß alles ruhig war im Schloß, habe ich, bewaffnet mit meiner Blendlaterne und in einer Toilette, die der Stunde und den Umständen angemessen war, Ihrem Mündel meine[[Besitz]] erste Visite gemacht. Ich hatte alles vorbereiten lassen (und das durch sie selbst), um ohne Geräusch eintreten zu können. Sie[[1]] war im ersten Schlaf und in dem ihrer Jahre, so daß ich bis an ihr Bett kam, ohne daß sie erwachte. Erst versuchte ich noch weiter zu gehen und als Traum zu gelten. Aber ich fürchtete die Überraschung und das Geräusch, das diese mit sich bringt, und so zog ich es vor, die schöne Schläferin vorsichtig zu wecken, und es gelang mir wirklich, den gefürchteten Schrei zu verhindern. Nachdem ich ihre erste Furcht beruhigt hatte, erlaubte ich mir – ich war ja nicht zum Plaudern gekommen – einige Freiheiten. Zweifellos hat man ihr im Kloster nicht beigebracht, wie vielen Gefahren die schüchterne Unschuld ausgesetzt ist und was alles sie zu schützen hat, um nicht überrumpelt zu werden: denn während sie alle Aufmerksamkeit und alle Kräfte darauf verwandte, einen Kuß abzuwehren, der nur ein Scheinangriff war, blieb alles übrige ohne Verteidigung. Wie hätte ich davon nicht profitieren sollen! Ich änderte also meine[[Besitz]] Route und faßte Posto. Da glaubten wir uns beide verloren. Denn das kleine Mädchen wollte, ganz erschreckt, allen Ernstes schreien. Glücklicherweise erstickte ihre Stimme in Tränen. Sie[[1]] war auch schon zur Klingel gesprungen, aber meine[[Besitz]] Geschicklichkeit hielt ihren Arm noch beizeiten auf. »Was wollen Sie[[1]] tun?« sagte ich. »Sich auf immer ins Verderben stürzen? Wenn jemand käme, was läge mir daran? Wen könnten Sie[[1]] überzeugen, daß ich nicht mit Ihrem Willen hier bin? Wer anderer als Sie[[1]] selbst könnte mir die Mittel geschaffen haben, hier herein zu kommen? Und dieser Schlüssel, den ich von Ihnen habe, nur durch Sie[[1]] haben konnte, werden Sie[[1]] sagen wollen, zu welchem Zweck Sie[[1]] ihn mir gaben?« Diese kurze Rede hatte weder beruhigend auf ihren Zorn noch auf ihren Schmerz gewirkt, aber sie führte zur Unterwerfung. Ich weiß nicht, ob mein Ton so beredt war, – meine[[Besitz]] Gebärden waren es sicher nicht. Eine Hand war mit dem Zorn beschäftigt, die andere mit der Liebe, – welcher Redner könnte in einer solchen Lage Anspruch auf Anmut machen? Wenn Sie[[1]] sich die Situation vorstellen, werden Sie[[1]] zugeben, daß sie für einen Angriff günstig war; aber ich, ich verstehe von dem allen nichts, und, wie Sie[[1]] sagen, führt die einfachste Frau, ein Schulmädel, mich wie ein Kind am Bande. Dieses Schulmädchen fühlte inmitten ihrer Trostlosigkeit, daß irgend etwas geschehen und daß sie in Unterhandlung treten müsse. Da ihr Bitten nicht erhört wurde, mußte sie sich auf Anerbietungen einlassen. Sie[[1]] glauben, daß ich den wichtigen Posten recht teuer verkauft habe, aber nein: ich habe alles für – einen Kuß versprochen. Zwar habe ich, als ich den Kuß hatte, mein Versprechen nicht gehalten, aber ich hatte gute Gründe. Hatten wir ausgemacht, daß er gegeben oder genommen werden sollte? Wir einigten uns auf einen zweiten, den ich bekommen sollte. Ihre Arme legten sich um meinen[[Besitz]] Leib, und ich drückte sie mit den meinen[[Besitz]], und ich bekam den süßesten Kuß, richtig und tadellos: die Liebe hätte es nicht besser machen können. So viel Ehrlichkeit verdiente eine Belohnung, und ich gewährte alsbald die Bitte. Die Hand zog sich zurück, aber ich weiß nicht durch welchen Zufall befand ich mich selber an ihrer Stelle. Sie[[1]] vermuten mich da nun sehr eifrig und tätig, nicht wahr? Aber ich war's durchaus nicht. Ich habe einmal Geschmack an der Langsamkeit gewonnen, sage ich Ihnen. Einmal sicher hin zu kommen, warum dann die Reise beschleunigen? In allem Ernst – ich war sehr froh, einmal die Macht der Gelegenheit zu beobachten, und hier fand ich sie, bar von jeder fremden Hilfe. Sie[[1]] hatte nun doch gegen die Liebe zu kämpfen, gegen die Liebe, die von Scham und Angst vor der Schande gehalten, aber gestärkt ward durch die schlechte Laune, die ich erregt hatte und von der genug da war. Die Gelegenheit war allein da, aber da war sie, immer geboten, immer gegenwärtig, und die Liebe war abwesend. Um meine[[Besitz]] Beobachtungen zu sichern, hatte ich die Bosheit, nur so viel Gewalt anzuwenden, daß man sich dagegen wehren konnte. Nur wenn meine[[Besitz]] schöne Gegnerin, meine[[Besitz]] Güte mißbrauchend, mir entschlüpfen wollte, hielt ich sie durch dieselbe Furcht, deren glückliche Wirkung ich schon erprobt hatte, fest. Nun: Die zärtliche Verliebte hat ohne Sorgen um ihre Eide zuerst nachgegeben und schließlich … Nicht etwa, daß nach dieser ersten Niederlage Vorwürfe und Tränen nicht wieder kamen. Ich weiß nicht, ob sie echt oder gemacht waren, aber, wie es immer geht: sie hörten auf, sobald ich wieder anfing, Grund zu neuen Tränen zu geben. Kurz, von Schwäche zu Vorwürfen, und von Vorwürfen zu Schwäche haben wir uns erst getrennt, als wir sehr zufrieden miteinander waren und beide im Reinen über das Rendezvous von heute abend. Erst bei Tagesgrauen kam ich wieder in mein Zimmer und war ganz kaputt von Ermattung und Schlaf. Und doch habe ich beides der Begier geopfert, heute morgen beim Frühstück zu erscheinen. Ich liebe bis zur Leidenschaft die Mienen des nächsten Tages. Sie[[1]] können sich von diesen keine Vorstellung machen. War das eine Verlegenheit in der Haltung! Und ein behinderter Schritt! Und die Augen immer niedergeschlagen und so umrändert! Das sonst so runde Gesicht war ganz lang geworden! Es war sehr spaßhaft. Und zum erstenmal bezeugte ihr ihre Mutter eine wirklich zärtliche Teilnahme, erschreckt durch diese außerordentliche Veränderung. Auch die Präsidentin war mit viel Eifer um sie her. Oh! Was diese Sorgfalt betrifft, so war sie nur geliehen. Es wird ein Tag kommen, wo man sie ihr wird zurückerstatten können, und dieser Tag ist nicht fern. Adieu, meine[[Besitz]] schöne Freundin. &&ar Schloß …, den 1. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="98._Brief" &&fa Achtundneunzigster Brief Cécile Volanges an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Ach, mein Gott, liebe gnädige Frau, wie bin ich betrübt! Wie bin ich unglücklich! Wer wird mich in meinem Schmerz trösten? Wer wird mir in meiner Verwirrung raten? Dieser Herr von Valmont … und Danceny! Nein, der Gedanke an Danceny bringt mich zur Verzweiflung … Wie soll ich es Ihnen nur erzählen? Wie es sagen? … Ich weiß nicht, wie es tun. Und mein Herz ist so voll … Ich muß mit jemandem sprechen, und Sie[[1]] sind die einzige, zu der ich es kann, der ich mich anzuvertrauen wage. Sie[[1]] sind so gut gegen mich! Aber seien Sie[[1]] es jetzt nicht, denn ich bin es nicht wert: – was sage ich, ich wünsche es gar nicht. Alle waren heute gut zu mir – und alle haben meinen[[Besitz]] Schmerz noch vermehrt. Ich fühlte zu sehr, daß ich es nicht verdiente. Zanken Sie[[1]] mich aus, zanken Sie[[1]] mich ordentlich aus, denn ich bin sehr schuldig; nachher aber retten Sie[[1]] mich. Wenn Sie[[1]] nicht die Güte haben mir zu raten, so sterbe ich vor Kummer. Erfahren Sie[[1]] also … meine[[Besitz]] Hand zittert, wie Sie[[1]] sehen, ich kann fast nicht schreiben, ich fühle mein Gesicht ganz in Feuer … Ach! es ist Schamröte. Ja, ich will sie leiden, das ist die erste Strafe für meinen[[Besitz]] Fehltritt. Ich will Ihnen alles sagen. Sie[[1]] sollen also wissen, daß Herr von Valmont, der mir bisher die Briefe Herrn von Dancenys zustellte, plötzlich fand, es sei dies zu schwierig. Er wollte einen Schlüssel zu meinem Zimmer haben. Ich kann Ihnen versichern, daß ich nicht wollte; aber er schrieb es Danceny, und Danceny wollte es auch; und mir macht es so viel Kummer, wenn ich ihm etwas abschlage, besonders seit meiner Abreise, die ihn so unglücklich macht, so daß ich endlich nachgab. Ich sah das Unglück nicht voraus, das daraus entstehen sollte. Gestern benutzte Herr von Valmont diesen Schlüssel, um in mein Zimmer zu kommen, als ich schlief. Ich erwartete das so wenig, daß ich sehr erschrak, als er mich weckte. Da er aber gleich mit mir sprach, habe ich ihn erkannt und nicht geschrien. Und dann kam mir der Gedanke, daß er mir vielleicht Briefe von Danceny bringt. Aber es war was ganz anderes. Etwas später wollte er mich küssen; und während ich mich wehrte, wie es ganz natürlich ist, hat er es so gut angestellt, – ich wollte nicht um alles in der Welt … aber er wollte zuvor einen Kuß. Ich mußte wohl, was sollte ich tun? Um so mehr, als ich schon versucht hatte zu rufen. Aber abgesehen davon, daß ich nicht konnte, wußte er mir auch klarzumachen, daß, wenn jemand käme, er die ganze Schuld leicht auf mich schieben könne, und das war auch wirklich sehr leicht, wegen dieses Schlüssels. Dann ist er aber noch immer nicht gegangen. Er wollte einen zweiten Kuß, und ich weiß nicht, wie es mit dem war, aber er hat mich ganz verwirrt gemacht, und dann kam es noch schlimmer als zuvor. Oh! Nein, nein, es ist ganz schlimm. Kurz, nachher … Sie[[1]] ersparen mir's wohl, das übrige zu sagen, aber ich bin so unglücklich, wie man nur sein kann. Was ich mir am meisten vorwerfe, was ich Ihnen noch sagen muß, daß ich fürchte, ich habe mich doch nicht genug verteidigt, so wie ich es hätte tun können. Ich weiß nicht, wie es geschah. Sicher liebe ich Herrn von Valmont nicht, ganz im Gegenteil; nur es gab Momente, wo mir war, als liebte ich ihn … Sie[[1]] können sich denken, daß mich das nicht abhielt, ihm immer noch nein zu sagen, aber ich fühlte wohl, daß ich nicht tat, was ich sagte; nur das war wie gegen meinen[[Besitz]] Willen; dann war ich auch so schrecklich verwirrt! Wenn es immer so schwer ist, sich zu wehren, muß man sehr daran gewöhnt sein. Es ist ja wahr, Herr von Valmont hat eine Art, die Dinge zu sagen, daß man nicht weiß, wie man ihm antworten soll. Und wieder würden Sie[[1]] glauben, als er endlich gegangen war, tat es mir förmlich leid, und ich hatte die Schwäche gehabt, einzuwilligen, daß er heute abend wiederkomme. Das macht mich noch verzweifelter als alles andere. Aber trotzdem verspreche ich Ihnen, daß er nicht kommen soll. Er war noch nicht draußen, als ich schon fühlte, daß ich unrecht getan hatte, es ihm zu versprechen. Drum habe ich auch die ganze übrige Zeit durch geweint. Es war besonders Danceny, der mir leid tat; jedesmal, wenn ich an ihn dachte, flössen meine[[Besitz]] Tränen stärker, so daß es mich fast erstickte … und ich dachte immer an ihn … Jetzt noch, sehen Sie[[1]] es – das ganze Papier ist naß. Nein, ich werde mich nie trösten, und wäre es auch nur seinetwegen … Endlich konnte ich nicht mehr, und ich habe doch keinen Augenblick schlafen können. Und diesen Morgen, wie ich aufstand und in den Spiegel sah, konnte ich einem Angst machen, so verändert sah ich aus. Mama hat es gleich gemerkt, wie sie mich sah, und mich gefragt, was ich hätte. Ich fing gleich an zu weinen. Ich glaubte, sie würde mich schelten, und das hätte mir vielleicht weniger Schmerz gemacht; aber im Gegenteil, sie sprach so sanft zu mir! Und ich verdiene es doch nicht! Sie[[1]] sagte, ich solle mich nicht so betrüben, und sie wußte gar nicht, warum ich's war, und daß ich mich krank machen würde! Es gibt Augenblicke, wo ich tot sein möchte. Ich hab nicht mehr an mich halten können. Ich warf mich schluchzend in die Arme und sagte:»Ach, Mama, Ihre Tochter ist sehr unglücklich« Mama konnte sich nicht enthalten, auch ein wenig zu weinen; und alles das vermehrte noch meinen[[Besitz]] Schmerz. Glücklicherweise fragte sie mich nicht, warum ich so unglücklich sei, denn ich hätte nicht gewußt, was ihr antworten. Ich bitte Sie[[1]], gnädige Frau, schreiben Sie[[1]] mir sobald als möglich, und sagen Sie[[1]] mir, was ich tun soll. Denn ich habe nicht den Mut, an irgend etwas zu denken, und tue nichts, als mich immer grämen. Wollen Sie[[1]] mir bitte Ihren Brief durch Herrn von Valmont zukommen lassen; aber ich bitte Sie[[1]], wenn Sie[[1]] ihm gleichzeitig schreiben, sagen Sie[[1]] ihm nichts davon, daß ich Ihnen etwas gesagt habe. Ich habe die Ehre, gnädige Frau, mit stets großer Freundschaft zu sein Ihre ganz untertänige und gehorsame Dienerin. Ich trau mich nicht, den Brief zu unterzeichnen. &&ar Schloß …, den 1. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="99._Brief" &&fa Neunundneunzigster Brief Frau von Volanges an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Es sind wenige Tage her, meine[[Besitz]] liebe Freundin, daß Sie[[1]] es waren, die mich um Rat und Trost bat. Heute ist es an meiner Reihe, und ich richte dieselbe Bitte an Sie[[1]], die Sie[[1]] für sich taten. Ich bin wirklich recht betrübt und fürchte, nicht die rechten Maßnahmen getroffen zu haben, um den Kummer zu vermeiden, den ich empfinde. Meine[[Besitz]] Tochter bereitet mir diese Sorge. Seit unserer Abreise war sie wohl immer traurig und bekümmert; aber das hatte ich erwartet und hatte mein Herz mit einer Strenge gewappnet, die ich für nötig hielt. Ich hoffte, die Trennung und die Zerstreuung würden eine Liebe bald zerstören, die mir eher wie eine kindliche Verirrung erschien, denn als eine wirkliche Leidenschaft. Indes ist es seit unserem Hiersein durchaus nicht besser geworden, im Gegenteil bemerke ich vielmehr, daß das Kind sich mehr und mehr einer gefährlichen Melancholie hingibt, und ich fürchte allen Ernstes für ihre Gesundheit. Insbesondere seit einigen Tagen verändert sie sich sichtlich. Gestern besonders fiel mir das auf, und alle hier waren darüber ganz erschrocken. Ein weiterer Beweis dafür, wie sehr sie noch darunter leidet, ist, daß ich sie bereit sehe, die Schüchternheit zu überwinden, die sie immer mir gegenüber hat. Gestern morgen warf sie sich auf die einfache Frage hin, ob sie krank wäre, in meine[[Besitz]] Arme und sagte dabei, daß sie sehr unglücklich wäre; und weinte dabei schrecklich. Ich kann Ihnen den Schmerz nicht schildern, den ich empfand; mir kamen gleich die Tränen in die Augen, und ich hatte nur noch Zeit, mich abzuwenden, daß sie es nicht sähe. Zum Glück war ich vorsichtig genug, sie nichts zu fragen, und sie wagte auch nicht, mir weiter was zu sagen. Aber es ist mir nun um so klarer, daß es diese unglückliche Leidenschaft ist, die sie quält. Was soll ich nun tun, wenn das so fort geht? Soll ich meine[[Besitz]] Tochter unglücklich machen? Soll ich die kostbarsten Eigenschaften der Seele, die Empfindung und die Beständigkeit, zu ihrem Schaden wenden? Bin ich deshalb ihre Mutter? Und wenn ich dieses so natürliche Gefühl erstickte, das uns das Glück der Kinder so wünschenswert macht; wenn ich als eine Schwäche betrachtete, was, glaube ich, das Gegenteil ist, nämlich die erste und geheiligste unserer Pflichten; wenn ich ihre Wahl zwinge, bin ich dann nicht für die etwaigen verhängnisvollen Folgen verantwortlich? Welchen Gebrauch hieße es von der mütterlichen Autorität machen, wenn man seine Tochter zwischen Sünde und Unglück stellte! Liebe Freundin, ich will nicht selber machen, was ich so oft getadelt habe. Ich konnte es gewiß versuchen, für meine[[Besitz]] Tochter eine Wahl zu treffen; ich half ihr darin nur mit meiner Erfahrung; das war kein Recht, das ich ausübte, sondern meine[[Besitz]] Pflicht, die ich erfüllte. Ich würde mich im Gegenteil gegen eine Pflicht vergehen, wenn ich über sie verfügte – ohne Berücksichtigung einer Neigung, die ich nicht beim Entstehen verhindern konnte und deren Tragweite oder Dauer weder sie noch ich kennen konnte. Nein, ich werde nicht dulden, daß sie den einen heiratet und den andern liebt, und lieber will ich meine[[Besitz]] Autorität als ihre Tugend bezweifeln lassen. Ich werde also, wie ich glaube, die klügste Entscheidung treffen und von Herrn von Gercourt das Wort zurückverlangen, das ich ihm gab. Sie[[1]] sahen soeben die Gründe; sie scheinen mir schwerer zu wiegen als meine[[Besitz]] Versprechungen. Ich sage noch mehr: wie die Dinge liegen, hieße meine[[Besitz]] Verpflichtung erfüllen, sie in der Tat verletzen. Denn wenn ich es schließlich meiner Tochter schulde, ihr Geheimnis nicht Herrn von Gercourt preiszugeben, so schulde ich diesem wenigstens, die Unkenntnis, in der ich ihn lasse, nicht zu mißbrauchen, und alles für ihn zu tun, wovon ich glaube, daß er es selbst tun würde, wenn er unterrichtet wäre. Soll ich ihn unwürdig verraten, wenn er sich auf mich verläßt, und ihn zum Dank dafür, daß er mich zu seiner zweiten Mutter wählt, in der Wahl der Mutter seiner Kinder hintergehen? Diese Überlegungen, denen ich mich nicht entziehen kann, regen mich mehr auf, als ich Ihnen sagen kann. Diesem voraussichtlichen Unglück vergleiche ich das Glück meiner Tochter mit dem Gatten ihrer Herzenswahl, – wenn sie ihre Pflichten nur aus dem zärtlichen Behagen kennt, das sie in ihrer Erfüllung findet. Mein Schwiegersohn ist ebenso zufrieden und wünscht jeden Tag sich Glück zu seiner Wahl; jedes von ihnen findet sein Glück nur im Glück des andern, und beider Glück vermehrt vereint das meine[[Besitz]]. Soll diese schöne Hoffnung auf eine frohe Zukunft eitlen Erwägungen geopfert werden? Und welche halten uns dann ab? Nur das Geldinteresse. Was für ein Vorteil ist es für meine[[Besitz]] Tochter, reich geboren zu sein, wenn sie deshalb doch Sklavin des Geldes sein soll. Ich gebe zu, daß Herr von Gercourt vielleicht eine bessere Partie ist, als ich für meine[[Besitz]] Tochter erhoffen durfte; ich bekenne sogar, daß ich mich von seiner Wahl geschmeichelt fühlte. Aber schließlich ist Danceny aus einem ebenso gutem Hause wie er; er steht ihm in persönlichen Eigenschaften um nichts nach; er hat vor Herrn von Gercourt voraus, daß er liebt und wiedergeliebt wird. Er ist ja nicht reich; aber ist es meine[[Besitz]] Tochter nicht für zwei? Ach, warum ihr diese zarte Genugtuung rauben, den reich zu machen, den sie liebt! Diese Ehen, die man ausrechnet statt sie passend auszusuchen, diese Konvenienzehen {{[Kon¬ve¬nienz¬ehen]}}, bei denen alles sich konveniert, nur nicht die Neigungen und der Charakter, – sind sie nicht die ausgiebigste Quelle dieser Skandale, die jeden Tag häufiger werden? Ich will es lieber noch aufschieben; wenigstens werde ich Zeit haben, meine[[Besitz]] Tochter, die ich nicht kenne, zu studieren. Ich fühle den Mut, ihr einen vorübergehenden Kummer zu bereiten, wenn sie ein fester begründetes Glück damit erwerben will; aber Gefahr laufen, sie ewiger Verzweiflung auszusetzen, das liegt nicht in meinem Herzen. Dies sind, liebe Freundin, die Gedanken, die mich quälen, und um derentwillen ich Ihren Rat bitte. Diese ernsten Dinge kontrastieren sehr mit Ihrer liebenswürdigen Heiterkeit und passen wohl nicht zu Ihrem Alter; aber Ihre Vernunft ist Ihren Jahren so sehr voraus! Ihre Freundschaft wird übrigens Ihrer Klugheit helfen, und ich zweifle nicht, daß die eine oder die andere sich der mütterlichen Sorge, die sie anfleht, entziehen könnte. Adieu, meine[[Besitz]] liebe Freundin; zweifeln Sie[[1]] nie an der Aufrichtigkeit meiner Gefühle für Sie[[1]]. &&ar Schloß …, den 2. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="100._Brief" &&fa Hundertster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Wiederum kleine Sachen, meine[[Besitz]] schöne Freundin, aber nur Szenen, keine Taten. Also wappnen Sie[[1]] sich mit Geduld; selbst mit viel Geduld. Denn während meine[[Besitz]] Präsidentin nur mit ganz kleinen Schritten vorwärtskommt, geht Ihr Mündel zurück, was noch viel schlimmer ist. Nun, ich bin gescheut genug, mich über solche Misère zu amüsieren. Wirklich, ich gewöhne mich sehr gut an mein Leben hier, und kann sagen, daß ich mich im traurigen Schlosse meiner Tante keinen Augenblick langweile. Habe ich hier nicht wirklich Genüsse, Entbehrungen, Hoffnung, Ungewißheit? Was hat man auf einem großen Schauplatz mehr? Zuschauer? Oh, warten Sie[[1]] nur ab, auch an Zuschauern soll es nicht fehlen. Und wenn sie mich auch nicht an der Arbeit sehen, so zeige ich ihnen doch das fertige Werk; sie brauchen dann nur noch zu bewundern und zu klatschen. Und sie werden klatschen, denn ich kann endlich mit Gewißheit den Moment der Niederlage meiner frommen Dame voraussagen. Ich habe heute abend der Agonie der Tugend beigewohnt. Die zarte Schwäche wird ihre Stelle einnehmen. Ich will den Zeitpunkt spätestens auf unsere nächste Zusammenkunft festsetzen; aber schon höre ich Sie[[1]] mir Einbildung zurufen. Seinen Sieg voraussagen, im voraus damit prahlen! Aber beruhigen Sie[[1]] sich. Um Ihnen meine[[Besitz]] Bescheidenheit zu beweisen, will ich Ihnen die Geschichte meiner Niederlage erzählen. Ihr kleines Mündel ist wirklich eine alberne Person! Ein rechtes Kind, das man entsprechend behandeln müßte und gegen das man sicher gnädiger wäre, wenn man es bestrafte! Würden[[werden]] Sie[[1]] es glauben? Nach dem, was vorgestern zwischen uns geschehen ist, nach der freundschaftlich netten Art, in der wir uns gestern früh getrennt haben, – wie ich also am Abend wiederkomme, wie wir verabredet hatten, fand ich die Türe von innen verriegelt. Was sagen Sie[[1]] dazu? Man erlebt solche Kindereien manchmal vorher, aber nachher doch nicht! Ist das nicht zu drollig? Erst habe ich noch nicht darüber gelacht; noch niemals empfand ich so sehr die Herrschaft meiner Natur. Gewiß ging ich ja zu diesem Stelldichein ohne sondere Lust, und nur des Anstandes wegen. Mein Bett, dessen ich sehr bedurfte, schien mir jedem andern Bett vorzuziehen, und ich hatte mich nur mit Bedauern aus ihm gehoben. Kaum war ich aber auf das Hindernis gestoßen, da brannte ich auch schon darauf, es zu nehmen. Ich war gedemütigt, besonders, daß dies einem Kind mit mir gelungen sein soll. Ich kehrte also in sehr schlechter Laune um, und mit der Absicht, mich weder mehr um das blöde Mädchen noch um seine Angelegenheiten zu kümmern, schrieb ich sofort ein kurzes Billett, das ich ihr heute morgen zustecken wollte, und in dem ich sie nach dem wahren Preis bewertete. Doch guter Rat kommt über Nacht, wie man sagt. Ich fand heute morgen, daß ich, da ich hier keine Auswahl in Zerstreuungen hätte, diese behalten müsse. Und ich zerriß das strenge Billett. Seitdem begreife ich nicht mehr, daß mir der Gedanke kommen konnte, dieses Abenteuer aufzugeben, bevor ich was in Händen hatte, seine Heldin zu verderben. Wohin uns doch diese ersten Regungen führen! Glücklich, meine[[Besitz]] schöne Freundin, wer wie Sie[[1]] daran gewöhnt ist, niemals der ersten Regung nachzugeben! Ich habe also meine[[Besitz]] Rache verschoben. Ich brachte dieses Opfer Ihren Absichten mit Gercourt. Jetzt, da ich nicht mehr wütend bin, sehe ich in dem Betragen Ihrer Kleinen nur noch das Lächerliche. Ich möchte wohl wissen, was sie damit zu gewinnen glaubt! Ich für meinen[[Besitz]] Teil verstehe es nicht. Wenn es sich nur darum handelt, daß sie sich verteidigen will, so muß man doch zugeben, daß sie etwas sehr spät damit anfängt. Sie[[1]] muß mir eines Tages dieses Rätsel erklären. Ich bin wirklich neugierig darauf. Aber vielleicht war sie bloß müde? Das konnte es auch wirklich sein; denn offenbar weiß sie noch nicht, daß die Liebespfeile, wie die Lanze des Achill, die Mittel gegen die Wunden, die sie machen, gleich in sich führen. Aber nein, nach der kleinen Grimasse, die sie tagsüber schnitt, möchte ich wetten, daß Reue dazu kam, meinetwegen etwas wie – Tugend … Tugend! Hat sie die? Ach, sie soll sie doch der Frau lassen, die wirklich für sie geboren ist, der einzigen, die durch sie schön wird und um derentwillen man sie liebt! … Verzeihung, meine[[Besitz]] schöne Freundin, aber gerade heute abend hat sich zwischen Frau von Tourvel und mir die Szene begeben, von der ich Ihnen jetzt erzählen will, und ich fühle noch die Erregung davon. Ich brauche Gewalt, um den Eindruck loszuwerden, den sie mir gemacht hat; und um mir darin zu helfen, setzte ich mich auch hin, Ihnen zu schreiben. Sie[[1]] müssen diesem ersten Augenblick etwas nachsehen. Schon seit einigen Tagen sind wir uns über unsere Gefühle klar. Frau von Tourvel und ich, wir streiten uns nur noch um Worte. Zwar antwortet sie hoch immer mit ihrer »Freundschaft« auf meine[[Besitz]] »Liebe«, aber diese Vokabel der Konvention änderte an der Sache selbst nichts; – und wenn wir dabei geblieben wären, wäre ich vielleicht weniger schnell, aber nicht weniger sicher gegangen. Schon war sogar nicht mehr die Rede davon, daß ich fortreisen solle, wie sie anfangs immer wollte. Und was die täglichen Unterhaltungen betrifft: wenn ich dafür sorge, ihr Gelegenheit dazu zu geben, so sorgt sie dafür, diese Gelegenheit zu ergreifen. Da unsere täglichen Rendezvous gewöhnlich auf dem Spaziergang stattfinden, ließ mich das abscheuliche Wetter, das heute war, nichts dergleichen hoffen. Es kam mir höchst ungelegen. Aber ich sah nicht voraus, wie sehr mir dieses Wetters Hindernis nutzen sollte. Weil man also nicht spazieren konnte, setzte man sich nach Tisch ans Spiel; und da ich selten spiele und dabei nicht erforderlich bin, benutzte ich die Zeit, auf mein Zimmer zu gehen, ohne weitere Absicht, als dort zu warten, bis das Spiel ungefähr zu Ende sein könnte. Ich wollte gerade zur Gesellschaft zurück, als ich der reizenden Frau begegnete, die in ihr Zimmer wollte, und sei es aus Unvorsichtigkeit oder aus Schwäche, mit ihrer sanften Stimme zu mir sagte: »Wo gehen Sie[[1]] denn hin? Es ist niemand im Salon.« Es bedurfte nicht mehr für mich, wie Sie[[1]] sich denken können, daß ich versuchte, bei ihr einzutreten. Ich stieß dabei auf weniger Widerstand, als ich erwartete. Ich hatte ja allerdings die Vorsicht gebraucht, die Unterhaltung an ihrer Türe anzufangen, und zwar eine ganz gleichgültige Unterhaltung. Aber kaum hatten wir uns niedergelassen, so kam ich mit der wahren Unterhaltung und sprach von meiner »Liebe« zu meiner »Freundin«. Ihre erste Antwort, obschon ganz einfach, schien mir doch voll Ausdruck: »Oh, hören Sie[[1]] davon auf – sprechen wir hier von etwas anderem.« Und sie zitterte, die arme Frau! Weil sie sich sterben sieht. Aber sie fürchtete sich noch mit Unrecht. Da ich seit einiger Zeit des Erfolges für einen oder den andern Tag sicher bin, und sie so viel Kraft aufwenden sehe in nutzlosem Kampf, hatte ich meine[[Besitz]] Kraft zu schonen und ohne Anstrengung mich entschlossen, bis sie sich aus Erschöpfung ergäbe. Sie[[1]] fühlen wohl, daß es sich hier um einen vollkommenen Sieg handelt und daß ich nichts dem Zufall verdanken will. Aus eben dieser Absicht und um eindringlicher werden zu können, ohne mich zu weit vorzuwagen, kam ich auf dieses Wort Liebe zurück, das sie so hartnäckig verweigerte. Sicher darüber, daß sie mir genug Feuer zutraute, hatte ich einen zärtlichen Ton angeschlagen: ihre Hartnäckigkeit ärgere mich nicht mehr, sie betrübe mich … schuldete mir meine[[Besitz]] empfindliche Freundin nicht einigen Trost? … Beim Trösten war eine ihrer Hände in meiner geblieben; der schöne Körper lehnte sich gegen meinen[[Besitz]] Arm, und wir waren einander ganz nahe. Sie[[1]] haben wohl schon oft bemerkt, wie sehr in dieser Lage bei abnehmender Wehr Bitten und Weigerungen schneller aufeinanderfolgen; wie der Kopf sich wegwendet und die Blicke sich senken, während die Worte immer leiser, immer seltener kommen und stocken. Diese kostbaren Zeichen kündigen auf nicht mißzuverstehende Art die Einwilligung der Seele an, aber selten ist das schon eine Einwilligung der Sinne; ich glaube sogar, daß es in diesem Momente immer gefährlich ist, etwas zu Deutliches zu unternehmen. Da dieses Sichgehenlassen immer mit einer ganz zarten Wollust verbunden ist, kann man zu einem und dem Ende niemanden zwingen, ohne eine Verstimmung zu verursachen, und von ihr profitiert unfehlbar die Verteidigung. In diesem Falle war mir die Vorsicht noch um so nötiger, weil ich das Entsetzen ganz besonders fürchten mußte, das dieses Selbstvergessen sicher meiner zärtlichen Träumerin verursachen würde. Deshalb verlangte ich nicht einmal das erbetene Geständnis in Worten. Ein Blick konnte genügen, ein einziger Blick, Und ich war glücklich. Nun, meine[[Besitz]] schöne Freundin, die schönen Augen haben sich wirklich auf mich gerichtet, der himmlische Mund hat sogar gesprochen: »Also ja, ich –« … Aber plötzlich erlosch dieser Blick, die Stimme versagte, und diese anbetungswürdige Frau sank mir in die Arme … Kaum hatte ich sie darin aufzunehmen Zeit gehabt, als sie sich mit übermenschlicher Kraft daraus loslöste, mit irrem Blick die Hände zum Himmel erhob und rief: »Gott – oh, mein Gott, rette mich« Und gleich darauf lag sie schneller als der Blitz zehn Schritte von mir auf den Knien. Ich hörte sie erstickt schluchzen. Ich trat hinzu, um ihr zu helfen, sie aber nahm meine[[Besitz]] Hände und badete sie in Tränen, und umarmte meine[[Besitz]] Knie und sagte: »Ja, Sie[[1]], Sie[[1]] werden es sein, Sie[[1]] werden mich retten! Sie[[1]] wollen doch nicht meinen[[Besitz]] Tod, lassen Sie[[1]] mich! Retten Sie[[1]] mich! Verlassen Sie[[1]] mich um Gottes Willen, verlassen Sie[[1]] mich!« Und diese Worte fanden kaum einen Weg durch Schluchzen und Tränen. Aber sie hielt mich mit solcher Kraft fest, daß ich gar nicht hätte fortgehen können. Da nahm ich denn alle meine[[Besitz]] Kraft und hob sie in meinen[[Besitz]] Armen empor. Da hörten die Tränen auf. Kein Wort sprach sie mehr; ihre Glieder wurden starr, und heftige Zuckungen folgten dem Gewitterregen. Ich war wirklich sehr ergriffen, und ich hätte, glaube ich, ihrer Bitte nachgegeben, wenn die Umstände mich auch nicht dazu gezwungen hätten. Wahr ist, daß ich ihr noch einige Hilfe leistete und sie allein ließ, wie sie mich gebeten hatte, und daß ich mir dazu gratuliere. Schon habe ich beinahe meine[[Besitz]] Belohnung dafür bekommen. Ich erwartete, daß sie sich wie am Abend meiner ersten Erklärung am Abend nicht zeigen würde. Aber gegen acht Uhr kam sie in den Salon herunter und teilte der Gesellschaft nur mit, daß sie sich sehr unwohl gefühlt hätte. Ihr Gesicht war so müde, die Stimme so schwach, und ihre Haltung so zögernd; aber ihr Blick war sanft, und ich bekam ihn oft. Als sie zu spielen sich weigerte, mußte ich ihren Platz einnehmen, und sie setzte sich sogar neben mich. Während des Soupers blieb sie allein im Salon. Als man wieder zurückkam, glaubte ich zu bemerken, daß sie geweint hatte. Um mir darüber Gewißheit zu verschaffen, sagte ich, es scheine mir, als ob sie sich wieder unwohl gefühlt hätte, – worauf sie mir so hübsch antwortete: »Dieses Übel vergeht nicht so schnell, wie es gekommen ist.« Als man aufbrach, gab ich ihr die Hand; an der Türe ihres Zimmers drückte sie kräftig die meine[[Besitz]]. Es schien mir zwar das etwas unwillkürlich und nicht Absicht zu sein, aber um so besser: es ist ein Beweis mehr für meine[[Besitz]] Herrschaft. Ich möchte wetten, sie ist froh, daß es so weit ist. Alle Kosten sind bezahlt, es bleibt nur noch der Genuß. Vielleicht beschäftigt sie, während ich Ihnen schreibe, schon dieser liebliche Gedanke! Und wenn sie sich auch im Gegenteil mit einem neuen Plan der Verteidigung trüge, wissen wir nicht ganz genau, was aus allen diesen Plänen wird? Ich frage Sie[[1]], kann das länger dauern, als bis zu unserer nächsten Zusammenkunft? Ich erwarte gewiß noch einiges Umständemachen, und sei es schon so! Nachdem der erste Schritt getan ist, können diese Spröden nicht mehr stehenbleiben. Ihre Liebe ist eine richtige Explosion, und der Widerstand erhöht ihre Gewalt. Meine[[Besitz]] so scheue, fromme Frau würde mir nachlaufen, hörte ich auf, ihr nachzulaufen. Gewiß, schöne Freundin, unverweilt werde ich zu Ihnen kommen, um Sie[[1]] beim Worte zu nehmen. Sie[[1]] haben doch nicht vergessen, was Sie[[1]] mir nach dem Erfolg versprachen, – die Untreue gegen Ihren Chevalier! Sind Sie[[1]] bereit? Ich wünschte für mich, wir hätten uns nie gekannt! Im übrigen ist Sie[[1]] zu kennen vielleicht ein Grund, Sie[[1]] immer mehr zu begehren: »Ich bin gerecht und nicht galant,« wie es in Voltaires »Nanine« {{[Nanine]}} heißt. Darum soll das auch die erste Untreue nach einem harten Kampfe sein, und ich verspreche Ihnen, den ersten Vorwand zu benutzen, mich auf vierundzwanzig Stunden von ihr zu entfernen. Das soll dann ihre Strafe dafür sein, daß sie mich so lange von Ihnen fern gehalten hat. Wissen Sie[[1]], daß es jetzt mehr als zwei Monate sind, seit mich dieses Abenteuer beschäftigt? Jawohl, zwei Monate und drei Tage. Ich rechne da noch morgen mit, weil es erst dann perfekt sein wird. Was mich daran erinnert, daß Fräulein von B{{**}} drei Monate widerstanden hat. Ich konstatiere mit Vergnügen, daß die pure Koketterie sich länger verteidigt, als die strenge Tugend. Adieu, schöne Freundin, ich muß Sie[[1]] verlassen, weil es schon sehr spät ist. Dieser Brief hielt mich länger auf, als ich dachte, aber da ich morgen früh nach Paris schicke, wollte ich es benutzen, damit Sie[[1]] einen Tag früher die Freude Ihres Freundes teilen können. &&ar Schloß …, den 2. Oktober 17.. abends. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="101._Brief" &&fa Hunderdunderster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Ich bin betrogen, verraten, verloren und verzweifelt – Frau von Tourvel ist abgereist! Sie[[1]] ist abgereist, und ich wußte es nicht! Und ich war nicht da, konnte mich ihrer Abreise nicht widersetzen, ihr diesen gemeinen Verrat nicht vorwerfen! Ah! Glauben Sie[[1]] ja nicht, ich hätte sie reisen lassen. Sie[[1]] wäre geblieben! Ja, ja, sie wäre geblieben, und wenn ich hätte Gewalt brauchen müssen. Und was war? In meiner leichtgläubigen Sicherheit schlief, schlief ich ruhig. Ich schlief, und der Blitz schlug in mich ein. Nein, ich fasse es nicht. Ich muß es aufgeben, die Frauen kennen zu Wollen. Wenn ich an den gestrigen Tag denke! Was Tag, noch den Abend! Dieser Blick! Und diese Stimme! Und der Händedruck! Und während dieser ganzen Zeit dachte sie nichts als Flucht! O, Frauen, Frauen! Beklagt euch noch, wenn man euch betrügt! Ja, ja, jede Treulosigkeit, die man euch antut, ist ein Raub an euch. Welche Wonne wird mir die Rache sein! Ich werde sie wiederfinden, diese Treulose. Ich werde sie wieder in meine[[Besitz]] Macht bekommen. Wenn schon die Liebe allein mir solche Mittel gab, was wird sie erst mit Hilfe der Rache fertig bringen! Ich sehe sie auf den Knien, zitternd und in Tränen, um Gnade flehend mit ihrer trügerischen Stimme, und ich werde ohne Mitleid sein, ich werde ohne Mitleid sein. Was tut sie jetzt? Was denkt sie? Vielleicht bildet sie sich was ein, mich betrogen zu haben und findet getreu dem Geschmacke ihres Geschlechtes dieses Vergnügen am herrlichsten. Was die so viel gerühmte Tugend nicht fertig brachte, das hat der Geist der List ohne Mühe zustande gebracht. Ich Tor fürchtete ihre Keuschheit, und ihre Unehrlichkeit hätte ich fürchten müssen. Und muß meine[[Besitz]] Rachsucht hinunterschlucken! Muß gefühlvollen Schmerz zeigen, wenn mir das Herz voll Wut ist! Muß darauf angewiesen sein, eine widerspenstige Frau zu bitten, die sich meiner Macht entzogen hat! Mußte ich denn so weit gedemütigt werden? Und durch wen? Durch eine schüchterne, ängstliche Frau, die sich nie in Kämpfen geübt hat. Was nützt es mir, daß ich mich in ihrem Herzen festgesetzt, es in Brand gesetzt, die Erregung ihrer Sinne bis zum Wahnsinn getrieben habe, wenn sie in ihrem friedlichen Versteck sich heute stolzer über ihre Flucht vorkommt, als ich über meine[[Besitz]] Siege? Und ich soll das dulden? Liebe Freundin, Sie[[1]] glauben das doch nicht, eine solche demütigende Meinung haben Sie[[1]] nicht von mir. Aber was für eine Macht kettet mich so an diese Frau? Wünschen sich denn nicht hundert andere meine[[Besitz]] Liebe? Würden[[werden]] die sich nicht beeilen, sie zu erwidern? Und wenn selbst keine dieser Frau gleichkäme, würde nicht der Reiz der Abwechslung, der neuen Eroberungen, der Glanz ihrer Zahl genug köstliche Freuden bieten? Warum hinter einer herlaufen, die flieht, und die vernachlässigen, die sich bieten? Ah! Warum? Warum? … Ich weiß es nicht, aber ich empfinde es stark. Für mich gibt es keine Ruhe und kein Glück mehr anders, als im Besitz dieser Frau, die ich hasse und liebe mit der gleichen Wut. Ich kann mein Los erst dann wieder ertragen, wenn ich das ihre in Händen halte. Dann will ich sie, ruhig und gnädigst meinerseits, den Stürmen preisgegeben sehen, die ich jetzt bestehe. Ich will noch tausend andere aufwecken. Hoffnung und Furcht, Mißtrauen und Sicherheit, alle Übel, die vom Haß erfunden, alle Gnaden, welche die Liebe gewährt – ich will, daß sie ihr Herz erfüllen, und daß sie sich nach meinem Willen darin ablösen. Die Zeit wird kommen …. Aber es wird noch viel Arbeit kosten. Und wie nahe ich gestern daran war! Und wie weit entfernt ich heute davon bin! Wie soll ich wieder näher kommen? Ich trau mich keinen Schritt; ich fühle, um zu einem Entschluß zu kommen, müßte ich ruhiger sein, ganz ruhig, und mir kocht das Blut in den Adern. Was meine[[Besitz]] Qual verdoppelt, ist die Kaltblütigkeit, mit der man mir hier auf alle meine[[Besitz]] Fragen über das Ereignis antwortet, um dessen Ursache, um alles Ungewöhnlichen, das es hat …. Niemand weiß etwas, niemand wünscht etwas wissen zu wollen. Kaum daß man davon gesprochen hätte, hätte ich von was anderem zu reden erlaubt. Frau von Rosemonde, zu der ich lief, als ich heute früh die Nachricht erhielt, antwortete mir mit der ganzen Kälte ihres Alters, daß es die selbstverständliche Folge der gestrigen Unpäßlichkeit der Frau von Tourvel wäre, daß sie eine Krankheit befürchtete und lieber hätte bei sich zu Hause sein wollen. Sie[[1]] fände das ganz einfach und hätte es ebenso gemacht – als ob sie und die Tourvel was gemeinsam haben könnten! Zwischen ihr, die nur noch zu sterben hat, und der andern, die der Reiz und die Qual meines Lebens ist! Frau von Volanges, die ich zuerst im Verdacht der Mitschuld hatte, scheint über nichts als darüber gekränkt zu sein, daß sie wegen dieses Schrittes nicht um Rat gefragt worden ist. Ich bin froh, muß ich gestehen, daß sie das Vergnügen nicht hatte, mir zu schaden. Das beweist mir auch, daß sie nicht das Vertrauen der Frau in dem Maß genießt, wie ich fürchtete; immerhin eine Feindin weniger. Wie sie zufrieden mit sich wäre, wüßte sie, daß ich es bin, vor dem sie geflohen ist! Wie wäre sie vor Stolz geschwollen, wenn die Abreise auf ihren Rat geschehen wäre! Verzehnfacht wäre ihre Wichtigkeit. Mein Gott, wie ich diese Person hasse! Ich will wieder mit ihrer Tochter anknüpfen. Ich will sie nach meiner Laune in Arbeit nehmen; darum, glaube ich, bleibe ich noch einige Zeit hier. Wenigstens kam ich durch das bißchen mögliche Nachdenken zu dem Entschluß. Glauben Sie[[1]] nicht, daß nach einem so entschiedenen Schritt meine[[Besitz]] undankbare Frau meine[[Besitz]] Gegenwart scheuen muß? Wenn ihr also die Idee kam, daß ich ihr nachreisen könnte, so wird sie nicht versäumen, vor mir die Türe zu schließen; Und ich will sie an dieses Mittel ebensowenig gewöhnen, wie ich solche Erniedrigungen dulden will. Ich ziehe es lieber vor, ihr mitzuteilen, daß ich hier bleibe; ich will sogar in sie dringen, daß sie zurückkommen soll. Nur erst wenn sie von meinem Fernbleiben überzeugt ist, dann erscheine ich bei ihr. Wir werden sehen, wie sie dieses Wiedersehen verträgt. Aber man muß es aufschieben, um seine Wirkung zu steigern, nur weiß ich noch nicht, ob ich die nötige Geduld dazu haben werde. Zwanzigmal machte ich heute den Mund auf, um meine[[Besitz]] Pferde zu verlangen. Aber ich nehme mich zusammen. Ich will Ihre Antwort hier abwarten, und ich bitte Sie[[1]] nur, meine[[Besitz]] schöne Freundin, daß Sie[[1]] mich nicht darauf warten lassen. Was mich am meisten verdrießen würde, wäre, wenn ich nicht wüßte, was vorgeht. Aber mein Jäger, der in Paris ist, hat Rechte auf Einlaß bei der Kammerjungfer, er kann mir dienen. Ich schicke ihm Weisungen und Geld. Gestatten Sie[[1]], daß ich das eine und das andere diesem Briefe beifüge, und Sie[[1]] bitte, daß einer Ihrer Leute zu ihm geht, mit dem Befehl, es ihm persönlich zu übergeben. Ich treffe diese Vorsicht, weil der Bursche die Gewohnheit hat, jene meiner Briefe niemals empfangen zu haben, die ihm etwas auftragen, was ihm nicht paßt, und weil er mir gerade jetzt von seinem Kammermädel nicht so eingenommen scheint, wie ich möchte, daß er es wäre. Adieu, schöne Freundin, und wenn Ihnen ein glücklicher Gedanke einfällt, irgendein Mittel, wie ich schneller vorwärts komme, lassen Sie[[1]] mich's wissen. Ich habe mehr als einmal erfahren, wie sehr von Nutzen Ihre Freundschaft mir sein kann; ich erprobe es auch in diesem Augenblick, denn ich fühle mich ruhiger werden, seit ich Ihnen schreibe. Wenigstens spreche ich zu jemandem, der mich versteht, und nicht zu den Automaten, unter denen ich seit heute morgen herumgehe. Es ist wirklich wahr: je länger, desto mehr bin ich zu glauben versucht, daß nur Sie[[1]] und ich auf diese Welt was wert sind. &&ar Schloß …, den 3. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="102._Brief" &&fa Hundertundzweiter Brief Der Vicomte von Valmont an Azolan {{[Azolan]}}, seinen Jäger. (Dem vorhergehenden Briefe beigelegt.) &&fe &&ax &&lg=x Da Sie[[1]] heute früh von hier abreisten, müssen Sie[[1]] schon sehr dumm sein, daß Sie[[1]] nicht erfahren haben, Frau von Tourvel reise ebenfalls ab; oder, wenn Sie[[1]] es gewußt haben, daß Sie[[1]] mir es nicht meldeten. Was habe ich davon, daß Sie[[1]] sich für mein Geld mit den Bedienten betrinken, daß Sie[[1]] die Zeit, die Sie[[1]] auf meinen[[Besitz]] Dienst benutzen müßten, damit verbringen, den Angenehmen bei den Kammermädchen zu spielen, wenn ich dann doch nicht besser von dem unterrichtet bin, was vorgeht? Solche Nachlässigkeiten begehen Sie[[1]]. Aber ich warne Sie[[1]]. Passiert Ihnen eine einzige solche Nachlässigkeit in dieser Sache, so wird das Ihre letzte in meinem Dienst gewesen sein. Also: Sie[[1]] müssen mich von allem in Kenntnis setzen, was bei Frau von Tourvel vorgeht; über ihre Gesundheit; ob sie schläft; ob sie heiter oder traurig ist; ob sie oft ausgeht und wohin sie geht; ob sie Leute empfängt, und wer kommt; womit sie ihre Zeit verbringt; ob sie gegen ihre Dienerschaft schlechter Laune ist, besonders gegen jene, die sie mit hierher gebracht hatte; was sie tut, wenn sie allein ist; ob sie, wenn sie liest, in einem fort liest, oder ob sie die Lektüre oft unterbricht, um zu träumen; ebenso wenn sie schreibt. Suchen Sie[[1]] auch mit dem gut Freund zu werden, der ihre Briefe auf die Post bringt; Bieten Sie[[1]] sich an, diese Besorgung statt seiner zu machen; und wenn er es annimmt, so lassen Sie[[1]] nur die Briefe abgehen, die Ihnen belanglos scheinen, und schicken die andern mir, Besonders die an Frau von Volanges, wenn solche darunter sind. Richten Sie[[1]] es so ein, daß Sie[[1]] noch eine Zeitlang der glückliche Liebhaber Ihrer Julie bleiben. Wenn sie einen andern hat, so wie Sie[[1]] glauben, so bereden Sie[[1]] sie, daß sie sich unter euch beide teilt und protzen Sie[[1]] nicht mit einem lächerlichen Zartgefühl; Sie[[1]] werden sich nur im Falle vieler anderer befinden, die mehr wert sind als Sie[[1]]. Wenn aber Ihr Teilhaber sich zu dick machen sollte, wenn Sie[[1]] zum Beispiel bemerkten, daß er Julie tagsüber zu sehr beschäftigt und sie dadurch etwas weniger um ihre Herrin ist, so schaffen Sie[[1]] ihn auf irgendeine Weise beiseite. Oder fangen Sie[[1]] Streit mit ihm an. Die Folgen brauchen Sie[[1]] nicht zu fürchten, ich werde Sie[[1]] halten. Besonders verlassen Sie[[1]] das Haus nicht. Mit der Seßhaftigkeit bemerkt man alles und sieht man gut. Wenn der Zufall wollte, daß einer der Leute weggeschickt würde, melden Sie[[1]] sich, um ihn zu ersetzen, so als ob Sie[[1]] nicht mehr bei mir im Dienst wären. Sagen Sie[[1]] in diesem Falle, daß Sie[[1]] ein ruhigeres, besser geregeltes Haus als das meine[[Besitz]] suchten. Kurz, trachten Sie[[1]], daß man Sie[[1]] nimmt. Ich behalte Sie[[1]] nichtsdestoweniger in meinem Dienst während dieser Zeit; es wird so sein wie bei der Herzogin von {{**}}; und später belohnt Sie[[1]] Frau von Tourvel ebenfalls. Wenn Sie[[1]] hinreichend Geschick und Eifer hätten, würden diese Weisungen genügen. Um aber dem einen und dem andern nachzuhelfen, schicke ich Ihnen Geld. Das beiliegende Billett berechtigt Sie[[1]], wie Sie[[1]] sehen, fünfundzwanzig Louisdor bei meinem Bankier zu erheben; denn wahrscheinlich haben Sie[[1]] nicht einen Heller. Von dieser Summe verwenden Sie[[1]] was nötig, um Julie zu bestimmen, mit mir einen Briefwechsel anzufangen. Für den Rest lassen Sie[[1]] die Leute trinken. Richten Sie[[1]] das so oft wie möglich ein, daß das bei dem Schweizer des Hauses geschieht, damit er Sie[[1]] gerne kommen sieht. Aber vergessen Sie[[1]] nicht, daß ich nicht Ihre Trinkgelage und Liebesaffären bezahlen will, sondern Ihre Dienste. Gewöhnen Sie[[1]] Julie daran, alles genau zu beobachten und alles zu berichten, auch was ihr unwichtig vorkommt. Besser, daß sie zehn unnötige Seiten schreibt, als eine einzige wichtige vergißt; was uninteressant aussieht, ist es oft nicht. Da ich aber auf der Stelle unterrichtet sein muß, wenn etwas vorkäme, das Ihrer Aufmerksamkeit wert scheint, so schicken Sie[[1]], gleich nach Empfang dieses Briefes, Philipp {{[Phi¬lipp]}} auf den Kommissionsweg per Pferd, damit er in …, halben Wegs zwischen hier und Paris, Quartier nimmt. Bis auf weiteres soll er dort bleiben. Das ist im Notfall eine Station für den Pferdewechsel. Für die laufende Korrespondenz genügt die Post. Geben Sie[[1]] acht, daß Sie[[1]] diesen Brief nicht verlieren. Lesen Sie[[1]] ihn täglich durch, einmal, um sich zu vergewissern, daß Sie[[1]] nichts vergessen haben, dann auch, um sicher zu sein, daß Sie[[1]] ihn noch haben. Tun Sie[[1]] überhaupt alles, was man tun muß, wenn man mit meinem Vertrauen geehrt ist. Sie[[1]] wissen, wenn ich mit Ihnen zufrieden bin, werden Sie[[1]] es auch mit mir sein. &&ar Schloß …, den 3. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="103._Brief" &&fa Hundertunddritter Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Sie[[1]] werden sehr erstaunt sein, gnädige Frau, wenn Sie[[1]] hören, daß ich so eilig Ihr Haus verließ. Dieser Schritt wird Ihnen sehr sonderbar vorkommen. Aber wie wird Ihr Erstaunen erst wachsen, wenn Sie[[1]] die Gründe davon erfahren! Vielleicht werden Sie[[1]] finden, indem ich sie Ihnen anvertraue, daß ich die Ihrem Alter gebotene Ruhe nicht genügend respektiere, ja, daß ich sogar von den Gefühlen der Verehrung mich entferne, die Ihnen mit so viel Recht zukommen. Ach, gnädige Frau, verzeihen Sie[[1]] mir! Aber mein Herz ist beschwert, es hat das Bedürfnis, seinen Schmerz in den Busen einer so sanften wie klugen Freundin auszuschütten – welche andere als Sie[[1]] könnte ich wählen? Betrachten Sie[[1]] mich als Ihr Kind. Lassen Sie[[1]] mir Ihre mütterliche Güte zuteil werden, ich bitte Sie[[1]] darum. Ich habe vielleicht durch die Gefühle, die ich für Sie[[1]] empfinde, einiges Anrecht darauf. Wo ist die Zeit, da ich, ganz diesem schönen Gefühle hingegeben, die nicht kannte, die diese meine[[Besitz]] tödliche Verwirrung mir in die Seele tragen, und einem Kraft, sie zu bekämpfen, nehmen, was einem die Pflicht doch auferlegt? Ach! diese verhängnisvolle Reise war mein Verderben!… Was soll ich Ihnen sagen? Ich liebe, ja, ich liebe zum Verzweifeln. Ach! dieses Wort, das ich zum erstenmal schreibe, dies so oft erbetene und nicht gewährte Wort, ich möchte mein Leben dafür geben, es nur einmal den hören zu lassen, der es mir einflößt – und doch muß ich es immerfort verweigern! Er wird nun wieder an meinen[[Besitz]] Gefühlen zweifeln, wird glauben, daß er sich zu beklagen habe. Ach, bin ich unglücklich! Warum ist es ihm nicht ein ebenso Leichtes, in meinem Herzen zu lesen wie darin zu herrschen? Ja, ich würde weniger leiden, wüßte er, was ich leide. Ach selbst Sie[[1]], der ich es sage, werden nur eine schwache Vorstellung davon haben. In wenigen Augenblicken werde ich ihn fliehen und betrüben. Während er sich noch in meiner Nähe glaubt, werde ich schon weit weg von ihm sein. Zur Stunde, da ich ihn täglich zu sehen gewohnt war, werde ich wo sein, wohin er nie kam und wohin zu kommen ich ihm nicht erlauben darf. Schon sind alle meine[[Besitz]] Vorkehrungen getroffen; alles liegt bereit vor meinen[[Besitz]] Augen; ich kann sie nirgends hinwenden, wo es mich nicht an diesen traurigen Abschied erinnert. Alles ist bereit, nur ich nicht! Und je mehr mein Herz sich sträubt, desto mehr beweist es mir die Notwendigkeit, mich zu fügen. Ich werde mich fügen: es ist besser zu sterben als schuldig zu leben. Schon, ich fühle es, bin ich es nur zu sehr. Ich habe nur meine[[Besitz]] Ehre gerettet, die Tugend ist dahin. Muß ich Ihnen gestehen, was mir wohl bleibt? Ich verdanke es seiner Großmut. Versucht von der Freude, ihn zu sehen, ihn zu hören, von dem süßen Gefühl seiner Nähe, von dem größeren Glück bewegt als das seine: ihm das Glück zu sein, – so war ich ohne Macht, ohne Kraft. Kaum blieb mir welche, um zu kämpfen, – zu widerstehen hatte ich keine mehr. Ich zitterte vor der Gefahr, ohne ihr entfliehen zu können. Ja, da sah er meine[[Besitz]] Pein und hat Mitleid mit mir gehabt. Wie sollte ich ihn nicht lieben? Ich verdanke ihm viel mehr als mein Leben. Ach, hätte ich bei ihm nur für mein Leben zu zittern, glauben Sie[[1]] nicht, daß ich je einwilligen würde, fortzugehen… Was ist mein Leben ohne ihn – wäre ich da nicht glücklich, es zu verlieren? Verdammt zu sein, ewig ihn und mich unglücklich zu machen, mich weder beklagen noch ihn trösten zu dürfen, mich jeden Tag gegen ihn, gegen mich zu verteidigen, ihm mit Vorbedacht Schmerzen zu bereiten, wo ich doch alle meine[[Besitz]] Sorge seinem Glück weihen möchte – heißt so leben nicht tausendmal sterben? Und doch wird es mein Los sein. Ich werde es aber tragen, ich werde den Mut dazu haben. Sie[[1]], die ich zu meiner Mutter erwähle, nehmen Sie[[1]] diesen Schwur. Nehmen Sie[[1]] auch den, daß ich Ihnen nichts, was ich tue, verhehlen will. Nehmen Sie[[1]] den Schwur, ich bitte Sie[[1]] darum, wie um eine Unterstützung, deren ich bedarf. So verpflichtet, Ihnen alles zu sagen, werde ich das Gefühl haben, immer in Ihrer Nähe mich zu wähnen. Ihre Tugend wird die meine[[Besitz]] ersetzen. Ich werde niemals vor Ihnen erröten müssen; und durch diese Macht zurückgehalten, werde ich in Ihnen nicht nur die nachsichtige Freundin und Vertraute meiner Schwäche lieben, nein, ich werde in Ihnen auch den Schutzengel ehren, der mich vor der Schande bewahrt. Es ist schon genug Schande, daß ich eine solche Bitte tun muß. Verhängnisvolle Wirkung verworrenen Selbstvertrauens! Warum habe ich nicht eher dieser Neigung entgegen gearbeitet, die ich wachsen fühlte? Warum schmeichelte ich mir, ich könnte sie nach meinem Belieben meistern und besiegen? Unsinnig war ich! Ich kannte die Liebe so wenig! Ach, hätte ich sie bedachtsamer bekämpft, vielleicht hätte sie weniger Macht über mich bekommen! Vielleicht wäre dann diese Abreise nicht nötig gewesen, oder ich hätte wenigstens, wäre sie trotzdem nötig geworden, Beziehungen nicht zu zerreißen brauchen, die etwas zu lockern vielleicht genügt hätte! Aber alles so auf einmal verlieren! Und für immer! O meine[[Besitz]] Freundin! … Aber was denn! … Sogar beim Schreiben an Sie[[1]] verliere ich mich noch zu bösen Wünschen? Fort, fort, daß wenigstens diese unwillkürliche Torheit durch alles, was ich opfere, gebüßt wird. Leben Sie[[1]] wohl, meine[[Besitz]] verehrte Freundin. Lieben Sie[[1]] mich wie Ihre Tochter, nehmen Sie[[1]] mich an als eine Tochter, und seien Sie[[1]] versichert, daß ich trotz meiner Schwäche lieber sterben, als mich Ihrer Wahl unwürdig zeigen will. &&ar Schloß …, den 3. Oktober 17.. 1 Uhr nachts. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="104._Brief" &&fa Hundertundvierter Brief Frau von Rosemonde an Frau von Tourvel. &&fe &&ax &&lg=x Ich war über Ihre Abreise mehr betrübt, meine[[Besitz]] liebe, schöne Frau, als überrascht von Ihrer Ursache. Eine lange Erfahrung und das Interesse, das Sie[[1]] einflößen, hatten genügt, mich über den Zustand Ihres Herzens aufzuklären; und wenn ich alles sagen soll, so haben Sie[[1]] mir in Ihrem Brief nichts, oder fast nichts Neues mitgeteilt. Wenn ich erst durch diesen Ihren Brief hätte aufgeklärt werden müssen, so wüßte ich noch nicht, wer der ist, den Sie[[1]] lieben; denn während Sie[[1]] mir die ganze Zeit hindurch von »ihm« reden, haben Sie[[1]] nicht ein einziges Mal seinen Namen geschrieben. Ich hatte es aber nicht nötig; denn ich weiß wohl, wer es ist. Aber ich bemerke es nur, weil ich mich erinnerte, daß das immer der Stil der Liebe ist. Ich sehe, es ist damit immer noch wie in der vergangenen Zeit. Ich glaubte nicht, daß ich jemals auf Erinnerungen zurückkommen sollte, die so fern von mir liegen und zu meinem Alter gar nicht mehr passen. Seit gestern habe ich mich aber sehr viel damit beschäftigt, in dem Wunsche, etwas zu finden, was Ihnen nützlich sein könnte. Aber was kann ich machen, als Sie[[1]] bewundern und bedauern? Ich lobe den klugen Entschluß, den Sie[[1]] gefaßt haben, und doch erschreckt er mich, weil ich daraus schließe, daß Sie[[1]] ihn für nötig gehalten haben; und wenn man einmal so weit ist, dann ist es sehr schwer, sich dauernd von dem fern zu halten, dem uns unser Herz immer nahebringt. Doch verlieren Sie[[1]] den Mut nicht. Nichts kann Ihrer reinen Seele unmöglich sein; und sollten Sie[[1]] eines Tages das Unglück haben zu unterliegen – was Gott verhüte! – glauben Sie[[1]] mir, liebe, schöne Frau, bewahren Sie[[1]] sich für den Fall wenigstens den Trost, mit aller Macht gekämpft zu haben. Und dann, was die menschliche Vernunft nicht vermag, vollführt die göttliche Gnade, wenn es ihr gefällt. Vielleicht sind Sie[[1]] am Vorabend dieses ihres Beistandes, und Ihre Tugend, die in diesem harten Kampf erprobt wurde, wird daraus reiner und leuchtender hervorgehen. Die Kraft, die Sie[[1]] heute nicht haben, hoffen Sie[[1]] immer, sie morgen zu empfangen. Rechnen Sie[[1]] nicht damit, sich ganz auf sie zu verlassen, aber fassen Sie[[1]] neuen Mut daraus, um alle Ihre Kräfte zu brauchen. Wenn ich auch der Vorsehung die Sorge überlasse, Ihnen in einer Gefahr beizustehen, gegen die ich nichts vermag, so behalte ich mir doch vor, Sie[[1]] zu unterstützen und zu trösten, soviel es in meiner Kraft steht. Ich werde Ihre Schmerzen nicht lindern, aber ich werde sie teilen. So will ich gerne übernehmen, was Sie[[1]] mir vertrauen. Ich fühle, Ihr Herz hat Aussprache nötig; ich öffne Ihnen das meine[[Besitz]]; das Alter hat es noch nicht so weit abgekühlt, daß es für die Freundschaft unempfindlich wäre. Sie[[1]] werden es immer bereit finden, Sie[[1]] aufzunehmen. Es wird nur eine schwache Erleichterung für Ihre Schmerzen sein, aber Sie[[1]] werden wenigstens nicht allein weinen. Und wenn diese unglückliche Liebe zu viel Gewalt über Sie[[1]] bekommt und Sie[[1]] zwingt, von ihr zu sprechen, so wird es besser mit mir als mit »ihm« sein. Sehen Sie[[1]], jetzt spreche ich wie Sie[[1]], und ich glaube, wir bringen es beide nicht fertig, seinen Namen zu nennen. Aber wir verstehen uns, nicht wahr? Ich weiß nicht, ob ich wohl daran tue, Ihnen zu sagen, daß er mir durch Ihre Abreise sehr betroffen schien; es wäre vielleicht vernünftiger, Ihnen nicht davon zu sprechen. Aber ich mag diese Vernünftigkeit gar nicht, mit der man seine Freunde betrübt. Aber doch bin ich gezwungen, nicht länger davon zu sprechen. Meine[[Besitz]] schwachen Augen und meine[[Besitz]] zitternde Hand erlauben mir keine langen Briefe, wenn ich sie selbst schreiben muß. Adieu also, meine[[Besitz]] schöne Liebe, adieu, mein liebes Kind. Ja, ich nehme Sie[[1]] gerne als meine[[Besitz]] Tochter an, Sie[[1]] haben ja alles, was den Stolz und die Freude einer Mutter ausmachen kann. &&ar Schloß …, den 3. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="105._Brief" &&fa Hundertundfünfter Brief Die Marquise von Merteuil an Frau von Volanges. &&fe &&ax &&lg=x Wirklich, meine[[Besitz]] liebe, gute Freundin, ich habe nur mit Mühe eine Regung des Stolzes unterdrückt, als ich Ihren Brief las. Wie! Sie[[1]] beehren mich mit Ihrem vollen Vertrauen? Sie[[1]] gehen sogar so weit, mich um Rat zu bitten! Ach, ich bin wirklich glücklich, wenn ich diese günstige Meinung Ihrerseits verdiene, wenn ich sie nicht nur der Voreingenommenheit der Freundschaft verdanke. Im übrigen, welchen Beweggrund sie auch immer haben mag, sie ist sicher meinem Herzen wertvoll; und sie erlangt zu haben ist in meinen[[Besitz]] Augen ein Grund mehr, mich noch mehr zu bemühen, sie zu verdienen. So will ich also – ohne Ihnen einen Rat erteilen zu wollen – Ihnen aufrichtig meine[[Besitz]] Art zu denken sagen. Ich mißtraue ihr, weil sie von der Ihrigen abweicht; aber wenn ich Ihnen meine[[Besitz]] Gründe gegeben habe, mögen Sie[[1]] urteilen, und wenn Sie[[1]] sie verwerfen, so unterschreibe ich im voraus Ihr Urteil. So verständig bin ich, mich nicht für verständiger zu halten, als Sie[[1]] sind. Sollte sich jedoch dieses einzige Mal meine[[Besitz]] Meinung als die bessere erweisen, so wäre davon die Ursache in den Selbsttäuschungen der mütterlichen Liebe zu suchen. Da dieses Gefühl edel ist, muß es in Ihnen liegen. Und wie deutlich wird es in dem Entschluß, den zu treffen Sie[[1]] versucht sind! Wenn Sie[[1]] einmal irren, so immer nur bei der Wahl unter Tugenden. Die Vorsicht ist, wie mir scheint, die Tugend, der man den Vorzug geben muß, wenn man über die Geschicke anderer verfügt, besonders wenn es sich darum handelt, sie mit einem heiligen und unlösbaren Bande zu binden, wie der Ehe. Da muß eine kluge und liebende Mutter, wie Sie[[1]] so gut sagen, ihrer Tochter »mit ihrer Erfahrung beistehen«. Jetzt frage ich Sie[[1]], was hat sie da anderes zu tun, als für die Tochter zu unterscheiden, zwischen dem, was gefällt und dem, was sich gehört? Hieße es nicht die mütterliche Autorität herabsetzen, ja zunichte machen, wenn man sie einer frivolen Neigung unterordnete, deren trügerische Macht nur denen fühlbar wird, die sie fürchten, und die sofort verschwindet, sobald man sie verachtet? Ich gestehe für meinen[[Besitz]] Teil, ich habe nie an diese hinreißenden und unwiderstehlichen Leidenschaften geglaubt, aus denen man, wie mir scheint, nach öffentlicher Übereinkunft unsere regellosen Sitten entschuldigt. Ich begreife nicht, wie eine Neigung, die ein Augenblick entstehen, ein anderer vergehen sieht, mehr Kraft haben soll als die unveränderlichen Grundsätze der Scham, der Ehrbarkeit und der Bescheidenheit, und ich verstehe es auch nicht, wie eine Frau, die gegen diese sich vergeht, sollte gerechtfertigt werden können durch ihre angebliche Leidenschaft, etwa wie ein Dieb durch die Leidenschaft für das Geld oder ein Mörder durch die Leidenschaft seiner Rachgier. Gewiß! Wer kann sagen, daß er niemals zu kämpfen hatte? Aber ich habe mich immer zu überzeugen versucht, daß zum Widerstand es genügt, wenn man ihn will; und bisher wenigstens hat meine[[Besitz]] Erfahrung meine[[Besitz]] Meinung bestätigt. Was wäre die Tugend ohne die Pflichten, die sie uns auferlegt? Ihren Kult enthalten unsere Opfer, ihre Belohnung unsere Herzen. Diese Wahrheiten können nur von denen geleugnet werden, die ein Interesse daran haben, die Tugend zu verkennen, und die bereits verdorben einen Moment darüber weg zu täuschen hoffen durch den Versuch, ihre schlechte Aufführung durch schlechte Gründe zu rechtfertigen. Aber ist das von einem schüchternen, einfachen Kinde zu befürchten? Von einem Kinde, das das Ihrige ist, und dessen glückliches Naturell eine ehrbare und reine Erziehung nur bestärken konnte? Und doch wollten Sie[[1]] dieser Furcht, ich darf wohl sagen demütigenden Furcht für Ihre Tochter, diese vorteilhafte Heirat opfern, welche Ihre Klugheit ihr verschafft hat? Ich habe Danceny sehr gern, und seit langen sah ich Herrn von Gercourt nicht mehr, wie Sie[[1]] wissen; aber meine[[Besitz]] Freundschaft für den einen, meine[[Besitz]] Gleichgültigkeit gegen den andern verhindern mich nicht, den großen Unterschied zwischen den beiden Partien zu merken. Ihre Geburt ist gleichwertig, das gebe ich zu; aber der eine ist ohne Vermögen, und das des andern ist so groß, daß es selbst ohne seinen Adel genügt hätte, ihn alles erreichen zu lassen. Ich gebe gern zu, daß das Geld nicht das Glück ausmacht, aber daß es das Glück erleichtert, muß man wohl auch zugeben. Fräulein von Volanges ist, wie Sie[[1]] sagen, reich genug für zwei; indes sind sechzigtausend Francs Rente, die sie zu verzehren haben wird, noch nicht so gar viel, wenn man den Namen Danceny trägt, wenn man ein dem Namen würdiges Haus einrichten und unterhalten muß. Wir haben nicht mehr die Zeiten der Frau von {{Sé¬vig¬né}}. Der Luxus verschlingt alles; man tadelt ihn, muß ihn aber mitmachen; und schließlich entzieht einem das Überflüssige das Notwendige. Was die persönlichen Eigenschaften betrifft, die Sie[[1]], und mit Recht, so hoch schätzen, so ist Herr von Gercourt gewiß von der Seite einwandfrei; er hat seine Proben bestanden. Ich will glauben und glaube auch wirklich, daß Danceny ihm da in nichts nachsteht; aber sind wir dessen auch ganz sicher? Es ist wahr, er hat sich bis jetzt von den Fehlern seines Alters frei gehalten und ganz gegen den Tageston so viel Neigung zu der anständigen Gesellschaft gezeigt, daß man günstig über ihn urteilen muß. Aber weiß man denn, ob er diese scheinbare Anständigkeit nicht seinem geringen Vermögen verdankt? Wenn man auch nicht ein Spitzbub sein will, so muß man doch Geld haben, um Spieler oder Wüstling zu sein, und man kann die Fehler noch lieben, deren Übermaß man meidet. Kurz und gut, er wäre nicht der erste, der in der guten Gesellschaft verkehrt, bloß aus Mangel an Besserem. Ich sage nicht – Gott behüte! – daß ich das alles von ihm glaube; aber daß es so ist, diese Gefahr läuft man doch; und was für Vorwürfe hätten Sie[[1]] sich nicht zu machen, wenn die Sache nicht glücklich ausginge! Was würden Sie[[1]] Ihrer Tochter antworten, wenn sie zu Ihnen sagte: »Mutter, ich war jung und ohne Erfahrung; ich ward sogar durch einen in meinem Alter verzeihlichen Irrtum verführt; aber der Himmel hatte meine[[Besitz]] Schwäche vorausgesehen und mir eine verständige Mutter gegeben, um dem abzuhelfen und mich zu schützen. Warum haben Sie[[1]] Ihre Vorsicht versäumt und in mein Unglück eingewilligt? War es meine[[Besitz]] Sache, mir einen Gemahl zu wählen, wo ich nichts von der Ehe verstand? Hätte ich es auch gewollt, war es da nicht an Ihnen, sich dem zu widersetzen? Aber ich habe niemals diese sinnlose Absicht gehabt. Entschlossen, Ihnen zu gehorchen, habe ich Ihre Wahl in ehrfurchtsvoller Ergebenheit abgewartet. Niemals bin ich von dem Gehorsam abgewichen, den ich Ihnen schuldete, und trotzdem erleide ich heute die Strafe, die nur widerspenstige Kinder verdienen. Ihre Schwäche hat mich ins Verderben gestürzt …« Vielleicht würde sie aus Respekt vor Ihnen diese Klagen unterdrücken, aber die mütterliche Liebe würde sie erraten; auch wenn die Tränen Ihrer Tochter verstohlen flössen, fielen sie doch auf Ihr Herz. Wo würden Sie[[1]] dann Trost suchen? Vielleicht in dieser tollen Liebe, gegen die Sie[[1]] sie hätten wappnen sollen, und von der Sie[[1]] sich im Gegenteil haben verführen lassen. Ich weiß nicht, meine[[Besitz]] liebe Freundin, ob ich gegen diese Leidenschaft zu voreingenommen bin; aber ich glaube, die Leidenschaft ist selbst in der Ehe zu fürchten. Nicht daß ich es mißbillige, daß ein ehrbares, zärtliches Gefühl das eheliche Band verschöne und in gewisser Beziehung die Pflichten, die es auferlegt, versüßte; aber es kommt nicht jenem Gefühle zu, dieses Band zu bilden, nicht der Illusion eines Augenblicks, die Wahl unseres Lebens zu bestimmen. Tatsächlich muß man, um zu wählen, vergleichen können; und wie kann man das, wenn uns ein einziger Gegenstand beschäftigt und man selbst den einen nicht einmal kennen kann, so in Rausch und Blindheit befangen wie man ist? Ich bin, wie Sie[[1]] sich denken können, mehr Frauen begegnet, die von diesem Übel befallen waren; einige haben Vertrauen zu mir gehabt. Wenn man sie hört, so gibt es keine, deren Geliebter nicht ein vollkommenes Wesen wäre; aber diese schimäre Vollkommenheit besteht nur in ihrer Einbildung. Ihr exaltierter Kopf träumt nur Tugend und Annehmlichkeit, und damit schmücken sie mit Herzensfreude den, den sie vorziehen. Es ist die Draperie {{[Dra¬pe¬rie]}} eines Gottes, von einem unwürdigen Modell getragen, aber was es auch für eines sei, kaum daß sie es damit bekleidet, so sind sie verliebt in ihr eigenes Werk, sinken davor nieder und beten es an. Entweder liebt Ihre Tochter Danceny nicht oder sie erlebt eben diese Selbsttäuschung, die beiden gemein ist, wenn ihre Liebe gegenseitig ist. So kommt Ihr Grund, sie auf ewig zu vereinigen, auf die Gewißheit hinaus, daß sie sich nicht kennen, daß sie sich nicht kennen können. Aber, werden Sie[[1]] mir sagen, kennen Herr von Gercourt und meine[[Besitz]] Tochter sich denn besser? Gewiß nicht; aber wenigstens täuschen sie sich nicht, sie wissen eben nichts voneinander. Was geschieht zwischen Ehegatten in einem solchen Fall, beide, wie ich annehme, anständige Menschen? Daß jeder den andern studiert, sich ihm gegenüber beobachtet, sucht und bald auch findet, was er von seinem Geschmack und Willen, des gemeinsamen Friedens wegen, aufgeben muß. Diese leichten Opfer bringt man ohne Mühe, weil sie gegenseitig sind und man sie voraussah. Bald werden sie zu Wohltaten bei beiden; und die Gewohnheit, die alle Neigungen stärkt, die sie nicht zerstört, führt nach und nach diese zärtliche Freundschaft herbei, dieses gütige Vertrauen, die gemeinsam mit der Achtung, wie mir scheint, das wahre, solide Glück der Ehe bilden. Diese Selbsttäuschungen der Liebe mögen köstlicher sein, wer aber weiß nicht, daß sie auch weniger dauerhaft sind? Und welche Gefahr bringt nicht der Moment mit sich, der sie zerstört? Dann erscheinen die kleinsten Fehler unerträglich durch den Gegensatz zu jener Vollkommenheitstäuschung, die uns verführte. Jeder der beiden Gatten glaubt doch, der andere habe sich geändert, er sei immer der gleiche geblieben, sei noch immer gleich viel wert, wie er in einem Augenblick des Irrtums geschätzt wurde. Den Reiz, den er nicht mehr empfindet, wundert er sich, daß er ihn im andern nicht mehr hervorruft. Er fühlt sich davon bedrückt. Die verwundete Eitelkeit verbittert die beiden, vermehrt ihr Unrecht noch schlimmer, erzeugt schlechte Laune, gebiert den Haß; und ein frivoles Vergnügen wird schließlich mit langwährendem Unglück bezahlt. So denke ich, meine[[Besitz]] liebe Freundin, über die Sache, die uns beschäftigt. Ich verteidige sie nicht, ich setze sie nur auseinander: die Entscheidung steht bei Ihnen. Wenn Sie[[1]] aber auf Ihrer Meinung bestehen bleiben, so möchte ich um die Gründe bitten, die gegen die meinen[[Besitz]] gesprochen haben. Ich wäre glücklich, wenn ich von Ihnen lernte, und besonders, wenn ich über das Los Ihres lieben Kindes beruhigt würde, dessen Glück ich aufs herzlichste wünsche, da ich ja nicht nur die Freundin Ihrer Tochter bin, sondern die Ihre fürs Leben. &&ar Paris, den 4. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="106._Brief" &&fa Hundertundsechster Brief Die Marquise von Merteuil an Cécile Volanges. &&fe &&ax &&lg=x Nun also, liebe Kleine, sind Sie[[1]] wohl arg böse und recht beschämt! Und dieser Herr von Valmont ist ein schlimmer Mann, nicht wahr? Er wagt es, Sie[[1]] zu behandeln wie die Frau, die er am meisten liebte! Er lehrt Sie[[1]], was Sie[[1]] fürs Leben gern lernen wollten! Ein solches Vorgehen ist wirklich unverzeihlich. Und Sie[[1]] Ihrerseits wollen Ihre Keuschheit für Ihren Geliebten – der sie nicht mißbrauchte – aufheben; Sie[[1]] lieben nur die Leiden der Liebe und nicht ihre Freuden. Sehr schön, und Sie[[1]] gäben eine prachtvolle Romanfigur ab. Leidenschaft, Mißgeschick und Tugend überdies – was für schöne Dinge! Inmitten all dieses Glanzes langweilt man sich zwar oft, aber man gibt es den andern schon wieder zurück. Das arme Kind, wie ist es doch zu beklagen! Hatte am nächsten Tag umränderte Augen! Und was werden Sie[[1]] erst sagen, wenn die Ihres Geliebten so sind? Geben Sie[[1]] acht, mein schöner Engel, das wird Ihnen nicht immer passieren, nicht jeder Mann ist ein Valmont. Und dann, daß Sie[[1]] diese Augen nicht mehr aufzuschlagen wagen! Aber da haben Sie[[1]] recht getan, denn jeder Mensch hätte Ihr Abenteuer darin gelesen. Doch glauben Sie[[1]] mir: wenn dem so wäre, hätten unsere Frauen und selbst unsere Fräuleins bescheidenere Augen. Trotz dem Lob, das ich Ihnen, wie Sie[[1]] sehen, schenken muß, bin ich aber doch genötigt, zuzugeben, daß Sie[[1]] Ihren Meisterstreich versäumt haben, und der war, alles Ihrer Mama zu gestehen. Sie[[1]] hatten schon so gut angefangen! Schon hatten Sie[[1]] sich in ihre Arme geworfen, schluchzten, und Mama weinte auch: welch rührende Szene! Und wie schade, daß Sie[[1]] sie nicht zu Ende spielten! Ihre zärtliche Mama, ganz entzückt, hätte, um Ihrer Tugend zu helfen, Sie[[1]] Ihr Leben lang ins Kloster gesperrt; und da hätten Sie[[1]] Danceny geliebt, soviel Sie[[1]] gewollt hätten, ohne Rivalen und ohne Sünde. Sie[[1]] hätten sich ganz nach Herzenslust ausweinen können, und Valmont hätte Sie[[1]] in Ihrem Schmerz sicher nicht gestört durch abscheuliche Vergnügungen. Aber im Ernst: kann man mit mehr als fünfzehn Jahren noch so ein Kind sein? Sie[[1]] sagen sehr mit Recht, daß Sie[[1]] meine[[Besitz]] Güte nicht verdienen. Ich wollte doch Ihre Freundin sein, und Sie[[1]] bedürfen es einigermaßen mit der Mutter und dem Gatten, den sie Ihnen geben will! Wenn Sie[[1]] aber nicht bildungsfähiger sind, was soll man dann mit Ihnen anfangen? Was kann man hoffen, wenn das, was den Mädchen den Verstand gibt, Ihnen den Ihrigen zu rauben scheint? Vermöchten Sie[[1]] es doch, einen Augenblick vernünftig zu überlegen, so würden Sie[[1]] bald finden, daß Sie[[1]] sich Glück wünschen sollten, anstatt sich zu beklagen. Aber Sie[[1]] schämen sich, und das ist Ihnen lästig! Ach was! Beruhigen Sie[[1]] sich; die Scham, die einem die Liebe macht, ist wie der Schmerz, den sie verursacht: man spürt ihn nur einmal. Nachher kann man sie wohl noch heucheln, aber man fühlt sie nicht mehr. Aber das Vergnügen bleibt, und das ist auch was. Ich glaube, aus Ihrem Geschwätz sogar herauszuhören, daß Sie[[1]] dieses Vergnügen sehr hoch schätzen dürfen. Seien Sie[[1]] doch ein bißchen ehrlich. Die Verwirrung, die Sie[[1]] hinderte, »so zu handeln wie Sie[[1]] redeten«, und die es »Ihnen so schwer machte, sich zu verteidigen«, die war Ursache, daß es Ihnen »gewissermaßen leid« tat, als Valmont sich entfernte. Kam das von der Scham oder vom Vergnügen? Und »die Art, wie er spricht, worauf man nicht zu antworten weiß«, sollte das nicht von »der Art, wie er es macht«, kommen? Oh, Sie[[1]] kleines Mädchen, Sie[[1]] lügen, und Sie[[1]] lügen Ihre beste Freundin an! Das ist nicht recht. Aber hören wir davon auf. Was für alle Welt ein Vergnügen wäre und nichts sonst sein könnte, das wird in Ihrer Situation zu einem wirklichen Glück. Denn in Ihrer Lage, zwischen einer Mutter, an deren Liebe Ihnen gelegen ist, und einem Liebhaber, dem Sie[[1]] immer angehören möchten, wie können Sie[[1]] denn da nicht sehen, daß das einzige Mittel, diese entgegengesetzten Erfolge zu erreichen, ist: sich mit einem Dritten zu beschäftigen? Zerstreut durch dieses neue Abenteuer, wird es Ihrer Mama so vorkommen, als opferten Sie[[1]], um ihr zu gehorchen, eine Neigung, die ihr mißfällt, und verschaffen sich gleichzeitig Ihrem Geliebten gegenüber die Ehre einer machtvollen Verteidigung. Sie[[1]] werden ihn immerfort Ihrer Liebe versichern und ihm nie die letzten Beweise dafür gewähren. Diese Verweigerung, so sehr wenig schwierig in Ihrem Fall, wird er nicht verfehlen, auf Rechnung Ihrer Tugend zu setzen, wird sich vielleicht darüber beklagen, Sie[[1]] aber darum nur noch mehr lieben; und dieses doppelte Verdienst in den Augen der einen, Ihre Liebe zu opfern, in denen des andern, ihrem letzten zu widerstehen, es wird Sie[[1]] nicht mehr kosten, als daß Sie[[1]] Ihr Vergnügen genießen. Ach, wie viele Frauen haben ihren Ruf verloren, die ihn sorgsam gehütet hätten, wenn sie ihn mit so einfachen Mitteln hätten aufrechterhalten können! Scheint Ihnen dieser mein Vorschlag nicht der vernünftigste, wie auch der angenehmste zu sein? Wissen Sie[[1]], was Sie[[1]] bei dem gewannen, den Sie[[1]] befolgten? Ihre Mama hat Ihre erneute Traurigkeit einer erneuten Erwachung Ihrer Liebe zugeschrieben und ist darüber außer sich und wartet, um Sie[[1]] zu bestrafen, nur noch darauf, bis sie ihrer Sache ganz sicher ist. Sie[[1]] schrieb mir darüber; sie wird alles versuchen, diese Gewißheit von Ihnen selber zu erlangen. Sie[[1]] wird vielleicht, sagt sie mir, so weit gehen, Ihnen Danceny als Gatten vorzuschlagen, und das nur, um Sie[[1]] zum Sprechen zu bringen. Und wenn Sie[[1]], durch diese falsche Zärtlichkeit verleitet, nach Ihrem Herzen antworten, dann würden Sie[[1]] bald, für lange eingesperrt, vielleicht für immer, nach Herzenslust Ihre blinde Leichtgläubigkeit beweinen können. Dieser List, die sie gegen Sie[[1]] anwenden will, müssen Sie[[1]] mit einer andern begegnen. Fangen Sie[[1]] doch damit an, ihr weniger Traurigkeit zu zeigen und sie so glauben zu machen, Sie[[1]] dächten weniger mehr an Danceny. Sie[[1]] wird um so leichter daran glauben, als das der gewöhnliche Erfolg der Abwesenheit ist; und sie wird Ihnen dafür desto mehr Dank wissen, als sie daraus Anlaß nehmen wird, sich auf ihre Klugheit, die ihr dieses Mittel eingab, was einzubilden. Sollte sie aber noch einige Zweifel bewahren, etwa dabei beharren, Sie[[1]] auf die Probe zu stellen und Ihnen von der Heirat sprechen, so seien Sie[[1]] nichts als wohlerzogenes Mädchen, das heißt vollkommen gehorsam. Was riskieren Sie[[1]] dabei? Was man schließlich von einem Gatten hat – es ist einer so viel wert wie der andere, und der unbequemste ist immer noch weniger störend als eine Mutter. Wenn Ihre Mama erst einmal zufriedener mit Ihnen ist, wird sie Sie[[1]] verheiraten; und dann haben Sie[[1]] größere Freiheit in Ihrem Tun und können nach Belieben Valmont verlassen, um Danceny zu nehmen, oder sogar beide behalten. Denn, hören Sie[[1]] zu: Ihr Danceny ist ja ganz nett, aber er ist einer von den Männern, die man hat wann man und wie lange man sie will; man kann sich's also mit ihnen bequem machen. So steht es aber nicht mit Valmont; ihn behält man schwer, es ist gefährlich, ihn zu verlassen. Bei ihm braucht man sehr große Geschicklichkeit oder, wenn man die nicht hat, sehr viel geduldigen Gehorsam. Andrerseits, wenn es Ihnen gelänge, ihn sich zum Freund zu machen, so wäre das ein Glück; er brächte Sie[[1]] sofort in den vordersten Rang unserer Modedamen. Auf solche Weise erlangt man eine feste Position in der Gesellschaft, und nicht mit Erröten und Weinen, wie damals, als Ihre Klosterfrauen Sie[[1]] auf den Knien zu Mittag essen ließen. Wenn Sie[[1]] also gescheut sind, werden Sie[[1]] sich mit Valmont wieder vertragen, der sehr auf Sie[[1]] böse sein muß; und da man wissen muß, wie seine Dummheiten wieder gut zu machen, so schrecken Sie[[1]] davor nicht zurück, ihm ein bißchen entgegen zu kommen. Bald werden Sie[[1]] ja lernen, daß, wenn die Männer uns zum ersten Schritt zwangen, wir beinahe immer genötigt sind, den zweiten zu tun. Sie[[1]] haben für den hier in Frage kommenden sogar einen Vorwand; denn Sie[[1]] dürfen diesen Brief nicht behalten; ich verlange von Ihnen, daß Sie[[1]] ihn, sobald Sie[[1]] ihn gelesen haben, Valmont übergeben. Vergessen Sie[[1]] aber nicht, ihn vorher wieder zu siegeln. Erstens müssen Sie[[1]] das Verdienst des Entgegenkommens haben, das Sie[[1]] ihm zeigen werden – und daß es nicht aussieht, als ob man Ihnen dazu geraten hätte –, und dann bin ich nur mit Ihnen so befreundet, um so mit Ihnen zu sprechen. Adieu, schöner Engel, befolgen Sie[[1]] meine[[Besitz]] Ratschläge, und dann werden Sie[[1]] mir sagen, ob Sie[[1]] sich dabei wohl befinden. Nachschriftl: Mir fällt ein, ich vergaß etwas… noch ein Wort. Verwenden Sie[[1]] doch auf Ihren Stil etwas mehr Sorgfalt. Sie[[1]] schreiben immer noch wie ein Kind. Ich sehe wohl, woher das kommt. Sie[[1]] sagen noch immer alles was Sie[[1]] denken, und nichts, was Sie[[1]] nicht denken. Das kann ja zwischen uns beiden so sein, die wir beide nichts voreinander zu verbergen haben, – aber gegen jedermann! Besonders Ihrem Geliebten gegenüber würden Sie[[1]] immer wie ein kleines dummes Mädel aussehen. Sie[[1]] müssen einsehen: wenn Sie[[1]] einem schreiben, so ist es für den und nicht für Sie[[1]]. Also müssen Sie[[1]] weniger das zu sagen suchen, was Sie[[1]] denken, und mehr das, was ihm besser gefällt. Adieu, mein Herz, ich küsse Sie[[1]] statt Sie[[1]] auszuzanken, in der Hoffnung, daß Sie[[1]] vernünftiger werden. &&ar Paris, den 4. September 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="107._Brief" &&fa Hundertundsiebenter Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Ausgezeichnet, Vicomte, und dieses Mal liebe ich Sie[[1]] sehr! Übrigens konnte man sich, nach dem ersten Ihrer beiden Briefe, den zweiten so erwarten. Darum hat er mich nicht überrascht. Und während Sie[[1]] schon ganz stolz auf Ihre künftigen Erfolge von mir die Belohnung verlangten und mich fragten, ob ich bereit sei, sah ich wohl, daß ich nicht nötig hätte, mich so sehr zu beeilen. Auf Ehre, mein lieber Valmont, bei der Lektüre Ihres schönen Berichtes von der zärtlichen Szene, die Sie[[1]] so »lebhaft bewegte«, – beim Anblick Ihrer Zurückhaltung, würdig der schönsten Zeit unseres Rittertums, da sagte ich mir zwanzigmal: Das ist eine verpaßte Sache. Es konnte doch auch gar nicht anders sein. Was soll denn eine arme Frau tun, die sich ergibt, – und die man nicht nimmt? Mein Gott, in einem solchen Fall muß man wenigstens die Ehre retten, und das hat Ihre Präsidentin getan. Ich weiß nur so viel, daß ich herausfühle, daß der Weg, den sie nahm, wirklich nicht ohne einige Wirkung ist; ich nehme mir vor, ihn selber zu benutzen bei der ersten einigermaßen ernsthaften Gelegenheit, die sich mir bietet. Aber das verspreche ich, wenn der, für den ich mich in diese Auslagen stürze, nicht besser davon profitiert als Sie[[1]], so kann er auf mich sicher für immer verzichten. Jetzt sind Sie[[1]] also schlechterdings auf nichts reduziert. Und das zwischen zwei Frauen, von denen die eine schon beim andern Tag angelangt war, und die andere nichts sehnlicher verlangte, als auch schon so weit zu sein! Ich bitte! Sie[[1]] werden sagen, ich prahle, und werden sagen, es sei leicht hinterher zu prophezeien, – aber ich kann Ihnen schwören, daß ich das erwartete. In Wahrheit haben Sie[[1]] nämlich nicht die geringsten Anlagen für Ihren Beruf; Sie[[1]] wissen davon nur so viel, wie Sie[[1]] gelernt haben, und erfinden nichts. Sobald daher die Umstände zu Ihren gelernten Formeln nicht mehr passen und Sie[[1]] von der gewohnten Straße abweichen müssen, bleiben Sie[[1]] stehen wie ein Schüler. Eine Kinderei von der einen Seite, ein Rückfall in die Prüderie auf der andern sind, weil man das nicht alle Tage erlebt, genug, Sie[[1]] aus der Fassung zu bringen, und Sie[[1]] können dem weder vorbeugen, noch sich helfen. Vicomte, Vicomte! Sie[[1]] lehren mich, die Männer nicht nach Ihren Erfolgen zu beurteilen, und bald wird man von Ihnen sagen müssen: »Er war an einem gewissen Tage tapfer.« Und wenn Sie[[1]] dann Dummheit auf Dummheit gemacht haben, kommen Sie[[1]] zu mir! Es sieht fast so aus, als habe ich nichts anderes zu tun, als diese wieder herzurichten. Das wäre allerdings Arbeit genug. Davon abgesehen, ist von diesen beiden Abenteuern das eine gegen meinen[[Besitz]] Willen unternommen, und ich mische mich daher nicht hinein. Beim andern hat einige Gefälligkeit für mich hineingespielt, und ich mache darum die Sache zu der meinen[[Besitz]]. Der Brief, den ich hier beilege, und den Sie[[1]] erst lesen und dann der kleinen Volanges übergeben mögen, wird mehr als genügen, sie Ihnen wieder zuzuführen. Aber, ich bitte Sie[[1]], verwenden Sie[[1]] etwas Sorgfalt auf dieses Kind, und machen wir gemeinsam daraus die Verzweiflung ihrer Mutter und Gercourts. Man braucht sich nicht zu fürchten vor starken Dosen. Ich sehe klar voraus, daß die Kleine davon nicht in Schrecken geraten wird. Und haben wir unsere Absichten mit ihr erst einmal erreicht, so mag aus ihr werden, was immer kann. Mich interessiert sie schon nicht mehr. Ich hatte erst Lust, wenigstens eine untergeordnete Intrigantin aus ihr zu machen und sie unter meiner Leitung die zweiten Rollen spielen zu lassen. Aber ich sehe, daß sie nicht das Zeug dazu hat. Eine einfältige Naive ist sie, die nicht einmal dem von Ihnen angewandten Spezifikum nachgab, das doch sonst nicht leicht versagt; und das ist meiner Meinung nach die gefährlichste Krankheit, die eine Frau haben kann. Sie[[1]] zeigt vor allem eine Charakterschwäche, die fast immer unheilbar und immer im Wege ist, so daß wir, während wir uns bemühen, die dumme kleine Person zur Intrigue auszubilden, aus ihr nur eine leichtsinnige Frau machen würden. Ich kenne nun nichts Platteres, als einen solchen auf Dummheit beruhenden Leichtsinn, der sich ergibt, ohne zu wissen wie und warum, bloß weil jemand angreift, und wo die Frau nicht versteht, sich zu wehren. Solche Frauen sind schlechterdings nichts als Vergnügungsmaschinen. Sie[[1]] werden sagen, man brauche weiter nichts aus ihr zu machen, und es sei das für unsere Pläne genug. Ganz richtig! Nur dürfen wir nicht vergessen, daß an solchen Maschinen bald alle Welt die Schwung- und Triebkraft kennt; so daß man, sich dieser ohne Gefahr bedienen zu können, sich beeilen, zur richtigen Stunde aufhören und sie alsdann zerstören muß. An den Mitteln, uns ihrer zu entledigen, wird es uns schon nicht fehlen, und Gercourt wird sie allemal einsperren lassen, sobald wir wollen. Wenn er erst nicht mehr an seinem Unfall zweifeln kann, wenn er erst völlig öffentlich und notorisch ist, was kümmert es dann uns, ob er sich rächt, vorausgesetzt, daß er sich damit abfindet? Was ich von dem Gemahl sage, das denken Sie[[1]] wohl auch so von der Mutter; also ist die Sache erledigt. Dieser Weg, den ich für den besten halte, und den zu gehen ich mich entschlossen habe, hat mich bestimmt, die Kleine ein bißchen flinker zu machen, wie Sie[[1]] aus meinem Briefe sehen werden. Weshalb es auch sehr wichtig ist, daß man ihr nichts Wichtiges in Händen läßt, was uns bloßstellen könnte; ich bitte Sie[[1]], darauf zu achten. Diese Vorsicht einmal getroffen, übernehme ich das Moralische, das übrige geht Sie[[1]] an. Sollten wir aber in der Folge bemerken, daß das naive Fräulein sich bessert, so ist es immer noch Zeit, unsere Pläne zu ändern. Wir hätten uns ja doch den einen oder den andern Tag um das bekümmern müssen; in keinem Falle sind unsere Bemühungen verloren. Wissen Sie[[1]], daß die meine[[Besitz]] in Gefahr war, verloren zu sein und daß Gercourts Stern fast über meine[[Besitz]] Klugheit gesiegt hätte? Hat nicht Frau von Volanges einen Moment mütterlicher Schwäche gehabt? Wollte sie nicht ihre Tochter Danceny geben? Eben das bedeutete das zärtlichere Interesse, das Sie[[1]] »am Tage darauf« bemerkten. Sie[[1]] wären auch wieder die Ursache dieses schönen Meisterwerkes gewesen! Glücklicherweise hat die zärtliche Mutter mir darüber geschrieben und ich hoffe, meine[[Besitz]] Antwort bringt sie davon ab. Ich spreche darin so viel Tugend und schmeichle ihr so sehr, daß sie finden muß, ich habe Recht. Es tut mir leid, daß ich nicht die Zeit hatte, den Brief abzuschreiben, um Sie[[1]] mit meiner sittlichen Strenge in Entzücken zu versetzen. Sie[[1]] würden sehen, wie sehr ich die Frauen verachte, die verworfen genug sind, einen Liebhaber zu haben! Es ist so bequem, in Reden streng moralisch zu sein! Das schadet immer nur den andern und geniert uns gar nicht … Und dann weiß ich ganz genau, daß die gute Dame in ihren jungen Jahren ihre kleinen Schwächen gehabt hat, wie jede andere, und es tat mir nicht leid, sie wenigstens vor ihrem Gewissen zu demütigen; das tröstete mich ein wenig über die Lobsprüche, die ich ihr gegen mein Empfinden erteilte. So gab mir auch in demselben Briefe der Gedanke, Gercourt schaden zu können, den Mut, Gutes von ihm zu reden. Adieu, Vicomte, ich billige Ihren Entschluß, noch einige Zeit zu bleiben wo Sie[[1]] sind. Ich habe kein Mittel, Ihnen rascher vorwärts zu helfen, aber ich lade Sie[[1]] ein, sich mit unserem gemeinsamen Mündel nicht zu langweilen. Was mich betrifft, so sehen Sie[[1]] wohl ein, daß Sie[[1]] trotz Ihrer höflichen Vorladung noch warten müssen, und Sie[[1]] werden zweifellos zugeben, daß die Schuld nicht bei mir liegt. &&ar Paris, den 4. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="108._Brief" &&fa Hundertundachter Brief Azolan an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Herr Vicomte! Nach Erhalt Ihres Briefes ging ich sofort zu Herrn Bertrand {{[Ber¬trand]}}, der mir die fünfundzwanzig Louis auszahlte, wie Sie[[1]] ihm befohlen haben. Ich habe zwei Louis mehr verlangt für Philipp, dem ich gesagt hatte, er soll auf der Stelle aufbrechen, wie es mir der gnädige Herr Vicomte befohlen haben, und der kein Geld nicht hatte. Ihr Herr Geschäftsführer wollte aber nicht, indem er sagte, er hätte keinen Auftrag von Ihnen dafür. Also war ich genötigt, sie von mir aus zu geben, und der gnädige Herr rechnet mir sie an, wenn er die Güte haben will. Philipp ist gestern abend fort. Ich habe ihm dringend empfohlen, das Wirtshaus nicht zu verlassen, damit man ihn sicher findet, wenn man ihn braucht. Gleich darauf bin ich zu der Frau Präsidentin, um Fräulein Julie zu besuchen; sie war aber aus, und ich sprach nur mit {{La Fleur}}, von dem ich nichts erfahren konnte, weil er seit seiner Ankunft nur zur Essenszeit im Hause gewesen. Es war der Zweite, der den Dienst getan hat, und der gnädige Herr wissen, daß ich den nicht kenne. Aber heute habe ich angefangen damit. Ich ging heute früh wieder zu Fräulein Julie, und sie schien sehr erfreut, mich zu sehen. Ich fragte sie aus, warum ihre Herrin fortgereist ist, aber sie sagte, sie wüßte darüber nichts, und ich glaube, daß sie die Wahrheit gesagt hat. Ich warf ihr vor, daß sie mir von ihrem Abschied nichts gesagt habe, und sie versicherte mir, sie habe es selbst erst erfahren, als sie die gnädige Frau abends zu Bett brachte; so daß sie die ganze Nacht hindurch packen mußte, und das arme Mädchen keine zwei Stunden geschlafen hat. Sie[[1]] ist an dem Abend erst nach ein Uhr aus dem Zimmer der gnädigen Frau gegangen und hat sie verlassen, wie diese sich zum Schreiben hinsetzte. Am Morgen bei der Abfahrt hat Frau von Tourvel dem Hausmeister des Schlosses einen Brief übergeben. Fräulein Julie weiß nicht für wen; sie sagt, vielleicht für den Herrn Vicomte; aber der Herr Vicomte sagen mir davon nichts. Während der ganzen Reise hat die Gnädige eine große Kapuze überm Gesicht gehabt, so daß man sie nicht sehen konnte; aber Fräulein Julie glaubt bestimmt, daß sie oft geweint hat. Sie[[1]] sprach auf dem ganzen Wege kein Wort und wollte in {{**}} nicht halten, wie sie auf der Hinfahrt getan hat; was Fräulein Julie nicht sehr angenehm war, die ja nicht gefrühstückt hatte. Aber, wie ich ihr sagte, die Herren sind die Herren. Bei der Ankunft hat sich die gnädige Frau ins Bett gelegt, blieb aber nur zwei Stunden liegen. Wie sie aufgestanden ist, hat sie den Schweizer rufen lassen und ihm Befehl gegeben, niemanden einzulassen. Sie[[1]] hat überhaupt gar keine Toilette nicht gemacht. Sie[[1]] hat sich zu Tisch gesetzt, aber nur ein wenig Suppe gegessen und ist gleich wieder hinein. Man hat ihr den Kaffee aufs Zimmer gebracht, und Fräulein Julie ist gleichzeitig hinaus. Sie[[1]] hat ihre Herrin beim Ordnen von Papieren in ihrem Sekretär getroffen, und hat gesehen, daß es Briefe waren. Ich möchte wetten, es waren die vom Herrn Vicomte, und von den drei, die am Nachmittag bei ihr ankamen, hat sie den einen am ganzen Abend noch vor sich liegen gehabt! Ich bin ganz sicher, daß der auch vom Herrn Vicomte war. Aber warum ist sie denn so weggelaufen? Das wundert mich! Übrigens werden es der Herr Vicomte ja wissen. Und es geht mich auch nichts an. Die Frau Präsidentin ist am Nachmittag in die Bibliothek und hat zwei Bücher herausgenommen, die sie mit in ihr Boudoir genommen hat; aber Fräulein Julie versichert, sie hätte den ganzen Tag keine Viertelstunde darin gelesen, und daß sie immer nur den gewissen Brief gelesen und geträumt und den Kopf in die Hand gestützt gesessen hat. Da ich mir dachte, der gnädige Herr würden sich freuen, wenn gnädiger Herr wüßten, was das für Bücher sind, und da Fräulein Julie es nicht wußte, so habe ich mich heute in die Bibliothek führen lassen, unter dem Vorwand, ich wollte sie ansehen. Es fehlten in der Reihe nur zwei Bücher: das eine ist der zweite Band der »Christlichen Gedanken«, und das andere der erste von einem Buch, das »Clarissa« heißt. Ich schreibe genau wie es dasteht; der gnädige Herr werden schon wissen, was es ist. Am Abend haben die gnädige Frau nicht zu Abend gegessen, außer nur Tee[[2]]. Heute hat sie in aller Früh geklingelt und für gleich ihre Pferde verlangt und ist vor 9 Uhr in die {{Feuil¬lan¬ti¬ner}} Kirche gefahren, wo sie die Messe gehört hat. Sie[[1]] hat beichten wollen, aber ihr Beichtvater war nicht da und kommt erst in acht bis zehn Tagen zurück. Ich dachte mir, es sei gut, wenn ich das dem Herrn Vicomte melde. Darauf ist sie nach Haus, hat gefrühstückt, und sich dann an den Schreibtisch gesetzt, wo sie über eine Stunde sitzen geblieben ist. Ich habe bald Gelegenheit gefunden zu dem, was der Herr Vicomte am meisten wünschen; denn ich war's, der die Briefe zur Post getragen hat. Für Frau von Volanges war keiner dabei; aber einen schicke ich dem gnädigen Herrn, der war für den Herrn Präsidenten. Mir kam vor, das müsse der interessanteste sein. Es war auch einer für Frau von Rosemonde dabei, aber ich habe mir gedacht, der gnädige Herr würden den auch so zu sehen bekommen, wenn er wollte, und so hab ich ihn abgehen lassen. Im übrigen werden der Herr Vicomte wohl alles erfahren, denn die Frau Präsidentin schreibt ja auch an ihn. Ich kann für die Folge alle kriegen, die der gnädige Herr wünschen; denn es ist fast immer Fräulein Julie, die sie den Leuten gibt, und sie hat mir bestimmt versichert, aus Freundschaft für mich und auch zum gnädigen Herrn würde sie gerne tun, was ich will. Sie[[1]] hat nicht einmal Geld annehmen wollen, das ich ihr anbot; aber ich denke wohl, der gnädige Herr werden ihr ein kleines Geschenk machen wollen; und wenn das der Wille vom gnädigen Herrn ist und er mich damit betrauen will, so kann ich leicht erfahren was ihr Spaß macht. Ich hoffe, der gnädige Herr werden nicht finden, daß ich nachlässig in seinem Dienst war, und es liegt mir sehr am Herzen, mich von den Vorwürfen, die er mir macht, zu reinigen. Wenn ich von der Abreise der Frau Präsidentin nichts wußte, so ist daran im Gegenteil mein Eifer im Dienst des Herrn Vicomte schuld, denn aus Eifer bin ich um 3 Uhr früh aufgebrochen, so daß ich Fräulein Julie am Abend vorher nicht zu sehen bekommen habe, weil ich wie gewöhnlich in die Dienerherberge schlafen gegangen bin, um niemand im Schloß aufzuwecken. Was den Vorwurf von Herrn Vicomte anbetrifft, ich sei oft ohne Geld, so kommt das erstens daher, weil ich mich gerne sauber halte, wie der gnädige Herr sehen können; und dann muß man ja doch auch die Ehre des Rockes bewahren, den man trägt. Ich weiß wohl, ich sollte vielleicht für die Zukunft etwas sparen, aber ich vertraue gänzlich der Großmut von Herrn Vicomte, der ein so guter Herr ist. Was den Dienst bei Frau von Tourvel betrifft, indem ich in den Diensten des Herrn Vicomte bleibe, so hoffe ich, der gnädige Herr werden das nicht von mir verlangen. Bei der Frau Herzogin war es ganz was anderes; aber eine Livree werde ich bestimmt nicht tragen, und noch dazu eine Vom Beamtenadel, wo ich die Ehre gehabt habe, Jäger beim Herrn Vicomte zu sein. In allem andern können der gnädige Herr verfügen über den, der die Ehre hat zu sein, mit ebensoviel Respekt wie Anhänglichkeit, sein ganz gehorsamer Diener Roux {{[Roux]}} Azolan, Jäger. &&ar Paris, den 5. Oktober 17.., um 11 Uhr abends. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="109._Brief" &&fa Hundertundneunter Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x O meine[[Besitz]] nachsichtige Freundin, wie bin ich Ihnen Dank schuldig, und wie sehr bedurfte ich Ihres Briefes! Ich las ihn und las ihn immer wieder; ich konnte mich nicht davon trennen. Ich verdanke ihm die einzigen wenigen schmerzlichen Momente, die ich seit meiner Abreise zubrachte. Wie sind Sie[[1]] gütig! Ehrbarkeit und Tugend können also doch mit der Schwäche Mitleid fühlen! Sie[[1]] haben Mitleid mit meinen[[Besitz]] Schmerzen! Ach! Wenn Sie[[1]] sie kennten …! Sie[[1]] sind schrecklich. Ich glaubte, die Schmerzen der Liebe überwunden zu haben; aber die unaussprechliche Qual, die man gefühlt haben muß, um sie zu kennen, ist die, sich von dem trennen zu müssen, was man liebt, – sich auf ewig von ihm trennen zu müssen! … Ja, der Schmerz, der mich heute niederdrückt, wird morgen wiederkommen, und übermorgen, all mein Leben lang! Mein Gott, wie ich noch jung bin, und wie viel Zeit mir noch zum Leiden bleibt! Selbst der Urheber seines Unglückes sein zu müssen, mit den eigenen Händen das Herz zu zerreißen; und während man diese unerträglichen Schmerzen leidet, zu fühlen, daß man sie mit einem einzigen Wort beenden kann, und daß dieses Wort ein Verbrechen ist! – Ach Freundin! … Als ich diesen so schmerzlichen Entschluß faßte, um seiner Nähe zu entfliehen, da hoffte ich, die Abwesenheit würde meinen[[Besitz]] Mut und meine[[Besitz]] Kraft vermehren. Aber wie sehr habe ich mich getäuscht! Sie[[1]] scheinen im Gegenteil vollends vernichtet und gebrochen. Ich hatte vorher gegen mehr zu kämpfen, es ist wahr, aber selbst während ich widerstand, war doch nicht alles Entbehrung. Wenigstens sah ich ihn doch manchmal. Oft fühlte ich sogar, wenn ich es wagte, die Augen nach ihm zu wenden, seinen Blick auf mich gerichtet. Ja, meine[[Besitz]] Freundin, ich fühlte seinen Blick, und mir schien es, als wärmte er mir wieder die Seele; und ohne den Weg durch meine[[Besitz]] Augen trafen seine Blicke doch in mein Herz. Jetzt, in meiner schmerzvollen Einsamkeit, getrennt von allem was mir teuer ist, allein mit meinem Unglück, wird jeder Augenblick meines traurigen Daseins durch meine[[Besitz]] Tränen bezeichnet, und nichts mildert ihre Bitterkeit, kein Trost kommt zu meinen[[Besitz]] Opfern, und die bisher gebrachten haben nur dazu gedient, die mir noch fühlbarer zu machen, die mir zu bringen übrigbleiben. Gestern noch habe ich das aufs schmerzlichste empfunden. Unter den Briefen, die man mir brachte, war einer von ihm. Der Überbringer war noch zwei Schritte von mir entfernt, da hatte ich ihn schon unter den andern erkannt. Unwillkürlich stand ich auf; ich zitterte und hatte Mühe, meine[[Besitz]] Erregung zu verbergen; und dieser Zustand – war nicht ohne Lust. Allein im nächsten Augenblick ist diese trügerische Lust bald geschwunden, und nichts blieb mir, als noch ein Opfer zu bringen. Durfte ich denn diesen Brief öffnen, den ich doch zu lesen brannte? Kraft des Schicksales, das mich verfolgt, verursachen mir die Tröstungen, die sich mir scheinbar bieten, nur im Gegenteil neue Entbehrungen; und diese hier wurden um so grausamer durch den Gedanken, daß sie Herr von Valmont teilt. Da steht er, dieser Name, der mich immer beschäftigt, und den hin zu schreiben mir so schwer wurde. Die Art Vorwurf, die Sie[[1]] mir daraus machen, hat mich ganz erschreckt. Glauben Sie[[1]], ich bitte Sie[[1]], daß keine falsche Scham mein Vertrauen zu Ihnen beeinträchtigt hat; warum sollte ich mich scheuen, ihn bei Namen zu nennen? Ach! Ich erröte über meine[[Besitz]] Gefühle, aber nicht über den, der sie verursacht. Welcher andere wäre würdiger, sie einzuflößen! Indes, ich weiß nicht, warum dieser Name mir nicht ganz natürlich sich in meine[[Besitz]] Feder drängt; auch diesmal wieder brauchte es Überlegung, bis ich ihn hinschrieb. Ich komme wieder auf ihn. Sie[[1]] schreiben mir, er sei Ihnen »schmerzlich betroffen« über meine[[Besitz]] Abreise erschienen. Was hat er denn getan? Was hat er gesagt? Hat er davon gesprochen, nach Paris zurückzukommen? Ich bitte Sie[[1]], bringen Sie[[1]] ihn so viel sie können davon ab. Wenn er mich richtig beurteilt hat, kann er mir wegen dieses Schrittes nicht zürnen, muß aber auch fühlen, daß es unwiderruflich so bleiben muß. Eine meiner größten Qualen ist, daß ich nicht weiß, was er denkt. Ich habe da zwar noch seinen Brief liegen … aber Sie[[1]] sind sicher meiner Meinung, daß ich ihn nicht öffnen darf. Nur Sie[[1]], meine[[Besitz]] nachsichtige Freundin, können es machen, daß ich nicht ganz von ihm getrennt werde. Ich will Ihre Güte nicht mißbrauchen; ich fühle sehr wohl, daß Ihre Briefe nicht lang sein können; aber Sie[[1]] werden Ihrem Kinde nicht zwei Worte verweigern: eins, um seinen Mut aufrechtzuerhalten, und das andere, um es über diesen traurigen Mut zu trösten. Leben Sie[[1]] wohl, meine[[Besitz]] ehrwürdige Freundin. &&ar Paris, den 5. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="110._Brief" &&fa Hundertundzehnter Brief Cecile Volanges an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Ich habe erst heute, gnädige Frau, den Brief, den Sie[[1]] zu schreiben mir die Ehre machten, Herrn von Valmont übergeben. Ich habe ihn vier Tage lang behalten, trotz der Angst, die ich oft hatte, daß man ihn bei mir finden könne. Aber ich versteckte ihn sehr sorgfältig, und wenn der Kummer mich wieder packte, schloß ich mich ein und las ihn. Ich sehe wohl, daß das, was mir als ein so großes Unglück vorkam, fast gar keins ist; und ich muß gestehen, daß es auch viel Vergnügen macht, so daß ich fast nicht mehr betrübt darüber bin. Nur der Gedanke an Danceny quält mich noch manchmal. Aber es kommt schon vor, daß ich eine ganze Zeit überhaupt nicht mehr an ihn denke. Herr von Valmont ist aber auch sehr liebenswürdig. Ich habe mich seit zwei Tagen mit ihm wieder versöhnt, und das ging ganz leicht; denn ich hatte ihm erst zwei Worte gesagt, da sagte er mir, wenn ich ihm etwas zu sagen habe, werde er abends in mein Zimmer kommen, und ich habe nur zu antworten gebraucht, daß es mir recht sei. Und wie er dann da war, schien er so wenig böse, als wenn ich ihm niemals was getan hätte. Erst später hat er mich und auch nur ganz sanft ausgezankt – und so auf eine Art … ganz wie Sie[[1]]; was mir beweist, daß er auch Freundschaft für mich hat. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was alles für komische Sachen er mir erzählt hat, und die ich nie geglaubt hätte – besonders über Mama. Sie[[1]] würden mir einen großen Spaß machen, wenn Sie[[1]] mich wissen ließen, ob das alles wahr ist. So viel ist sicher, daß ich mit Lachen nicht an mich halten konnte, und einmal laut hinauslachte, was uns viel Angst bereitet hat; denn Mama hätte das hören können; und wenn sie gekommen wäre nachsehen, was wäre dann aus mir geworden? Sicher wäre ich diesmal sofort ins Kloster gesteckt worden. Da man vorsichtig sein muß, und Herr von Valmont mir selbst sagte, daß er um nichts in der Welt Gefahr laufen möchte, mich zu kompromittieren, so haben wir abgemacht, daß er in Zukunft mir nur die Türe aufmachen will, und wir dann in sein Zimmer gehen. Da ist dann nichts zu befürchten. Ich war gestern schon dort, und jetzt, da ich Ihnen schreibe, warte ich wieder auf ihn, daß er kommt. Nun werden Sie[[1]] mich, liebe gnädige Frau, wohl nicht mehr auszanken. Eines aber hat mich in Ihrem Briefe doch sehr in Erstaunen gesetzt, nämlich was Sie[[1]] mir für die Zeit, wo ich verheiratet bin, in bezug auf Danceny und Herrn von Valmont sagen. Mir scheint, Sie[[1]] sagten mir eines Tages in der Oper im Gegenteil, daß wenn ich erst einmal verheiratet wäre, ich nur noch meinen[[Besitz]] Mann lieben dürfte und sogar Danceny vergessen müßte. Vielleicht habe ich aber falsch verstanden, und es ist mir auch lieber, wenn es anders ist, weil ich jetzt vor der Heirat nicht mehr so große Angst habe. Ich wünsche den Augenblick sogar, da ich dann ja freier sein werde, und hoffe, daß ich es dann so einrichten kann, nur mehr an Danceny zu denken. Ich fühle wohl, wirklich glücklich werde ich nur mit ihm sein; denn jetzt quält mich der Gedanke an ihn immer, und ich bin nur wirklich glücklich, wenn ich es fertig bringe, nicht an ihn zu denken, was sehr schwer ist; und sobald ich an ihn denke, werde ich sofort wieder bekümmert. Was mich ein wenig tröstet, ist, daß Sie[[1]] mir versichern, Danceny werde mich deshalb nur um so mehr liebhaben – aber sind Sie[[1]] auch dessen ganz sicher? … O ja, Sie[[1]] werden mich nicht täuschen wollen! Es ist aber doch komisch, daß ich Danceny liebe und daß Herr von Valmont … Aber vielleicht ist es, wie Sie[[1]] sagen, ein Glück! Nun, wir werden ja sehen. Ich habe das nicht recht verstanden, was Sie[[1]] mir über meine[[Besitz]] Art zu schreiben sagen. Mir scheint, daß Danceny meine[[Besitz]] Briefe gut findet, so wie sie sind. Ich fühle aber wohl, daß ich nichts zu ihm von dem sagen darf, was mir mit Herrn von Valmont passiert ist, und so brauchen Sie[[1]] keine Angst zu haben. Mama hat noch nicht von meiner Heirat mit mir gesprochen; aber lassen Sie[[1]] mich nur machen; wenn sie mit mir davon spricht, und nur um mich zu fangen, so verspreche ich Ihnen, daß ich dann ganz gut lügen kann. Adieu, gute Freundin; ich danke Ihnen vielmals und verspreche Ihnen, daß ich niemals all Ihre Güte für mich vergessen werde. Ich muß schließen, denn es ist fast ein Uhr, und da muß Herr von Valmont gleich kommen. &&ar Schloß …, den 10. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="111._Brief" &&fa Hundertundelfter Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x »Mächte des Himmels, ich hatte eine Seele für den Schmerz, gebt mir eine für das Glück!« Ich glaube, so drückt sich der zärtliche {{Saint-Preux}} in der neuen {{He¬loise}} aus. Besser beteilt als er, besitze ich gleichzeitig beide Daseinsformen. Ja, meine[[Besitz]] Freundin, ich bin zu gleicher Zeit sehr glücklich und sehr unglücklich; und da Sie[[1]] mein volles Vertrauen haben, schulde ich Ihnen den Doppelbericht meiner Leiden und meiner Freuden. Erfahren Sie[[1]] also, daß meine[[Besitz]] undankbare Nonne mich noch immer sehr streng hält. Ich habe schon den vierten zurückgekommenen Brief. Vielleicht ist's falsch, den vierten zu sagen; denn da ich schon bei der ersten Rücksendung richtig erriet, daß ihr noch viele andere folgen würden, und meine[[Besitz]] Zeit damit nicht verlieren wollte, wählte ich den Ausweg, meine[[Besitz]] Epistel in Gemeinplätzen abzufassen, und nicht zu datieren; und seit der zweiten Post geht immer derselbe Brief hin und her; ich wechsle nur jedesmal den Umschlag. Wenn meine[[Besitz]] Schöne schließlich, wie endlich alle Schönen, eines Tages wenigstens aus Ermüdung weich wird, dann behält sie das Schreiben, und dann ist immer noch Zeit genug, das Versäumte nachzuholen. Sie[[1]] begreifen, daß ich bei dieser neuen Art von Korrespondenz nicht vollkommen unterrichtet sein kann. Ich habe aber doch herausbekommen, daß die leichtsinnige Person ihre Vertraute gewechselt hat; wenigstens habe ich mich vergewissert, daß, seit sie vom Schloß weg ist, kein einziger Brief an Frau von Volanges kam, dagegen zwei für die alte Rosemonde; und da diese uns nichts darüber gesagt hat, und den Mund von »ihrer lieben Schönen« nicht mehr öffnet, von der sie vorher in einem fort redete, so schloß ich daraus, daß nun sie das Vertrauen besitzt. Ich vermute, daß einerseits das Bedürfnis von mir zu sprechen, auf der andern die kleine Scham vor Frau von Volanges, auf ein Gefühl zurückzukommen, das sie so lange leugnete, diese große Umwälzung hervorgerufen haben. Ich fürchte bei diesem Wechsel aber doch noch zu verlieren, denn je älter die Frauen werden, desto griesgrämiger und strenger werden sie. Die erste hätte ihr wohl mehr Schlechtes über mich gesagt, – aber die jetzige wird ihr mehr Schlimmes von der Liebe sagen; und die empfindsame Spröde hat mehr Angst vor dem Gefühl als vor der Person. Das einzige Mittel, wieder ins Bild zu kommen, ist, wie Sie[[1]] sehen, den heimlichen Briefwechsel abzufangen. Ich habe meinem Jäger schon Befehle geschickt und erwarte tagtäglich die Ausführung. Bis dahin kann ich alles nur dem Zufall überlassen; deshalb gehe ich auch seit acht Tagen vergebens alle bekannten Mittel durch, alle die aus den Romanen und die aus meinen[[Besitz]] geheimen Memoiren. Ich finde keines, das passen würde, weder auf die Umstände dieses Abenteuers, noch auf den Charakter der Heldin. Schwierigkeit bestände keine, mich, sogar nachts, bei ihr einzuschleichen, sie sogar einzuschläfern und eine neue Clarisse aus ihr zu machen; aber nach mehr als zwei Monaten der Sorgen und Mühen zu Mitteln zu greifen, die nicht von mir sind! … Auf den Spuren anderer zu gehen, und ruhmlos siegen … nein! Sie[[1]] soll nicht »die Freuden des Lasters und die Ehren der Tugend« haben, wie es in der gleichen Neuen {{He¬loise}} heißt. Es genügt mir nicht, sie zu besitzen, ich will, daß sie sich mir ausliefert. Dazu muß ich aber nicht nur bis zu ihr dringen, sondern auf ihren Wunsch hingelangen; sie allein finden und geneigt mich anzuhören; sie insbesondere über die Gefahr hinwegtäuschen, denn wenn sie sie sieht, wird sie es verstehen, darüber wegzukommen oder zu sterben. Aber je besser ich weiß, was tun, desto schwerer finde ich die Ausführung; und sollten Sie[[1]] sich auch wieder über mich lustig machen, so muß ich Ihnen doch gestehen, daß meine[[Besitz]] Verlegenheit in demselben Maße wächst wie mein Eifer. Der Kopf würde, glaube ich, mit mir durchgehen, ohne die sehr erwünschten Zerstreuungen, die ich bei unserem gemeinsamen Mündel finde. Ihr verdanke ich, daß ich noch etwas anderes machen kann als Elegien. Würden[[werden]] Sie[[1]] es glauben, daß dieses kleine Mädchen dermaßen scheu gemacht war, daß es ganze drei Tage dauerte, bis Ihr Brief den gewünschten Effekt hervorgebracht hatte? So kann ein einziger falscher Begriff das glücklichste Naturell verderben. Erst am Samstag begann man wieder, um mich herum zu kreisen und hat mir ein paar Worte zugeflüstert, noch dazu so leise und so von Scham erstickt, daß ich sie unmöglich verstehen konnte. Aber die Röte, die sie hervorbrachten, ließ mich den Sinn erraten. Bis dahin war ich stolz geblieben; aber erweicht durch eine so drollige Reue, versprach ich gütig, die hübsche Büßerin am selben Abend noch aufzusuchen; und diese Gnade meinerseits wurde mit all der Dankbarkeit entgegengenommen, die man einer solchen Wohltat schuldet. Da ich niemals weder Ihre Pläne noch die meinen[[Besitz]] außer Auge lasse, habe ich beschlossen, bei dieser Gelegenheit den absoluten Wert dieses Kindes herauszubekommen und auch ihre Erziehung etwas zu beschleunigen. Um aber diese Arbeit ungestörter verrichten zu können, mußte ich unsere Zusammenkunft an einen andern Ort verlegen; denn das Kabinett, das allein das Zimmer Ihres Mündels von dem ihrer Mutter trennt, konnte ihr nicht genug Sicherheitsgefühl einflößen, um sich nach aller Herzenslust zu entfalten. Ich hatte mir also vorgenommen, »aus Versehen« etwas Geräusch zu machen und ihr dadurch hinlänglich Furcht, daß sie sich bestimmen ließ, künftig ein sichereres Asyl zu suchen – welche Mühe sie mir sogar ersparte. Die kleine Person lacht gern, und um ihre Lustigkeit in Gang zu bringen, kam mir die Idee, ihr in den Zwischenakten alle Skandalgeschichten zu erzählen, die mir einfielen; und um die Histörchen pikanter zu machen, und die Aufmerksamkeit der Kleinen besser zu fixieren, setzte ich sie alle auf Rechnung ihrer Mama und verzierte die höchst vergnügt mit allen Lächerlichkeiten und Lastern. Ich hatte nicht ohne Grund diesen Modus gefunden; er ermutigte meine[[Besitz]] schüchterne Schülerin besser als irgend anderes, und flößte ihr zugleich die tiefste Verachtung für ihre Mutter ein. Ich habe schon lange die Bemerkung gemacht, daß wenn auch dieses Mittel nicht immer nötig ist, um ein junges Mädchen zu verführen, es doch unumgänglich und oft geradezu das wirksamste ist, wenn man sie verderben will. Denn eine, die ihre Mutter nicht achtet, wird sich selbst auch nicht achten, und diese moralische Tatsache halte ich für so nützlich, daß ich froh war, ein Beispiel zur Stütze der Regel zu liefern. Ihr Mündel jedoch dachte nicht an die Moral, und erstickte vor Lachen jeden Augenblick. Und schließlich wäre sie einmal fast laut hinausgeplatzt. Es war mir nicht schwer, ihr weiß zu machen, sie habe einen großen Lärm gemacht. Ich heuchelte einen großen Schrecken, den sie ohne weiteres teilte. Damit sie ihn besser im Gedächtnis behielte, brach ich das Vergnügen ab, und verließ sie drei Stunden früher als gewöhnlich. Deshalb beschlossen wir auch beim Abschied, uns schon vom nächsten Tage ab in meinem Zimmer zu treffen. Da habe ich sie nun schon zweimal empfangen, und in der kurzen Zeit ist die Schülerin fast so gescheit geworden wie ihr Lehrer. Ja wirklich, ich habe ihr alles beigebracht, sogar die kleinen Gefälligkeiten! Ich habe nur die Vorsichtsmaßregeln ausgenommen. So des Nachts beschäftigt, gewinne ich vorteilhafterweise für den Tag Zeit zum schlafen; denn die gegenwärtige Schloßgesellschaft hat nichts was mich anzieht, und ich erscheine kaum für eine Stunde im Tag im Salon. Ich habe sogar von heute ab die Einrichtung getroffen, auf meinem Zimmer zu essen, und denke es nur noch für kurze Spaziergänge zu verlassen. Diese Wunderlichkeiten gehen auf Rechnung meiner Gesundheit. Ich habe erklärt, ich wisse nicht mehr aus vor Nervenzufällen, und habe auch etwas von Fieber gesagt. Es kostet mir nur so viel, als daß ich mit etwas langsamer und schwacher Stimme spreche. Was mein etwas verändertes Aussehen betrifft, so verlassen Sie[[1]] sich ganz auf Ihr Mündel: »Die Liebe wird dafür sorgen«, heißt's in der Komödie. Meine[[Besitz]] müßigen Stunden beschäftige ich mich über Wege und Mittel zu sinnen, bei meiner Undankbaren das verlorene Terrain wiederzugewinnen, und auch mit der Abfassung einer Art von Katechismus der Ausschweifung zum Gebrauch meiner Schülerin. Ich amüsiere mich damit, alles darin nur beim technischen Ausdruck zu nennen, und ich lache jetzt schon über das interessante Gespräch zwischen ihr und Gercourt, zu dem der Katechismus den Stoff liefern muß, in der ersten Nacht, der Hochzeitsnacht. Nichts ist komischer als die Naivität, mit der sie jetzt schon das Wenige anwendet, das ihr von dieser Sprache bekannt ist! Sie[[1]] ahnt nicht, daß man sich auch anders ausdrücken kann. Das Kind ist wirklich verführerisch. Dieser Kontrast der naiven Unschuld und der Ausdrucksweise schamlosester Verworfenheit ist nicht ohne Wirkung; und ich weiß nicht warum, aber es gefällt mir nur noch das Bizarre. Vielleicht gebe ich mich der Kleinen zu sehr hin, da ich Zeit und Gesundheit daransetze, aber ich hoffe, daß meine[[Besitz]] fingierte Krankheit, außer daß sie mich vor der Langeweile des Salon rettet, mir auch noch bei meiner Nonne von einigem Nutzen sein wird, deren tigerhafte Tugend sich doch mit so zarter Empfindsamkeit paart! Ich zweifle nicht daran, daß sie von dem großen Ereignis schon unterrichtet ist, und möchte sehr gern wissen, was sie darüber denkt, um so mehr, weil sie, ich wette darauf, sich sicher selbst die Ehre zuschreiben wird. Ich werde mein Befinden nach dem Eindruck regeln, den es auf sie macht. Nun sind Sie[[1]], meine[[Besitz]] schöne Freundin, in meinen[[Besitz]] Geschäften auf dem Laufenden, so gut wie ich selber. Ich wollte, ich könnte Ihnen bald Interessanteres melden, und bitte Sie[[1]], zu glauben, daß ich bei dem Vergnügen, das ich mir davon verspreche, die Belohnung, die ich von Ihnen erwarte, sehr hoch anschlage. &&ar Schloß …, den 11. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="112._Brief" &&fa Hundertundzwölfter Brief Der Graf Gercourt an Frau von Volanges. &&fe &&ax &&lg=x Es scheint, gnädige Frau, daß hier alles ruhig bleiben wird, und wir erwarten täglich die Erlaubnis, nach Frankreich zurück zu dürfen. Ich hoffe, Sie[[1]] zweifeln nicht daran, daß ich noch immer genau den gleichen Eifer habe, mich dahin zu begeben, um dort die Bande zu knüpfen, die mich an Sie[[1]] und an Fräulein von Volanges binden sollen. Indes setzt mich der Herzog von {{**}}, mein Vetter, dem gegenüber ich, wie Sie[[1]] wissen, viele Verbindlichkeiten habe, soeben in Kenntnis von seiner Abberufung aus Neapel, und teilt mir mit, daß er über Rom zu reisen und auf dieser Tour den Teil Italiens kennen zu lernen beabsichtigt, den kennen zu lernen ihm noch erübrigt. Er fordert mich auf, ihn auf dieser Reise zu begleiten, die etwa sechs Wochen bis zwei Monate dauern wird. Ich verhehle Ihnen nicht, daß es mir ganz angenehm wäre, diese Gelegenheit wahrzunehmen, in der Voraussicht, daß ich nach meiner Verheiratung mir schwerlich andern Urlaub nehmen werde, als solchen, den mein Dienst erfordert. Vielleicht wäre es auch besser, den Zeitpunkt der Hochzeit auf den Winter zu verlegen, weil erst dann alle meine[[Besitz]] Verwandten in Paris versammelt sein können, und namentlich der Marquis von {{**}}, dem ich die Hoffnung verdanke, mit Ihnen in verwandtschaftliche Beziehungen zu treten. Trotz alledem werde ich aber meine[[Besitz]] Pläne in dieser Hinsicht ganz den Ihrigen unterordnen; und wenn Sie[[1]] aus irgendwelchen Gründen Ihre ersten Bestimmungen vorziehen, bin ich sofort bereit, auf die meinen[[Besitz]] zu verzichten. Ich bitte Sie[[1]] nur, mich sobald als möglich Ihre Absichten diesbezüglich wissen zu lassen. Ich werde hier Ihre Antwort erwarten, die allein mein Verhalten bestimmen wird. Ich bin, gnädige Frau, mit der Achtung und all den Gefühlen, die einem Sohne zukommen, Ihr sehr ergebener Graf von Gercourt. &&ar Bastia {{[Bastia]}}, den 10. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="113._Brief" &&fa Hundertunddreizehnter Brief Frau von Rosemonde an Frau von Tourvel. (Diktiert.) &&fe &&ax &&lg=x Ich erhalte erst jetzt, meine[[Besitz]] liebe schöne Frau, Ihren Brief vom 11. und die sanften Vorwürfe, die er enthält. Geben Sie[[1]] nur zu, daß Sie[[1]] mir recht gern viel härtere gemacht und mich, wenn Sie[[1]] sich nicht daran erinnert hätten, daß Sie[[1]] »meine[[Besitz]] Tochter« sind, gern ausgezankt haben würden. Sie[[1]] wären da aber sehr ungerecht gewesen! Nichts als in dem Wunsch und in der Hoffnung, Ihnen selbst antworten zu können, schob ich es von Tag zu Tag auf, und Sie[[1]] sehen, auch heute noch muß ich mich der Hand meiner Kammerjungfer bedienen. Mein unglücklicher Rheumatismus hat mich wieder; diesmal hat er sich im rechten Arm eingenistet, so daß ich schlechterdings schreibunfähig bin. Das kommt dabei heraus, wenn man, jung und frisch wie Sie[[1]], eine alte Freundin hat! Man leidet unter ihren Unpäßlichkeiten. Sowie meine[[Besitz]] Schmerzen etwas nachlassen, verspreche ich Ihnen, ausführlich mit Ihnen zu plaudern. Inzwischen sollen Sie[[1]] nur erfahren, daß ich Ihre zwei Briefe erhielt, daß sie, wenn das möglich wäre, meine[[Besitz]] Freundschaft für Sie[[1]] verdoppelt hätten, und daß ich nie aufhören werde, an allem, was Sie[[1]] angeht, lebhaftesten Anteil zu nehmen. Mein Neffe ist auch etwas unpäßlich, aber ohne Gefahr und ohne daß man sich darüber ängstigen müßte. Ein leichtes Unwohlsein, das, wie ich glaube, mehr seine Stimmung angreift als seine Gesundheit. Wir sehen ihn fast gar nicht mehr. Seine Zurückgezogenheit und Ihre Abreise machen unsern kleinen Kreis nicht vergnügter. Besonders die kleine Volanges hat furchtbar viel zu sagen: sie gähnt den ganzen Tag lang, daß sie ihre Fäuste verschlucken könnte. Insbesondere seit ein paar Tagen erweist sie uns die Ehre, jeden Nachmittag nach Tisch fest einzuschlafen. Adieu, meine[[Besitz]] liebe schöne Frau, ich bin für immer Ihre gute Freundin, Ihre gute Mama, ja Ihre Schwester, wenn mein hohes Alter diesen Titel erlaubte. Genug, ich bin Ihnen allzeit durch die zärtlichsten Gefühle verbunden. Gezeichnet: {{Adé¬laide}}, für Frau von Rosemonde. &&ar Schloß …, den 14. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="114._Brief" &&fa Hundertundvierzehnter Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Ich glaube Sie[[1]] davon benachrichtigen zu müssen, Vicomte, daß man in Paris anfängt, sich mit Ihnen zu beschäftigen; daß man Ihre Abwesenheit bemerkt und auch schon deren Ursache errät. Gestern war ich bei einem zahlreichen Souper, und da wurde auf das Bestimmteste erklärt, Sie[[1]] würden von einer romantischen, unglücklichen Liebe in einem Dorfe festgehalten. Sofort leuchtete auf den Gesichtern aller Ihrer Neider die Freude, und auf dem aller Frauen, die Sie[[1]] vernachlässigt haben. Wenn Sie[[1]] auf mich hören wollen, so lassen Sie[[1]] diese gefährlichen Gerüchte nicht fest werden, sondern zerstören sie durch Ihr Erscheinen auf der Stelle. Bedenken Sie[[1]] doch: wenn Sie[[1]] einmal die Meinung von Ihrer Unwiderstehlichkeit in Zweifel geraten lassen, so werden Sie[[1]] sehr bald erfahren, daß man Ihnen tatsächlich leichter widersteht; daß auch Ihre Rivalen den Respekt vor Ihnen verlieren und es wagen werden, den Kampf mit Ihnen aufzunehmen – denn wer von ihnen hält sich nicht für stärker als die Tugend? Bedenken Sie[[1]] vor allem auch dies, daß unter der Menge von Frauen, die Sie[[1]] ins Gerede brachten, alle die, die Sie[[1]] nicht gehabt haben, es nun versuchen werden, dem Publikum einen Irrtum zu nehmen, während die andern sich bemühen werden, es zu täuschen. Kurz und gut, Sie[[1]] müssen darauf gefaßt sein, ebensosehr unter Ihren Wert geschätzt zu werden, wie Sie[[1]] bis jetzt überschätzt wurden. Kehren Sie[[1]] also zurück, Vicomte, und opfern Sie[[1]] Ihren Ruf nicht einer knabenhaften Laune. Sie[[1]] haben aus der kleinen Volanges alles gemacht, was wir wollten; und was Ihre Präsidentin anbetrifft, so werden Sie[[1]] sich die doch nicht aus einer Entfernung von zehn Meilen gönnen können. Oder glauben Sie[[1]], sie wird Sie[[1]] holen? Vielleicht denkt sie schon nicht mehr an Sie[[1]], oder nur noch, um sich zu gratulieren, daß sie Sie[[1]] gedemütigt hat. Hier können Sie[[1]] wenigstens Gelegenheit finden, mit Eklat wieder aufzutauchen, und Sie[[1]] haben's nötig. Und sollten Sie[[1]] auf Ihrem lächerlichen Abenteuer bestehen, so sehe ich nicht ein, was Ihre Rückkunft dabei schaden könnte – im Gegenteil! Nämlich: Wenn Ihre Präsidentin Sie[[1]] »anbetet«, wie Sie[[1]] mir so oft versichert und so wenig bewiesen haben, so muß ihr einziger Trost, wie ihr einziges Vergnügen jetzt doch darin bestehen, von Ihnen zu sprechen, zu erfahren, was Sie[[1]] tun, was Sie[[1]] sagen und denken, bis auf das Geringste, das Sie[[1]] angeht. Diese Kleinigkeiten bekommen Wert nach dem Maße der Entbehrungen, die man erleidet, es sind die Brosamen, die vom Tisch des Reichen fallen; der verschmäht sie, aber der Arme hebt sie gierig auf und lebt davon. So bekommt die Präsidentin jetzt diese Brosamen; und je mehr sie davon hat, desto weniger eilig wird sie es haben mit dem Appetit auf das übrige. Zudem zweifeln Sie[[1]], seit Sie[[1]] Ihre Vertraute kennen, doch nicht daran, daß jeder ihrer Briefe wenigstens eine kleine Predigt enthält und alles sonst, was sie für geeignet hält zur »Stärkung ihrer Ehrbarkeit und Tugend«. Warum also der einen Mittel zur Verteidigung lassen und der andern welche, Ihnen zu schaden? Ich bin aber durchaus nicht Ihrer Meinung über den Verlust, den Sie[[1]] beim Wechsel ihrer Vertrauten erlitten zu haben glauben. Erstens haßt Sie[[1]] Frau von Volanges, und der Haß ist immer scharfsichtiger und ingeniöser {{[in¬ge¬ni¬ös¬er]}} als die Freundschaft. Die sämtliche Tugend Ihrer alten Tante wird die nicht dazu bringen, von ihrem geliebten Neffen schlecht zu sprechen; denn auch die Tugend hat ihre Schwächen. Dann sind Ihre Befürchtungen auch auf durchaus falscher Fährte. Es ist nicht wahr, daß die Frauen »je älter desto griesgrämiger und strenger werden«. In den Jahren zwischen vierzig und fünfzig macht die Verzweiflung, ihr Gesicht verwelken zu sehen, die Wut, sich verpflichtet zu sehen, Ansprüche und Freuden aufgeben zu müssen, an denen sie noch hängen, fast alle Frauen säuerlich und mißlaunig. Diesen langen Zeitraum brauchen sie, um dieses große Opfer zu bringen. Aber sobald es vollbracht ist, teilen sich die alten Frauen in zwei Klassen. Die zahlreichere, die der Frauen, die nur ihr Gesicht und ihre Jugend für sich hatten, verfällt in eine stumpfe Apathie, aus der sie sich nur zum Spiel und zur Kirche aufraffen; diese Weiber sind immer langweilig und brummig, oft schwer zu behandeln, aber sehr selten boshaft. Man kann auch nicht sagen, daß diese Frauen streng oder nicht streng sind. Ohne Gedanken und ohne eigene Existenz wiederholen sie wähl- und verständnislos, was sie sagen hören und sind für sich selber so gut wie nichts. Die andere, die viel seltenere, aber wirklich wertvollere Klasse ist die jener alten Frauen, die einen Charakter gehabt und nicht versäumt haben, ihrem Hirn was zu tun zu geben, sich so ein Lebensinteresse zu schaffen wissen, wenn das natürliche Leben hinfällt, und die ihren Schmuck nun auf den Geist verwenden müssen, wie vorher auf ihre Gestalt. Solche Frauen haben gewöhnlich ein sehr gesundes Urteil, einen gediegenen und dabei heiteren und graziösen Geist. Sie[[1]] ersetzen die verführerischen Reize durch anziehende Güte und durch eine Munterkeit, deren Zauber mit dem Alter zunimmt. Auf diese Weise gelingt ihnen eine gewisse Annäherung an die Jugend dadurch, daß sie sich bei ihr beliebt machen. Dann aber sind sie weit entfernt davon »griesgrämig und streng« zu sein, wie Sie[[1]] sagen. Die gewohnte Nachsicht, ihr langes Nachdenken über die menschliche Schwäche, und besonders die Erinnerungen an ihre Jugend, durch die allein sie noch mit dem Leben zusammenhängen, stimmen sie eher zu einer leichten, ja beinah leichtsinnigen Auffassung des Lebens. Ich kann Ihnen endlich noch sagen, daß ich immer die alten Frauen aufgesucht habe, deren Nützlichkeit ich beizeiten erkannte, und mehrere unter ihnen fand, zu denen mich ebenso Neigung führte wie mein Vorteil. Genug; denn da Sie[[1]] jetzt so schnell und so moralisch entbrennen, hätte ich Angst, Sie[[1]] könnten sich plötzlich in Ihre alte Tante verlieben, und sich mit ihr in die Gruft vergraben, in der Sie[[1]] ohnedies schon so lange leben. Also kehren Sie[[1]] zurück. Trotz all Ihrem Entzücken über Ihre kleine Schülerin glaube ich doch nicht, daß sie irgendeine Rolle in Ihren Plänen spielen kann. Sie[[1]] fanden sie unter der Hand und haben sie genommen: sehr schön! Aber das kann doch nicht etwas sein. Es ist doch nicht einmal, um die Wahrheit zu sagen, ein wirklicher Genuß: Sie[[1]] besitzen doch nichts weiter als ihren Körper! Ich spreche nicht von ihrem Herzen, an dem Ihnen, wie ich annehme, kaum was liegt; aber Sie[[1]] beschäftigen nicht einmal ihren kleinen Kopf. Ich weiß nicht, ob Sie[[1]] das bemerkt haben, aber ich habe den Beweis dafür in ihrem letzten Briefe an mich, und den ich Ihnen schicke, damit Sie[[1]] selbst urteilen. Sehen Sie[[1]] nur, wenn sie von Ihnen spricht, heißt es immer »Herr von Valmont«; all ihre Gedanken, selbst die, die Sie[[1]] ihr geben, gehen immer nur auf Danceny. Und den nennt sie nicht Herr, da sagt sie stets nur »Danceny«. Dadurch unterscheidet sie ihn von allen andern; und selbst wenn sie sich Ihnen hingibt, – vertraulich ist sie nur mit ihm. Wenn ein solcher Sieg Ihnen »verführerisch« vorkommt, wenn die Freuden, die sie Ihnen gewährt Sie[[1]] fesseln, dann sind Sie[[1]] sicher recht bescheiden und wenig schwer zufrieden zu stellen! Daß Sie[[1]] sie behalten, dagegen habe ich ja nichts: das trifft sogar mit unsern Absichten zusammen. Aber mir scheint, das ist nicht wert, daß man sich auch nur eine Viertelstunde lang derangiert; man muß auch einige Gewalt über sie haben, und ihr zum Beispiel erst dann den Danceny erlauben, wenn man ihn bei ihr etwas mehr in Vergessenheit gebracht hat. Bevor ich Schluß mache, mich mit Ihnen zu beschäftigen, um von mir zu erzählen, will ich Ihnen nur noch sagen, daß das Mittel des Krankseins, das Sie[[1]] da anwenden, ein recht bekanntes und recht verbrauchtes Mittel ist. Wirklich, Vicomte, Sie[[1]] sind nicht sehr erfinderisch! Ich wiederhole mich ja auch manchmal, wie Sie[[1]] sehen werden, aber ich suche mich an den Details schadlos zu halten, und dann rechtfertigt mich immer der Erfolg. Ich will wieder nach einem Erfolg langen und ein neues Abenteuer bestehen. Ich gebe gern zu, daß es nicht das Verdienst der Schwierigkeit haben wird, aber es wird wenigstens eine Zerstreuung sein, und ich langweile mich zum Sterben. Ich weiß nicht, warum mir seit dem Abenteuer mit Prévan dieser Belleroche so unausstehlich geworden ist. Er hat derart zugenommen an Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit und »Verehrung«, daß ich es schon nicht mehr aushalte. Seine Rage hatte mir im ersten Moment Spaß gemacht; aber ich mußte ihn doch wohl besänftigen, denn es hätte mich bloßgestellt, wenn ich ihn hätte machen lassen; und es wollte und wollte nicht gelingen, ihn zur Vernunft zu bringen. Ich versuchte es also mit noch mehr Liebe, um auf diese Weise leichter mit ihm fertig zu werden. Er aber nahm das ernst, und seit der Zeit treibt er es zu arg mit seiner ewigen Verzückung. Besonders ärgert mich das beleidigende Vertrauen, das er mir schenkt, und die Sicherheit, mit der er mich als ihm fürs Leben gehörend betrachtet. Ich fühle mich davon ganz gedemütigt. Er schätzt sich wirklich sehr gering ein, da er sich für wertvoll genug hält, mich zu fesseln! Sagt er mir nicht unlängst, ich würde nie einen andern lieben als ihn! Ich hatte in dem Augenblick wirklich alle meine[[Besitz]] Vorsicht nötig, um ihn nicht auf der Stelle aus seinem Wahn zu reißen, und ihm zu sagen, wie es damit steht. Wirklich ein amüsanter Herr, dafür, daß er ein ausschließliches Recht beansprucht! Ich gebe zu, daß er gut gewachsen ist und ein ganz hübsches Gesicht hat; aber alles in allem ist er doch nur ein Handwerker in der Liebe. Kurz und gut, der Moment ist da, wo wir uns trennen müssen. Ich versuche es schon seit vierzehn Tagen, und habe abwechselnd Kälte, Launen, Gereiztheit und Streit angewandt; aber dieser zähe Mensch ist nicht los zu bekommen; man muß also ein gewaltsames Mittel anwenden; dazu nehme ich ihn mit auf mein Landgut. Wir reisen übermorgen. Mit uns werden nur noch ein paar unbeteiligte, wenig scharfsichtige Leute sein, und wir werden dort ebensoviel Freiheit haben, als wären wir allein. Und da will ich ihn dermaßen mit Zärtlichkeiten und Liebe überhäufen, wir werden dort so sehr und nichts als füreinander leben, daß ich jede Wette halte: er wird mehr als ich das Ende dieser Reise herbeisehnen, von der er sich so viel Vergnügen verspricht; und wenn ich bei der Rückkehr ihn nicht mehr langweile als er mich, dann dürfen Sie[[1]] sagen, ich verstehe nicht mehr als Sie[[1]]. Der Vorwand für diese Art Weltflucht ist, daß ich mich ernstlich mit meinem großen Prozesse beschäftigen will, der wirklich Ende des Winters seinen Abschluß in einem Urteil finden soll. Ich bin sehr froh darüber, denn es ist wirklich recht unangenehm, sein ganzes Vermögen so in der Luft zu haben. Nicht daß ich mir über den Ausgang Sorgen mache; erstens bin ich im Recht, was mir auch alle meine[[Besitz]] Advokaten versichern; und wäre ich's auch nicht, so müßte ich schon recht ungeschickt sein, wenn ich es nicht verstände, einen Prozeß zu gewinnen, wo ich zu Gegnern nur Minderjährige und deren alten Vormund habe! Da man aber in einer so wichtigen Angelegenheit nichts versäumen soll, werde ich zwei Advokaten haben. Scheint Ihnen diese Reise nicht lustig? Wenn sie mich meinen[[Besitz]] Prozeß gewinnen und Belleroche verlieren läßt, will ich meine[[Besitz]] Zeit nicht bereuen. Und jetzt, Vicomte, erraten Sie[[1]] den Nachfolger. Also schön, ich weiß ja doch, daß Sie[[1]] nie was erraten. Also es ist Danceny. Sie[[1]] sind erstaunt, nicht wahr? Denn schließlich bin ich noch nicht auf Kindererziehung angewiesen. Aber dieses Kind verdient, daß man eine Ausnahme mit ihm macht; es hat nur die Anmut von der Jugend und nicht ihren Leichtsinn. Seine große Zurückhaltung in der Gesellschaft ist sehr geeignet, alle Verdachtsgründe auszuschließen, und man findet ihn im vertraulichen Zusammensein mit ihm unter vier Augen nur noch liebenswürdiger. Ich habe ja zwar noch keine solche Unterhaltungen mit ihm gehabt, ich bin vorläufig nur erst seine Vertraute; aber unter diesem Schleier der Freundschaft sehe ich ihm ein sehr lebhaftes Gefallen an mir an und fühle, daß auch ich etwas an ihm zu finden anfange. Es wäre wirklich schade, wenn so viel Geist und Delikatesse geopfert würden und in Dummheit bei dieser kleinen albernen Volanges untergingen! Ich glaube, er täuscht sich selber, wenn er sie zu lieben meint. Sie[[1]] ist ihn doch auch wirklich nicht wert! Ich bin ja nicht eifersüchtig auf sie, aber es wäre der reine Mord, und davon will ich Danceny retten. Ich bitte Sie[[1]] also, mein lieber Vicomte, Sorge zu tragen, daß er »seiner Cecile« – wie er sie in übler Gewohnheit noch nennt – nicht näher kommt. Eine erste Liebe hat immer mehr Macht als man glaubt, und ich wäre nicht ruhig, wenn er sie jetzt wiedersähe, besonders während meiner Abwesenheit. Bei meiner Rückkunft nehme ich alles auf mich und stehe dafür. Ich habe ja auch daran gedacht, den jungen Mann mitzunehmen, aber ich brachte meiner gewohnten Vorsicht diese Lust zum Opfer; und dann wäre ich in Sorge gewesen, daß er doch etwas zwischen Belleroche und mir bemerkt hätte, und ich wäre in Verzweiflung, wenn er die geringste Ahnung davon hätte. Ich will mich wenigstens seiner Phantasie rein und ohne Makel bieten, so wie ich sein müßte, um seiner wirklich würdig zu sein. &&ar Paris, den 15. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="115._Brief" &&fa Hundertundfünfzehnter Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Meine[[Besitz]] liebe Freundin! Ich gebe meiner lebhaften Unruhe nach, und ohne zu wissen, ob Sie[[1]] imstande sein werden, mir zu antworten, kann ich mich nicht enthalten, mich nach dem Zustande des Herrn von Valmont zu erkundigen, den Sie[[1]] als gefahrlos bezeichnen, was mir aber doch keine solche Sicherheit gibt, wie, scheint es, Ihnen. Es ist nicht selten, daß Schwermut und Weltschmerz die Vorboten einer schweren Krankheit sind. Die Schmerzen des Körpers wie die des Geistes erregen das Bedürfnis nach Einsamkeit; und oft wirft man schlechte Laune dem vor, den man wegen seiner Leiden eigentlich bedauern sollte. Mir scheint, daß er wenigstens jemanden um Rat fragen sollte. Wie kommt es, daß Sie[[1]], die Sie[[1]] selbst krank sind, keinen Arzt bei sich haben? Der meine[[Besitz]], den ich heute, wie ich Ihnen nicht verhehle, indirekt konsultiert habe, ist der Meinung, daß bei Menschen, die von Natur aus tätig sind, diese plötzliche Apathie niemals unbeachtet bleiben darf; und wie er mir gleichfalls sagte, weichen die Krankheiten der Behandlung nicht mehr, wenn diese nicht zur rechten Zeit in Angriff genommen wurden. Warum wollen Sie[[1]] jemanden, der Ihnen so teuer ist, dieser Gefahr aussetzen! Was meine[[Besitz]] Unruhe verdoppelt, ist, daß ich seit vier Tagen keine Nachrichten mehr von ihm erhalte. Mein Gott! Täuschen Sie[[1]] mich nicht über seinen Zustand? Warum sollte er auf einmal aufgehört haben mir zu schreiben? Wenn es nur darum wäre, weil ich ihm eigensinnig jeden Brief zurückschickte, so würde er, glaube ich, den Entschluß, nicht zu schreiben, schon früher gefaßt haben. Ohne an Vorgefühle zu glauben, bin ich seit einigen Tagen von einer Traurigkeit erfüllt, die mich erschreckt. Ach, vielleicht stehe ich am Vorabend des größten Unglückes! Sie[[1]] würden es nicht glauben, und ich schäme mich, es Ihnen zu gestehen, wie es mich schmerzt, diese selben Briefe nicht mehr zu erhalten, die zu lesen ich mich jedoch jetzt noch weigern würde. Ich war wenigstens sicher, daß er an mich denkt! Und ich sah etwas, was von ihm kam. Ich öffnete sie nicht, diese Briefe, aber ich sah sie an und weinte. Meine[[Besitz]] Tränen waren sanfter und leichter, und nur sie verscheuchten zum Teil diese gewöhnliche Beklemmung, die ich seit meiner Rückkunft empfinde. Ich beschwöre Sie[[1]], meine[[Besitz]] nachsichtige Freundin, schreiben Sie[[1]] mir selbst, sobald Sie[[1]] können; und inzwischen lassen Sie[[1]] mich täglich wissen, wie es Ihnen und ihm geht. Ich bemerke gerade, daß ich kaum ein Wort für Sie[[1]] sagte, aber Sie[[1]] kennen meine[[Besitz]] Gefühle, meine[[Besitz]] rückhaltlose Anhänglichkeit, meine[[Besitz]] zärtliche Dankbarkeit für Ihre gefühlvolle Freundschaft; Sie[[1]] werden die Erregung verzeihen, in der ich mich befinde, der Angst vor dem Schlimmsten, dessen Ursache vielleicht ich bin. Großer Gott! dieser zur Verzweiflung treibende Gedanke verfolgt mich und zerreißt mir das Herz. Dieses Unglück fehlte mir noch, und ich fühle, ich bin geboren, es durchzumachen. Leben Sie[[1]] wohl, meine[[Besitz]] liebe Freundin; haben Sie[[1]] mich lieb, und bedauern Sie[[1]] mich. Werde ich heute einen Brief von Ihnen bekommen? &&ar Paris, den 16. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="116._Brief" &&fa Hundertundsechzehnter Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Schöne Freundin! Es ist eine unbegreifliche Tatsache, wie eine Trennung es mühlos zustande bringt, daß man sich nicht mehr versteht. So lange ich bei Ihnen war, hatten wir immer ein und dasselbe Gefühl, dieselbe Art, die Dinge zu sehen; und jetzt, seit ich Sie[[1]] fast Monate nicht mehr sehe, sind wir über nichts mehr derselben Meinung. Wer von uns beiden hat unrecht? Gewiß werden Sie[[1]] nicht mit der Antwort zögern; ich aber will, klüger oder höflicher, nicht entscheiden. Ich will nur auf Ihren Brief antworten und darin fortfahren, Ihnen mein Verhalten auseinanderzusetzen. Erst aber danke ich Ihnen für die Nachricht über die mit mir beschäftigten Gerüchte; aber sie beunruhigen mich noch nicht. Ich glaube sicher zu sein, daß ich es ganz in der Hand habe, sie, sobald ich will, zum Schweigen zu bringen. Seien Sie[[1]] unbesorgt: ich werde berühmter als je in die Welt zurückkehren und Ihrer nur noch würdiger. Ich hoffe, man wird mir sogar das Abenteuer mit der kleinen Volanges für etwas anrechnen, wenn Sie[[1]] es auch für unbedeutend halten –: als ob das gar nichts wäre, in einer Nacht ein junges Mädchen seinem geliebten Liebhaber zu nehmen, sie dann so viel man will zu gebrauchen, wie sein Eigentum, und ohne das geringste Hindernis; von ihr zu erhalten, was man nicht einmal von allen den Mädchen zu verlangen sich traut, deren Handwerk es schließlich ist; und das, ohne sie im geringsten von ihrer zärtlichen Liebe abspenstig zu machen; ohne sie unbeständig zu machen oder treulos –: denn Sie[[1]] haben ganz recht, ich beschäftige tatsächlich nicht einmal ihren Kopf, so daß, wenn meine[[Besitz]] Laune vorüber ist, ich sie wieder in die Arme ihres Geliebten legen werde, so zu sagen ohne daß sie etwas gemerkt hat. Ist denn das so was Gewöhnliches? Und dann, glauben Sie[[1]] mir, einmal aus meinen[[Besitz]] Händen, werden die Anfangsgründe, die ich ihr beibrachte, sich darum nicht weniger entwickeln; und ich sage es vorher: meine[[Besitz]] schüchterne Schülerin wird bald einen Aufschwung nehmen, der ihrem Lehrmeister Ehre machen soll. Hat man aber das heroische Genre lieber, so werde ich die Präsidentin vorzeigen, dieses oft zitierte Muster aller Tugenden, geachtet selbst von unseren größten Wüstlingen! Eine Frau, bei der man nicht einmal mehr auf den Gedanken kam, sie anzugreifen! Ich werde sie vorführen, sage ich, wie sie ihre Pflichten und ihre Tugend vergißt, ihren Ruf und zwei Jahre Ehrbarkeit opfert, um hinter dem Glücke nachzulaufen, mir zu gefallen, sich an dem Glück, mich zu lieben, zu berauschen; und wie sie sich für so viele Opfer genügend entschädigt erachtet, durch ein Wort, durch einen Blick, die sie zudem nicht einmal immer erhält. Mehr noch werde ich tun: ich werde sie verlassen – und ich kenne entweder diese Frau nicht, oder: ich habe keinen Nachfolger. Sie[[1]] wird dem Bedürfnis nach Trost widerstehen, der Gewohnheit des Vergnügens, ja selbst dem Wunsche nach Rache. Mit einem Wort, sie wird nur für mich gelebt haben. Und sei ihre Laufbahn kurz oder lang, ich allein werde ihre Schranken geöffnet oder geschlossen haben. Bin ich erst bei diesem Triumph, dann werde ich zu meinen[[Besitz]] Rivalen sagen: »Sehet hier mein Werk und suchet im Jahrhundert eines, das ihm nachkommt!« Sie[[1]] werden mich fragen, woher mir heute dieses Übermaß von Selbstvertrauen kommt? Seit acht Tagen bin ich der Vertraute meiner Schönen; sie sagt mir zwar ihre Geheimnisse nicht, aber ich fange sie ab. Zwei Briefe von ihr an Frau von Rosemonde haben mich zur Genüge unterrichtet, und ich werde die weiteren nur noch aus Neugier lesen. Um ans Ziel zu kommen, brauche ich mich ihr nur zu nähern, und dafür sind meine[[Besitz]] Mittel gefunden. Ich will sie unverzüglich anwenden. Sie[[1]] sind neugierig, nicht wahr? … Doch nein, zur Strafe für Ihren Unglauben an meine[[Besitz]] Erfindungen sollen Sie[[1]] sie nicht erfahren. Sie[[1]] würden es wirklich verdienen, daß ich Ihnen wenigstens für dieses Abenteuer mein Vertrauen entzöge. Ohne den süßen Lohn, den Sie[[1]] diesem Erfolg versprechen, würde ich Ihnen wirklich nichts mehr darüber erzählen. Sie[[1]] sehen, ich bin etwas gekränkt. Aber in der Hoffnung, daß Sie[[1]] sich bessern, will ich es bei dieser leichten Strafe bewenden lassen, und kehre zur Güte zurück und vergesse auf eine Weile meine[[Besitz]] großen Pläne, um über die Ihrigen vernünftig zu reden. Also Sie[[1]] sind auf dem Land, das langweilig ist wie das Gefühl und traurig wie die Treue! Und dieser arme Belleroche! Sie[[1]] begnügen sich nicht damit, ihm Wasser des Vergessens zu geben, Sie[[1]] foltern ihn damit! Wie bekommt ihm das? Erträgt er das Erbrechen gut in der Liebe? Ich gäbe was dafür, wenn er sich deswegen nur um so fester an Sie[[1]] schlösse. Ich bin sehr neugierig zu erfahren, welches wirksamere Mittel Sie[[1]] hernach anwenden werden. Sie[[1]] tun mir wirklich leid, daß Sie[[1]] zu diesem haben greifen müssen. Ich habe nur einmal in meinem Leben aus solchen praktischen Gründen, aus einem Zweck heraus geliebt. Ich hatte damals ja gewiß einen guten Grund; denn es war die Gräfin von …; und zwanzigmal war ich in ihren Armen versucht gewesen, zu sagen: »Meine[[Besitz]] Gnädige, ich verzichte auf den Platz, um den ich mich bewerbe, und erlauben Sie[[1]] mir nur, daß ich den Platz, den ich einnehme, verlasse.« Das ist auch die einzige Frau von allen, die ich gehabt habe, der ich wirklich mit Vergnügen Schlechtes nachsage. Was Ihren Grund anbetrifft, so finde ich ihn, ehrlich gesagt, einfach lächerlich; und Sie[[1]] hatten recht anzunehmen, daß ich den Nachfolger nicht erraten würde. Wie! Für Danceny alle diese Mühe? Ach, meine[[Besitz]] liebe Freundin, lassen Sie[[1]] ihn doch »seine tugendhafte Cécile« anbeten, geben Sie[[1]] sich keine Blöße mit solchen Kinderspielen. Lassen Sie[[1]] doch die Schuljungen sich bei Bonnen bilden oder mit Pensionsmädchen die kleinen unschuldigen Spiele spielen. Was sollen denn Sie[[1]] mit einem Neuling, der Sie[[1]] weder zu nehmen noch zu verlassen verstehen wird und bei dem alles Sie[[1]] tun müssen? Im Ernst: Ich mißbillige diese Wahl. Und wie geheim sie auch bleiben mag, in meinen[[Besitz]] Augen und in meinem Bewußtsein werden Sie[[1]] minder. Sie[[1]] sagen, Sie[[1]] fänden nach und nach Geschmack an ihm, aber was denn, Sie[[1]] irren sich, und ich glaube sogar, die Ursache dieses Irrtums gefunden zu haben. Dieser schöne Überdruß an Belleroche ist Ihnen in einer Zeit der Hungersnot gekommen, und da Ihnen Paris keine Auswahl bot, haben sich Ihre Gedanken, die immer viel zu lebhaften, auf den ersten besten geworfen, der Ihnen begegnet ist. Aber bedenken Sie[[1]] doch, daß Sie[[1]] bei Ihrer Rückkunft unter Tausenden werden wählen können! Und wenn Sie[[1]] schließlich die Untätigkeit scheuen, in die Sie[[1]] verfallen könnten, wenn Sie[[1]] es aufschieben, so biete ich mich an, um Ihre müßigen Stunden zu unterhalten. Von jetzt bis zu Ihrer Rückkunft werden meine[[Besitz]] Sachen auf die eine oder andere Art erledigt sein; und sicher werden weder sie noch die Präsidentin mich dann so sehr beschäftigen, daß ich mich Ihnen nicht so viel Sie[[1]] nur wünschen widmen könnte. Vielleicht habe ich bis dahin das kleine Mädchen schon in die Arme ihres schüchternen Liebhabers gelegt. Ohne zuzugeben, daß die Kleine, wie Sie[[1]] sagen, kein »fesselnder« Genuß ist, habe ich mich meinem Willen zuliebe, daß sie für ihr Leben eine höhere Idee von mir behalten soll als von allen andern Männern, mit ihr auf einen Ton gestimmt, den ich nicht länger ohne ernsthaften Schaden an meiner Gesundheit durchhalten könnte. Schon in diesem Augenblick hänge ich an ihr nur mehr mit dem Interesse, das man seinen Familienangelegenheiten schuldig ist …. Sie[[1]] verstehen mich nicht? … Ich erwarte einfach einen zweiten Zeitabschnitt, der meine[[Besitz]] Hoffnung bestätigt und mir die Gewißheit gibt, daß meine[[Besitz]] Pläne alle Erfolg hatten. Ja, meine[[Besitz]] schöne Freundin, ich habe schon das erste Anzeichen, daß der Gatte meiner Schülerin nicht Gefahr laufen wird, ohne Nachkommenschaft zu sterben, bloß daß der Chef des Hauses Gercourt in Zukunft nur ein jüngerer Sohn des Hauses Valmont sein wird. Aber lassen Sie[[1]] mich auf meine[[Besitz]] Art dieses Abenteuer beenden, das ich schließlich nur auf Ihre Bitte hin unternommen habe. Bedenken Sie[[1]], wenn Sie[[1]] Danceny abtrünnig machen, nehmen Sie[[1]] der ganzen Geschichte ja die Pikanterie! Und bedenken Sie[[1]] nicht zuletzt, daß ich mit meinem Angebot, ihn bei Ihnen zu vertreten, scheint mir, einiges Recht auf Bevorzugung habe. Ich zähle so sehr darauf, daß ich mich nicht gescheut habe, gegen Ihre Ansichten selbst dazu beizutragen, daß die schüchterne Leidenschaft des scheuen Liebhabers für den ersten und würdigen Gegenstand seiner Wahl noch wächst. Als ich gestern unser Mündel damit beschäftigt traf, ihm zu schreiben, habe ich sie zuerst in dieser zärtlichen Beschäftigung gestört, um eine andere, noch zärtlichere mit ihr vorzunehmen, und dann bat ich sie, mir den Brief zu zeigen; und da ich ihn kalt und gezwungen fand, gab ich ihr zu fühlen, daß sie so ihren Geliebten nicht trösten würde, und habe sie bestimmt, einen andern Brief nach meinem Diktat zu schreiben, worin ich nach Kräften ihr kleines Geschwätz nachahmte und möglichst versuchte, die Liebe des jungen Mannes mit einer gewissen Hoffnung zu nähren. Die kleine Person war ganz entzückt, sagte sie, daß sie auf einmal so gut schreibe; und in Zukunft bin ich also ihr Liebesbriefsteller. Was habe ich nicht alles für diesen Danceny getan! Ich war sein Freund, sein Vertrauter, sein Rival und seine Geliebte gewesen! Und leiste ihm in diesem Moment noch den Dienst, ihn vor Ihren gefährlichen Banden zu erretten. Ja, gewiß gefährlich! denn Sie[[1]] besitzen und Sie[[1]] verlieren, das heißt, einen Augenblick Glück mit einer Ewigkeit Sehnsucht erkaufen. Adieu, meine[[Besitz]] schöne Freundin, seien Sie[[1]] tapfer und tun Sie[[1]] Belleroche so rasch ab, wie Sie[[1]] können. Lassen Sie[[1]] Danceny und bereiten Sie[[1]] sich vor, die Köstlichkeiten unseres Verhältnisses wiederzuerleben und mir wiederzugeben. P. S.: Ich mache Ihnen mein Kompliment über das bevorstehende Urteil in Ihrem großen Prozeß. Ich wäre sehr erfreut, wenn dieses glückliche Ereignis unter meiner Regierung einträfe. &&ar Schloß …, den 17. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="117._Brief" &&fa Hundertundsiebzehnter Brief Der Chevalier Danceny an Cécile Volanges. &&fe &&ax &&lg=x Frau von Merteuil ist heute morgen aufs Land, und so bin ich, meine[[Besitz]] reizende Cécile, des einzigen Vergnügens beraubt, das mir in Ihrer Abwesenheit blieb, dem nämlich, mit Ihrer und meiner Freundin von Ihnen zu sprechen. Seit einiger Zeit hat sie mir gestattet, sie so zu nennen; und ich nützte das um so eifriger, als mir schien, ich käme dadurch Ihnen noch näher. Gott, wie ist diese Frau liebenswürdig! Und welchen schmeichlerischen Reiz sie der Freundschaft zu geben versteht! Es ist, als ob sich dieses liebe Gefühl bei ihr verschöne und kräftige um alles das, was sie der Liebe verweigert. Wenn Sie[[1]] wüßten, wie sie Sie[[1]] liebt, wie sie es gern hat, wenn sie mich von Ihnen sprechen hört … Das ist auch jedenfalls, was mich so sehr an sie fesselt. Welches Glück wäre es, für Sie[[1]] beide leben zu können, und immerwährend zwischen den Reizen der Liebe und denen der Freundschaft hin und her zu gehen, mein ganzes Dasein ihr zu weihen, gewissermaßen der Verbindungspunkt Ihrer gegenseitigen Zuneigung zu sein und immer zu fühlen, daß ich, mit dem Glück der einen beschäftigt, auch an dem der andern tätig bin! Lieben Sie[[1]] sie, lieben Sie[[1]] sie sehr, meine[[Besitz]] reizende Freundin, diese anbetungswürdige Frau! Erhöhen Sie[[1]] noch die Zuneigung, die ich für sie empfinde dadurch, daß Sie[[1]] sie teilen. Seit ich den Reiz der Freundschaft empfunden habe, wünsche ich, daß auch Sie[[1]] ihn fühlen. Die Freuden, die ich nicht mit Ihnen teile, scheinen nur zur Hälfte mir zu gehören. Ja, meine[[Besitz]] Cécile, ich möchte Ihr Herz mit allen süßesten Gefühlen umgeben, jede seiner Regungen sollte Ihnen eine Empfindung des Glückes hervorrufen; und ich würde doch glauben, daß ich Ihnen immer nur einen Teil des Glückes wiedergeben könnte, das ich von Ihnen empfangen habe. Warum müssen diese herrlichen Pläne nur eine Schimäre meiner Phantasie sein, und muß mir im Gegenteil die Wirklichkeit nur schmerzliche und endlose Entbehrungen bringen? Die Hoffnung, die Sie[[1]] mir gaben, Sie[[1]] dort auf dem Lande sehen zu dürfen, ach, ich sehe es wohl, ich muß darauf verzichten. Ich habe keinen andern Trost mehr als die Überzeugung, daß es Ihnen wirklich nicht möglich ist. Und Sie[[1]] unterlassen es, mir es zu sagen, mit mir darüber traurig zu sein! Schon zweimal sind meine[[Besitz]] Klagen darüber unbeantwortet geblieben. Ach Cécile! Cécile! Ich glaube ja, daß Sie[[1]] mich mit dem ganzen Feuer Ihres Herzens lieben, aber Ihr Herz brennt nicht wie das meine[[Besitz]]! Warum kann ich die Hindernisse nicht hinwegräumen? Warum sind es nicht meine[[Besitz]] Interessen, die zu schonen sind, sondern Ihre? Ich würde Ihnen bald zu beweisen wissen, daß der Liebe nichts unmöglich ist. Sie[[1]] schreiben mir auch nicht, was diese grausame Trennung endigen soll. Hier in Paris konnte ich Sie[[1]] doch wenigstens sehen. Ihre bezaubernden Blicke würden meine[[Besitz]] niedergeschlagene Seele wieder aufrichten; Ihr rührender Ausdruck würde mein Herz wieder stärken, das dessen oft so notwendig bedarf. Ach! ich wäre zu unglücklich, wenn ich daran zweifelte. Aber so viele Hindernisse! Und immer wieder neue! Geliebte, ich bin traurig, sehr traurig. Es scheint, die Abreise der Frau von Merteuil hat die Empfindung all meines ganzen Unglücks wieder in mir wachgerufen. Adieu, meine[[Besitz]] Cécile, adieu, Vielgeliebte. Denken Sie[[1]] daran, daß Ihr Geliebter sich betrübt, und daß Sie[[1]] allein ihm das Glück wiedergeben können. &&ar Paris, den 17. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="118._Brief" &&fa Hundertundachtzehnter Brief Cécile Volanges an den Chevalier Danceny. (Von Valmont diktiert.) &&fe &&ax &&lg=x Glauben Sie[[1]] denn, guter Freund, daß ich das Auszanken nötig habe, um traurig zu sein, während ich weiß, daß Sie[[1]] sich betrüben? Und zweifeln Sie[[1]] denn daran, daß ich so wie Sie[[1]] unter allen Ihren Schmerzen leide? Ich teile sogar die, die ich Ihnen willentlich verursache; und ich muß noch obendrein leiden, weil ich sehe, daß Sie[[1]] mir keine Gerechtigkeit widerfahren lassen. O, das ist nicht recht! Ich sehe wohl, was Sie[[1]] erzürnt; daß ich nämlich die beiden letzten Male, wo Sie[[1]] mich fragten, ob Sie[[1]] hierher kommen können, darauf nicht geantwortet habe; aber, ist denn darauf eine Antwort so leicht? Glauben Sie[[1]] denn, ich weiß nicht, daß das, was Sie[[1]] wollen, recht schlecht ist? Und ich habe schon so viele Mühe, es Ihnen aus der Ferne abzuschlagen, wie wäre es erst, wenn Sie[[1]] da wären? Und dafür, daß ich Sie[[1]] für einen Moment habe trösten wollen, müßte ich dann zeitlebens betrübt bleiben. Da sehen Sie[[1]] es, ich habe vor Ihnen nichts zu verbergen; das sind meine[[Besitz]] Gründe, urteilen Sie[[1]] selbst. Ich hätte vielleicht getan was Sie[[1]] wollen, ohne das Dazwischenkommen, wovon ich Ihnen berichtet habe, daß dieser Herr von Gercourt, der die Ursache all unseres Kummers ist, noch nicht so bald eintreffen wird; und da mir Mama seit einiger Zeit viel freundlicher begegnet, und ich zu ihr so lieb bin wie ich kann, – wer weiß, was ich von ihr werde erreichen können? Und wenn wir glücklich sein könnten, ohne daß ich mir etwas vorzuwerfen hätte, wäre das nicht viel mehr wert? Wenn ich glauben darf, was man mir so oft gesagt hat, dann lieben die Männer ihre Frauen nicht mehr so sehr, wenn sie sie, bevor sie es waren, zu sehr geliebt haben. Die Furcht davor hält mich noch mehr zurück als alles andere. Sind Sie[[1]] denn nicht meines Herzens sicher? und wird es nicht immer noch Zeit sein? Hören Sie[[1]] mir zu, ich verspreche Ihnen, wenn ich das Unglück, Herrn von Gercourt zu heiraten, nicht vermeiden kann, den ich heute schon, ohne ihn zu kennen, hasse, so soll mich nichts mehr abhalten, Ihnen so sehr wie ich nur kann zu gehören, und sogar vorher schon. Weil mir nur an Ihrer Liebe etwas liegt, und Sie[[1]] genau sehen werden, daß wenn ich Unrecht tue, es nicht durch meine[[Besitz]] Schuld ist, so ist das übrige mir ganz gleich – wenn nur Sie[[1]] mir versprechen, daß Sie[[1]] mich immer so lieben wollen wie jetzt. Bis dahin aber, mein Freund, lassen Sie[[1]] mich sein wie ich bin, und verlangen Sie[[1]] von mir nicht etwas, das nicht zu tun ich gute Gründe habe, und das Ihnen abschlagen zu müssen mir trotzdem leid tut. Ich möchte wohl auch, daß Herr von Valmont mich nicht Ihretwegen so drängte; das ist zu gar nichts, als mich nur bekümmerter zu machen. O, Sie[[1]] haben da einen sehr guten Freund, kann ich Ihnen versichern! Er macht alles, wie Sie[[1]] es selbst machen würden. Aber adieu, lieber Freund, ich fing sehr spät an Ihnen zu schreiben, und habe einen Teil der Nacht damit zugebracht. Ich will zu Bett und die verlorene Zeit wieder einbringen. Ich küsse Sie[[1]], aber Sie[[1]] dürfen mich nicht mehr zanken. &&ar Schloß …, den 18. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="119._Brief" &&fa Hundertundneunzehnter Brief Der Chevalier Danceny an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Wenn ich meinem Kalender glauben soll, so sind es, angebetete Freundin, erst zwei Tage, daß Sie[[1]] fort sind; wenn ich aber meinem Herzen glaube, sind es zwei Jahrhunderte. Nun habe ich es von Ihnen selbst, daß es das Herz ist, dem man glauben muß; es ist danach hohe Zeit, daß Sie[[1]] zurückkehren, und alle Ihre Geschäfte dürften jetzt mehr als beendet sein. Wie wollen Sie[[1]] denn, daß ich mich für Ihren Prozeß interessiere, wenn ich, ob Sie[[1]] ihn gewinnen oder verlieren, jedenfalls die Kosten tragen muß mit dem Kummer, den mir Ihre Abwesenheit bereitet? O, wie habe ich Lust Streit anzufangen! Und wie ist es traurig, mit einem so schönen Anlaß zu schlechter Laune kein Recht zu haben, sie zu zeigen! Ist es aber nicht eine wirkliche Untreue, ein notorischer Verrat, Ihren Freund allein zu lassen, nachdem Sie[[1]] ihn so gewöhnt haben, daß er ohne Ihre Gegenwart nicht mehr sein kann? Sie[[1]] können immer Ihre Advokaten befragen, sie werden Ihnen keine Rechtfertigung für dieses schlechte Vorgehen ausfindig machen; und dann haben diese Leute nur Gründe, und Gründe genügen nicht als Antwort auf Gefühle. Mir haben Sie[[1]] so oft gesagt, daß Vernunftgründe diese Reise notwendig machen, daß Sie[[1]] mich ganz mit dieser Vernunft verfeindet haben. Ich will sie schon überhaupt nicht mehr anhören, nicht einmal, wenn sie mir sagt, daß ich Sie[[1]] vergessen soll. Und doch wäre das sehr vernünftig, und im Grunde nicht so schwer, als Sie[[1]] glauben könnten. Es genügt schon, die Gewohnheit zu verlieren, immer an Sie[[1]] zu denken, und nichts würde mir Sie[[1]] hier, ich versichere Sie[[1]], ins Gedächtnis zurückrufen. Unsere schönsten Frauen, die man die liebenswürdigsten nennt, sind noch so weit fern von Ihnen, daß sie nur eine ganz schwache Vorstellung von Ihnen geben können. Ich glaube sogar, daß, wer mit geübteren Augen anfangs glaubte, daß sie Ihnen glichen, desto größer nachher den Unterschied findet: sie mögen tun was sie wollen, alles zeigen was sie können, es fehlt ihnen immer noch, daß sie Sie[[2]] sind, und gerade darin liegt der Reiz. Unglücklicherweise baut man, wenn die Tage so lang sind und man nichts zu tun hat, träumerisch Luftschlösser, erschafft sich eine Schimäre; nach und nach versteigt sich die Phantasie; man will sein Werk verschönern, sammelt alles was gefallen kann und bringt es endlich zur Vollendung; und wie das erreicht ist, ruft einem das Porträt wieder das Modell ins Gedächtnis, und man sieht ganz erstaunt, daß man nur immer an Sie[[1]] gedacht hat. Selbst in diesem Augenblick düpiert mich wieder ein ähnlicher Irrtum. Sie[[1]] glauben vielleicht, um mich mit Ihnen zu beschäftigen, habe ich mich hingesetzt, um Ihnen zu schreiben, aber das ist's gar nicht; es ist vielmehr, um mich von Ihnen abzulenken. Ich hatte Ihnen tausend Dinge zu sagen, deren Gegenstand nicht Sie[[1]] sind, und die, wie Sie[[1]] wissen, mich sehr lebhaft beschäftigen; und doch bin ich von diesen abgelenkt. Seit wann aber lenkt denn der Zauber der Freundschaft von dem der Liebe ab? Ach, wenn ich das ganz genau bedenke, hätte ich mir vielleicht sogar einen leisen Vorwurf zu machen! Aber kein Wort! Vergessen wir diesen leichten Fehler, sonst könnten wir ihn wieder begehen; und nicht einmal meine[[Besitz]] Freundin soll davon wissen. Aber warum sind Sie[[1]] auch nicht da, um mir zu antworten, um mich zurückzuführen, wenn ich mich verirre, um mir von meiner Cécile zu sprechen, um womöglich das Glück noch zu erhöhen, das ich empfinde, sie zu lieben, durch den so süßen Gedanken, daß die, die ich liebe, Ihre Freundin ist? Ja, ich bekenne es, die Liebe, die sie mir einflößt, ist mir noch kostbarer geworden, seitdem Sie[[1]] das Geständnis davon entgegennahmen. Ich öffne Ihnen mein Herz so gern, beschäftige das Ihrige so gern mit meinen[[Besitz]] Gefühlen, lege sie ohne Rückhalt darin nieder! Mir scheint, daß Sie[[1]] mir um so lieber werden in dem Maße, als Sie[[1]] sie bei sich aufzunehmen würdigen; und dann sehe ich Sie[[1]] an und sage mir: »In ihr liegt mein Glück beschlossen.« Über meine[[Besitz]] Lage habe ich Ihnen nichts Neues zu melden. Der letzte Brief, den ich von ihr erhalten habe, vermehrt und sichert meine[[Besitz]] Hoffnung, schiebt sie aber hinaus. Doch sind ihre Motive so zärtlich und ehrbar, daß ich ihr weder Vorwürfe machen noch mich beklagen kann. Vielleicht verstehen Sie[[1]] nicht ganz, was ich Ihnen da sagen will; aber warum sind Sie[[1]] nicht hier? Wenn man auch seiner Freundin alles sagt, schreiben kann man ihr nicht alles. Zumal die Geheimnisse der Liebe sind von so zarter Natur, daß man sie nicht so auf gut Glauben hinausgeben kann. Wenn man es schon einmal tut, so darf man sie wenigstens nicht aus dem Gesicht verlieren; man muß sie ihr neues Asyl gewissermaßen betreten sehen. Ach! kommen Sie[[1]] doch zurück, anbetungswürdige Freundin, Sie[[1]] sehen doch, wie nötig Ihre Rückkunft ist. Vergessen Sie[[1]] endlich die »tausend Gründe«, die Sie[[1]] zurückhalten wo Sie[[1]] sind, oder lehren Sie[[1]] mich da zu leben, wo Sie[[1]] nicht sind. Ich habe die Ehre zu sein usw. &&ar Paris, den 19. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="120._Brief" &&fa Hundertundzwanzigster Brief Frau von Rosemonde an Frau von Tourvel. &&fe &&ax &&lg=x Obschon ich, meine[[Besitz]] liebe schöne Frau, noch sehr leide, versuche ich doch, Ihnen selbst zu schreiben, damit ich mit Ihnen von dem sprechen kann, was Sie[[1]] interessiert. Mein Neffe verharrt noch immer in seiner Menschenscheu. Er läßt sich ganz regelmäßig jeden Tag nach meinem Befinden erkundigen, aber er kam kein einziges Mal persönlich nachfragen, obwohl ich ihn habe darum bitten lassen; so sehe ich ihn so wenig, als wenn er in Paris wäre. Ich bin ihm jedoch heute morgen dort begegnet, wo ich ihn bestimmt nicht erwartete, nämlich in meiner Kapelle, in die ich zum ersten Male seit meinem schmerzlichen Unfall wieder kam. Heute hörte ich, daß er seit vier Tagen täglich da ist und die Messe hört. Wollte Gott, es hält vor. Als ich eintrat, kam er auf mich zu und hat mich zu meinem besseren Befinden lieb beglückwünscht. Da die Messe gerade anfing, kürzte ich die Unterhaltung ab, die ich nachher wieder aufnehmen wollte; aber er war verschwunden, bevor ich ihn einholen konnte. Ich kann Ihnen nicht verhehlen, daß ich ihn einigermaßen verändert fand. Aber, meine[[Besitz]] liebe Schöne, lassen Sie[[1]] mich nicht durch allzu große Beunruhigung dieses Vertrauen bereuen, das ich in Ihre Vernünftigkeit setze, und seien Sie[[1]] insbesondere gewiß, daß ich Sie[[1]] immer noch lieber betrüben als betrügen würde. Wenn mein Neffe mich noch lange so behandelt, so bin ich entschlossen, sobald ich mich wieder besser fühle, ihn in seinem Zimmer aufzusuchen, und will dann versuchen, hinter die Ursachen dieser sonderbaren Manie zu kommen, in der Sie[[1]], wie ich ganz gewiß glaube, eine Rolle spielen. Ich werde Ihnen schreiben, was ich erfahren habe. Jetzt verlasse ich Sie[[1]], denn ich kann die Finger nicht mehr bewegen; und dann, wenn {{Adé¬laide}} wüßte, daß ich selber geschrieben habe, würde sie mich den ganzen Abend über ausschelten. Adieu, meine[[Besitz]] liebe Schöne. &&ar Schloß …, den 20. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="121._Brief" &&fa Hunderteinundzwanzigster Brief Der Vicomte von Valmont an den Pater Anselm. ({{Feuil¬lan¬ti¬ner}} im Kloster der {{rue Saint-Ho¬no¬ré}}.) &&fe &&ax &&lg=x Ich habe nicht die Ehre, Ihnen bekannt zu sein, Ehrwürden: aber ich weiß von dem vollen Vertrauen, das Frau Präsidentin von Tourvel in Sie[[1]] setzt, und ich weiß auch, wie würdig Sie[[1]] dieses Vertrauens sind. Ich glaube also, ich darf mich ohne allzu große Zudringlichkeit an Sie[[1]] wenden, um von Ihnen einen sehr wichtigen Dienst zu erlangen, eines Ihres heiligen Amtes wahrhaft würdigen, wobei sich das Interesse der Frau von Tourvel mit dem meinigen vereint. Ich habe wichtige Papiere in Händen, die sie betreffen, die niemandem anvertraut werden können, und die ich nur in ihre Hände legen will und darf. Ich habe keinen Weg, sie davon in Kenntnis zu setzen, weil Gründe, die Sie[[1]] vielleicht von ihr wissen, die Ihnen mitzuteilen mir aber, glaube ich, nicht erlaubt sind, sie zu dem Entschluß bewogen haben, alle Korrespondenz mit mir abzubrechen: ein Entschluß, den ich, ich gestehe heute gerne, nicht tadeln kann, da sie Ereignisse nicht voraussehen konnte, die ich selbst nicht im entferntesten erwartete und die nur übermenschlicher Kraft zuzuschreiben sind, die man notwendigerweise darin erkennen muß. Ich bitte Sie[[1]] also, mein Herr, ihr meine[[Besitz]] neuen Entschlüsse bekanntzugeben und sie für mich um eine Privatunterredung zu bitten; wenigstens zum Teil möchte ich meine[[Besitz]] Verfehlung gut machen durch meine[[Besitz]] Entschuldigungen; und als letztes Opfer vor Ihren Augen die einzigen vorhandenen Zeichen eines Irrtums oder eines Fehlers vernichten, dessen ich mich ihr gegenüber schuldig gemacht habe. Nur nach dieser vorläufigen Sühne wage ich es, das erniedrigende Geständnis meiner langen Verirrungen zu Ihren Füßen niederzulegen; und Ihre Fürsprache für eine noch wichtigere Aussöhnung zu erbitten, die unglücklicherweise noch schwieriger ist. Darf ich hoffen, mein Herr, daß Sie[[1]] mir diese so nötige und kostbare Sorge angedeihen lassen? und daß Sie[[1]] meine[[Besitz]] Schwäche zu unterstützen geruhen und meine[[Besitz]] Schritte auf einen neuen Pfad führen werden, dem zu folgen ich ersehne, den ich aber, errötend gestehe ich es, noch nicht kenne. Ich erwarte Ihre Antwort mit der Ungeduld der Reue, die wieder gut machen will, und bin, glauben Sie[[1]] mir bitte, mit ebensoviel Dankbarkeit als Furcht Ihr unterwürfiger usw. P. S.: Ich ermächtige Sie[[1]], für den Fall, daß Sie[[1]] es für passend finden, diesen Brief Frau von Tourvel mitzuteilen, die ich mein ganzes Leben lang pflichtschuldigst achten werde, und in der ich nie aufhören werde die zu ehren, deren sich der Himmel bedient hat, um durch den rührenden Anblick ihres Beispiels auch meine[[Besitz]] Seele zur Tugend zu führen. &&ar Schloß …, den 22. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="122._Brief" &&fa Hundertundzweiundzwanzigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Chevalier Danceny. &&fe &&ax &&lg=x Ich habe Ihren Brief erhalten, mein allzu junger Freund, aber ehe ich Ihnen danke, muß ich Sie[[1]] zanken, und mache Sie[[1]] darauf aufmerksam: wenn Sie[[1]] sich nicht bessern, so bekommen Sie[[1]] von mir keine Antwort mehr. Geben Sie[[1]] doch, wenn Sie[[1]] mir folgen wollen, diesen Schmeichelton auf, der doch nur mehr so Jargon ist, wenn es sich nicht um Liebe handelt. Ist denn das der Stil der Freundschaft? Nein, mein Freund, jedes Gefühl hat die Sprache, die ihm zukommt, und sich einer andern bedienen, heißt den Gedanken, den man äußert, maskieren. Ich weiß wohl, daß unsere kleinen Frauen nichts davon verstehen, was man ihnen sagen will, wenn es nicht in dieses gebräuchliche Rotwelsch {{[Rot¬welsch]}} übersetzt ist; aber, ich gestehe es, ich glaube zu verdienen, daß Sie[[1]] mich von denen ausnehmen. Es tut mir wirklich leid, mehr als ich sollte, daß Sie[[1]] mich so schlecht beurteilten. Sie[[1]] werden also in meinem Briefe nur das finden, was dem Ihrigen fehlt: Aufrichtigkeit und Einfachheit. Ich werde Ihnen zum Beispiel sagen, es würde mich sehr freuen, Sie[[1]] zu sehen, und daß ich verstimmt bin, um mich herum nur langweilige Leute zu haben, statt Leute, die mir gefallen. Sie[[1]] aber übersetzen denselben Satz so: »Lehren Sie[[1]] mich da zu leben, wo Sie[[1]] nicht sind« – so daß, wenn Sie[[1]], wie ich vermute, bei Ihrer Geliebten sind, Sie[[1]] nicht bei ihr leben könnten, ohne daß ich nicht die Dritte dabei wäre. Wie jämmerlich! Und die Frauen, »denen doch immer fehlt so zu sein wie ich«, finden Sie[[1]] vielleicht auch, daß Ihrer Cécile das fehlt? Sehen Sie[[1]], dahin führt eine Sprache, die man heute so mißbraucht, und die deshalb noch unter den Komplimenten steht, und nichts ist als Formel, an die man nicht mehr glaubt als an den »sehr untertänigen Diener«. Mein lieber Freund, wenn Sie[[1]] mir schreiben, tun Sie's doch, um mir wie Sie[[1]] denken und fühlen mitzuteilen, und nicht, um mir solche Phrasen zu machen, die ich, ohne Sie[[1]], mehr oder weniger gut in jedem Moderoman finden kann. Ich hoffe, Sie[[1]] nehmen nicht übel, was ich Ihnen da sage, selbst dann nicht, wenn Sie[[1]] etwas schlechte Laune darin finden sollten; denn ich bin wirklich etwas verstimmt. Um aber auch nur den Schein des Fehlers zu vermeiden, den ich Ihnen vorwerfe, werde ich Ihnen nicht sagen, daß diese Verstimmung vielleicht etwas vermehrt wird durch die Trennung von Ihnen. Alles in allem genommen sind Sie[[1]], scheint mir, mehr wert, als ein Prozeß und zwei Advokaten, vielleicht sogar auch mehr als mein »Anbeter« Belleroche. Sie[[1]] sehen, statt sich über meine[[Besitz]] Abwesenheit zu bekümmern, sollten Sie[[1]] sich dazu gratulieren, denn ich habe Ihnen noch nie ein so schönes Kompliment gemacht. Ich glaube, das Beispiel steckt mich an, und ich sage Ihnen auch Schmeicheleien. Aber nein, ich will lieber aufrichtig bleiben: meine[[Besitz]] offene Aufrichtigkeit allein versichert Sie[[1]] meiner zärtlichen Freundschaft, und des Interesses, das sie mir einflößt. Es ist sehr angenehm, einen jungen Freund zu haben, dessen Herz anderweitig beschäftigt ist. Das ist nicht das System aller Frauen, aber das meinige. Es scheint mir, man gibt sich mit mehr Vergnügen einem Gefühl hin, von dem man nichts zu befürchten hat. Auch habe ich, zu Ihrem Glücke vielleicht, früh genug die Rolle einer Vertrauten übernommen. Aber Sie[[1]] suchen sich Ihre Geliebte so jung aus, daß Sie[[1]] mich zum ersten Male daran erinnert haben, daß ich alt zu werden anfange! Das ist wohlgetan von Ihnen, daß Sie[[1]] sich auf diese Weise auf eine lange Karriere der Beständigkeit vorbereiten, und ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, daß sie gegenseitig sein möge. Sie[[1]] haben recht, den zärtlichen und ehrbaren Motiven nachzugeben, die, wie Sie[[1]] mir sagen, »Ihr Glück verzögern«. Die lange Verteidigung ist das einzige Verdienst derer, die nicht immer widerstehen, und was ich bei jeder andern als bei einem Kinde wie die kleine Volanges unverzeihlich fände, wäre, wenn sie eine Gefahr nicht zu fliehen verstünde, vor der sie zur Genüge gewarnt war durch das eigene Geständnis ihrer Liebe. Ihr Männer wißt nicht, was Tugend ist und was es kostet, sie zu opfern! Aber wenn eine Frau nur wenig nachdenkt, muß sie wissen, daß, unabhängig von dem Fehltritt, den sie begeht, eine Schwäche für sie das größte Unglück bedeutet; und ich begreife nicht, daß irgend eine unterliegt, wenn sie nur einen Augenblick zum Überlegen hat. Bestreiten Sie[[1]] das nur nicht, denn das ist es hauptsächlich, was mich an Sie[[1]] fesselt. Sie[[1]] werden mich von den Gefahren der Liebe retten; und obschon ich mich auch ohne Sie[[1]] gut zu verteidigen wußte, danke ich Ihnen doch etwas dafür, und werde Sie[[1]] darum nur besser und mehr liebhaben. Daraufhin, mein lieber Chevalier, bitte ich Gott, daß er Sie[[1]] in seiner heiligen Gnade erhalte. &&ar Schloß …, den 22. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="123._Brief" &&fa Hundertdreiundzwanzigster Brief Madame von Rosemonde an Frau von Tourvel. &&fe &&ax &&lg=x Ich hoffe, meine[[Besitz]] liebenswürdige Tochter, endlich Ihre Besorgnisse beruhigen zu können, und ich sehe nun im Gegenteil zu meinem Kummer, daß ich sie noch vermehren werde. Beruhigen Sie[[1]] sich indes: Mein Neffe ist nicht in Gefahr, man kann nicht einmal sagen, daß er wirklich krank ist. Aber es geht bestimmt etwas Außerordentliches mit ihm vor. Ich verstehe es nicht; aber ich ging aus seinem Zimmer mit einem Gefühle der Traurigkeit, ja vielleicht des Entsetzens, ich werfe mir vor, daß ich Ihnen das sage, aber ich kann mich doch nicht ganz enthalten, mit Ihnen davon zu sprechen. Hier der Bericht, was sich zutrug: Sie[[1]] können sicher sein, daß der Bericht treu ist, denn wenn ich auch noch mal achtzig Jahre lang leben sollte, so würde ich den Eindruck dieser traurigen Szene doch nicht vergessen. Ich war also heute morgen bei meinem Neffen; ich fand ihn beim Schreiben, und umgeben von verschiedenen Papieren, die aussahen, als wäre er damit beschäftigt. Er war so darin vertieft, daß ich schon mitten im Zimmer stand, als er noch nicht den Kopf gedreht hatte, um nachzusehen, wer eingetreten war. Sobald er mich sah, bemerkte ich sehr wohl, daß er, als er aufstand, sich anstrengte, seinen Gesichtsausdruck zu beherrschen, und vielleicht war es das, was gerade die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog. Er war allerdings nicht in Toilette und ungepudert, aber ich fand ihn blaß und mager, und sein Gesicht besonders war verändert. Sein Blick, den wir so lebhaft und vergnügt gesehen haben, war traurig und niedergeschlagen; kurz, unter uns gesagt, ich hätte nicht gewollt, daß Sie[[1]] ihn so gesehen hätten; denn sein Aussehen war sehr ergreifend und sehr geeignet, glaub ich, dieses zärtliche Mitleid einzuflößen, das eine der gefährlichsten Fallen der Liebe ist. Obwohl betroffen von meinem Eindruck, fing ich doch ein Gespräch so an, als hätte ich nichts bemerkt. Ich sprach zuerst von seiner Gesundheit, und ohne mir zu sagen, daß sie gut wäre, erklärte er sie doch auch mit keinem Worte für schlecht. Dann habe ich mich über seine Zurückgezogenheit beklagt, die ein wenig nach Manie aussehe, und ich versuchte etwas Scherzhaftigkeit in meinen[[Besitz]] kleinen Vorwurf zu legen; er aber antwortete mir nur und mit durchdringendem Ton: »Das ist ein Unrecht mehr, ich bekenne es, aber es soll mit den andern wieder gut gemacht werden.« Sein Aussehen mehr noch als sein Gespräch brachten meine[[Besitz]] Munterkeit etwas aus der Fassung, und ich beeilte mich ihm zu sagen, daß er zu viel Gewicht auf einen ja bloß freundlichen Vorwurf lege. Wir haben dann ruhig miteinander gesprochen. So sagte er mir kurz darauf, daß ihn eine Angelegenheit, die wichtigste Seines Lebens, vielleicht bald nach Paris zurückrufen würde. Da ich sie aber zu erraten Angst hatte, meine[[Besitz]] liebe Schöne, und auch fürchtete, dieser Anfang könnte zu einer vertraulichen Aussprache führen, die ich nicht wollte, so machte ich keine Gegenfrage, sondern begnügte mich damit, ihm zu sagen, daß etwas mehr Zerstreuung seiner Gesundheit sehr zuträglich sein würde. Und fügte hinzu, daß ich ihn diesmal nicht zum Bleiben drängen würde, indem ich meine[[Besitz]] Freunde um ihrer selbst willen liebe. Bei diesen so einfachen Worten drückte er mir die Hände, und sagte mit einer Aufregung, die ich nicht wiedergeben kann: »Ja, Tante, lieben Sie[[1]], lieben Sie[[1]] Ihren Neffen sehr, der Sie[[1]] liebt und verehrt; und wie Sie[[1]] sagen, lieben Sie[[1]] Ihn um seinetwillen. Machen Sie[[1]] sich um sein Glück keine Sorge, und stören Sie[[1]] mit keinem Bedauern die ewige Ruhe, die er bald genießen wird. Wiederholen Sie[[1]] es mir, daß Sie[[1]] mich noch lieb haben, daß Sie[[1]] mir verzeihen wollen; ja, Sie[[1]] werden mir verzeihen, ich kenne Ihre Güte: aber wie kann ich dieselbe Nachsicht von der erhoffen, die ich so sehr beleidigt habe?« Darauf beugte er sich über mich, um mir, wie mir schien, die Zeichen des Schmerzes zu verbergen, die mir der Ton seiner Stimme nur zu sehr verriet. Bewegter als ich es Ihnen nur sagen kann, stand ich rasch auf; zweifellos bemerkte er mein Entsetzen, denn er sagte beherrscht sofort: »Verzeihen Sie[[1]], verzeihen Sie[[1]], Tante; ich fühle, daß ich mich gegen meinen[[Besitz]] Willen verwirre. Vergessen Sie[[1]], bitte, was ich gesagt habe, und erinnern Sie[[1]] sich nur meiner tiefsten Achtung. Ich werde nicht versäumen,« setzte er noch hinzu, »Sie[[1]] von meiner Ehrerbietung vor meiner Abreise nochmals zu versichern.« Es schien mir, daß diese letzten Worte mich verpflichteten, meinen[[Besitz]] Besuch zu beenden, und ich ging. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger komme ich darauf, was er hat sagen wollen. Was ist das für eine wichtigste Angelegenheit seines Lebens? Und wegen was bittet er mich um Verzeihung? Woher kam ihm diese unwillkürliche Rührung, während er zu mir spricht? Ich habe mir diese Fragen schon tausendmal gestellt, ohne darauf eine Antwort zu finden. Ich sehe darin sogar nicht einmal etwas, was auf Sie[[1]] Bezug hätte; da aber die Augen der Liebe hellsichtiger sind als die der Freundschaft, wollte ich Sie[[1]] alles wissen lassen, was sich zwischen meinem Neffen und mir zugetragen hat. Ich habe viermal an diesem langen Briefe aufhören müssen, den ich noch viel länger schreiben würde, ohne die Müdigkeit, die ich verspüre. Adieu, meine[[Besitz]] liebe Schöne. &&ar Schloß …, den 25. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="124._Brief" &&fa Hundertvierundzwanzigster Brief Der Pater Anselm an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Ich habe, Herr Vicomte, den Brief erhalten, mit dem Sie[[1]] mich beehrten, und gleich gestern begab ich mich, Ihrem Wunsche gemäß, zu der fraglichen Persönlichkeit. Ich habe ihr den Gegenstand und die Motive der Schritte, die Sie[[1]] bei ihr unternehmen zu dürfen baten, auseinandergesetzt. So fest ich sie auch in dem früher gefaßten guten Entschlüsse fand, habe ich ihr doch vorgestellt, daß sie vielleicht durch eine Weigerung Ihrer glücklichen Umkehr hinderlich sei und sich sozusagen der göttlichen Vorsehung widersetze, worauf sie sich entschloß, Ihren Besuch zu empfangen, unter der Bedingung jedoch, daß er der letzte ist, und hat mich beauftragt Ihnen zu sagen, daß sie kommenden Donnerstag, den 28., zu Hause sein wird. Sollte Ihnen dieser Tag nicht passen, so möchten Sie[[1]] sie davon benachrichtigen und einen andern bestimmen. Ihr Brief wird angenommen werden. Indessen, Herr Vicomte, erlauben Sie[[1]] mir, Sie[[1]] zu erinnern: schieben Sie[[1]] es nicht ohne gute Gründe hinaus, damit Sie[[1]] sich rascher und vollständiger dem lobenswerten Vorhaben widmen können, das Sie[[1]] bekundeten. Bedenken Sie[[1]], daß der, der den Augenblick der Gnade zu benutzen zögert, sich der Gefahr aussetzt, daß ihm die Gnade wieder entzogen wird; und wenn auch die göttliche Güte unendlich ist, so ist ihre Spendung doch durch die Gerechtigkeit geregelt; und daß der Augenblick kommen kann, wo sich der Gott der Barmherzigkeit in einen Gott der Rache verwandelt. Wenn Sie[[1]] mich auch weiter mit Ihrem Vertrauen beehren, bitte ich Sie[[1]] zu glauben, daß alle meine[[Besitz]] Sorge Ihnen gehören wird, so wie Sie[[1]] es von mir wünschen; wie sehr ich auch beschäftigt sein mag, so wird meine[[Besitz]] wichtigste Angelegenheit stets die Pflicht des heiligen Dienstes sein, dem ich mich ganz besonders geweiht habe; und der schönste Augenblick meines Lebens ist der, wo ich meine[[Besitz]] Bemühungen durch den Segen des Allmächtigen von Erfolg gekrönt sehen werde. Schwache Sünder, die wir sind, wir können nichts aus uns selbst. Gott aber, der Sie[[1]] zu sich zurückruft, kann alles, und Sie[[1]] verdanken seiner Güte den ständigen Wunsch sich mit ihm zu verbinden, und ich schulde ihr das Mittel, Sie[[1]] ihm zuzuführen. Mit seiner Hilfe hoffe ich Sie[[1]] bald zu überzeugen, daß allein die heilige Kirche in dieser Welt das echte und dauerhafte Glück geben kann, das man vergeblich in der Verblendung der menschlichen Leidenschaften sucht. Ich habe, mit höchster Achtung, die Ehre zu sein. &&ar Paris, den 25. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="125._Brief" &&fa Hundertundfünfundzwanzigster Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Inmitten des Erstaunens, in das mich das gestern Erfahrene versetzt hat, vergesse ich die Genugtuung nicht, die es Ihnen bereiten muß, und beeile ich mich, es Ihnen mitzuteilen. Herr von Valmont beschäftigt sich nicht mehr mit mir und mit seiner Liebe, und will nur noch durch ein beschauliches Leben die Fehler und Verirrungen seiner Jugend wieder gut machen. Ich bin von diesem großen Ereignis durch den Pater Anselm in Kenntnis gesetzt worden, an den er sich wandte, damit er ihn in Zukunft lenke und ihm auch ein Zusammentreffen mit mir verschaffe, dessen Hauptzweck wohl ist, mir meine[[Besitz]] Briefe zurückzugeben, die er bisher trotz meiner Bitten noch immer behalten hat. Ich kann ihm zu dieser zweifellos glücklichen Änderung nur gratulieren und auch mir Glück wünschen, wenn ich, wie er sagt, dazu etwas beigetragen habe. Aber warum mußte ich das Werkzeug dazu sein, und mußte es mich die Ruhe meines Lebens kosten?! Konnte das Glück Herrn von Valmonts nur durch mein Unglück zustande kommen? Ach, meine[[Besitz]] nachsichtige Freundin, verzeihen Sie[[1]] mir diese Klage. Ich weiß, es steht mir nicht zu, Gottes Ratschlüsse zu erforschen: aber während ich ihn immerfort und stets vergebens um die Kraft bitte, diese meine[[Besitz]] unglückliche Liebe zu besiegen, gibt er diese Kraft in reichlichem Maße dem, der ihn nicht darum bat, und läßt mich ohne Hilfe ganz meiner Schwäche anheimgegeben. Aber ich will dieses sündhafte Murren ersticken. Weiß ich denn nicht, daß der verlorene Sohn nach seiner Heimkehr mehr Gnade von seinem Vater empfing als der Sohn, der nie weggegangen war? Welches Recht haben wir, von dem Rechenschaft zu verlangen, der uns nichts schuldet? Und hätten wir auch einige Rechte bei ihm, welche könnten wohl die meinigen sein? Soll ich mich einer Ehrbarkeit rühmen, die ich nur noch Valmont verdanke? Er hat mich gerettet, und ich soll mich beklagen dürfen, daß ich für ihn leide? Nein, meine[[Besitz]] Leiden werden mir teuer sein, wenn sein Glück ihr Lohn dafür ist. Sicher mußte er zum gemeinsamen Vater zurückkehren. Der Gott, der ihn erschaffen hat, mußte sein Werk lieben. Er hatte diesen bezaubernden Menschen nicht dazu geschaffen, um nur einen Verworfenen daraus werden zu lassen. An mir ist es, die Strafe für Unvorsichtigkeit und Kühnheit zu tragen. Mußte ich nicht fühlen, da es mir verboten war ihn zu lieben, daß ich mir auch seinen Anblick nicht erlauben durfte? Mein Fehler oder mein Unglück ist, daß ich mich zu lange dieser Wahrheit verschloß. Sie[[1]] sind Zeugin, meine[[Besitz]] liebe, würdige Freundin, daß ich mich diesem Opfer unterzogen habe, sobald ich seine Notwendigkeit erkannte. Aber damit es auch vollständig sei, fehlte noch, daß Herr von Valmont es nicht teilte. Soll ich Ihnen gestehen, daß dieser Gedanke es ist, der mich jetzt am meisten quält? Was ein erträglicher Stolz, der uns unsere Leiden mildert durch die, die wir zufügen! Aber ich werde dieses rebellische Herz besiegen und es an Demütigungen gewöhnen! Um dies zu erreichen, habe ich eingewilligt, am nächsten Donnerstag den peinlichen Besuch des Herrn von Valmont zu empfangen. Da werde ich ihn dann selber sagen hören, daß ich ihm nichts mehr bin, daß der schwache vorübergehende Eindruck, den ich auf ihn gemacht hatte, völlig ausgelöscht ist. Ich werde seinen Blick auf mir fühlen ohne jede Erregung, während ich aus Furcht, meine[[Besitz]] Erregung zu verraten, meinen[[Besitz]] Blick niederschlagen werde. Diese selben Briefe, die er so lange meinen[[Besitz]] inständigen Bitten verweigerte, werde ich nun von einem Gleichgültigen empfangen! Er wird sie mir übergeben wie unnötige Dinge, die ihn nichts mehr angehen; und meine[[Besitz]] zitternden Hände werden beim Empfang dieses schambringenden Gutes fühlen, daß es ihnen von einer ruhigen und starken Hand übergeben wird! Dann werde ich ihn weggehen sehen …, fortgehen auf immer, und meine[[Besitz]] Blicke, die ihm folgen werden, werden die seinigen sich nicht nach mir umwenden sehen! So vieler Demütigung war ich aufgehoben! Ach, wäre es mir wenigstens zunutz, indem es mich mit dem Gefühl meiner Schwäche durchdringe …! Ja, diese Briefe, die ihm nun gleichgültig sind, ich werde sie heilig aufbewahren. Ich werde mir die Beschämung auferlegen, sie jeden Tag wieder zu lesen, bis meine[[Besitz]] Tränen die letzten Spuren verwischt haben; und die seinigen, die werde ich verbrennen, als von dem gefährlichen Gift infiziert, das meine[[Besitz]] Seele verdorben hat. O, was ist denn Liebe, wenn sie uns noch nach den Gefahren, in die sie uns stürzt, mit Sehnsucht erfüllt! Und besonders, wenn man sie selber zu empfinden dann noch zu fürchten hat, wenn man sie nicht mehr einflößt! Ich will sie fliehen, diese unheilvolle Leidenschaft, die nur die Wahl zwischen Schande und Unglück läßt, und sie oft genug alle beide vereint; wenigstens soll die Klugheit die Tugend ersetzen. Wie ist es noch lang bis zu diesem Donnerstag! Warum kann ich nicht im Augenblick dieses schmerzliche Opfer vollenden und auf einmal seine Ursache und seinen Gegenstand vergessen! Dieser Besuch ängstigt mich; warum habe ich meine[[Besitz]] Einwilligung dazu gegeben? Wozu braucht er mich noch einmal zu sehen? Was sind wir jetzt eines dem andern? Wenn er mich beleidigt hat – ich verzeihe ihm. Ich beglückwünsche ihn sogar dazu, daß er seine Fehler wieder gut machen will, ich lobe ihn dafür. Ich will noch mehr: ich will es ihm nachtun; und wie dieselben Irrtümer mich verführten, so soll mich auch sein Beispiel des rechten Weg führen. Aber wenn es in seiner Absicht liegt, mich zu fliehen, warum fängt er damit an, mich aufzusuchen? Das Nötigste für uns beide ist, eins den andern zu vergessen! Ja, ja, das wird von nun ab meine[[Besitz]] ganze Sorge sein. Wenn Sie[[1]] es erlauben, liebenswürdige Freundin, so soll es bei Ihnen sein, wo ich mich dieser schweren Aufgabe hingeben will. Wenn ich Hilfe benötige, Trost vielleicht gar, so will ich ihn nur von Ihnen empfangen. Sie[[1]] allein verstehen mich und können zu meinem Herzen sprechen. Ihre kostbare Freundschaft soll mein ganzes Leben ausfüllen. Nichts soll mir zu schwer erscheinen, um die Mühe zu unterstützen, die Sie[[1]] sich mit mir geben werden. Ich werde Ihnen meine[[Besitz]] Ruhe verdanken und mein Glück und meine[[Besitz]] Tugend; und die Frucht Ihrer Güte gegen mich wird sein, mich ihrer würdig gezeigt zu haben. Ich glaube, ich bin in diesem Briefe wenig bei der Sache geblieben; ich entnehme das wenigstens der Verwirrung, in der ich mich während des ganzen Schreibens befunden habe. Wenn sich darin Gefühle fänden, über die ich erröten müßte, so bedecken Sie[[1]] sie mit Ihrer nachsichtigen Freundschaft, ich verlasse mich ganz auf sie. Ihnen will ich keine Regung meines Herzens verbergen. Gott mit Ihnen, meine[[Besitz]] verehrungswürdige Freundin. Ich hoffe, ich kann Ihnen in ein paar Tagen meine[[Besitz]] Ankunft melden. &&ar Paris, den 25. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="126._Brief" &&fa Hundertundsechsundzwanzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Sie[[1]] ist denn endlich besiegt, diese stolze Frau, die zu glauben gewagt hat, daß sie mir widerstehen könnte! Ja, meine[[Besitz]] Freundin, sie gehört mir, ganz und gar mir – seit gestern hat sie mir nichts mehr zu gewähren. Ich bin noch zu voll von meinem Glück, um es bewerten zu können, aber ich bin erstaunt über den unbekannten Reiz, den ich dabei empfunden habe. Sollte es wirklich wahr sein, daß die Tugend den Wert einer Frau sogar noch im Augenblick der Schwäche vermehrt? Aber entlassen wir diese kindlichen Gedanken zu den Ammenmärchen. Begegnet man nicht überall beim ersten Siege einem mehr oder weniger gut gespielten Widerstand? Habe ich nirgendwo den Reiz gefunden, von dem ich spreche? Aber der der Liebe ist es doch auch wieder nicht; denn wenn ich auch bei dieser erstaunlichen Frau manchmal Momente der Schwäche gehabt habe, die dieser »großen Leidenschaft der Liebe« ähnlich sahen, so wußte ich sie immer zu unterdrücken und zu meinen[[Besitz]] Grundsätzen zurückzukehren. Wenn mich auch, wie ich glaube, die Szene von gestern etwas weiter fortgerissen haben sollte, als ich wünschte, wenn ich auch für einen Moment die Verwirrung und den Rausch, den ich hervorrief, geteilt haben sollte, so wäre dieser flüchtige Selbstbetrug jetzt doch vorbei; und trotzdem besteht dieser Reiz noch. Ich hätte sogar, bekenne ich, ein ziemliches Vergnügen daran, mich ihm hinzugeben, wenn es mir nicht einige Unruhe verursachte. Soll ich mich denn in meinem Alter wie ein Schuljunge meistern lassen von einem unbekannten und unwillkürlichen Gefühl? Nein. Ich muß es vor allem bekämpfen und ihm auf den Grund kommen. Den Grund habe ich vielleicht schon durchleuchten sehen – wenigstens gefalle ich mir in diesem Gedanken, und ich möchte, er wäre nahe. In der Menge von Frauen, bei denen ich bis zum heutigen Tage Rolle und Funktion eines Liebhabers ausgeübt habe, bin ich noch keiner begegnet, die nicht mindestens ebenso große Lust gehabt hätte sich zu ergeben, als ich, sie dazu zu bestimmen; ich pflegte sogar die spröde zu nennen, die nur den halben Weg machten, im Gegensatz zu soundso vielen andern, deren herausfordernde Verteidigung immer nur unvollkommen die ersten Avancen verdeckt, die von ihnen ausgegangen sind. Hier aber fand ich im Gegenteil eine ungünstige Meinung von vornherein, die sich auf Ratschläge und Zuträgereien einer gehässigen aber scharfsichtigen Frau gründete; dann eine natürliche und höchst entwickelte Schüchternheit, durch eine bedeutende Schamhaftigkeit gestärkt; ferner einen Tugendeifer, den die Religion leitete, und der bereits zwei Jahre des Sieges hinter sich hatte; und endlich höchst bestimmte Gegenbewegungen, von diesen verschiedenen Motiven eingegeben und alle nur mit dem Ziel, sich meinen[[Besitz]] Verfolgungen zu entziehen. Es ist also nicht, wie in allen meinen[[Besitz]] andern Abenteuern, bloß eine einfache mehr oder weniger günstige Kapitulation, die man wohl benutzt, aber auf die man nicht gerade stolz ist; es ist vielmehr ein vollständiger, richtiger Sieg, durch einen mühevollen Feldzug erkauft und durch überlegte Manöver entschieden. Es ist also nicht überraschend, daß dieser Erfolg, den ich mir allein zu verdanken habe, mir dadurch um so kostbarer wird; und das Übermaß an Lust, das ich in meinem Triumph empfand, und das ich noch verspüre, ist nur die Süßigkeit bewußten Ruhmes. Ich liebe diesen Gesichtspunkt. Er bewahrt mich vor der Demütigung denken zu müssen, daß ich irgendwie von der Sklavin abhänge, die ich mir unterworfen habe, und daß ich nicht die ganze Fülle meines Glückes in mir selber finde; und daß die Fähigkeit, es mich ganz genießen zu lassen, dieser oder jener Frau unter Ausschluß jeder andern vorbehalten wäre. Diese vernünftigen Überlegungen werden mein Verhalten in dieser wichtigen Angelegenheit regeln; und Sie[[1]] können fest davon überzeugt sein, daß ich mich nicht so sehr fesseln lassen werde, als daß ich nicht zu jeder Zeit diese neuen Bande zerbrechen könnte, spielend und ganz nach meinem Gutdünken. Aber schon spreche ich Ihnen vom Bruch der Beziehungen, wo Sie[[1]] noch gar nicht wissen, durch welche Mittel ich das Recht dazu erworben habe; lesen Sie[[1]] also, und sehen Sie[[1]], was die Sittsamkeit riskiert, wenn sie versucht, der Liebestollheit helfend beizustehen. Ich studierte meine[[Besitz]] Reden und die Antworten, die ich erhielt, so aufmerksam, daß ich Ihnen die einen wie die andern mit einer Genauigkeit wiedergeben zu können hoffe, mit der Sie[[1]] zufrieden sein werden. Sie[[1]] werden aus den beiden beiliegenden Briefkopien ersehen, welchen Vermittler ich gewählt hatte, um mich meiner Schönen zu nähern, und welchen Eifer der heilige Mann darauf verwandte, um uns zusammenzubringen. Was ich Ihnen noch sagen muß, und was ich aus einem natürlich aufgefangenen Brief erfahren hatte, ist, daß die Angst, verlassen zu werden, und die damit verbundene kleine Demütigung, die vorsichtige und strenge Nonne etwas auseinander gebracht und ihr Herz und ihren Kopf mit Gefühlen und Gedanken angefüllt hatte, die, wenn auch ohne vernünftigen Sinn, doch nicht weniger interessant waren. Nach diesen nötig zu wissenden Präliminarien {{[Prä¬li¬mi¬na¬ri¬en]}} war ich also gestern, Donnerstag, den 28ten, dem festgesetzten Tag, bei ihr als schüchterner und reuevoller Sklave erschienen, um als gekrönter Sieger wieder wegzugehen. Es war sechs Uhr abends, als ich bei der schönen Eremitin ankam, denn seit ihrer Rückkehr war ihre Türe aller Welt verschlossen geblieben. Sie[[1]] versuchte aufzustehen, als man mich meldete, aber ihre zitternden Knie erlaubten ihr nicht, auf den Füßen zu bleiben; also setzte sie sich gleich wieder. Wie der Diener, der mich eingelassen hatte, sich einiges im Zimmer zu schaffen machte, schien sie ungeduldig zu werden. Wir sagten uns währenddem die gebräuchlichen Komplimente. Aber um nicht einen Augenblick einer kostbaren Zeit zu verlieren, untersuchte ich sorgfältig die Umgebung, und schon jetzt bezeichnete ich mit dem Auge den Schauplatz meines Sieges, und hätte keinen bequemeren wählen können, denn in demselben Zimmer befand sich eine Ottomane. Aber ich bemerkte, daß ihr gegenüber ein Porträt ihres Mannes hing, und ich besorgte, ich gestehe es, daß bei einer so sonderbaren Frau ein einziger Blick, den der Zufall nach dieser Seite hin lenkte, da einem Augenblick das Werk so vieler Mühe zerstören könnte. Endlich waren wir allein, und ich kam auf den eigentlichen Gegenstand. Nach einigen Worten darüber, daß der Pater Anselm ihr wohl die Gründe meines Besuches auseinandergesetzt haben müsse, beklagte ich mich über die strenge Behandlung, die ich erduldet hätte; und betonte mit Nachdruck die »Geringschätzung«, die man mir bezeigt habe. Wogegen man sich, wie ich es erwartet hatte, verteidigte. Und so wie Sie[[1]] wohl ebenfalls erwarteten, stützte ich den Beweis auf das Mißtrauen und das Entsetzen, das ich eingeflößt hätte, auf die höchst auffällige Flucht, die daraus gefolgt sei, auf das Zurückweisen meiner Briefe, und so weiter. Da man mit einer Rechtfertigung begann, die sehr leicht gewesen wäre, glaubte ich sie unterbrechen zu müssen; und um für diese brüske Art und Weise Verzeihung zu bekommen, deckte ich sie sofort mit einer Schmeichelei zu. »Wenn so viel Reize,« hub ich an, »auf mein Herz einen so tiefen Eindruck machten, so haben so viele Tugenden nicht weniger Eindruck auf meine[[Besitz]] Seele gemacht. Der Wunsch, diesen Tugenden nahe zu kommen, hat mich wahrscheinlich verführt, so daß ich es wagte, mich dessen für würdig zu achten. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf damit, es anders aufgefaßt zu haben, sondern ich strafe mich für meinen[[Besitz]] Irrtum.« Als man das verlegene Schweigen bewahrte, redete ich weiter: »– Ich hatte den Wunsch, gnädige Frau, mich entweder in Ihren Augen zu rechtfertigen, oder von Ihnen die Verzeihung für das Unrecht zu erlangen, das Sie[[1]] bei mir vermuten; damit ich wenigstens mit einiger Ruhe die Tage beenden kann, die auch keinen Wert mehr für mich haben, seit Sie[[1]] es ablehnten, sie zu verschönen.« – Hier hat man doch versucht zu antworten. »Meine[[Besitz]] Pflicht erlaubte mir nicht« – aber die Schwierigkeit, die von der Pflicht verlangte Lüge zu vollenden, war zu groß: der Satz blieb unvollendet. Ich begann also wieder im zärtlichsten Ton: – »Also es ist wahr, daß Sie[[1]] mich geflohen haben?« – »Diese Abreise war notwendig« – »Und mußten mich aus Ihrer Nähe verbannen?« – »Es muß sein.« – »Und auf immer?« – »Es ist meine[[Besitz]] Pflicht.« – Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß während dieses kurzen Zwiegespräches die Stimme der zärtlichen Spröden beklommen war, und ihre Augen sich nicht zu mir erhoben. Ich dachte, diese allzureichlich mit Pausen versehene Szene müsse etwas belebter werden. Ich erhob mich wie in Ärger. »Ihre Festigkeit,« sagte ich, »gibt mir die meine[[Besitz]] wieder. Gut. Gut, gnädige Frau, wir wollen uns trennen, mehr sogar als Sie[[1]] denken; und Sie[[1]] können sich dann in Muße zu Ihrem Werk gratulieren.« Ein wenig überrascht von diesem vorwurfsvollen Ton, wollte sie antworten. »– Der Entschluß, den Sie[[1]] gefaßt haben …« »ist nur eine Wirkung meiner Verzweiflung,« brach ich leidenschaftlich aus. »Sie[[1]] wollten, ich sollte unglücklich sein, – ich will Ihnen beweisen, daß Ihnen das noch weit über Ihre Wünsche hinaus gelungen ist.« – »Ich wünsche Ihr Glück,« antwortete sie. Und der Klang der Stimme begann Erregung anzuzeigen. Sofort stürzte ich mich ihr zu Füßen und rief ganz dramatisch – Sie[[1]] kennen den Ton an mir: – »Ach! Sie[[1]] Grausame! kann es für mich ein Glück geben, das Sie[[1]] nicht teilen? Wo soll ich es denn fern von Ihnen finden? Ach nie, niemals!« – Ich gestehe, als ich mich so weit gehen ließ, rechnete ich sehr auf die Mithilfe der Tränen. Sei es aber, daß ich dafür nicht disponiert gewesen bin, oder daß es vielleicht auch nur die Wirkung der fortgesetzten Aufmerksamkeit war, die ich allem geben mußte – es war mir nicht möglich zu weinen. Zum Glück erinnerte ich mich, daß zur Unterwerfung einer Frau jedes Mittel gut ist; und daß es genügt, sie durch eine starke Gemütsbewegung zu erschüttern, damit ein günstiger und tiefer Eindruck bleibt. Ich versuchte es also mit Schrecken, da es an Tränen gerade mangelte, und dazu änderte ich nur den Tonfall meiner Stimme, behielt aber dieselbe Stellung. »Ja«, fuhr ich fort, »ich schwöre es zu Ihren Füßen, Sie[[1]] besitzen oder sterben –.« Bei diesen letzten Worten trafen sich unsere Blicke. Ich weiß nicht, was die schüchterne Person in den meinem sah oder zu sehen glaubte; aber sie sprang entsetzt auf und entriß sich meinen[[Besitz]] Armen, die ich um sie geschlungen hatte. Ich tat allerdings auch nichts, um sie festzuhalten; denn ich habe schon öfter bemerkt, daß zu rasch herbeigeführte Verzweiflungsszenen sofort ins Lächerliche fielen, sobald sie sich in die Länge zogen, oder nur einen wirklich tragischen Ausweg zulassen, den zu nehmen ich weit entfernt war. Aber während sie sich mir entzog, sagte ich drohend und leiser, aber doch so, daß sie es hören konnte: »also den Tod…« Darauf stand ich auf; und in einem kurzen Schweigen warf ich auf sie wie zufällig einen Blick, der, wenn er auch verstört aussah, doch sehr beobachtend und klarsichtig war. Die unsichere Haltung, ihr hörbarer Atem, das Zucken, die zitternden, halberhobenen Arme, alles bewies mir genug, daß die Wirkung war, wie ich sie hatte hervorrufen wollen. Da nun aber in der Liebe ein Schluß nur in größter Nähe möglich ist, und wir voneinander ziemlich weit entfernt waren, mußte ich vor allem ihr wieder näher kommen. Dies zu erreichen, erlangte ich sobald als möglich eine scheinbare Ruhe, geeignet, die Wirkung dieses heftig erregten Gemütszustandes zu beruhigen, ohne ihn selbst abzuschwächen. Mein Übergang war: »Ich bin sehr unglücklich. Ich wollte für Ihr Glück leben, und habe es gestört. Ich weihe mich ganz Ihrer Ruhe, und störe auch sie.« Und dann, ruhig, aber wie mit Zwang dazu: »Verzeihen Sie[[1]], gnädige Frau, ich bin wenig an die Stimme der Leidenschaft gewöhnt. Ich verstehe schlecht, ihr Wüten zu unterdrücken. Habe ich Unrecht getan, daß ich mich ihm überließ, so bedenken Sie[[1]], daß es das letztemal ist. Ach, beruhigen Sie[[1]] sich, beruhigen Sie[[1]] sich, ich beschwöre Sie[[1]]!« Und während dieser langen Rede näherte ich mich ihr unmerklich. »Wenn Sie[[1]] wollen, daß ich mich beruhige, so seien Sie[[1]] doch selbst ruhiger,« sagte die scheue Schöne. – »Gut. Ich verspreche es,« sagte ich, und leiser: »Wenn auch die Anstrengung groß ist, wenigstens wird sie kurz sein. Aber,« fuhr ich wieder ganz wirr fort, »ich bin gekommen, um Ihnen Ihre Briefe zurückzugeben, nicht wahr? Haben Sie[[1]] die Gnade, sie wieder an sich zu nehmen, ich bitte Sie[[1]] darum. Dieses schmerzliche Opfer bleibt mir noch zu bringen. Lassen Sie[[1]] mir nichts, was meinen[[Besitz]] Mut schwächen könnte.« Und während ich das kostbare Paket aus der Tasche zog: »Hier ist das trügerische Behältnis Ihrer Freundschaftsversicherungen! Es knüpfte mich an das Leben, nehmen Sie[[1]] es zurück. Geben Sie[[1]] damit selbst das Zeichen, das mich auf immer von Ihnen trennt.« Hier gab die furchtsame Verliebte ganz ihrer zärtlichen Bewegnis nach. »Aber, Herr von Valmont, was haben Sie[[1]], und was wollen Sie[[1]] sagen? Ist denn der Schritt, den Sie[[1]] heute tun, nicht freiwillig? Ist er nicht die Frucht Ihrer eigenen Überlegungen? Und haben Sie[[1]] nicht aus diesen Überlegungen heraus selbst mein Verhalten gebilligt, das die Pflicht von mir verlangt?« – »Ja«, sagte ich, »dieses Ihr Verhalten hat das meine[[Besitz]] entschieden.« – »Welches denn?« »Das einzige, das, wenn ich mich von Ihnen trennte, meinen[[Besitz]] Leiden ein Ende macht.« – »Aber welches denn, sagen Sie[[1]] mir doch, welches denn?« Da aber war es, wo ich sie heftig in meine[[Besitz]] Arme nahm, ohne daß sie sich irgendwie wehrte. Und da ich aus diesem Vergessen der Wohlanständigkeit schloß, wie groß und mächtig ihre Erregung sein müsse, wagte ich Begeisterung: »Angebetete Frau, Sie[[1]] haben keine Ahnung, was Sie[[1]] für eine Liebe einflößen. Sie[[1]] werden nie wissen, bis zu welchem Grade Sie[[1]] angebetet wurden, und um wie viel wertvoller mir dieses Gefühl war, als mein ganzes Dasein! Möchten alle Ihre Tage glücklich und zufrieden sein; möchte sie all das Glück verschönen, das Sie[[1]] mir geraubt haben! Belohnen Sie[[1]] wenigstens diesen aufrichtigen Wunsch mit einem Bedauern, mit einer Träne; und glauben Sie[[1]] mir, das letzte meiner Opfer wird meinem Herzen nicht das schmerzvollste sein. Leben Sie[[1]] wohl.« Während ich so sprach, fühlte ich ihr Herz heftig schlagen; ich beobachtete ihre erregte Miene und sah besonders, daß die Tränen sie erstickten und doch nur selten und spärlich flossen. Da erst stellte ich mich, als wollte ich gehen; sie hielt mich natürlich mit aller Kraft. »Nein, hören Sie[[1]] mich an,« sagte sie lebhaft. – »Lassen Sie[[1]] mich,« antwortete ich. – »Sie[[1]] sollen mich hören, ich will es.« – »Ich muß Sie[[1]] fliehen, ich muß es!« – »Nein!« rief sie noch und stützte sich, oder vielmehr sank ohnmächtig in meine[[Besitz]] Arme. Da ich noch an einem so glücklichen Erfolg zweifelte, heuchelte ich einen großen Schrecken, aber in dem Schrecken führte oder trug ich sie vielmehr zu dem schon vorher bestimmten Ort, zum Feld meines Sieges: und sie kam tatsächlich erst wieder zu sich, als sie bereits unterworfen und ihrem glücklichen Sieger verfallen war. Bis hierher, meine[[Besitz]] schöne Freundin, werden Sie[[1]] mir eine Sauberkeit der Methode zugeben, die Ihren Beifall finden wird; und Sie[[1]] werden weiter sehen, daß ich in nichts von den wahren Grundsätzen dieses Krieges abgewichen bin, von dem wir so oft bemerkten, daß er dem andern so ähnlich ist. Beurteilen Sie[[1]] mich also wie Turenne {{[Tu¬ren¬ne]}} oder Friedrich II. Ich habe den Feind zum Kampf gezwungen, ihn gestellt, wo er nur Zeit gewinnen wollte; ich habe mich durch kluge Manöver, die Wahl des Terrains, die der Aufstellung gesichert; ich wußte den Feind in Sicherheit zu wiegen, um ihn in seinem Zufluchtsort leichter zu treffen; ich wußte ihn zu erschrecken, bevor es zum Kampfe kam. Ich habe nichts dem Zufall überlassen, sondern alles in Hinsicht auf einen großen Vorteil im Falle des Erfolges und der Gewißheit von Auswegen im Falle einer Niederlage geordnet; und ich habe es schließlich erst zum Vorstoß kommen lassen, als mir ein Rückzug gesichert war, durch den ich alles decken und halten konnte, was ich vorher erobert hatte. Das ist, wie ich glaube, alles, was man tun kann; aber jetzt fürchte ich, erschlafft zu sein wie Hannibal in den Wonnen Capuas {{[Ca¬pu¬as]}}. Folgendes nämlich hat sich seither zugetragen. Ich war ja darauf gefaßt, daß ein solches Ereignis nicht ohne die üblichen Tränen und die gewisse Verzweiflung vorübergehen werde; und wenn ich zuerst nur etwas Bestürzung und eine Art Verhaltenheit bemerkte, schrieb ich das eine wie das andere dem Zustand der spröden Frau zu. Also kümmerte ich mich nicht um diese kleinen Abweichungen, die ich für bloß lokale hielt, und ging einfach den breiten Weg der Tröstungen, ganz davon überzeugt, daß, wie gewöhnlich, die Lust dem Gefühl zu Hilfe kommen und daß eine einzige Tat mehr nützen werde als alle Worte, die ich aber doch nicht unterließ. Indes fand ich einen wirklich erschreckenden Widerstand, erschreckend weniger durch seine Übertriebenheit als durch die Form, in der er sich zeigte. Stellen Sie[[1]] sich eine Frau vor, die starr und steif dasitzt mit einer unveränderlichen Miene; die aussieht, als wenn sie weder dächte noch zuhörte, noch verstände, was man sagt; deren starren Augen wirklich Tränen entströmen, die aber ohne Anstrengung fließen. Das war Frau von Tourvel während meiner Reden. Aber sowie ich durch eine Liebkosung oder das unschuldigste Streicheln ihre Aufmerksamkeit auf mich zurücklenken wollte, dann wurden aus dieser scheinbaren Apathie sofort Schrecken, Ersticken, Zuckungen, Schluchzen und in Zwischenräumen Ausrufe ohne ein deutliches Wort. Diese Krisen kamen öfters wieder und jedesmal stärker; die letzte war so heftig, daß sie mich ganz entmutigte und ich einen Moment fürchtete, ich hätte einen vergeblichen Sieg davon getragen. Ich stürzte mich auf die üblichen Redensarten; worunter sich diese befand: »Sind Sie[[1]] in Verzweiflung, weil Sie[[1]] mich glücklich gemacht haben?« Bei diesem Wort wandte sich die anbetungswürdige Frau mir zu, und ihr Gesicht hatte, obschon noch etwas verwirrt, schon wieder seinen himmlischen Ausdruck wiederbekommen. »Ihr Glück,« sagte sie. Meine[[Besitz]] Antwort erraten Sie[[1]]. »Sind Sie[[1]] denn glücklich?« Ich verdoppelte meine[[Besitz]] Beteuerungen. »Und glücklich durch mich!« – Ich lobte in zärtlichsten Wendungen und während ich sprach, wurden ihre Glieder wieder biegsam; sie sank weich zurück, und ließ mir die Hand, die ich zu nehmen gewagt hatte, und sagte: »Ich fühle, daß dieser Gedanke mich tröstet und erleichtert.« Sie[[1]] können sich denken, daß, als ich so wieder auf den rechten Weg gebracht war, ich ihn nicht wieder verließ. Und er war wirklich der rechte, und wahrscheinlich der einzige. Als ich nämlich den zweiten Versuch wagte, fand ich erst einigen Widerstand, und was vorher geschehen war, machte mich umsichtig; nachdem ich aber dieselbe Geschichte von meinem Glück wieder vorbrachte, spürte ich bald, die günstigen Wirkungen. »Sie[[1]] haben Recht,« sagte das zärtliche Geschöpf, »ich kann mein Leben nicht anders mehr ertragen, als wenn es Ihrem Glück dient. Dem weihe ich mich ganz und gar; von diesem Augenblicke an gebe ich mich Ihnen hin, und Sie[[1]] sollen weder Reue noch Weigerung von mir erfahren.« Mit dieser naiven oder überirdischen Unschuld lieferte sie mir ihre Person und ihre Reize aus und vermehrte sie mein Glück, indem sie es teilte. Der Rausch war auf beiden Seiten und vollständig; und zum erstenmal überlebte der meine[[Besitz]] das Vergnügen. Ich glitt aus ihrer Umarmung nur, um ihr zu Füßen zu sinken, um ihr ewige Liebe zu schwören; und ich muß alles gestehen: Ich dachte was ich sagte. Ja, selbst nachdem wir uns getrennt hatten, verließ mich der Gedanke an sie nicht, und es kostete mich einige Mühe, mich davon loszubringen. Ach, warum sind Sie[[1]] nicht hier, um den Reiz der Tat mit dem der Belohnung auszugleichen! Aber ich werde doch durch Warten nichts verlieren, nicht wahr? Und hoffentlich kann ich das glückliche Arrangement, das ich in meinem andern Brief Ihnen vorschlug, als abgemacht betrachten. Sie[[1]] sehen, daß ich Wort halte; und meine[[Besitz]] Angelegenheiten werden, wie ich Ihnen verspreche, genügend fortgeschritten sein, so daß ich Ihnen einen Teil meiner Zeit schenken kann. Beeilen Sie[[1]] sich also, Ihren öden Belleroche zu verabschieden, Ihren zuckersüßen Danceny zu entlassen, und beschäftigen Sie[[1]] sich nur mit mir. Was treiben Sie[[1]] denn überhaupt auf dem Lande, daß Sie[[1]] mir nicht einmal antworten? Wissen Sie[[1]], daß ich Sie[[1]] gern auszanken möchte? Aber das Glück macht nachsichtig. Und dann vergesse ich nicht, daß ich mich jetzt, wo ich mich wieder in die Zahl Ihrer Bewerber einreihe, von neuem Ihren kleinen Launen unterwerfen muß. Erinnern Sie[[1]] sich aber daran, daß der neue Liebhaber nichts von den alten Rechten des Freundes verlieren will. Adieu wie ehemals… Ja, adieu, mein Engel! Ich schicke Dir alle Küsse der Liebe. P.S.: Wissen Sie[[1]], daß Prévan nach Ablauf seines Monates Gefängnis sein Korps hat quittieren müssen? Ganz Paris spricht heute von der Neuigkeit. Der ist wirklich grausam für ein Unrecht bestraft, das er nicht begangen hat, und Ihr Erfolg ist vollständig. &&ar Paris, den 29. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="127._Brief" &&fa Hundertundsiebenundzwanzigster Brief Frau von Rosemonde an Frau von Tourvel. &&fe &&ax &&lg=x Ich hätte Ihnen schon eher erwidert, mein liebenswürdiges Kind, wenn die Ermüdung durch meinen[[Besitz]] letzten Brief mir nicht wieder meine[[Besitz]] Schmerzen gebracht hätte, was mich all diese Tage hindurch von neuem am Gebrauch meines Armes hinderte. Ich hätte mich gern recht beeilt, Ihnen für die guten Nachrichten über meinen[[Besitz]] Neffen zu danken, und auch Ihnen aufrichtig Glück zu wünschen. Man ist da wirklich gezwungen, ein Eingreifen der Vorsehung zu erkennen, die dadurch, daß sie den einen berührte, den andern gerettet hat. Ja, meine[[Besitz]] liebe Schöne, Gott, der Sie[[1]] nur prüfen wollte, ist Ihnen beigestanden im Augenblick, wo Ihre Kräfte erschöpft waren; und trotz Ihres leisen Murrens schulden Sie[[1]] ihm, glaube ich, einigen Dank. Nicht als ob ich nicht fühlte, daß es Ihnen nicht angenehmer gewesen wäre, dieser Entschluß wäre Ihnen zuerst gekommen, und der Valmonts wäre nur davon die Folge gewesen; es scheint mir sogar selbst, daß, menschlich gesprochen, so die Rechte unseres Geschlechtes besser gewahrt worden wären, und wir wollen doch keins davon verlieren, nicht wahr? Aber was bedeuten diese kleinlichen Erwägungen gegenüber den wichtigen Dingen, die sich hier erfüllten? Klagt denn einer über die Mittel seiner Rettung, der sich aus einem Schiffbruch gerettet hat? Sie[[1]] werden sehr bald merken, meine[[Besitz]] liebe Tochter, daß die Schmerzen, die Sie[[1]] befürchten, von selbst nachlassen werden; und wenn sie auch fortbestehen sollten, so würden Sie[[1]] trotzdem fühlen, daß sie immer noch leichter zu ertragen sind, als die Gewissensbisse nach dem Verbrechen und die Selbstverachtung. Vergeblich hätte ich früher zu Ihnen mit dieser scheinbaren Strenge gesprochen. Die Liebe ist ein von nichts abhängiges Gefühl, das die Vorsicht zwar vermeiden, aber nicht besiegen kann, und das, einmal geboren, nur eines natürlichen Todes oder an Hoffnungslosigkeit stirbt. Sie[[1]] befinden sich im letzten Fall, und das gibt mir den Mut und das Recht, Ihnen offen meine[[Besitz]] Meinung zu sagen. Es ist grausam, einen aufgegebenen Kranken zu erschrecken, der nur noch empfänglich ist für Tröstungen und Linderungsmittel; aber weise ist es, einen Genesenden über die Gefahren aufzuklären, denen er entgangen ist, um ihm so die Vorsicht einzuschärfen, deren er bedarf, Und den Gehorsam gegen die Ratschläge, die er etwa noch nötig haben könnte. Da Sie[[1]] mich zu Ihrer Ärztin wählen, so spreche ich als Ärztin zu Ihnen und sage, daß die kleinen Unpäßlichkeiten, an denen Sie[[1]] gegenwärtig leiden und die vielleicht ein paar Mittel verlangen, nichts sind im Vergleich mit der schrecklichen Krankheit, deren Heilung nun gesichert ist. Als Ihre Freundin, als Freundin einer vernünftigen und tugendhaften Frau, möchte ich dann noch hinzufügen, daß diese Leidenschaft, die Sie[[1]] unterjocht hat, und die schon an sich so unheilvoll war, es noch mehr wurde durch ihren Gegenstand. Wenn ich glaube, was man mir sagt, so ist mein Neffe, den ich, ich gestehe es, vielleicht mit einer Schwäche liebe, und der wirklich viele lobenswerte und angenehme Eigenschaften besitzt, weder ungefährlich für die Frauen, noch schuldlos ihnen gegenüber; er legt fast ebensoviel Wert darauf, sie ins Unglück zu bringen, als sie zu verführen. Ich glaube wohl, daß Sie[[1]] ihn bekehrt hätten. Niemals war eine Frau dessen würdiger; aber so viele andere haben sich gleichfalls dessen geschmeichelt, und sich in der Hoffnung getäuscht, daß es mir lieber ist, wenn Sie[[1]] nicht darauf gewiesen sind. Erwägen Sie[[1]] jetzt, meine[[Besitz]] liebe Schöne, daß, anstatt so vielen Gefahren ausgesetzt zu sein, Sie[[1]] nun außer Ihrer eigenen Ruhe und einem guten Gewissen die Genugtuung haben werden, daß Sie[[1]] die Hauptursache der glücklichen Umkehr Valmonts gewesen sind. Für mich zweifle ich nicht daran, daß dies zum großen Teil das Werk Ihres tapferen Widerstandes ist, und daß ein Augenblick der Schwäche Ihrerseits meinen[[Besitz]] Neffen vielleicht in ewiger Wirrnis gelassen hätte. So fasse ich es gern auf, und wünschte, auch Sie[[1]] möchten es so auffassen; Sie[[1]] würden darin Ihren ersten Trost finden, und ich neue Gründe, Sie[[1]] noch mehr lieb zu haben. Ich erwarte Sie[[1]] in wenigen Tagen hier, meine[[Besitz]] liebe Tochter, wie Sie[[1]] es mir ankündigen. Kommen Sie[[1]], und finden Sie[[1]] Ruhe und Glück an demselben Orte wieder, wo Sie[[1]] beides verloren haben; insbesondere aber freuen Sie[[1]] sich mit Ihrer zärtlichen Mutter darüber, daß Sie[[1]] so glücklich das Wort hielten, das Sie[[1]] ihr gaben: nichts zu tun, was nicht ihrer und Ihrer selbst würdig wäre! &&ar Schloß …, den 30. Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="128._Brief" &&fa Hundertundachtundzwanzigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Wenn ich, Vicomte, Ihren Brief vom 19. nicht beantwortet habe, so geschah das nicht deshalb, weil ich keine Zeit dazu hatte, sondern einfach nur deshalb, weil er mich in schlechte Laune versetzt hat und ich keinen Sinn in dem Brief fand. Ich glaube also, das beste sei, zu tun als wäre er nicht geschrieben. Da Sie[[1]] aber darauf zurückkommen, Ihnen an den Gedanken, die er vorträgt, etwas zu liegen scheint, und Sie[[1]] mein Stillschweigen als eine Zustimmung aufzufassen scheinen, muß ich Ihnen klar und deutlich meine[[Besitz]] Meinung sagen. Ich habe vielleicht öfters den Anspruch erhoben, für mich allein einen ganzen Serail zu ersetzen, nie aber hat es mir behagt, zu einem zu gehören. Ich glaube, Sie[[1]] wüßten das. Jetzt wenigstens, wo ich es Ihnen ausdrücklich sage, werden Sie[[1]] sich leicht denken können, wie sehr lächerlich mir Ihr Vorschlag erscheinen muß. Was denn? Ich, ich sollte eine Neigung, und dazu noch eine neue opfern, um mich mit Ihnen zu beschäftigen? Und wie nur? Indem ich als unterwürfige Sklavin die erhabene Gunst Eurer Hoheit abwarte. Wenn Sie[[1]] zum Beispiel für einen Augenblick eine Ablenkung von dem »unbekannten Zauber« brauchen, den »diese anbetungswürdige, diese himmlische« Frau von Tourvel allein Sie[[1]] hat empfangen lassen, oder wenn Sie[[1]] befürchten, bei der »anziehenden Cécile« die höhere Meinung zu gefährden, die Sie[[1]] möchten, daß sie sie von Ihnen behält, – dann würden sie bis zu mir heruntersteigen und sich zwar weniger lebhafte, aber auch folgenlosere Freuden suchen; und Ihre kostbare Güte sollte, obschon etwas selten, zu meinem Glücke genügen. So haben Sie[[1]] gedacht. Gewiß, Sie[[1]] haben eine reichlich hohe Meinung von sich selber: aber sicher ist meine[[Besitz]] Bescheidenheit nicht so reichlich, denn ich mag mich prüfen wie ich will, so tief finde ich mich noch nicht gesunken. Das ist vielleicht ein Fehler von mir; aber ich mache Sie[[1]] darauf aufmerksam, ich habe noch andere. Ich habe vor allen den Fehler zu glauben, daß der »Schuljunge«, der »zuckersüße« Danceny, der sich nur mit mir beschäftigt, und mir, ohne sich daraus ein Verdienst zu machen, eine erste Leidenschaft opfert, noch bevor sie befriedigt ist, und mich überhaupt liebt, wie man nur in seinem Alter liebt – ich glaube, dieser Danceny könne trotz seinen zwanzig Jahren mehr für mein Glück sein und tätiger für mein Vergnügen als Sie[[1]]. Ich möchte mir sogar noch beizufügen erlauben, daß, sollte mir der Gedanke kommen, ihm einen Gehilfen zu geben, es Sie[[1]] nicht wären, wenigstens nicht im Augenblick. Sie[[1]] fragen mich nach den Gründen? Erstens könnten überhaupt keine da sein: denn dieselbe Laune, die Sie[[1]] bevorzugte, kann Sie[[1]] doch auch wieder ausschließen, nicht wahr? Ich will Ihnen aber doch, aus Höflichkeit, meine[[Besitz]] Wünsche begründen. Mir scheint, Sie[[1]] hätten mir zu viel zu opfern; und statt Ihnen dafür so dankbar zu sein, wie Sie[[1]] unfehlbar erwarten würden, wäre ich imstande zu glauben, daß Sie[[1]] mir noch Erkenntlichkeit schulden! Sie[[1]] sehen, wir sind in unserer Denkungsart so weit voneinander entfernt, daß wir uns auf keine Weise nahe kommen können; und ich fürchte, ich werde sehr viel Zeit brauchen, aber schon sehr viel, um anderer Meinung zu werden. Wenn ich mich gebessert habe, verspreche ich Ihnen, es zu melden. Bis dahin, glauben Sie[[1]] mir, treffen Sie[[1]] andere Arrangements und behalten Ihre Küsse, die Sie[[1]] anderswo viel besser anbringen können. »Adieu, wie ehemals,« sagen Sie[[1]]? Aber ehemals schienen Sie[[1]] sich etwas mehr aus mir zu machen. Sie[[1]] gaben mir nicht nur die dritten Rollen. Und besonders hatten Sie[[1]], bevor Sie[[1]] meiner Zustimmung sicher waren, die Güte, zu warten, bis ich ja gesagt hatte. Finden Sie[[1]] es als ganz in der Ordnung, daß ich, statt Ihnen adieu wie ehemals zu sagen, Ihnen adieu wie jetzt sage. Ihre Dienerin, Herr Vicomte. &&ar Schloß …, den 31 Oktober 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="129._Brief" &&fa Hundertundneunundzwanzigster Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Ich habe erst spät gestern Ihre Antwort erhalten, gnädige Frau, und hätte mir auf der Stelle das Leben genommen, wenn es noch mir gehörte. Aber ein anderer besitzt es; und dieser andere ist Herr von Valmont. Sie[[1]] sehen, daß ich Ihnen nichts verhehle. Soll es sein, daß Sie[[1]] mich Ihrer Freundschaft nicht mehr für würdig halten, so fürchte ich immer noch weniger sie zu verlieren, als sie zu erschleichen. Alles was ich Ihnen sagen kann, ist, daß ich, von Valmont vor die Wahl zwischen seinem Tode oder seinem Glück gestellt, ich mich für das letzte entschieden habe. Ich rühme mich dessen nicht, noch klage ich mich an: ich sage nur was ist. Sie[[1]] werden leicht nachfühlen, was nach all dem Ihr Brief für einen Eindruck auf mich gemacht haben muß, und alle die strengen Wahrheiten, die er enthält. Glauben Sie[[1]] aber nicht, daß er Reue in mir wach werden ließ, noch daß er je in meinen[[Besitz]] Gefühlen und meinem Benehmen eine Änderung herbeiführen kann. Nicht, daß ich nicht grausame Momente hätte; aber wenn mein Herz ganz zerrissen ist, und wenn ich fürchte, meine[[Besitz]] Qual nicht länger ertragen zu können, da sage ich mir: Valmont ist glücklich, und alles verschwindet vor diesem Gedanken, oder vielmehr, er verwandelt alles in Freude. Ich habe mich also Ihrem Neffen geweiht; für ihn bin ich ins Verderben gegangen. Um ihn gehen meine[[Besitz]] Gedanken, meine[[Besitz]] Gefühle, meine[[Besitz]] Handlungen. Solange mein Leben zu seinem Glück notwendig ist, wird es mir kostbar sein, und werde ich es für beglückt finden. Wenn er eines Tages anders darüber urteilt, wird er weder Klage noch Vorwürfe von mir hören. Ich habe meinen[[Besitz]] Blick schon auf diesen verhängnisvollen Augenblick zu richten gewagt, und mein Entschluß steht fest. Sie[[1]] sehen also, wie wenig mir die Furcht, die Sie[[1]] zu haben scheinen, anhaben kann, nämlich, daß Herr von Valmont mich zugrunde richtet. Denn, bevor er dies wollte, wird er ja aufgehört haben, mich zu lieben, und was sind mir dann leere Vorwürfe, die ich nicht vernehmen werde? Er allein wird mein Richter sein. Da ich nur für ihn gelebt habe, so wird in ihm mein Gedächtnis ruhen; und ist er zu der Anerkennung gezwungen, daß ich ihn liebte, so werde ich genügend gerechtfertigt sein. Nun haben Sie[[1]] in meinem Herzen gelesen, gnädige Frau. Ich habe es vorgezogen, durch meine[[Besitz]] Offenheit Ihre Achtung zu verlieren, als durch die Lüge dieser Achtung unwürdig zu werden. Ich glaubte, Ihnen diese volle Offenheit für Ihre ehemalige Güte zu schulden. Jedes Wort mehr könnte Sie[[1]] auf den Gedanken bringen, als sei ich stolz genug, noch auf Ihre Freundschaft zu rechnen, während ich mir im Gegenteil Gerechtigkeit widerfahren lasse, indem ich aufhöre, darauf Anspruch zu machen. Ich bin achtungsvoll Ihre ganz ergebene und gehorsame Dienerin. &&ar Paris, den 1. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="130._Brief" &&fa Hundertunddreissigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Sagen Sie[[1]] mir doch, meine[[Besitz]] schöne Freundin, woher kommt dieser höhnische bittere Ton in Ihrem letzten Brief? Was ist denn das für ein Verbrechen, das ich da ahnungslos begangen habe, und das Sie[[1]] in solche schlechte Laune versetzt? Er sah aus, werfen Sie[[1]] mir vor, als rechnete ich auf Ihre Einwilligung, bevor ich sie erhalten habe. Aber ich glaubte, daß das, was aller Welt als Dünkel erscheinen könnte, zwischen uns immer nur als Vertrauen aufgefaßt werden könne; und seit wann schadet denn dieses Gefühl der Freundschaft oder der Liebe? Wenn ich der Begierde die Hoffnung gesellte, so habe ich doch nur dem natürlichen Gefühle nachgegeben, das dieses ist, daß wir uns immer so nahe als möglich dem gesuchten Glück bringen; und Sie[[1]] nahmen für einen Ausdruck des Stolzes, was nur Eifer war. Ich weiß sehr wohl, daß der allgemeine Brauch in einem solchen Fall einen respektvollen Zweifel eingeführt hat, aber Sie[[1]] wissen wie ich, daß das nur eine bloße Form ist, etwas ganz Äußerliches, eine Konvention; und ich war, scheint mir, zu glauben berechtigt, daß solche kleinliche Vorsichtsmaßregeln unter uns nicht mehr nötig seien. Es scheint mir sogar, daß dieses offene und aufrichtige Vorgehen, wenn es sich auf ein altes Verhältnis gründet, jener blöden Schmeichelei bei weitem vorzuziehen ist, die der Liebe doch so oft jeden Geschmack nimmt. Im übrigen kommt der Wert, den ich auf diese Art lege, vielleicht nur von dem Glücke her, an das sie mich erinnert; und aus eben dem Grunde wäre es mir noch peinlicher, wenn Sie[[1]] es anders auffaßten. Das ist aber auch das einzige Unrecht, dessen ich mir bewußt bin. Denn ich kann mir nicht denken, daß Sie[[1]] ernstlich geglaubt haben sollten, es gäbe auf der Welt eine Frau, die mir begehrenswerter erscheint als Sie[[1]], und erst recht nicht, daß ich Ihren Wert so gering veranschlagen könnte, wie Sie[[1]] zu glauben scheinen. Sie[[1]] haben sich, schreiben Sie[[1]], daraufhin angesehen, und sich nicht so weit gesunken gefunden. Das glaube ich gern, und das beweist nur, daß Ihr Spiegel ehrlich ist. Aber hätten Sie[[1]] nicht näherliegend und gerechter daraus schließen können, daß ich Sie[[1]] sicher nicht so beurteilt habe? Ich suche vergebens eine Ursache für diesen sonderbaren Einfall. Doch scheint mir, daß er mehr oder weniger mit dem Lobe zusammenhängt, das ich mir andern Frauen zu schenken erlaubt habe. So schließe ich wenigstens aus dem auffallenden Hervorheben der Wörter »anbetungswürdig«, »himmlisch«, »anziehend«, deren ich mich bediente, als ich Ihnen von Frau von Tourvel oder der kleinen Volanges sprach. Aber wissen Sie[[1]] denn nicht, daß man diese Worte öfter zufällig als mit Überlegung wählt, und daß sie weniger das ausdrücken, was einem wirklich an einer Person liegt, als die Situation, in der der Sprechende sich befindet? Und wenn ich im selben Augenblicke, wo ich so lebhaft erregt war, von der einen oder der andern, Sie[[1]] deshalb doch nicht weniger begehrte; wenn ich Ihnen deutlich den Vorzug vor den beiden gab, wo ich doch unsere früheren Beziehungen nur zum Schaden der beiden andern erneuern konnte, so verstehe ich nicht, daß das Anlaß zu so schweren Vorwürfen sein soll. Es ist mir nicht weniger schwer, mich wegen des »unbekannten Zaubers« zu rechtfertigen, über den Sie[[1]] ebenfalls etwas gereizt scheinen. Denn daraus, daß er unbekannt ist, folgt erstens nicht, daß er stärker ist. Was denn! Wer könnte die köstlichen Genüsse überbieten, die Sie[[1]] allein und immer wieder neu und jedesmal stärker zu geben wissen! Ich wollte also nur sagen, daß jenes andere Vergnügen mir unbekannt und neu sei; ohne ihm damit einen Rang anzuweisen; und fügte hinzu, was ich heute wiederhole, daß, wie es auch immer sei, ich dagegen anzukämpfen wissen werde. Und ich werde das mit mehr Eifer betreiben, wenn ich diese leichte Mühe als eine Ihnen dargebrachte Huldigung ansehen darf. Was die kleine Cécile betrifft, so halte ich es für recht unnütz, von ihr zu reden. Sie[[1]] haben wohl nicht vergessen, daß ich auf Ihre Bitte hin das Kind übernommen habe, und ich warte nur, daß Sie[[1]] mir Urlaub geben, und ich entledige mich der Kleinen. Es konnte mir vielleicht ihre Naivität und Frische aufgefallen sein, vielleicht habe ich sie sogar einen Augenblick lang für »anziehend« gehalten, weil man sich doch mehr oder weniger immer etwas in seinem Werke gefällt; aber das ist sicher, sie hat in keiner Weise genügend handfeste Haltbarkeit, daß sie irgendwie fesseln könnte. Und nun, meine[[Besitz]] schöne Freundin, rufe ich Ihre Gerechtigkeit an, Ihre frühere Güte gegen mich, die lange und vollkommene Freundschaft, das volle Vertrauen, das seither unsere Beziehungen immer enger geknüpft hat – habe ich, diesen strengen Ton verdient, den Sie[[1]] gegen mich anschlagen? Wie leicht Sie[[1]] mich aber dafür entschädigen können, wenn Sie[[1]] nur wollen! Sagen Sie[[1]] nur ein Wort und Sie[[1]] werden sehen, ob mich alle Reize und Fesseln hier zurückhalten werden, für einen Tag, nein, für eine Minute! Ich werde in Ihre Arme und vor Ihre Füße fliegen und es Ihnen tausendmal und auf tausend Arten beweisen, daß Sie[[1]] es sind und immer sein werden, die wahrhaft die Herrin über mein Herz ist. Adieu, meine[[Besitz]] schöne Freundin; ich erwarte mit Ungeduld Ihre Antwort. &&ar Paris, den 3. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="131._Brief" &&fa Hundertundeinunddreissigster Brief Frau von Rosemonde an Frau von Tourvel. &&fe &&ax &&lg=x Und warum, meine[[Besitz]] liebe Schöne, wollen Sie[[1]] nicht mehr meine[[Besitz]] Tochter sein? Warum künden Sie[[1]] mir an, daß unser Briefwechsel abgebrochen werden soll? Ist es etwas, um mich dafür zu strafen, daß ich nicht erraten habe, was gegen jede Wahrscheinlichkeit war? Oder haben Sie[[1]] mich im Verdacht, ich hätte Sie[[1]] absichtlich gekränkt? Nein, ich kenne Ihr Herz zu gut, um zu glauben, es dächte so von dem meinigen. So geht denn auch der Schmerz, den mir Ihr Brief bereitet hat, mehr Sie[[1]] als mich selbst an. O, meine[[Besitz]] junge Freundin! Ich sage es Ihnen mit Schmerz, aber Sie[[1]] sind viel zu wertvoll, als daß die Liebe Sie[[1]] je glücklich machen könnte. Denn, welche wirklich fein empfindende Frau hat nicht Mißgeschick in eben dem Gefühl gefunden, das ihr so viel Glück versprach! Wissen denn die Männer die Frau, die sie besitzen, zu schätzen? Nicht, daß nicht viele ehrbar wären und beständig in ihren Neigungen: aber selbst unter denen, wie wenige verstehen es, sich mit unserem Herzen in Einklang zu setzen! Glauben Sie[[1]] nicht, mein liebes Kind, daß ihre Liebe der unseren gleicht. Sie[[1]] empfinden wohl denselben Rausch, oft sogar mit noch größerer Heftigkeit, aber sie kennen diese Unruhe nicht, nicht diese bekümmerte Sorge, die in uns diese zärtlichen und fortgesetzten Aufmerksamkeiten hervorruft, und deren einziges Ziel immer der geliebte Mann ist. Der Mann genießt das Glück, das er empfindet, und die Frau das, das sie verschafft. Dieser so wesentliche und so wenig bemerkte Unterschied beeinflußt auf deutlich empfindbare Art das ganze Verhalten der beiden zueinander. Das Vergnügen des einen ist, seine Begierden zu befriedigen, das der andern ist vor allem, sie hervorzurufen. Zu gefallen ist für ihn nur ein Mittel zum Erfolg; während es für die Frau der Erfolg selber ist. Und die Koketterie, die man den Frauen so oft vorwirft, ist nichts anderes als der Mißbrauch dieser Empfindungsweise und beweist gerade deren Vorhandensein. Und schließlich ist dieser ausschließliche Geschmack an einem Wesen, der besonders die Liebe charakterisiert, beim Manne nur eine Vorliebe, dazu meistens nur geeignet, sein Vergnügen zu vergrößern, das ein anderer Gegenstand vielleicht schwächen, aber nicht zerstören würde. Bei den Frauen aber ist dieser Geschmack ein tiefes Gefühl, das nicht nur alle fremde Begierde vernichtet, sondern das, stärker als die Natur und ganz ihrer Herrschaft entzogen, sie nur Widerwillen und Abscheu sogar dort empfinden läßt, wo scheinbar Wollust vorhanden sein müßte. Glauben Sie[[1]] nicht, daß mehr oder weniger Ausnahmen, die man anführen kann, diesen allgemeinen Wahrheiten entgegengehalten werden können! Diese Wahrheiten haben als Bürge die öffentliche Meinung, die nur für die Männer Untreue von Unbeständigkeit unterscheidet: eine Unterscheidung, aus der sie Vorteil ziehen, statt daß sie sich davon gedemütigt fühlen. Bei unserem Geschlecht ist sie nur bei den verderbten Frauen in Aufnahme gekommen, die auch die Schande des Geschlechts und denen alle Mittel gleich gut sind, wenn sie ihnen nur die Hoffnung geben, sie könnten dem peinlichen Gefühl ihrer Niedrigkeit dadurch entgehen. Ich dachte, meine[[Besitz]] liebe Schöne, es könnte Ihnen vielleicht nützlich sein, wenn Sie[[1]] diese Betrachtungen der Chimäre vom vollkommenen Glück entgegenzuhalten hätten, womit die Liebe immer unsere Phantasie betrügt. Trügerische Hoffnung, an die man sich selbst dann noch hängt, wenn man sich gezwungen sieht sie aufzugeben, und deren Verlust den von einer echten Leidenschaft untrennbaren Schmerz noch reizt und vermehrt. Diese Aufgabe, Ihre Leiden zu lindern, oder einige zu verhüten, ist die einzige, die ich jetzt haben will und kann. Bei Krankheiten, die nicht zu heilen sind, können Ratschläge nur noch auf die Lebensweise sich beziehen. Was ich nur von Ihnen verlange ist, Sie[[1]] möchten bedenken, daß einen Kranken bedauern, nicht ihm Vorwürfe machen heißt. Wer sind wir denn, daß wir einander Vorwürfe machen dürften! Überlassen wir das Recht zu richten dem, der in unserem Herzen liest; und ich wage selbst zu glauben, daß in seinen väterlichen Augen eine Menge Tugenden eine Schwäche gut machen können. Aber ich flehe Sie[[1]] an, meine[[Besitz]] liebe Freundin, wehren Sie[[1]] sich vor allem gegen gewaltsame Entschließungen, die weniger Kraft als gänzliche Entmutigung verraten. Vergessen Sie[[1]] nicht, daß Sie[[1]], als Sie[[1]] einen andern zum Eigentümer Ihres Daseins machten, – um mich Ihres Ausdruckes zu bedienen, – doch Ihre Freunde nicht um das bringen können, was sie schon vorher besessen, und das sie unaufhörlich zurückfordern werden. Gott mit Ihnen, meine[[Besitz]] liebe Tochter; gedenken Sie[[1]] zuweilen Ihrer zärtlichen Mutter und glauben Sie[[1]] mir, daß Sie[[1]] immer und über alles der Gegenstand ihrer liebsten Gedanken sein werden. &&ar Schloß …, den 4. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="132._Brief" &&fa Hundertundzweiunddreissigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Gott sei Dank, Vicomte, dieses Mal bin ich zufriedener mit Ihnen als das letztemal; jetzt aber plaudern wir auch wie zwei gute Freunde miteinander, und ich hoffe Sie[[1]] zu überzeugen, daß für Sie[[1]] wie für mich das Abkommen, das Sie[[1]] zu wünschen scheinen, eine ausgemachte Dummheit wäre. Haben Sie[[1]] noch nicht bemerkt, daß das Vergnügen, das zwar in Wirklichkeit die einzige bewegende Kraft zwei Leute verschiedenen Geschlechtes zusammenzubringen ist, doch nicht genügt, um eine Verbindung zwischen ihnen herzustellen? Und daß ihm die zusammentreibende Begierde vorausgeht, ihm aber auch ebenso der voneinander stoßende Ekel folgt? Das ist ein Naturgesetz, das allein die Liebe abändern kann; und hat man denn Liebe, wenn man möchte? Man braucht aber doch immer welche; und da wäre man wirklich arg genarrt, hätte man nicht bemerkt, daß es glücklicherweise genügt, wenn sie auf einer Seite da ist. Die Schwierigkeit ist dadurch zur Hälfte geringer geworden, und selbst ohne daß dadurch viel verloren worden wäre. Denn der eine genießt das Glück zu lieben, der andere das zu gefallen, das ja allerdings etwas weniger lebhaft ist, dem sich aber das Vergnügen, jemanden zu täuschen, beigesellt, was wieder das Gleichgewicht herstellt; und so kommt alles in Ordnung. Nun sagen Sie[[1]] mir, Vicomte, wer von uns beiden wird es übernehmen, den andern zu täuschen? Sie[[1]] kennen doch die Geschichte von den beiden Spitzbuben, die sich beim Spiele erkannten: »Wir können uns nichts tun,« sagten sie zueinander, »zahlen wir jeder das halbe Kartengeld«, und sie gaben die Partie auf. Folgen wir diesem Beispiel der Vorsicht, lieber Vicomte, und verlieren wir zusammen nicht die Zeit, die wir so gut anderswo verwenden können, nicht wahr? Um Ihnen zu beweisen, daß mich hierin Ihr Interesse ebenso sehr bestimmt wie das meine[[Besitz]], und daß ich weder aus Verstimmung noch aus Kaprize handele, verweigere ich Ihnen den zwischen uns vereinbarten Lohn nicht. Ich bin mir äußerst klar darüber, daß wir uns für eine einzige Nacht reichlich genügen werden, und ich zweifle sogar nicht einmal daran, daß wir sie genügend schön verleben werden, um sie nur mit Bedauern enden zu sehen. Wir dürfen nur nicht vergessen, daß dieses Bedauern für das Glück nötig ist; wie dann auch unsere Selbsttäuschung sein wird, wir wollen von ihr doch nicht glauben, daß sie von Dauer sein könnte. Ich halte was ich versprach, und das, bevor Sie[[1]] noch Ihren Verpflichtungen mir gegenüber nachgekommen wären. Denn ich sollte ja den ersten Brief der himmlischen Spröden erhalten; aber ob Sie[[1]] nun noch an ihr hängen, oder ob Sie[[1]] die Bedingungen eines Paktes vergessen haben, der Sie[[1]] vielleicht weniger interessiert, als Sie[[1]] mich glauben machen wollen, – ich habe nichts erhalten, absolut nichts. Ich täusche mich nicht, wenn ich annehme, daß die zärtliche Betschwester viel schreibt; was sonst sollte sie denn tun, wenn sie allein ist? Sie[[1]] hat doch sicher nicht den guten Einfall, sich zu zerstreuen. Ich hätte demnach, wenn ich wollte, Ihnen ein paar kleine Vorwürfe zu machen, aber ich schweige, als Entschädigung für das bißchen schlechte Laune, das ich vielleicht im letzten Briefe gezeigt habe. Jetzt, Vicomte, bleibt mir nur noch eine kleine Bitte, die ich ebenso für Sie[[1]] wie für mich stelle: daß Sie[[1]] nämlich den Augenblick noch etwas hinausschieben, den ich vielleicht ebenso sehr ersehne wie Sie[[1]], aber für den mir der Zeitpunkt bis zu meiner Rückkehr in die Stadt zu verschieben gut scheint. Einerseits hätten wir hier die nötige Freiheit nicht; und andererseits wäre es für mich etwas riskant; denn es bedürfte nur eines bißchen Eifersucht, um mir diesen traurigen Belleroche wieder fester zu attachieren, und er hängt doch nur noch an einem Faden. Er steht schon Kopf, um mich noch lieben zu können; dermaßen, daß ich jetzt ebensoviel Vorsicht wie Bosheit in die Liebkosungen lege, mit denen ich ihn überhäufe. Aber gleichzeitig sehen Sie[[1]], daß ich Ihnen da kein Opfer zu bringen hätte! Eine gegenseitige Untreue wird einen viel mächtigeren Reiz verschaffen. Wissen Sie[[1]], manchmal bedaure ich, daß wir jetzt zu solchen Auskunftsmitteln greifen müssen! In der Zeit, da wir uns noch liebten, denn ich glaube, Liebe war es, da war ich glücklich; und Sie[[1]], Vicomte? … Aber warum sich noch mit einem Glück beschäftigen, das nicht wiederkommen kann? Nein, was Sie[[1]] auch sagen mögen, eine Wiederkehr ist unmöglich. Erstens würde ich Opfer verlangen, die Sie[[1]] sicher weder bringen könnten noch wollten, und die ich vielleicht auch nicht verdiene; und dann, wie soll ich Sie[[1]] festhalten? O nein, lieber nicht daran denken! und trotz dem Vergnügen, das mir im Augenblick der Brief an Sie[[1]] macht, will ich Sie[[1]] doch lieber schnell verlassen. Adieu! &&ar Schloß …, den 6. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="133._Brief" &&fa Hundertunddreiunddreissigster Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Durchdrungen, gnädige Frau, von Ihrer Güte für mich, würde ich mich ihr ganz hingeben, wäre ich nicht durch eine Art Furcht zurückgehalten, sie zu entweihen, wenn ich sie annähme. Warum muß ich, wo ich doch den Wert Ihrer Güte ganz erkenne, doch gleichzeitig fühlen, daß ich ihrer nicht mehr würdig bin? Ach! Ich darf Ihnen wenigstens meine[[Besitz]] Dankbarkeit dafür bezeugen, und will ganz besonders diese Nachsicht der Tugend bewundern, die von unseren Schwächen nur weiß, um sie zu bemitleiden, und dessen mächtiger Zauber eine so sanfte und starke Macht über die Herzen bewahrt, selbst neben dem Zauber der Liebe. Aber kann ich denn eine Freundschaft noch verdienen, die mir zu meinem Glück nicht mehr genug ist? Ich sage dasselbe von Ihren Ratschlägen; ich fühle ihren Wert und kann sie nicht befolgen. Und wie sollte ich nicht an ein vollkommenes Glück glauben, da ich es in diesem Augenblick erlebe? Ja, wenn die Männer so sind, wie Sie[[1]] sie schildern, muß man sie fliehen, denn dann sind sie hassenswert; aber wie weit entfernt ist dann Valmont, ihnen zu gleichen! Wenn er wie sie diese Heftigkeit der Leidenschaft hat, was Sie[[1]] Ungestüm nennen, um wie vieles ist sie bei ihm nicht durch ein Übermaß von Zartheit übertroffen! O meine[[Besitz]] Freundin, Sie[[1]] sprechen davon, daß Sie[[1]] die Schmerzen mit mir teilen wollen; freuen Sie[[1]] sich doch über mein Glück! Ich schulde es der Liebe, und um wie viel mehr wert wird es noch durch den Gegenstand dieser Liebe! Sie[[1]] lieben, sagen Sie[[1]], Ihren Neffen, vielleicht mit Schwäche. Ach, wenn Sie[[1]] ihn kennten wie ich! Ich liebe ihn abgöttisch, und immer noch weniger als er es verdient. Er mag sich zweifellos zu einigen Irrtümern haben hinreißen lassen, er gibt es selbst zu; wer aber hat je die wahre Liebe so gekannt wie er? Was kann ich Ihnen denn noch mehr sagen? Er empfindet sie so wie er sie eingibt. Sie[[1]] werden sagen, das sei »eine dieser Chimären, womit die Liebe nie verfehlt, unsere Phantasie zu täuschen«. Aber wenn es so der Fall wäre, warum wäre er dann zärtlicher und aufmerksamer geworden, seitdem er nichts mehr zu erreichen hat? Ich will bekennen, früher fand ich manchmal Überlegtes an ihm, eine gewisse Zurückhaltung, die ihn selten verließ, und die mich oft gegen meinen[[Besitz]] Willen wieder auf die falschen Vorstellungen brachte, die man mir von ihm beigebracht hatte. Seit er sich aber ohne Zwang dem Zuge seines Herzens überlassen kann, scheint er alle meine[[Besitz]] Wünsche zu erraten. Wer weiß, ob wir nicht füreinander geboren sind! Ob dieses Glück nicht mir vorbehalten war, für das seine nötig zu sein! Ach! Und wenn es eine Täuschung ist, dann möchte ich sterben, bevor sie aufhört. Doch nein, ich will leben, um ihn zu lieben, um ihn anzubeten. Warum sollte er aufhören, mich zu lieben? Welch andere Frau würde er glücklicher machen als mich? Und, ich fühle das an mir selbst, dieses Glück, das man hervorruft, ist das stärkste Band, das einzige, wirklich haltbare. Ja, dieses köstliche Gefühl veredelt die Liebe, reinigt sie gewissermaßen und macht sie einer zärtlichen und großmütigen Seele wahrhaft würdig, wie der Valmonts. Adieu, meine[[Besitz]] liebe, meine[[Besitz]] verehrungswürdige, meine[[Besitz]] nachsichtige Freundin. Ich würde vergeblich versuchen, Ihnen noch mehr zu schreiben; die Stunde ist da, wo er zu kommen versprochen hat, und jeder andere Gedanke verläßt mich. Verzeihen Sie[[1]]! Aber Sie[[1]] wollen mein Glück, und dies ist in diesem Augenblick so groß, daß ich ihm kaum genüge. &&ar Paris, den 7. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="134._Brief" &&fa Hundertundvierunddreissigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Was sind denn das für Opfer, meine[[Besitz]] schöne Freundin, von denen Sie[[1]] glauben, ich würde sie nicht bringen und deren Lohn doch wäre, Ihnen zu gefallen? Lassen Sie[[1]] mich sie wenigstens wissen, und wenn ich sie Ihnen zu bringen zögere, will ich's erlauben, daß Sie[[1]] sie zurückweisen. Und was für eine Meinung haben Sie[[1]] denn seit einiger Zeit von mir, wenn Sie[[1]] selbst in nachsichtiger Stimmung an meinen[[Besitz]] Gefühlen oder meiner Energie zweifeln? Opfer, die ich nicht bringen möchte oder könnte! So halten Sie[[1]] mich also für verliebt, für unterworfen? Auf den Erfolg habe ich doch nur Wert gelegt, und Sie[[1]] verdächtigen mich, ich legte ihn auf die Person! Dank dem Himmel bin ich noch nicht so heruntergekommen, und ich erbiete mich, es Ihnen zu beweisen. Und ich werde es Ihnen beweisen, und sollte es selbst gegen Frau von Tourvel sein. Danach kann Ihnen sicher kein Zweifel mehr bleiben. Ich durfte, glaube ich, ohne mir eine Blöße zu geben, einige Zeit einer Frau widmen, die wenigstens das Verdienst hat, von einer Art zu sein, die man selten trifft. Vielleicht ist auch die tote Saison daran schuld, in die dieses Abenteuer fällt, und hat sie mich zu mehr Hingabe veranlaßt; und auch jetzt noch, wo kaum der große Strom rückfließt, ist es nicht verwunderlich, daß es mich noch ganz beschäftigt. Aber bedenken Sie[[1]] doch, daß ich erst seit acht Tagen die Frucht meiner dreimonatlichen Mühe genieße. Ich habe mich so oft länger bei Abenteuern aufgehalten, die weniger wert waren und mich nicht so viel gekostet hatten, … und nie haben Sie[[1]] daraus etwas gegen mich geschlossen. Und dann, wollen Sie[[1]] den wahren Grund meines Eifers wissen? Nämlich: Diese Frau ist von Natur schüchtern; in der ersten Zeit zweifelte sie fortwährend an ihrem Glück, und dieser Zweifel genügte, sie zu verwirren: so daß ich kaum erst anfange, mich zu vergewissern, wie weit in der Hinsicht meine[[Besitz]] Macht geht. Das war aber doch was, worauf ich sehr neugierig war; und die Gelegenheit, es herauszukriegen, findet sich nicht so oft wie man glaubt. Erstens besteht für viele Frauen das Vergnügen immer im Vergnügen und nur darin; und bei denen sind wir, mit was für Titel man immer auch uns aufputzt, doch nur so Geschäftsbesorger, einfache Dienstmänner, deren ganzes Verdienst ihre Tätigkeit ist, und unter denen der, welcher am meisten leistet, immer auch der ist, der es am besten leistet. In einer andern Klasse, heute vielleicht der zahlreichsten, beschäftigt die Frauen fast ganz die Berühmtheit des Geliebten, das Vergnügen, ihn einer Rivalin weggenommen zu haben, die Furcht, daß er ihr wieder ihrerseits weggenommen wird. Wir sind ja eben noch, mehr oder weniger, beteiligt bei der Art von Glück, das sie genießen, aber es kommt mehr von den Umständen als von der Person. Das Glück kommt ihnen durch uns und nicht von uns. Ich mußte demnach für meine[[Besitz]] Beobachtung eine zartfühlende, feinempfindende Frau finden, die aus der Liebe ihr alles macht und in der Liebe wieder nur den Geliebten sah; deren Empfindungen fern von dem gewöhnlichen Weg gingen, sondern immer vom Herzen aus zu den Sinnen gelangten; die ich zum Beispiel – und ich spreche nicht vom ersten Tage – aus der Lust ganz in entsetzten Tränen auftauchen sah, und die im nächsten Augenblick darauf ganz wieder ihre Sinnlichkeit wiederfand in einem Wort, das zu ihrer Seele sprach. Dann mußte sie auch noch die volle natürliche Keuschheit in sich tragen, die unübersteiglich durch die Gewohnheit, sich ihr hinzugeben, geworden, ihr nicht erlaubte, auch nur ein Gefühl ihres Herzens zu verhehlen. So werden Sie[[1]] zugeben, daß solche Frauen eine Seltenheit sind; und ich glaube, daß ich außer dieser nie eine andere getroffen hätte. Es wäre also nicht erstaunlich, wenn sie mich etwas länger festhielte als eine andere. Und wenn ich, was ich mit ihr vorhabe, erlangt habe, daß ich sie glücklich, ganz glücklich mache, warum sollte ich mich dem entziehen, zumal wenn das mir erwünscht kommt, statt unerwünscht? Aber daraus, daß der Geist beschäftigt ist, folgt doch nicht, daß das Herz Sklave ist? Doch sicher nicht. Deshalb wird der Wert, den ich zugegebenermaßen auf dieses Abenteuer lege, mich nicht hindern, auf andere auszugehen oder es angenehmeren zu opfern. Ich bin so frei, daß ich nicht einmal die kleine Volanges vernachlässigte, an der mir doch so wenig liegt. Ihre Mutter bringt sie in drei Tagen wieder in die Stadt; und ich habe seit gestern meine[[Besitz]] Verbindungen mit ihr gesichert. Etwas Geld für den Türhüter, und ein paar Blumen für dessen Frau erledigten die Sache. Begreifen Sie[[1]] es, daß Danceny dieses so einfache Mittel nicht gefunden hat? Und da sagt man, daß die Liebe erfinderisch macht! Blöd und dumm macht sie vielmehr, wen sie beherrscht. Und ich sollte mich ihrer nicht zu erwehren wissen! O, beruhigen Sie[[1]] sich. Schon in einigen Tagen werde ich den vielleicht zu starken Eindruck, den ich erlitten habe, dadurch schwächen, daß ich ihn teile; und wenn eine einfache Teilung nicht genügt, so vervielfältige ich sie. Ich werde nichtsdestoweniger bereit sein, die junge Pensionärin ihrem so heimlichen Geliebten zuzuführen, sobald Sie[[1]] es für geeignet erachten. Es scheint mir, daß Sie[[1]] keinen Grund mehr haben, ihn länger daran zu hindern; und ich will gerne dem armen Danceny diesen großen Dienst erweisen. Es ist wirklich das geringste, das ich ihm für alle die schulde, die er mir erwiesen hat. Er befindet sich gegenwärtig in großer Unruhe darüber, ob er von Frau von Volanges empfangen werden wird oder nicht. Ich beruhige ihn so gut ich kann mit der Versicherung, ich würde auf diese oder jene Art am ersten geeigneten Tag sein Glück machen, und fahre inzwischen fort, mich des Briefwechsels anzunehmen, den er bei Ankunft »seiner Cécile« wieder anfangen will. Ich besitze schon sechs Briefe von ihm, und werde sicher noch einen oder zwei vor diesem frohen Tag bekommen. Der Junge muß sehr wenig zu tun haben. Aber lassen wir dieses kindliche Paar und kommen wir auf uns zurück. Ich möchte mich einzig mit der süßen Hoffnung beschäftigen, die mir Ihr Brief gegeben hat. Ja, zweifellos werden Sie[[1]] mich festhalten, und ich würde Ihnen nicht verzeihen, wenn Sie[[1]] daran zweifelten. Habe ich denn je in der Beständigkeit gegen Sie[[1]] nachgelassen? Die Bande zwischen uns sind gelockert, aber nicht zerrissen. Unser vorgeblicher Bruch war nur ein Irrtum unserer Einbildung; unsere Gefühle, unsere Interessen sind deshalb nicht weniger eins geblieben. Gleich dem Reisenden, der enttäuscht heimkommt, sehe ich, daß ich das Glück verlassen habe, um nach der Hoffnung zu jagen. Bekämpfen Sie[[1]] jetzt nicht mehr den Einfall oder vielmehr das Gefühl, das Sie[[1]] zu mir zurückbringt; und nachdem wir alle Freuden auf unseren verschiedenen Fahrten genossen haben, wollen wir das Glück genießen, zu fühlen, daß keine unter ihnen mit der zu vergleichen ist, die wir um so köstlicher wiederfinden werden! Adieu, meine[[Besitz]] bezaubernde Freundin. Ich willige ein, Ihre Rückkunft abzuwarten, aber beschleunigen Sie[[1]] sie doch und vergessen Sie[[1]] nicht, wie sehr ich sie ersehne. &&ar Paris, den 8. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="135._Brief" &&fa Hundertundfünfunddreissigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Wirklich, Vicomte, Sie[[1]] sind wie die Kinder, vor denen man nichts sagen darf und denen man nichts zeigen kann, ohne daß sie es gleich haben wollen! Ein einfacher Gedanke, der mir kommt, und bei dem ich mich, ich sagte es Ihnen auch noch, nicht aufhalten will, wenn ich auch mit Ihnen davon spreche, – den mißbrauchen Sie[[1]], um darauf meinen[[Besitz]] Willen hinzulenken, mich darauf festzulegen, während ich davon loszukommen suche; und machen, daß ich gewissermaßen gegen meinen[[Besitz]] Willen Ihre törichten Wünsche teile! Ist es denn vornehm von Ihnen, mich allein die ganze Last der Vorsicht tragen zu lassen? Ich sage es Ihnen nochmals, und wiederhole es mir noch öfter, die Einrichtung, die Sie[[1]] mir vorschlagen, ist ganz unmöglich. Wenn Sie[[1]] auch den ganzen Edelmut dabei betätigten, den Sie[[1]] mir in diesem Moment zu erkennen geben, glauben Sie[[1]] denn, daß ich nicht auch mein Zartgefühl habe, und daß ich Opfer annehmen wollte, die Ihrem Glücke schaden? Ist es denn wahr, Vicomte, daß Sie[[1]] sich über das Gefühl, das Sie[[1]] an Frau von Tourvel knüpft, Täuschungen machen? Das ist Liebe, oder es hat nie welche gegeben! Sie[[1]] leugnen sie zwar auf hundert Arten, beweisen sie aber auf tausend. Was sind denn zum Beispiel das für Ausflüchte, die Sie[[1]] sich selbst gegenüber gebrauchen (denn Sie[[1]] sind, glaube ich, mir gegenüber aufrichtig), Sie[[1]] schreiben der Lust an der Beobachtung den Wunsch zu, den Sie[[1]] weder verbergen noch unterdrücken können: diese Frau zu behalten. Sollte man nicht glauben, daß Sie[[1]] nie eine andere Frau glücklich gemacht haben, vollkommen glücklich? Ach, wenn Sie[[1]] daran zweifeln, dann haben Sie[[1]] sehr wenig Gedächtnis! Aber nein, das ist es nicht. Ihr Herz hintergeht ganz einfach Ihren Geist, und läßt ihn mit faulen Gründen sich zufrieden geben. Ich aber, die ich ein großes Interesse daran habe, mich hier nicht zu irren, bin nicht so leicht zu befriedigen. So habe ich ja wohl Ihre bedachte Höflichkeit bemerkt, und daß Sie[[1]] alle Worte sorgsam unterdrückten, von denen Sie[[1]] gedacht haben, sie hätten mir mißfallen. Ich habe aber doch gesehen, daß Sie[[1]], ohne daß Sie[[1]] es selbst bemerkten, darum doch noch dieselben Gedanken darüber hegten. Gewiß: es ist nicht mehr die anbetungswürdige, die himmlische Frau von Tourvel, aber es ist eine »erstaunliche« Frau, eine »zartfühlende und feinempfindende Frau«, eine Frau, daß man »von ihrer Art keine zweite trifft«. Und ebenso ist es mit dem unbekannten Reiz, der nicht der »stärkste« ist. Gut, mag sein; da Sie[[1]] ihn aber bis jetzt noch nie gefunden hatten, ist es wohl sehr glaubhaft, daß Sie[[1]] ihn in Zukunft ebensowenig finden würden, und der Verlust, der Ihnen dadurch entstände, wäre darum nicht weniger unersetzlich. Das sind, Vicomte, entweder sichere Symptome von Liebe, oder man muß darauf verzichten, je eines finden zu wollen. Seien Sie[[1]] versichert, daß ich dieses Mal ohne Verstimmung zu Ihnen spreche. Ich habe mir geschworen, mich keiner mehr hinzugeben; ich habe nur zu gut eingesehen, daß Verstimmungen zu gefährlichen Fallen werden können. Glauben Sie[[1]] mir, seien wir nichts als gute Freunde, und lassen wir's dabei. Sie[[1]] sollten mir Dank für den Mut wissen, womit ich mich verteidige. Ja, Mut; denn man braucht ihn manchmal, sei es auch nur, um nicht einen Entschluß zu treffen, von dem man fühlt, daß er schlecht ist. Es ist also nur noch, um Sie[[1]] durch Überredung zu meiner Ansicht zu bekehren, daß ich auf Ihre Frage betreffs der Opfer antworte, aber die ich beanspruchen würde und die Sie[[1]] mir nicht würden bringen können. Ich gebrauche absichtlich das Wort »beanspruchen«, weil ich weiß, daß Sie[[1]] mich sofort anspruchsvoll finden werden. Aber um so besser! Weit entfernt, mich über Ihre Weigerung zu ärgern, werde ich Ihnen, sogar dafür danken. Schauen Sie[[1]], Ihnen gegenüber will ich doch nicht heucheln – das hab ich wirklich nicht nötig. Ich würde also beanspruchen – sehen Sie[[1]] die Grausamkeit! – daß diese seltene, diese erstaunliche Frau von Tourvel nichts anderes als eine gewöhnliche Frau sein sollte, eine Frau, wie sie eben eine ist; denn darüber darf man sich nicht täuschen: dieser Zauber, den man in den andern zu finden glaubt, liegt nur in uns selbst, und es ist nur die Liebe, die den geliebten Gegenstand so sehr verschönt. So unmöglich auch ist, was ich da von Ihnen verlange, würden Sie[[1]] vielleicht doch einen Versuch machen, es mir versprechen, ja selbst schwören; aber ich gestehe: leeren Reden würde ich nicht glauben. Es könnte mich nur Ihr ganzes Verhalten überzeugen. Das ist aber noch nicht alles; ich wäre launenhaft. An dem Opfer der kleinen Cécile, das Sie[[1]] mir so freundlich anbieten, wäre mir doch gar nichts gelegen. Ich würde im Gegenteil sogar verlangen, diesen mühevollen Dienst weiter zu besorgen bis auf weitere Befehle von mir, sei es, daß mir auf diese Weise meine[[Besitz]] Macht zu mißbrauchen gefiele; sei es, daß ich nachgiebiger oder gerechter mich damit begnügte, über Ihre Gefühle zu verfügen, ohne Ihr Vergnügen stören zu wollen. Wie auch immer, ich würde Gehorsam verlangen, und meine[[Besitz]] Befehle würden streng sein. Es ist ja wahr, daß ich mich dann verpflichtet fühlen würde, Ihnen zu danken, vielleicht sogar, kann man's wissen? Sie[[1]] zu belohnen. Sicher würde ich diese Abwesenheit abkürzen, die mir unausstehlich werden würde. Ich würde Sie[[1]] endlich wiedersehen, Vicomte, ich würde – Sie[[1]] wiedersehen … wie? … Aber Sie[[1]] vergessen doch nicht, daß das nur ein Gespräch ist, die bloße Erzählung eines unausführbaren Planes, und ich will nicht die einzige sein, die es vergißt … Wissen Sie[[1]], daß mein Prozeß mich ein wenig beunruhigt? Ich wollte endlich aufs genaueste wissen, welches Mittel ich in der Hand habe; meine[[Besitz]] Advokaten kommen mir wohl mit ein paar Gesetzen und besonders mit vielen »Autoritäten«, wie sie sie nennen, aber ich kann weder viel Vernunft noch viel Gerechtigkeit darin erkennen. Ich bin fast so weit, es zu bereuen, den Ausgleich abgelehnt zu haben. Indes beruhige ich mich mit dem Gedanken, daß der Prokurator geschickt, der Advokat beredt und die Prozeßführerin hübsch ist. Wenn diese drei Mittel nichts mehr gelten sollten, müßte man den ganzen Prozeßgang ändern, und was würde dann aus dem Respekt vor den alten Gebräuchen! Dieser Prozeß ist das einzige, was mich hier zurückhält. Der des Belleroche ist beendet: vom Gericht erledigt, Unkosten vergütet… Der Herr ist schon so weit, sich nach dem Ball heute abend zu sehnen – die richtige Sehnsucht eines Unbeschäftigten! Er hat seine ganze Freiheit – wieder nach meiner Rückkehr in die Stadt. Ich bringe ihm dieses schmerzhafte Opfer und tröste mich mit der Hochherzigkeit, die er darin findet. Adieu, Vicomte, schreiben Sie[[1]] mir oft; das Detail Ihrer Freuden wird mich einigermaßen entschädigen für die Langeweile und den Ärger, den ich hier habe. &&ar Schloß …, den 11. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="136._Brief" &&fa Hundertundsechsunddreissigster Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Ich versuche Ihnen zu schreiben, ohne zu wissen, ob ich es können werde. Ach Gott, wenn ich bedenke, daß es bei meinem letzten Brief das Übermaß von Glück war, das mich am Weiterschreiben hinderte! Jetzt drückt mich ein Übermaß von Verzweiflung nieder, das mir nur noch Kraft läßt, um meine[[Besitz]] Schmerzen zu fühlen, und mir die, sie auszudrücken, nimmt. Valmont – Valmont liebt mich nicht mehr, hat mich nie geliebt. So schwindet die Liebe nicht. Er betrügt mich, verrät und beschimpft mich. Alles, was man erleben kann an Unglück und Erniedrigungen, die erlebe ich jetzt und sie kommen von ihm, von ihm! Glauben Sie[[1]] nicht, daß sei bloß ein Verdacht – ich war so weit von Verdacht! Ich habe das Glück nicht, zweifeln zu dürfen. Ich habe es gesehen; was kann er mir zu seiner Rechtfertigung sagen? … Aber was liegt ihm daran! Er wird es ja nicht einmal versuchen … Unglückliche! was werden deine Vorwürfe und Tränen ihm sein? Er kümmert sich gerade um dich!… Es ist also wahr, er hat mich geopfert, ausgeliefert sogar … und wem? … Einem gemeinen Geschöpf … Aber was sage ich? Ach, ich habe sogar das Recht, sie zu verachten, verloren. Sie[[1]] hat weniger Pflichten verraten als ich, sie ist weniger schuldig als ich. O! Wie der Schmerz weh tut, wenn er auf Reue beruht! Ich fühle meine[[Besitz]] Qualen sich verdoppeln. Adieu, meine[[Besitz]] liebe Freundin; so unwürdig ich mich auch Ihres Mitleids gemacht habe, Sie[[1]] werden doch welches mit mir haben, wenn Sie[[1]] sich einen Begriff von dem machen können, was ich leide. … Ich lese meinen[[Besitz]] Brief wieder durch und bemerke, daß er Sie[[1]] über nichts aufklärt. Ich will versuchen, ob ich den Mut habe, Ihnen diesen grausamen Vorfall zu erzählen. Es war gestern; ich sollte, zum ersten Male seit meiner Rückkunft, bei Bekannten soupieren. Valmont besuchte mich um fünf Uhr; nie früher kam er mir so zärtlich vor. Er ließ mich merken, daß ihm meine[[Besitz]] Absicht auszugehen unangenehm sei, und Sie[[1]] können sich denken, daß ich mich schnell entschloß, zu Hause zu bleiben. Indes zwei Stunden später veränderte er plötzlich Ton und Miene. Ich weiß nicht, ob mir etwas entschlüpft ist, was ihm vielleicht mißfallen hat? Wie dem auch sei, bald darauf fand er einen Vorwand, behauptete, ein Geschäft zu haben, das ihn nötige, mich zu verlassen, und ging fort – nicht jedoch, ohne mir das lebhafteste Bedauern bezeigt zu haben, das mir voll Zärtlichkeit vorkam und das ich für aufrichtig hielt. Als ich dann allein war, hielt ich es doch für schicklicher, meine[[Besitz]] erste Verabredung einzuhalten, da ich nun doch frei war und ihr nachkommen konnte. Ich beendete meine[[Besitz]] Toilette und stieg in den Wagen. Unglücklicherweise fuhr mein Kutscher an der Oper vorbei und ich kam in das Gedränge der Abfahrenden. Vier Schritte vor mir, in der Reihe neben der meinen[[Besitz]], bemerkte ich Valmonts Wager. Das Herz schlug mir gleich, aber nicht aus Furcht; mein einziger Gedanke war, daß mein Wagen vorrücken möchte. Statt dessen wurde seiner zurückgedrängt und kam so neben den meinen[[Besitz]]. Ich beugte mich vor; aber wie erstaunte ich, als ich an seiner Seite eine Kokotte sah, eine als solche wohlbekannte! Ich zog mich zurück, wie Sie[[1]] sich denken können, denn es war das schon genug, mir das Herz zu zerreißen. Aber, was Sie[[1]] kaum glauben werden, diese selbe Person, offenbar durch eine gemeine Vertraulichkeit eingeweiht, wich nicht vom Wagenfenster, hörte nicht auf mich anzustarren und lachte, … lachte mich aus. So vernichtet wie ich war, ließ ich mich doch in das Haus fahren, wo ich soupieren sollte. Aber es war mir unmöglich, dazubleiben. Ich fühlte mich jeden Augenblick einer Ohnmacht nahe, und ich konnte vor allem die Tränen nicht zurückhalten. Gleich nach der Heimkehr schrieb ich an Herrn von Valmont und schickte ihm den Brief sofort. Er war nicht zu Hause. Da ich um jeden Preis aus diesem Zustande des Todes herauswollte oder den Tod ganz haben, schickte ich nochmals mit dem Befehl, auf ihn zu warten. Aber vor Mitternacht kam mein Diener wieder und sagte, der Kutscher, der zurückgekommen sei, habe ihm gesagt, daß sein Herr die Nacht über nicht nach Hause kommen werde. Ich glaubte, diesen Morgen nichts anderes mehr zu tun zu haben, als meine[[Besitz]] Briefe von ihm zurück zu verlangen und ihn zu bitten – er möge nicht mehr zu mir kommen. Ich habe auch diesbezügliche Befehle gegeben; aber gewiß waren sie unnötig. Es ist fast Mittag, und er hat sich noch nicht gezeigt; und ich erhielt nicht einmal ein Wort von ihm. Jetzt, meine[[Besitz]] liebe Freundin, habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Nun wissen Sie[[1]] alles, und Sie[[1]] kennen mein Herz. Meine[[Besitz]] einzige Hoffnung ist, daß ich Ihre gütige Freundschaft nicht mehr sehr lange betrüben muß. &&ar Paris, den 15. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="137._Brief" &&fa Hundertundsiebenunddreissigster Brief Frau von Tourvel an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Mein Herr! Nach dem, was sich gestern zugetragen hat, erwarten Sie[[1]] gewiß nicht mehr, bei mir empfangen zu werden, und ebenso gewiß werden Sie[[1]] auch nicht viel Verlangen danach haben. Dieses Billett hat also weniger den Zweck, Sie[[1]] zu bitten, nicht mehr zu kommen, als nur meine[[Besitz]] Briefe wieder zu verlangen, die niemals hätten existieren sollen, und die, wenn sie Sie[[1]] einen Moment lang interessiert haben, als Beweis für die Verblendung, die Sie[[1]] hervorriefen, Ihnen jetzt, da sie beseitigt ist, und die Briefe selbst nur noch ein von Ihnen zerstörtes Gefühl ausdrücken, ganz notwendig gleichgültig sein müssen. Ich erkenne an und gestehe, daß es ein Irrtum von mir war, in Sie[[1]] dasselbe Vertrauen zu setzen, dessen Opfer so viele vor mir gewesen waren. In dieser Hinsicht klage ich nur mich und mich allein an; aber ich glaubte, wenigstens nicht verdient zu haben, daß Sie[[1]] mich der Verachtung und Beschimpfung ausliefern. Ich glaubte, indem ich Ihnen alles opferte und nur für Sie[[1]] meine[[Besitz]] Rechte auf die Achtung der andern und meine[[Besitz]] eigene verlor, könne ich erwarten, nicht strenger von Ihnen beurteilt zu werden als von der öffentlichen Meinung, die doch immer noch durch einen weiten Abstand die schwache Frau von der verderbten Frau des Auswurfs trennt. Dieses Unrecht, das für alle Welt eines wäre, ist das einzige, wovon ich zu Ihnen spreche. Ich schweige von dem, was für die Liebe Unrecht ist; Ihr Herz würde meines nicht verstehen. Leben Sie[[1]] wohl. &&ar Paris, den 15. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="138._Brief" &&fa Hundertundachtunddreissigster Brief Der Vicomte von Valmont an Frau von Tourvel. &&fe &&ax &&lg=x Soeben erst, gnädige Frau, wurde mir Ihr Brief gebracht. Ich zitterte, als ich ihn las, und kaum läßt er mir die Kraft, darauf zu antworten. Welch entsetzliche Meinung haben Sie[[1]] denn von mir! Ach, sicher habe ich unrecht, und zwar solches, daß ich es mir im Leben nicht verzeihen werde, selbst wenn Sie[[1]] es mit Ihrer Nachsicht verdecken sollten. Aber wie fern ist immer, was Sie[[1]] mir vorwerfen, meinem Herzen gewesen! Wie denn? Ich? Ich Sie[[1]] demütigen? Sie[[1]] erniedrigen? Wo ich Sie[[1]] doch ebenso achte wie liebe; wo ich doch den Stolz erst kenne, seit Sie[[1]] mich Ihrer würdig gefunden haben. Der Schein hat Sie[[1]] betrogen; ich gebe zu, daß er gegen mich war; aber hatten Sie[[1]] denn nicht in Ihrem Herzen das, was nötig war, dagegen anzukämpfen? Hat es sich nicht empört bei dem bloßen Gedanken, es könne sich über das meine[[Besitz]] zu beklagen haben? Sie[[1]] aber glaubten ihm? Somit haben Sie[[1]] mich nicht nur dieses abenteuerlichen Wahnsinns für fähig gehalten, sondern sogar gefürchtet, daß Sie[[1]] sich ihm durch Ihre Güte gegen mich ausgesetzt haben. Ach, wenn Sie[[1]] sich derart durch Ihre Liebe erniedrigt vorkommen, so bin ich also auch in Ihren Augen ganz schlecht? Niedergedrückt von diesem schmerzlichen Gedanken, verliere ich die Zeit damit, ihn abzuwehren, anstatt ihn zu vernichten. Ich will alles gestehen; eine andere Erwägung noch hält mich zurück. Muß ich die Tatsachen nochmals wiedergeben, die ich so gerne ungeschehen machte, und Ihre und meine[[Besitz]] Aufmerksamkeit auf einen Augenblick der Verirrung lenken, den ich mit meinem Leben zurückkaufen möchte, dessen Ursache ich immer noch nicht begreife, und dessen Erinnerung auf ewig meine[[Besitz]] Demütigung und meine[[Besitz]] Verzweiflung sein wird? Ach! wenn meine[[Besitz]] Selbstanklage Ihren Zorn reizt, so haben Sie[[1]] Ihre Rache wenigstens nicht weit zu suchen; es wird genügen, wenn Sie[[1]] mich meinen[[Besitz]] Gewissensqualen überlassen. Jedoch – wer wird es glauben? – dieser Vorfall hat zur ersten Ursache den mächtigen Zauber, dem ich bei Ihnen erliege. Er war es, der mich schon allzulange eine wichtige Angelegenheit vergessen ließ, und die nicht mehr länger hinausgeschoben werden konnte. Ich verließ Sie[[1]] zu spät und fand die Person nicht mehr, die ich abholen wollte. Ich hoffte, sie in der Oper zu treffen, und mein Weg dahin war ebenfalls umsonst. Emilie, die ich da traf und die ich zu einer Zeit kannte, als ich Sie[[1]] und die Liebe noch lange nicht kannte, Emilie hatte ihren Wagen nicht da und bat mich, sie in meinem Wagen nach Hause zu bringen, nur ein paar Schritte weit. Ich sah darin nichts weiter und willigte ein. Aber da traf ich Sie[[1]] und ich fühlte sofort, daß Sie[[1]] mich für schuldig halten würden. Die Furcht, Ihnen zu mißfallen oder Sie[[1]] zu betrüben, ist so mächtig in mir, daß sie bald bemerkt werden mußte und auch bemerkt wurde. Ich gestehe, ich ging sogar aus dieser Furcht so weit, das Mädchen zu veranlassen, sich nicht zu zeigen. Diese vom Zartgefühl eingegebene Vorsicht hat sich zum Schaden der Liebe gewendet. Wie alle ihres Standes fühlt sie sich einer angemaßten Macht gewohnheitsmäßig erst dann sicher, wenn sie sie mißbrauchen kann, und deshalb hütete sich Emilie wohl, eine so gute Gelegenheit dazu sich entgehen zu lassen. Je mehr sie meine[[Besitz]] Verlegenheit zunehmen sah, desto auffälliger zeigte sie sich; und ihre verrückte Heiterkeit, für deren Gegenstand – es macht mich erröten – Sie[[1]] sich einen Augenblick haben halten können, hatte zur Ursache nichts anderes als meinen[[Besitz]] grausamen Schmerz. Und der kam wieder aus meiner Achtung und meiner Liebe. Bis hierher bin ich wohl eher unglücklicher als schuldig; und da dieses Unrecht, »das für alle Welt eines wäre« und von dem allein Sie[[1]] zu mir sprechen, nicht existiert, kann es mir vorgeworfen werden. Aber Sie[[1]] schweigen umsonst über das Unrecht der Liebe. Ich aber werde darüber nicht das gleiche Stillschweigen bewahren; ein zu großes Interesse verpflichtet mich, es zu brechen. Es ist nur mit Schmerz, daß ich in der Beschämung über diese unbegreifliche Verwirrung es über mich gewinne, die Erinnerung daran heraufzubeschwören. Durchdrungen von meinem Unrechte, würde ich mich darein finden, die Strafe dafür zu tragen; oder ich würde Verzeihung von der Zeit erwarten, von meiner ewig währenden Zärtlichkeit und von meiner Reue. Aber wie soll ich schweigen, wenn das, was mir zu sagen übrig bleibt, für Ihr Zartgefühl wichtig ist? Glauben Sie[[1]] nicht, daß ich nach einer List suche, um meinen[[Besitz]] Fehler zu entschuldigen oder zu mildern. Ich bekenne mich für schuldig. Aber nicht bekenne ich, und nie werde ich gestehen, daß diese demütigende Verirrung als ein an der Liebe begangenes Unrecht anzusehen sei. Eine Überrumpelung durch die Sinne, ein Moment des Selbstvergessens, dem bald Scham und Reue folgen – was hat das gemein mit einem reinen Gefühl, das nur in einer zartfühlenden Seele wohnen kann, sich nur durch Achtung in ihr erhalten kann und dessen Frucht das Glück ist! O, entweihen Sie[[1]] nicht so die Liebe! Nehmen Sie[[1]] sich besonders davor in acht, sich nicht selbst zu entweihen, indem Sie[[1]] unter ein und demselben Gesichtspunkt vereinen, was niemals verwechselt werden darf. Lassen Sie[[1]] diese entwürdigten Frauen sich vor einer Rivalität fürchten, deren Möglichkeit sie unwillkürlich fühlen, und die die Qualen einer gleich demütigenden wie grausamen Eifersucht durchmachen. Aber Sie[[1]]! Wenden Sie[[1]] Ihre Augen von diesen Dingen, die Ihre Blicke beschmutzen würden. Und rein wie die Gottheit, und wie diese sollen Sie[[1]] die Beleidigung bestrafen, ohne sie zu empfinden. Aber welche Strafe wollen Sie[[1]] mir auferlegen, schmerzlicher als die, die ich bereits erdulde? Eine Strafe, die der Reue, Ihnen mißfallen zu haben, verglichen werden könnte, mit der Verzweiflung, Sie[[1]] so gekränkt zu haben, mit dem niederdrückenden Gedanken, Ihrer nun weniger würdig zu sein? Sie[[1]] denken ans Strafen! Und ich erbitte Trost von Ihnen; nicht, daß ich ihn verdiente, aber ich brauche ihn, und er kann mir nur von Ihnen kommen. Wenn Sie[[1]] plötzlich meine[[Besitz]] und Ihre Liebe vergessen, keinen Wert mehr auf mein Glück legen, und mich im Gegenteil ewigem Schmerz überlassen wollen, haben Sie[[1]] das Recht dazu. Schlagen Sie[[1]] zu! Sind Sie[[1]] aber nachsichtiger oder zartfühlender, und erinnern Sie[[1]] sich noch an das so zärtliche Gefühl, das unsere Herzen verband, an diese Wollust der Seele, immer neugeboren und immer lebhafter an diese so süßen, so beglückten Tage, die jeder von uns dem andern verdankte, an all diese Güter der Liebe, die sie allein uns verschafft, – vielleicht werden Sie[[1]] dann die Macht, sie wieder auferstehen zu lassen, lieber üben als die, sie zu zerstören. Was sage ich Ihnen mehr? Ich habe alles verloren und alles durch meine[[Besitz]] Schuld; aber ich kann durch Ihre Gnade alles wieder erlangen. Die Entscheidung liegt jetzt bei Ihnen. Ich füge nur noch ein Wort hinzu: Gestern noch schwuren Sie[[1]] mir, mein Glück sei sicher, so lange es von Ihnen abhinge! Ach, gnädige Frau, wollen Sie[[1]] mich heute ewiger Verzweiflung ausliefern? &&ar Paris, den 16. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="139._Brief" &&fa Hundertundneununddreissigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Ich bleibe durchaus dabei, meine[[Besitz]] schöne Freundin, nein, ich bin nicht verliebt; und es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld, wenn die Umstände mich zwingen, diese Rolle des Verliebten zu spielen. Lassen Sie's nur gelten, und kommen Sie[[1]] zurück; Sie[[1]] werden dann bald selbst sehen, wie aufrichtig ich bin. Gestern habe ich den Beweis erbracht, und durch das, was heute geschieht, kann er nicht mehr ungültig gemacht werden. Ich war also bei meiner zärtlichen spröden Dame und dies ohne jedes sonstige Geschäft; denn die kleine Volanges sollte, trotz ihres verhängnisvollen Zustandes, die ganze Nacht auf dem verfrühten Ball der Frau von V[[Steno]]{{**}} verbringen. Die Langweile ließ mich zuerst wünschen, den ganzen Abend da zuzubringen, und ich hatte sogar zu diesem Zweck ein kleines Opfer verlangt. Aber kaum war es gewährt, ward das Vergnügen, das ich mir davon versprochen hatte, durch den Gedanken an diese Liebe gestört, die Sie[[1]] so hartnäckig an mir annehmen oder mir wenigstens vorwerfen – so daß ich keinen andern Wunsch mehr hatte als den, gleichzeitig mich selbst und Sie[[1]] davon zu überzeugen, daß es bloße Verleumdung von Ihnen ist. Ich griff also zu einem etwas gewaltsamen Mittel, und unter einem nichtigen Vorwand verließ ich meine[[Besitz]] Schöne, die ganz überrascht und sicher noch mehr betrübt war. Ich aber suchte ganz ruhig Emilie in der Oper auf, und sie könnte Ihnen sagen, daß bis heute morgen, als wir uns trennten, keine Reue unsere Freuden gestört hat. Dabei hatte ich einen ganz hübschen Grund zur Unruhe, wenn mich meine[[Besitz]] völlige Gleichgültigkeit nicht davor bewahrt hätte. Denn Sie[[1]] müssen wissen, ich war kaum vier Häuser von der Oper entfernt, und hatte Emilie in meinem Wagen, als der meiner Nonne genau neben meinem fuhr, und eine Verkehrsstockung ließ uns nahezu eine Viertelstunde lang so nebeneinander halten. Man sah sich wie am Mittag, und es gab kein Mittel, zu entkommen. Aber nicht genug an dem. Mir kam die Idee, es Emilie zu sagen, daß das die Frau mit dem Briefe sei. (Sie[[1]] erinnern sich dieses Streiches vielleicht noch, wo Emilie das Schreibpult war;) Sie[[1]] hatte es nicht vergessen; und da sie gerne lacht, gab sie keine Ruhe, bis sie sich diese »Tugend«, wie sie sagte, nach Herzenslust angesehen hatte, und sie tat das mit einem so skandalösen Gelächter, daß es einem schon die Laune verderben konnte. Das ist immer noch nicht alles. Schickte die eifersüchtige Frau nicht an demselben Abend noch zu mir? Ich war nicht da; aber hartnäckig schickte sie noch ein zweites Mal, mit dem Befehl, mich zu erwarten. Ich hatte, sobald ich entschlossen war, bei Emilie zu bleiben, meinen[[Besitz]] Wagen nach Haus geschickt, ohne anderen Befehl für den Kutscher, als mich heute morgen wieder abzuholen; und als er zu Hause den Liebesboten vorfand, sagte er ihm, ohne sich was zu denken, daß ich die Nacht über nicht heim käme. Sie[[1]] können den Effekt dieser Nachricht erraten, und daß ich bei meiner Heimkunft meinen[[Besitz]] Abschied vorgefunden habe, kundgegeben mit der ganzen Würde[[würdig]], die die Umstände zuließen! So hätte dieses nach Ihnen »endlose Abenteuer«, wie Sie[[1]] sehen, heute morgen schon zu Ende sein können. Und wenn es noch nicht aus ist, so liegt das nicht, wie Sie[[1]] glauben werden, an dem Wert, den ich auf seine Fortsetzung lege, sondern weil ich einerseits es nicht für passend hielt zuzugeben, daß man mich verabschiede, und weil ich anderseits Ihnen die Ehre dieses Opfers habe vorbehalten wollen. Ich habe also auf dieses strenge Billett mit einer langen Gefühlsepistel geantwortet. Habe des Langen und Breiten viele Gründe dargelegt, und es der Liebe überlassen, sie für gut zu finden. Und schon ist es gelungen. Ich erhalte soeben ein zweites Billett, immer noch sehr streng, das auch den Bruch für immer bestätigt, so wie es sich gehört, dessen Ton aber doch schon nicht mehr derselbe ist. Vor[[Präpos]] allem will man mich nicht mehr sehen; dieser Entschluß ist viermal auf das Unabwendbarste verkündet. Ich habe daraus geschlossen, daß ich keine Minute verlieren darf, mich bei ihr einzufinden. Ich habe bereits meinen[[Besitz]] Jäger hingeschickt, um sich des Schweizers zu bemächtigen; und in einem Augenblick gehe ich selbst, um meine[[Besitz]] Verzeihung in aller Form zu erwirken; denn für ein Unrecht dieser Sorte gibt es nur eine Formel, die allgemeine Absolution mit sich bringt, und läßt sich nur persönlich mitteilen und erhalten. Adieu, meine[[Besitz]] bezaubernde Freundin, ich eile, dieses große Ereignis zu erleben. &&ar Paris, den 16. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="140._Brief" &&fa Hundertundvierzigster Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Was für Vorwürfe ich mir doch mache, meine[[Besitz]] mitempfindende Freundin, daß ich Ihnen zu früh und zu viel von meinen[[Besitz]] vorübergehenden Schmerzen gesprochen habe! Ich bin schuld, daß Sie[[1]] sich jetzt betrüben; dieser Kummer, der Ihnen von mir kommt, hält noch an, und ich selbst bin glücklich. Ja, alles ist vergessen und vergeben; sagen wir besser, alles ist wieder gut gemacht. Auf diesen Zustand von Schmerz und Angst ist Friede gefolgt und Wonne. O Freude meines Herzens, wie soll ich sie ausdrücken! Valmont ist unschuldig. Man ist bei so viel Liebe nicht schuldig. Dieses große und beleidigende Unrecht, das ich ihm so bitter vorwarf, er hatte es nicht begangen; und wenn ich in einem einzigen Punkt Nachsicht üben muß – hatte ich nicht auch meine[[Besitz]] Ungerechtigkeiten wieder gutzumachen? Ich werde Ihnen keine Einzelheiten über die Tatsachen oder die Gründe wiedergeben, die ihn rechtfertigen; vielleicht würde sie der Verstand nicht einmal würdigen; das Herz allein kann sie fühlen. Sollten Sie[[1]] mich aber im Verdacht der Schwäche haben, so würde ich Ihr Urteil zur Unterstützung des meinen[[Besitz]] anrufen. Für die Männer, sagen Sie[[1]] selbst, ist Untreue nicht Unbeständigkeit. Ich fühle wohl, daß diese Unterscheidung, die die öffentliche Meinung umsonst billigt, nichtsdestoweniger das Zartgefühl verletzt. Worüber aber dürfte sich das meinige beklagen, wenn das Valmonts noch leidet? Dieses selbe Unrecht, das ich vergesse, glauben Sie[[1]] nicht, daß er es sich verzeiht oder sich darüber tröstet. Und doch, wie hat er diesen geringen Fehler wieder gut gemacht durch das Übermaß seiner Liebe und meines Glückes! Entweder ist meine[[Besitz]] Seligkeit größer, oder ich fühle ihren Wert stärker, seitdem ich fürchtete, ich hätte sie verloren: aber das kann ich Ihnen sagen, sollte ich noch einmal Kraft genug haben, diesen grausamen Kummer, den ich soeben durchmachte, zu ertragen, so würde ich, glaube ich, das Mehr an Glück, das ich seitdem empfunden habe, nicht zu teuer erkauft haben! O meine[[Besitz]] zärtliche Mutter, schelten Sie[[1]] Ihre unbedachte Tochter, weil sie Sie[[1]] durch zu große Voreiligkeit betrübt hat; schelten Sie[[1]] sie, weil sie den vermessen beurteilt und verleumdet hat, den sie anzubeten nicht aufhören durfte. Halten Sie[[1]] sie für töricht, sehen Sie[[1]] sie aber zugleich glücklich und vermehren Sie[[1]] ihre Freude dadurch, daß Sie[[1]] sie teilen. &&ar Paris, den 16. November 17.., abends. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="141._Brief" &&fa Hunderteinundvierzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Was ist denn los, meine[[Besitz]] schöne Freundin, daß ich gar keine Antwort von Ihnen bekomme? Mein letzter Brief schien mir doch eine zu verdienen; und seit drei Tagen, die ich sie schon haben müßte, warte ich noch darauf! Ich bin etwas ärgerlich darüber, und werde Ihnen darum auch gar nichts von meinen[[Besitz]] großen Angelegenheiten erzählen. Daß unsere Versöhnung ein voller Erfolg war; daß sie statt Mißtrauen und Vorwürfe nur neue Zärtlichkeiten hervorrief; daß jetzt ich es bin, der die Entschuldigungen und das Wiedergutmachen entgegennimmt, die meiner bezweifelten Unschuld gebühren – davon erfahren Sie[[1]] mehr kein Wort, und wäre nicht das unvorhergesehene Ereignis der letzten Nacht, würde ich Ihnen überhaupt nicht schreiben. Aber da das Ihr Mündel angeht, und sie wahrscheinlich nicht in der Lage sein wird, selber zu schreiben, wenigstens nicht auf einige Zeit hinaus, so übernehme ich es. Aus Gründen, die Sie[[1]] erraten oder die Sie[[1]] nicht erraten, beschäftigte mich Frau von Tourvel seit einigen Tagen nicht mehr; und da diese Gründe bei der kleinen Volanges nicht in Betracht kamen, war ich bei ihr um so eifriger. Dank dem gefälligen Türhüter hatte ich keine Hindernisse mehr zu überwinden, und Ihr Mündel und ich wir führten ein bequemes, geregeltes Leben. Aber die Gewohnheit macht nachlässig. Die ersten Tage konnten wir nie genug für unsere Sicherheit tun; wir zitterten noch hinter Riegeln. Gestern nun hat eine unglaubliche Zerstreutheit das Unglück verursacht, von dem ich Ihnen zu berichten habe; und wenn ich für meinen[[Besitz]] Teil mit dem Schrecken davongekommen bin, kostet er dem kleinen Mädchen um so mehr. Wir schliefen nicht, lagen aber in schöner Ruhe und Ermüdung, die auf die Lust folgen, als wir auf einmal die Tür aufgehen hörten. Sogleich springe ich zu meinem Degen, ebensowohl zu meiner Verteidigung als zu der unseres Mündels. Ich trete vor und sehe niemand; aber die Tür stand offen. Da wir Licht hatten, ging ich auf die Suche, fand aber keine lebendige Seele. Dann erinnerte ich mich, daß wir unsere gewöhnlichen Verhaltungsmaßregeln vergessen hatten. Zweifellos war die nur angelehnte oder schlecht geschlossene Tür von selbst wieder aufgegangen. Wie ich nun meine[[Besitz]] furchtsame Gefährtin wieder aufsuchte, um sie zu beruhigen, fand ich sie nicht mehr im Bett. Sie[[1]] war zwischen Bett und Wand gefallen oder hatte sich dahin geflüchtet, kurz, sie lag da ohne Bewußtsein und mit heftigen Zuckungen. Stellen Sie[[1]] sich meine[[Besitz]] Verlegenheit vor! Es gelang mir aber, sie wieder ins Bett und sogar wieder zu sich zu bringen. Aber sie hatte sich beim Sturz verletzt, und es dauerte nicht lange, als auch die Folgen davon eintraten. Unterleibschmerzen, heftige Koliken und andere noch deutlichere Symptome klärten mich bald über ihren Zustand auf. Um ihr aber das auseinanderzusetzen, mußte ich ihr erst den Zustand erklären, in dem sie sich vorher befand; denn sie ahnte ihn nicht. Vielleicht hat niemals eine sich so viel Unschuld bewahrt – und daher so gut alles gemacht, was nötig ist, um sie loszuwerden! O, die Kleine verliert keine Zeit mit Nachdenken! Aber viel Zeit verlor sie mit Jammern, und ich mußte zu einem Entschluß kommen. Ich stellte ihr also vor, ich wollte sofort zu dem Hausarzt und zum Chirurgen gehen, sie darauf vorbereiten, daß man sie holen würde, um ihnen dabei unter dem Siegel der Verschwiegenheit alles anvertrauen. Sie[[1]] solle ihrerseits ihrer Kammerfrau läuten, ihr alles sagen oder auch nicht, ganz wie sie wollte, aber nach Hilfe schicken und vor allem verbieten, daß man Frau von Volanges wecke; zarte und natürliche Aufmerksamkeit einer Tochter, die befürchtet, ihre Mutter zu beunruhigen. Ich machte meine[[Besitz]] zwei Gänge und meine[[Besitz]] zwei Berichte so rasch ich nur konnte, und ging von da nach Hause, und bin seither nicht wieder ausgegangen. Der Chirurg, den ich schon früher anderweitig kannte, ist mittags gekommen, und hat mir Bericht über den Zustand der Kranken gebracht. Ich hatte mich nicht geirrt; aber er hofft, wenn kein Zufall dazu kommt, wird man im Hause nichts merken. Die Kammerfrau ist mit im Geheimnis; der Arzt hat der Krankheit einen Namen gegeben, und die Geschichte wird arrangiert werden wie tausend andere, falls es uns nicht einmal nützen kann, daß davon gesprochen wird. Gibt es aber denn noch so etwas wie ein gemeinsames Interesse zwischen Ihnen und mir? Ihr Schweigen läßt es mich bezweifeln; ich würde es überhaupt nicht mehr glauben, wenn der Wunsch nicht da wäre und ich mir darum nicht mit allen Mitteln die Hoffnung erhalten möchte. Adieu, meine[[Besitz]] schöne Freundin, ich umarme Sie[[1]] unter Vorbehalt meines Ärgers. &&ar Paris, den 21, November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="142._Brief" &&fa Hundertzweiundvierzigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Mein Gott, Vicomte, wie Sie[[1]] mit Ihrer Hartnäckigkeit lästig sind! Was geht Sie[[1]] mein Schweigen an? Glauben Sie[[1]], ich schweige, weil mir Gründe zu meiner Verteidigung fehlen? Wollte Gott, es wäre so! Aber es ist nur, weil es mich Überwindung kostet, sie Ihnen zu sagen. Sagen Sie[[1]] die Wahrheit: machen Sie[[1]] sich selbst etwas vor oder suchen Sie[[1]] mich zu hintergehen? Der Unterschied zwischen Ihren Reden und Ihren Taten läßt mir keine andere Wahl. Was ist es nun in Wahrheit? Was wollen Sie[[1]], daß ich Ihnen sage, wo ich selbst nicht weiß, was darüber denken. Sie[[1]] scheinen sich Ihre letzte Sache mit der Präsidentin als ein großes Verdienst anzurechnen; aber was beweist sie denn gegen Ihr System oder das meine[[Besitz]]? Ganz sicher habe ich Ihnen nie gesagt, Sie[[1]] liebten diese Frau so sehr, daß Sie[[1]] sie nie betrügen, nicht jede Gelegenheit dazu ergreifen würden, die Ihnen leicht oder angenehm vorkäme. Ich zweifelte nicht einmal daran, es würde Ihnen gleich sein, bei einer andern, sogar bei der ersten besten, die Gelüste zu befriedigen, die diese allein geweckt hätte; und ich bin gar nicht überrascht, daß Sie[[1]] in einer Ausschweifung des Geistes, die man Ihnen mit Unrecht abstritte, einmal aus Absicht das getan haben, was Sie[[1]] tausendmal aus einer Gelegenheit taten. Wer wüßte nicht, daß das der gewöhnliche Lauf der Welt ist und Gewohnheit bei euch allen, wieviel eurer auch sind, vom Verbrecher bis zum unbedeutendsten Affen? Wer sich heut so etwas versagt, gilt für romantisch, und das ist, glaube ich, nicht der Fehler, den ich Ihnen vorwerfe. Was ich aber sagte, dachte und noch denke, ist, daß Sie[[1]] darum nicht weniger Ihre Präsidentin lieben; gewiß ja nicht mit einer sehr zärtlichen und reinen Liebe, aber so, wie Sie[[1]] eben lieben können; mit einer Liebe, die Sie[[1]] zum Beispiel bei einer Frau Reize oder Qualitäten finden läßt, die sie gar nicht hat; daß Sie[[1]] ihr einen eigenen Rang geben und alle andern Frauen zweiten Ranges sein lassen; daß Sie[[1]] sogar dann noch an ihr festhalten, wenn Sie[[1]] sie beschimpfen – mit einem Wort, mit einer Art Liebe, wie ich mir denke, daß ein Sultan sie für seine Favoritsultanin empfindet, welche Liebe ihn nicht hindert, ihr oft eine ganz simple Odaliske {{[Odaliske]}} vorzuziehen. Dieser Vergleich scheint mir um so zutreffender, als Sie[[1]] genau wie der Sultan niemals weder der Geliebte noch der Freund einer Frau sind, sondern immer ihr Tyrann oder ihr Sklave. Darum bin ich auch ganz überzeugt, daß Sie[[1]] sich recht klein, recht niedrig gemacht haben, um in Gnade wieder bei dem schönen Wesen aufgenommen zu werden! Völlig glücklich, das erreicht zu haben, verlassen Sie[[1]] mich wegen dieses »großen Ereignisses«, sobald Sie[[1]] den Zeitpunkt für gekommen halten, ihre Verzeihung zu erlangen. Noch in Ihrem letzten Briefe sprechen Sie[[1]] nur darum nicht und nichts sonst als von dieser einzigen Frau, weil Sie[[1]] mir darin nichts von ihren »großen Angelegenheiten« sagen wollen. Die kommen Ihnen so wichtig vor, daß das Schweigen, das Sie[[1]] darüber bewahren, Ihnen als große Strafe für mich erscheint. Und nach diesen tausend Beweisen Ihrer entschiedenen Vorliebe für eine andere fragen Sie[[1]] mich ganz ruhig, ob noch »ein gemeinsames Interesse zwischen uns« besteht! Hüten Sie[[1]] sich, Vicomte! Wenn ich einmal antworte, wird meine[[Besitz]] Antwort endgültig sein. Und wenn ich mich für heute vor einer Antwort fürchte, hätte ich vielleicht schon zu viel gesagt. Darum will ich auch absolut nicht mehr davon reden. Alles, was ich tun kann, ist: Ihnen eine Geschichte erzählen. Vielleicht werden Sie[[1]] keine Zeit haben, sie zu lesen oder ihr so viel Aufmerksamkeit zu schenken, daß Sie[[1]] sie richtig verstehen, aber das steht bei Ihnen. Es ist dann schlimmstenfalls nur eine Geschichte verloren gegangen. Ein Herr meiner Bekanntschaft hatte sich genau wie Sie[[1]] in eine Frau verhaspelt, die ihm wenig Ehre machte. Zwischendurch hatte er wohl soviel Verstand, zu ahnen, daß früher oder später ihm dieses Abenteuer schaden würde. Aber so sehr er sich auch der Sache schämte, er hatte nicht den Mut zu brechen. Seine Verlegenheit war um so größer, als er seinen Freunden gegenüber sich gerühmt hatte, er sei gänzlich frei; und als er wohl wußte, daß man immer lächerlicher wird, je mehr man sich verteidigt. So lebte er, machte eine Dummheit nach der andern und sagte hernach immer: »Es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld.« Dieser Herr hatte eine Freundin, die einen Augenblick Lust hatte, ihn in diesem Rauschzustand der Öffentlichkeit auszuliefern und seine Lächerlichkeit unauslöschlich zu machen. Da sie aber doch generöser war als boshaft, oder vielleicht auch aus einem andern Grunde, wollte sie ein letztes Mittel versuchen, um auf alle Fälle sagen zu können, wie ihr Freund: »Es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld.« So schickte sie ihm also ohne jeden andern Kommentar den folgenden Brief, als ein Mittel, dessen Gebrauch ihn von seinem Übel heilen könne. Der Brief lautete: »Alles wird schließlich langweilig, mein Engel, das ist ein Naturgesetz; es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld. Wenn mich also heute ein Abenteuer langweilt, das mich vier ganze tödliche Monate lang allein beschäftigt hat, ist es nicht meine[[Besitz]] Schuld. Wenn ich zum Beispiel genau ebensoviel Liebe wie Du Tugend gehabt habe, und das will viel sagen, so ist es nicht erstaunlich, daß eins zur gleichen Zeit fertig ist wie das andere. Es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld. Daraus folgt, daß ich Dich seit einiger Zeit betrogen habe; aber Deine unerbittliche Zärtlichkeit zwang mich gewissermaßen dazu. Es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld. Heute verlangt eine Frau, die ich bis zum Wahnsinn liebe, daß ich Dich opfere. Es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld. Ich verstehe, daß das eine gute Gelegenheit ist, über Endbruch zu schreien; aber wenn die Natur den Männern nur Beständigkeit verliehen hat, während sie den Frauen Hartnäckigkeit gab, ist es nicht meine[[Besitz]] Schuld. Glaub mir, suche Dir einen andern Liebhaber, so wie ich mir eine andere Geliebte gesucht habe. Der Rat ist gut, er ist sehr gut; wenn Du ihn schlecht findest, ist es nicht meine[[Besitz]] Schuld. Adieu, mein Engel, ich nahm Dich mit Vergnügen, ich verlasse Dich ohne Bedauern; ich komme vielleicht wieder zu Dir zurück. Das ist der Lauf der Welt. Es ist nicht meine[[Besitz]] Schuld.« Ihnen zu sagen, Vicomte, was für einen Effekt dieser letzte Versuch gehabt hat, und was daraus gefolgt ist, dafür ist jetzt nicht der rechte Augenblick: aber ich verspreche, es Ihnen in meinem nächsten Brief zu sagen. Sie[[1]] werden darin auch mein Ultimatum finden in betreff der Erneuerung unseres Vertrages, die Sie[[1]] mir vorschlagen. Bis dahin nur Adieu. Noch etwas. Ich danke Ihnen für die Details über die kleine Volanges; es ist ein Artikel für die Skandalzeitung, aufzuheben bis auf den Morgen nach der Hochzeit. Inzwischen kondoliere ich Ihnen zum Verlust Ihrer Nachkommenschaft. Guten Abend, Vicomte. &&ar Schloß …, den 24. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="143._Brief" &&fa Hundertdreiundvierzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Ich weiß wirklich nicht, meine[[Besitz]] schöne Freundin, habe ich Ihren Brief und das kleine Briefmuster darin falsch gelesen oder schlecht verstanden. Das aber kann ich Ihnen sagen, daß ich das Briefmuster sehr originell und sehr geeignet gefunden habe, Effekt zu machen: Deshalb habe ich es einfach abgeschrieben und es, wiederum ganz einfach, an die himmlische Präsidentin geschickt. Ich habe keine Sekunde verloren, denn das zärtliche Briefchen ist gleich gestern abend abgeschickt worden. Ich habe das vorgezogen, weil ich erstens ihr sowieso versprochen, ihr gestern noch zu schreiben, und dann dachte ich auch, sie würde an der ganzen Nacht nicht zuviel haben, um sich zu sammeln und über dieses »große Ereignis« nachzudenken – sollten Sie[[1]] mir auch ein zweites Mal diesen Ausdruck vorwerfen. Ich hoffte, Ihnen heute morgen die Antwort meiner Vielgeliebten schicken zu können, aber es ist fast Mittag, und ich habe noch nichts bekommen. Ich werde noch bis fünf Uhr warten, und wenn ich dann noch keine Nachricht habe, gehe ich mir sie selbst holen; denn nur der erste Schritt ist schwer, besonders wenn es sich um eine Sache der Lebensart handelt. Jetzt möchte ich, wie Sie[[1]] sich denken können, sehr gern das Ende der Geschichte von dem Herrn Ihrer Bekanntschaft hören, der unter so starkem Verdacht stand, er könne, wenn's nötig, eine Frau nicht opfern. Ist er jetzt nicht gebessert? Und hat ihn seine großmütige Freundin nicht in Gnaden aufgenommen? Nicht weniger verlangt mich nach Ihrem Ultimatum, wie Sie[[1]] so politisch sagen! Es drängt mich ganz besonders zu wissen, ob Sie[[1]] auch in diesem letzten Schritt noch Liebe finden. Ach ja, es ist welche darin, und viel sogar! Aber zu wem? Ich will mich aber auf nichts berufen, und erwarte alles von Ihrer Güte. Adieu, meine[[Besitz]] reizende Freundin; ich werde diesen Brief erst um zwei Uhr schließen, in der Hoffnung, darin die ersehnte Antwort beifügen zu können. Zwei Uhr nachmittags. Immer noch nichts; die Zeit eilt; ich habe kein Wort mehr hinzuzufügen. Aber werden Sie[[1]] auch dieses Mal die zärtlichsten Küsse der Liebe zurückweisen? &&ar Paris, den 27. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="144._Brief" &&fa Hundertvierundvierzigster Brief Frau von Tourvel an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Der Schleier ist gerissen, gnädige Frau, auf den das Trugbild meines Glückes gemalt war. Unheilvolle Wahrheit leuchtet mir und läßt mich einen sicheren und nahen Tod sehen, zu dem der Weg mir zwischen Scham und Reue vorgezeichnet ist. Ich werde ihn gehen … Ich werde meine[[Besitz]] Qualen lieben, wenn sie mein Dasein abkürzen. Ich schicke Ihnen den Brief, den ich gestern erhalten habe, und füge nichts hinzu, er sagt alles selbst. Es ist jetzt keine Zeit mehr zum Klagen, es heißt nur noch leiden. Ich brauche kein Mitleid, nur Kraft. Empfangen Sie[[1]], teure Frau, das einzige Adieu, das ich sagen werde, und erfüllen Sie[[1]] meine[[Besitz]] letzte Bitte: mich meinem Schicksal zu überlassen, mich ganz zu vergessen, mich nicht mehr zu den Lebenden zu zählen. Es gibt im Unglück eine Grenze, hinter der selbst die Freundschaft unsere Leiden vermehrt und sie nicht heilen kann. Wenn Wunden tödlich sind, wird jede Hilfe unmenschlich. Jedes andere Gefühl ist mir fremd, außer dem der Verzweiflung. Nichts kann mir mehr nützen als die tiefe Nacht, in der ich meine[[Besitz]] Schande begraben will. Dort werde ich mein Vergehen beweinen, wenn ich noch weinen kann. Denn seit gestern habe ich keine Träne vergossen. Mein totes Herz gibt keine mehr. Leben Sie[[1]] wohl, gnädige Frau. Antworten Sie[[1]] mir nicht. Ich habe bei diesem grausamen Brief den Schwur getan, keinen mehr anzunehmen. &&ar Paris, den 27. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="145._Brief" &&fa Hundertfünfundvierzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Gestern, meine[[Besitz]] schöne Freundin, um drei Uhr nachmittags, packte mich die Ungeduld über das Ausbleiben einer Nachricht, und ich begab mich zu der schönen Verlassenen. Man sagte mir, sie sei ausgegangen. Ich sah in dieser Phrase nichts weiteres, als daß man mich nicht empfangen wolle, was mich weder ärgerte noch sonderlich überraschte. Ich ging in der Hoffnung weg, dieser Ausweg würde eine so höfliche Frau doch wenigstens veranlassen, mich einer kurzen Antwort zu würdigen. Nur die Lust nach dieser Antwort ließ mich gegen neun Uhr wieder nach Hause gehen, aber ich fand nichts. Erstaunt über dieses unerwartete Schweigen, gab ich meinem Jäger den Auftrag, auf Erkundigungen auszugehen und in Erfahrung zu bringen, ob die Dame tot sei oder im Sterben läge. Als ich heimkam, teilte er mir mit, daß Frau von Tourvel wirklich mit ihrer Kammerfrau um elf Uhr morgens ausgegangen sei, sich habe zum Kloster der Karmelitinnen fahren lassen, und daß sie um sieben Uhr abends Wagen und Leute zurückgeschickt habe und sagen ließ, man möge sie nicht zu Hause erwarten. Sie[[1]] macht es ganz der Ordnung gemäß. Das Kloster ist der richtige Aufenthaltsort für eine Witwe; und wenn sie bei dieser löblichen Entschließung bleibt, werde ich zu allen Verbindlichkeiten, die ich ihr schon schulde, bald auch diese Berühmtheit zu danken haben, die dieses Abenteuer bekommen wird. Ich sagte Ihnen schon vor einiger Zeit, daß ich trotz Ihrer Besorgnisse bald wieder auf der Bühne dieser Welt von neuem Glanze strahlend erscheinen würde. Sie[[1]] mögen sich doch jetzt zeigen, die strengen Kritiker, die mich einer romantischen und unglücklichen Liebe beschuldigen! Mögen sie doch schneller und gänzender ein Verhältnis brechen. Aber nein, sie sollen Besseres tun, sollen sich lieber als Tröster melden, der Weg ist ihnen ja vorgezeichnet. Bitte! Wenn sie es nun nur wagen, diese Laufbahn anzutreten, die ich von Anfang bis zu Ende gegangen bin; und wenn einer von ihnen auch nur den geringsten Erfolg davon trägt, so überlasse ich ihm den ersten Platz. Aber sie werden alle dies erfahren: wenn ich mir Mühe gebe, ist der Eindruck, den ich hinterlasse, unauslöschlich. O zweifellos, dieser hier wird es sein; und ich würde alle meine[[Besitz]] Triumphe für nichts achten, wenn mir diese Frau je einen Rivalen geben sollte. Der Entschluß der Dame schmeichelt meiner Eigenliebe, ich gebe das zu; aber es tut mir leid, daß sie so viel Kraft in sich gefunden hat, sich so sehr von mir loszumachen. Es würde demnach zwischen uns beiden noch andere Hindernisse geben als die, die ich selbst errichtet habe! Wie! Wenn ich mich ihr wieder nähern wollte, könnte sie es nicht mehr wollen, was sage ich, es nicht mehr ersehnen, nicht mehr ihr höchstes Glück daraus machen? Liebt man denn so? Und glauben Sie[[1]], meine[[Besitz]] schöne Freundin, daß ich das dulden darf? Könnte ich zum Beispiel nicht, und wäre das nicht auch besser, versuchen, diese Frau wieder dahin zu bringen, daß sie die Möglichkeit einer Aussöhnung durchschimmern sieht, die man doch immer wünscht, so lange man hofft? Ich könnte diesen Schritt versuchen, ohne ihm besondere Wichtigkeit zu geben, und folglich ohne daß er Ihr Mißtrauen zu erregen braucht. Im Gegenteil, es wäre ein einfacher Versuch, den wir im Einverständnis machten; und sollte er mir gelingen, so wäre das nur wieder ein Mittel mehr, nach Ihrem Belieben ein Ihnen angenehmes Opfer noch einmal zu bringen. Jetzt, meine[[Besitz]] schöne Freundin, bleibt nur noch übrig, daß ich den Lohn dafür bekomme, und alle meine[[Besitz]] Wünsche gelten Ihrer Rückkehr. Kommen Sie[[1]] doch schnell, Ihren Geliebten wiederfinden, Ihre Vergnügungen, Ihre Freundinnen, und den Strom der Abenteuer. Das der kleinen Volanges ist sehr gut ausgegangen. Gestern, da mich die Unruhe schon nirgends mehr verließ, gelangte ich auf meinen[[Besitz]] verschiedenen Gängen bis zu Frau von Volanges. Ich fand Ihr Mündel bereits im Salon, noch im Krankenkostüm, aber in voller Besserung und von nur um so frischerem und interessanterem Aussehen. Ihr andern Frauen wäret in einem solchen Fall noch einen Monat lang auf einer Couchette liegen geblieben; alle Achtung, es leben die jungen Fräulein! Diese da hat mir wahrhaftig Lust gemacht, zu erfahren, ob die Heilung vollständig ist! Ich vergaß Ihnen zu sagen, daß dieser Unfall des kleinen Mädchens Ihren sentimentalen Danceny beinahe verrückt gemacht hat. Erst aus Kummer, heute aus Freude. »Seine Cécile« war krank! Sie[[1]] können sich denken, daß der Kopf sich einem verdreht bei einem solchen Unglück. Dreimal im Tage ließ er sich erkundigen, und keinen ließ er vergehen, ohne selbst nachzufragen. Schließlich hat er sich mit einem schönsten Briefe bei der Mama die Erlaubnis erbeten, ihr gratulieren zu dürfen zur Genesung eines so teuern Wesens, und Frau von Volanges hat eingewilligt, so daß ich den jungen Mann ganz behaglich dort sitzen fand wie ehedem, abgesehen von der Familiarität, die er sich nicht zu erlauben wagt. Diese Details habe ich von ihm selbst; denn wir gingen zusammen weg und ich brachte ihn zum Reden. Sie[[1]] machen sich keinen Begriff von der Wirkung, die dieser Besuch auf ihn gemacht hat. Das ist eine Freude, das sind Begierden, das ist eine Aufregung, es läßt sich nicht wiedergeben. Ich mit meiner Vorliebe für den großen Schwung ließ ihn vollends den Kopf verlieren, als ich ihm versicherte, ich würde es ihm in wenig Tagen möglich machen, seine Schöne aus noch größerer Nähe zu betrachten. Ich bin nämlich wirklich entschlossen, sie ihm wieder zuzustellen, gleich nach Beendigung meines Experimentes. Ich will mich ganz Ihnen widmen; und dann, wäre es denn der Mühe wert, daß Ihr Mündel meine[[Besitz]] Schülerin ist, wenn sie nur ihren Gemahl betrügen sollte? Die Hauptkunst ist, den Liebhaber zu betrügen! Und besonders den ersten Liebhaber! Denn ich habe mir meinerseits nicht vorzuwerfen, das Wort Liebe ausgesprochen zu haben. Adieu, meine[[Besitz]] schöne Freundin; treten Sie[[1]] doch so schnell wie möglich Ihre Herrschaft über mich an, empfangen Sie[[1]] meine[[Besitz]] Unterwerfung und bezahlen Sie[[1]] mir den Lohn. &&ar Paris, den 28. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="146._Brief" &&fa Hundertundsechsundvierzigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Ganz im Ernst, Vicomte, Sie[[1]] haben die Präsidentin verlassen? Sie[[1]] haben ihr den Brief geschickt, den ich Ihnen für sie aufgesetzt hatte? Sie[[1]] sind wirklich reizend und haben meine[[Besitz]] Erwartungen übertroffen! Ich gestehe gern, daß dieser Triumph mir mehr schmeichelt als alle, die ich bis jetzt etwa erlangt habe. Sie[[1]] werden vielleicht finden, daß ich diese Frau jetzt sehr hoch einschätze, die ich noch vor kurzem so gering anschlug. Aber keineswegs. Es ist nur dies, daß ich nicht über Frau von Tourvel einen Sieg davon getragen habe, sondern über Sie[[1]]. Das ist das Komische und wirklich Köstliche dabei. Ja, Vicomte, Sie[[1]] liebten Frau von Tourvel sehr, ja Sie[[1]] lieben sie noch. Sie[[1]] lieben sie wahnsinnig; aber weil ich mich amüsierte, Sie[[1]] damit zu beschämen, haben Sie[[1]] sie tapfer aufgeopfert. Sie[[1]] hätten eher tausend geopfert, als einen Spott ertragen. Wohin bringt uns nicht die Eitelkeit! Der Weise hat recht, wenn er sagt, daß sie die Feindin des Glückes ist. Wo wären Sie[[1]] jetzt, wenn ich Ihnen nur einen Streich hätte spielen wollen? Aber ich kann nicht betrügen, Sie[[1]] wissen das wohl; und sollten Sie[[1]] mich auch meinerseits in die Verzweiflung und ins Kloster treiben, so riskiere ich es und ergebe mich meinem Sieger. Indes: wenn ich kapituliere, so ist es nichts als Schwäche. Denn wenn ich wollte, wie viele Kniffe hätte ich nicht noch gegen Sie[[1]]! Und vielleicht würden Sie[[1]] es verdienen? So bewundere ich zum Beispiel, mit welcher Schlauheit oder Ungeschicktheit Sie[[1]] mir in aller Ruhe vorschlagen, ich solle Sie[[1]] wieder mit der Präsidentin anknüpfen lassen. Das würde Ihnen sehr zusagen, nicht wahr, daß Sie[[1]] sich das Verdienst des Bruches der Beziehungen zuschreiben dürften, und doch noch die Freuden des Genusses nicht verlieren. Und da alsdann dieses scheinbare Opfer für Sie[[1]] keines mehr wäre, so bieten Sie[[1]] mir an, es nach meinem Belieben nochmals zu bringen! Durch dieses Arrangement hielte sich die himmlische Betschwester noch immer für die einzig Erwählte Ihres Herzens, während ich stolz darauf wäre, die bevorzugte Rivalin zu sein. Wir wären beide betrogen, Sie[[1]] aber wären zufrieden, – und was geht Sie[[1]] das übrige an? Schade, daß Sie[[1]] mit so viel Talent zum Plänemachen so wenig zur Ausführung haben, und daß Sie[[1]] durch einen einzigen unbedachten Schritt sich selbst ein unüberwindliches Hindernis errichtet haben vor das, was Sie[[1]] am meisten wünschen. Wie! Sie[[1]] hatten die Absicht wieder anzuknüpfen und konnten meinen[[Besitz]] Brief schreiben? Sie[[1]] haben mich danach wohl für sehr ungeschickt gehalten. Glauben Sie[[1]] mir, Vicomte, wenn eine Frau nach dem Herzen einer andern stößt, verfehlt sie selten den rechten Punkt, und die Wunde ist unheilbar. Während ich nach dieser stieß, oder vielmehr Ihren Stoß lenkte, vergaß ich nie, daß diese Frau meine[[Besitz]] Rivalin war, daß Sie[[1]] sie einen Augenblick lang mir vorgezogen hatten, und daß Sie[[1]] mich schließlich doch unter sie gestellt haben! Wenn ich mich in meiner Rache geirrt habe, so willige ich ein, den Fehler zu tragen. Somit heiße ich es gut, daß Sie[[1]] alle Mittel versuchen; ich fordere Sie[[1]] sogar dazu auf und verspreche Ihnen, über Ihren Erfolg nicht bös zu sein, wenn Sie[[1]] welchen haben. Ich bin darüber so ruhig, daß ich mich damit nicht mehr abgeben will. Sprechen wir von etwas anderem. Zum Beispiel von dem Befinden der kleinen Volanges. Sie[[1]] werden mir bestimmte Nachrichten über sie nach meiner Rückkunft geben, nicht wahr? Ich werde mich freuen, sie zu hören. Danach steht es bei Ihnen und Ihrem Urteil, ob Sie[[1]] das kleine Mädchen ihrem Liebhaber wieder zustellen oder es ein zweites Mal versuchen wollen, der Gründer einer neuen Linie der Valmont unter dem Namen Gercourt zu werden. Diese Idee schien mir sehr spaßig, und wenn ich Ihnen die Wahl lasse, erwarte ich doch, daß Sie[[1]] sich noch nicht endgültig entscheiden, bevor wir darüber gesprochen haben. Nicht daß ich Sie[[1]] so auf lange vertrösten will, denn ich werde sehr bald in Paris sein. Ich kann Ihnen den genauen Tag noch nicht sagen, aber Sie[[1]] zweifeln hoffentlich nicht daran, daß Sie[[1]] der Erste sind, den ich davon benachrichtige, sobald ich angekommen bin. Adieu, Vicomte! Trotz allen Streitigkeiten, Bosheiten und Vorwürfen hab ich Sie[[1]] immer noch sehr lieb und bereite mich vor, es Ihnen zu beweisen. Auf Wiedersehen, Freund! &&ar Schloß …, den 29. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="147._Brief" &&fa Hundertsiebenundvierzigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Chevalier Danceny. &&fe &&ax &&lg=x Endlich reise ich, mein jünger Freund, und morgen abend bin ich in Paris. Inmitten all des Durcheinanders, den ein Ortswechsel mit sich bringt, werde ich niemand empfangen. Aber wenn Sie[[1]] mir etwas Wichtiges anzuvertrauen haben, so will ich mit Ihnen eine Ausnahme von der allgemeinen Regel machen. Aber ich nehme nur Sie[[1]] aus, und erbitte mir Stillschweigen über meine[[Besitz]] Ankunft. Selbst Valmont erfährt sie nicht. Wer mir vor einiger Zeit gesagt hätte, daß Sie[[1]] bald mein ausschließliches Vertrauen besitzen würden, dem hätte ich nicht geglaubt. Aber das Ihre hat das meine[[Besitz]] nach sich gezogen. Ich möchte fast glauben, daß Sie[[1]] Geschicklichkeit darauf verwendet haben, vielleicht sogar etwas Verführung. Das wäre aber recht schlecht von Ihnen! Im übrigen wäre Ihre Verführung jetzt nicht gefährlich, denn Sie[[1]] haben wirklich ganz anderes zu tun. Wenn die Heroine auf der Szene erscheint, so kümmert man sich wenig um die Vertraute. Sie[[1]] haben ja nicht einmal Zeit gefunden, mich von Ihren neuen Erfolgen zu unterrichten. Als Ihre Cécile abwesend war, da waren die Tage nicht lang genug, Ihre zärtlichen Klagen anzuhören. Sie[[1]] hätten dem Echo vorgeklagt, wäre ich nicht dagewesen und hätte Ihnen zugehört. Als sie noch krank war, erwiesen Sie[[1]] mir auch wieder die Ehre der Erzählung Ihrer Besorgnisse; Sie[[1]] benötigten jemand, dem Sie[[1]] sie sagen konnten. Jetzt aber, da die, die Sie[[1]] lieben, in Paris ist, da es ihr gut geht, und besonders, da Sie[[1]] sie öfters sehen, so genügt sie für alles, und Ihre Freunde sind Ihnen nichts mehr. Ich mache Ihnen daraus keinen Vorwurf; es kommt von Ihren zwanzig Jahren. Von {{Al¬ci¬bia¬des}} bis auf Sie[[1]] weiß man, daß junge Leute die Freundschaft nur kannten, wenn sie einen Kummer hatten. Das Glück macht sie manchmal mitteilsam, aber nie vertraulich. Ich kann wohl wie Sokrates sagen: »Ich liebe es, daß meine[[Besitz]] Freunde zu mir kommen, wenn sie unglücklich sind.« Aber als Philosoph konnte er sie leicht entbehren, wenn sie nicht kamen. Darin bin ich nicht ganz so Philosoph wie er, und ich habe Ihr Schweigen mit der ganzen Schwäche der Frau empfunden. Halten Sie[[1]] mich deshalb nicht für anspruchsvoll, – dazu fehlt viel! Dasselbe Gefühl, mit dem ich diese Entbehrungen erkenne, läßt sie mich auch tapfer ertragen, wenn sie der Beweis oder die Ursache des Glückes meiner Freunde sind. Ich rechne deshalb auf Sie[[1]] für morgen abend, nur insofern Sie[[1]] die Liebe frei und unbeschäftigt läßt, und verbiete Ihnen, das geringste Opfer zu bringen. Adieu, Chevalier; ich freue mich auf unser Wiedersehen wie auf ein Fest. Werden Sie[[1]] kommen? &&ar Schloß …, den 29. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="148._Brief" &&fa Hundertundachtundvierzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Sie[[1]] werden gewiß so betrübt sein wie ich, meine[[Besitz]] würdige Freundin, wenn Sie[[1]] von dem Zustand hören, in dem sich Frau von Tourvel befindet. Sie[[1]] ist seit gestern krank. – Ihre Krankheit setzte so heftig ein und zeigt so erregte Symptome, daß ich wirklich ganz erschrocken darüber bin. Ein hitziges Fieber, heftige und andauernde Delirien, ein unstillbarer Durst, das ist alles, was man wahrnimmt. Die Ärzte sagen, daß man noch nichts sagen kann; und die Behandlung wird um so schwieriger, als die Kranke alle Mittel von sich weist; das geht so weit, daß man sie mit Gewalt hat halten müssen, um sie zur Ader zu lassen. Und die Anwendung von Gewalt war noch zweimal nötig, um ihr die Binde wieder anzulegen, die sie in der Aufregung immer wieder abreißen will. Sie[[1]], die sie wie ich so schwach, so schüchtern und sanft gekannt haben, begreifen Sie[[1]] es, daß sie vier Personen kaum halten können, und daß sie, wenn man ihr die geringste Vorstellung macht, in unaussagbare Wut gerät? Ich fürchte, daß dies mehr als Delirien sind und daß sie wirklich geisteskrank ist. Meine[[Besitz]] Furcht in dieser Hinsicht wird vermehrt durch das, was sich vorgestern zugetragen hat. An dem Tag erschien sie um elf Uhr morgens mit ihrer Kammerfrau im Kloster der Karmeliterinnen. Da sie in diesem Hause erzogen worden ist, und die Gewohnheit hatte, manchmal dorthin zu kommen, wurde sie wie gewöhnlich empfangen, und schien allen ruhig und munter zu sein. Etwa zwei Stunden später erkundigte sie sich, ob das Zimmer, das sie als Pensionärin bewohnt hatte, frei sei, und auf die bejahende Antwort verlangte sie, es wiederzusehen. Die Priorin begleitete sie mit einigen andern Nonnen hin. Da erklärte sie nun, sie wolle wieder das Zimmer bewohnen, das sie, wie sie sagte, nie hätte verlassen sollen; und sie setzte hinzu, sie würde erst wieder, »wenn sie tot sei« ausziehen. So waren ihre Worte. Erst wußte man nicht, was sagen; als aber das erste Erstaunen vorüber war, stellte man ihr vor, daß man sie als verheiratete Frau nicht ohne bestimmte Erlaubnis aufnehmen könne. Aber weder dieser Grund, noch tausend andere taten eine Wirkung; und von dem Augenblick an blieb sie dabei, nicht nur das Kloster, sondern sogar ihr Zimmer nicht mehr zu verlassen. Des Redens müde, ließ man es um sieben Uhr abends zu, daß sie die Nacht über da verbringe. Man schickte den Wagen und ihre Leute heim und verschob es bis zum nächsten Tag, eine Entschließung zu treffen. Man versichert, daß den ganzen Abend hindurch weder ihr Gesicht noch ihre Haltung irgend etwas Irres gehabt hätten, das eine wie das andere seien ruhig und besonnen gewesen. Nur vier- oder fünfmal sei sie in so tiefes Sinnen versunken, daß man sie durch nichts daraus wecken konnte; und jedesmal, wenn sie daraus erwachte, habe sie ihre Hände an die Stirne geführt und diese scheinbar mit Gewalt gepreßt; als daraufhin sie eine der Nonnen fragte, ob sie Kopfschmerzen habe, starrte sie sie erst lange an und sagte schließlich: »Nicht da sitzt das Übel.« Einen Augenblick später bat sie, man möge sie allein lassen und in Zukunft keine Fragen mehr an sie richten. Alle zogen sich zurück bis auf ihre Kammerfrau, die, weil sonst kein Platz war, glücklicherweise in demselben Zimmer schlafen sollte. Nach den Aussagen dieses Mädchens ist ihre Herrin bis elf Uhr abends ziemlich ruhig gewesen. Um die Zeit hat sie verlangt, zu Bett gebracht zu werden. Aber ehe sie ganz entkleidet war, begann sie lebhaft und mit heftigen Gesten im Zimmer auf und ab zu gehen. Julie, die tagsüber Zeuge gewesen war von dem, was sich zugetragen hatte, wagte nichts zu sagen und wartete schweigend etwa eine Stunde lang. Endlich rief Frau von Tourvel sie plötzlich zweimal an; sie hatte kaum Zeit herbeizuspringen, als ihre Herrin ihr in die Arme sank und stöhnte: »Ich kann nicht mehr.« Sie[[1]] ließ sich auf das Bett legen und wollte nichts einnehmen, wollte auch nicht, daß Hilfe gerufen werde. Nur Wasser ließ sie neben sich hinstellen und befahl Julie, sich schlafen zu legen. Diese versichert, sie habe bis zwei Uhr früh wach gelegen und während dieser Zeit ihre Herrin weder sich bewegen noch klagen gehört. Aber um fünf Uhr, sagt sie, sei sie vom Reden ihrer Herrin geweckt worden, die mit lauter und fester Stimme sprach. Als sie sie fragte, ob sie etwas nötig hätte und keine Antwort darauf bekam, sei sie mit ihrem Licht an das Bett der Frau von Tourvel getreten, die sie nicht erkannte, die aber ihr unzusammenhängendes Reden plötzlich abbrach und laut rief: »Man soll mich allein lassen, ich will im Finstern bleiben, in die Finsternis gehöre ich.« Ich bemerkte selbst gestern, daß diese Wendung immer bei ihr wiederkehrt. Schließlich benutzte Julie den ihr gewissermaßen erteilten Befehl und ging hinaus, um Leute und Hilfe zu holen. Aber Frau von Tourvel hat eines wie das andere zurückgewiesen mit denselben Wutausbrüchen und Delirien, die sich seitdem so oft wiederholen. Die Verlegenheit, in die dadurch das ganze Kloster kam, veranlaßte die Oberin, mich gestern um sieben Uhr morgens holen zu lassen. Es war noch nicht Tag. Ich ging sofort. Als man mich Frau von Tourvel meldete, schien sie wieder zum Bewußtsein zu kommen und sagte: »Ach ja, sie soll eintreten.« Als ich aber an ihrem Bett stand, schaute sie mich starr an, nahm lebhaft meine[[Besitz]] Hand, die sie drückte, und sagte mit starker, trauriger Stimme: »Ich sterbe, weil ich Ihnen nicht geglaubt habe.« Gleich darauf bedeckte sie ihre Augen und wiederholte ihre Worte: »Man soll mich allein lassen usw.«, und verlor völlig die Besinnung. Diese an mich gerichteten Worte und andere, die ihr im Delirium entschlüpften, lassen mich fürchten, daß diese grausame Krankheit eine noch grausamere Ursache hat. Aber wir wollen die Geheimnisse unserer Freundin achten und uns damit begnügen, ihr Unglück zu beklagen. Der ganze gestrige Tag war gleich stürmisch; es wechselte schreckliches Phantasieren mit Augenblicken lethargischer Niederschlagenheit, die einzigen, in denen sie sich und den andern etwas Ruhe gönnt. Ich verließ erst um neun Uhr abends meinen[[Besitz]] Platz an ihrem Bett, und will heute morgen wieder für den ganzen Tag hin. Gewiß werde ich meine[[Besitz]] unglückliche Freundin nicht im Stich lassen, aber zum verzweifeln ist die Hartnäckigkeit, mit der sie jede Aufmerksamkeit und alle Hilfe ablehnt. Ich schicke Ihnen das Bulletin {{[Bul¬le¬tin]}} von heute nacht, das ich soeben erhalte und das, wie Sie[[1]] sehen, nichts weniger als tröstlich ist. Ich werde dafür sorgen, Sie[[1]] Ihnen alle pünktlich zukommen zu lassen. Gott befohlen, meine[[Besitz]] würdige Freundin, ich gehe jetzt wieder zu meiner Kranken. Meine[[Besitz]] Tochter, die zum Glück fast ganz wieder hergestellt ist, grüßt Sie[[1]] achtungsvoll. &&ar Paris, den 29. November 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="149._Brief" &&fa Hundertundneunundvierzigster Brief Der Chevalier Danceny an Frau von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x O! Sie[[1]] die ich liebe! O Du, die ich Dich anbete! O Sie[[1]], die mein Glück beginnt! O Du, die es vollendet! Mitfühlende Freundin, zärtliche Geliebte, warum kommt die Erinnerung an Deinen Schmerz den Zauber stören, unter dem ich lebe? Ach, gnädige Frau, beruhigen Sie[[1]] sich, es ist die Freundschaft, die dies von Ihnen fordert. O, meine[[Besitz]] Freundin, sei glücklich – das bittet die Liebe. Aber, welche Vorwürfe haben Sie[[1]] sich denn zu machen? Glauben Sie[[1]] mir, Ihr Zartgefühl trügt Sie[[1]]. Die Reue, die es Ihnen verursacht, und das Unrecht, dessen es mich anklagt, sind gleich illusorisch. Ich fühle in meinem Herzen, daß zwischen uns beiden kein anderer Verführer war als die Liebe. Scheue Dich also nicht mehr, Dich den Gefühlen hinzugeben, die Du einflößest, Dich von allen Gluten durchdringen zu lassen, die Du entfachst. Wie denn! Weil sie erst später erleuchtet wurden, sollten unsere Herzen nicht mehr so rein sein? Nein, doch sicher nicht. Im Gegenteil, gerade die Verführung, die niemals ohne Plan handelt, kann ihren Gang und ihre Mittel zueinanderpassen, und von weitem die Ereignisse voraussehen. Aber die wahre Liebe erlaubt kein solches Nachdenken und Überlegen. Sie[[1]] lenkt uns von unseren Gedanken ab durch unsere Gefühle; ihre Macht ist nie größer, als wenn sie unbekannt ist; und in Schatten und Schweigen umgibt sie uns mit Banden, die man ebensowenig bemerken als zerreißen kann. So war es gestern, als ich trotz der lebhaften Erregung, die mir der Gedanke an Ihre Rückkunft verursacht, trotz des lebhaften Vergnügens, das ich bei Ihrem Anblick empfand, immer noch glaubte, daß mich nur friedliche Freundschaft rufe und leite. Oder dachte vielmehr, ganz den süßen Gefühlen meines Herzens hingegeben, wenig daran, mich um ihren Ursprung oder Ursache zu kümmern. So empfandest auch Du, meine[[Besitz]] zärtliche Freundin, ohne es zu wissen, diesen hohen Zauber, der unsere Seelen dem sanften Wirken der Zärtlichkeit übergab; und alle beide haben wir die Liebe erst erkannt, als wir aus der Trunkenheit kamen, in die uns dieser Gott getaucht hatte. Aber eben dies rechtfertigt uns, statt daß er uns verurteile. Nein, Du hast die Freundschaft nicht verraten, und ich habe ebensowenig Dein Vertrauen mißbraucht. Alle beide haben wir zwar unsere Gefühle verkannt, doch diese Selbsttäuschung hielt uns befangen, ohne daß wir sie künstlich erzeugt hätten. Ach! wir wollen uns doch nicht über sie beklagen, sondern nur an das Glück denken, das sie uns bereitet hat. Und ohne es durch ungerechte Vorwürfe zu trüben, wollen wir nur darauf bedacht sein, es zu vermehren durch den Zauber des Vertrauens und der Sicherheit. O meine[[Besitz]] Freundin! Wie ist diese Hoffnung meinem Herzen teuer! Ja, in Zukunft sollst Du furchtlos ganz der Liebe gehören, meine[[Besitz]] Leidenschaft teilen, meinen[[Besitz]] Sinnenrausch und die Trunkenheit meiner Seele; und jeder Augenblick unserer beglückten Tage soll durch eine neue Wonne bezeichnet sein. Lebe wohl, Du, die ich anbete! Ich soll Dich heute abend sehen, aber werde ich Dich allein finden? Ich wage es nicht zu hoffen. Ach, Du sehnst Dich nicht so sehr danach wie ich! &&ar Paris, den 1. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="150._Brief" &&fa Hundertundfünfzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Ich hoffte gestern den ganzen Tag, meine[[Besitz]] würdige Freundin, ich würde Ihnen heute bessere Nachrichten über das Befinden unserer teuren Kranken geben können: aber seit gestern abend ist diese Hoffnung vernichtet, und es bleibt mir nur das Bedauern, daß ich sie verlor. Ein Vorfall, scheinbar ganz gleichgültig, aber sehr schlimm in seinen Folgen, hat den Zustand der Kranken so beeinflußt, daß er ebenso ist wie vorher, wenn nicht gar ärger. Ich hätte nichts von dieser plötzlichen Wendung verstanden, wenn nicht gestern unsere unglückliche Kranke sich mir ganz anvertraut hätte. Da sie mir sagte, daß auch Sie[[1]] von all ihrem Unglück unterrichtet sind, kann ich zu Ihnen ohne Rückhalt über ihre traurige Lage sprechen. Gestern morgen, als ich ins Kloster kam, sagte man mir, daß die Kranke schon seit mehr als drei Stunden schlafe; und ihr Schlaf war so tief und ruhig, daß ich einen Augenblick bange war, er möchte lethargisch sein. Einige Zeit darauf wachte sie auf und öffnete selbst die Bettvorhänge. Sie[[1]] sah uns alle überrascht an; und wie ich aufstand, um zu ihr zu gehen, erkannte sie mich, nannte mich beim Namen und bat mich, näherzutreten. Sie[[1]] ließ mir keine Zeit, irgendwelche Fragen zu tun, sondern erkundigte sich, wo sie wäre, was wir da täten, ob sie krank sei und warum sie nicht zu Hause sei. Ich glaubte erst, es wäre ein neuer Fieberanfall, nur etwas ruhiger als der vorhergehende; ich bemerkte aber, daß sie ganz richtig verstand, was ich antwortete. Sie[[1]] hatte wirklich ihren Kopf wieder, nicht aber ihr Gedächtnis. Sie[[1]] fragte mich in allen Einzelheiten aus, über alles, was sich zugetragen hat, Seitdem sie im Kloster ist. Sie[[1]] konnte sich nicht erinnern, wie sie hergekommen war. Ich gab genaue Antwort auf alles und ließ nur das weg, was sie hätte zu sehr aufregen können. Als ich sie dann meinerseits fragte, wie sie sich befände, antwortete sie, daß sie augenblicklich nicht leide, aber im Schlaf sehr gequält gewesen sei und sich müde fühle. Ich sagte ihr, sie möge sich beruhigen und wenig sprechen. Hierauf schloß ich den Vorhang, ließ ihn aber etwas auf und setzte mich zu ihr ans Bett. Man brachte ihr eine Tasse Fleischbrühe, die sie trank und gut fand. So blieb sie ungefähr eine halbe Stunde, während welcher sie nur sprach, um mir für die Pflege zu danken, die ich ihr erwiesen hätte, und sie legte in diesen Dank alle die Anmut, die Sie[[1]] an ihr kennen. Nachher blieb sie eine ganze Weile lang völlig still und brach das Schweigen nur, um zu sagen: »Ach ja, ich erinnere mich wieder, wie ich hierhergekommen bin.« Einen Augenblick später rief sie schmerzlich: »Liebe Freundin, o meine[[Besitz]] liebe Freundin, bedauern Sie[[1]] mich, mein ganzes Unglück fällt mir wieder ein.« Als ich mich zu ihr beugte, nahm sie meine[[Besitz]] Hand und stützte ihren Kopf darauf. »Großer Gott«, klagte sie, »kann ich denn nicht sterben?« Wie sie das sagte, wirkte noch stärker auf mich als das, was sie sagte, und rührte mich zu Tränen. Sie[[1]] merkte es an meiner Stimme und sagte: »Sie[[1]] bedauern mich? Ach, wenn Sie[[1]] wüßten – –.« Dann nach einer Weile: »Sorgen Sie[[1]] dafür, daß man uns allein läßt, ich will Ihnen alles sagen.« Wie ich Ihnen bereits gesagt zu haben glaube, argwöhnte ich schon was von dem, was diese vertrauliche Aussprache bringen werde; und da ich befürchtete, das Gespräch würde lang und traurig werden, und dem Zustande unserer unglücklichen Kranken vielleicht schaden, entzog ich mich ihm zuerst, unter dem Vorwand, sie bedürfe der Ruhe. Aber sie bestand darauf, und ich fügte mich ihren Bitten. Sobald wir allein waren, sagte sie mir alles, was Sie[[1]] bereits von ihr wissen und was ich deshalb nicht wiederhole. Wie sie mir zum Schluß erzählte, auf welch grausame Art sie geopfert worden war, fügte sie hinzu: »Ich glaubte, sicher daran zu sterben, und glaubte, auch den Mut dazu zu haben; aber mein Unglück und meine[[Besitz]] Schande zu überleben, das ist mir unmöglich.« Ich versuchte, diese Mutlosigkeit oder vielmehr diese Verzweiflung mit den Waffen der Religion zu bekämpfen, die bis dahin so viel Macht über sie hatten; aber ich fühlte bald, daß ich nicht genug Kraft zu diesem Amt besitze und beschränkte mich auf den Vorschlag, den Pater Anselm rufen zu lassen, der, wie ich weiß, ihr ganzes Vertrauen hat. Sie[[1]] willigte ein und schien es sogar sehr zu wünschen. Man schickte also nach ihm, und er kam sofort. Er blieb sehr lange bei der Kranken; als er fortging, sagte er, daß wenn die Ärzte derselben Meinung wären, so könnte man die Zeremonie der letzten Ölung noch aufschieben; er werde andern Tags wiederkommen. Es war ungefähr drei Uhr nachmittags und bis fünf Uhr war unsere Freundin ziemlich ruhig, so daß wir alle wieder Hoffnung schöpften. Zum Unglück brachte man da einen Brief für sie. Wie man ihn ihr geben wollte, sagte sie, daß sie überhaupt keinen annehmen wolle, und niemand bestand weiter darauf. Aber von diesem Augenblick an schien sie aufgeregter. Bald nachher fragte sie, woher der Brief käme. Er war nicht abgestempelt. Wer ihn gebracht habe? Man wußte es nicht. In wessen Auftrag er abgegeben sei? Es war der Pförtnerin nicht gesagt worden. Dann bewahrte sie einige Zeit Schweigen. Darauf fing sie wieder an zu sprechen; aber wie sie sprach, daran merkten wir bald, daß das Delirium wieder da war. Jedoch kam wieder ein ruhiger Augenblick, bis sie endlich bat, man möge ihr den Brief geben, der für sie gekommen sei. Kaum hatte sie einen Blick darauf geworfen, rief sie: »Von ihm! Großer Gott!« Und dann mit lauter aber ganz benommener Stimme: »Nehmt ihn weg, nehmt ihn weg!« Sie[[1]] ließ sofort die Vorhänge schließen und verbot, daß jemand ihr nahe komme. Aber bald nachher waren wir genötigt, wieder zu ihr zurückzukehren. Ihre Aufregung hatte wieder heftiger als je eingesetzt, und die Zuckungen waren entsetzlich. Dies hörte den ganzen Abend nicht mehr auf; und das Bulletin von heute früh meldete mir, daß die Nacht nicht weniger heftig gewesen ist. Kurz, ihr Zustand ist derartig, daß ich staune, wie sie ihm noch nicht erlegen ist; und ich verhehle Ihnen nicht, daß mir nur wenig Hoffnung bleibt. Ich vermute, dieser unglückliche Brief ist von Herrn von Valmont; aber was kann er ihr noch zu sagen wagen? Verzeihung, meine[[Besitz]] liebe Freundin, ich entschlage mich jeder Bemerkung, aber es ist sehr traurig, eine Frau so elend umkommen zu sehen, die bis dahin so glücklich war und so wert es zu sein. &&ar Paris, den 2. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="151._Brief" &&fa Hundertundeinundfünfzigster Brief Der Chevalier Danceny an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x In Erwartung des Glückes, Dich zu sehen, überlasse ich mich, meine[[Besitz]] zärtliche Freundin, ganz dem Vergnügen, Dir zu schreiben; und indem ich mich mit Dir beschäftige, lindere ich den Schmerz, von Dir fern zu sein. Dir meine[[Besitz]] Gefühle wiedergeben, mich der Deinen zu erinnern, ist für mein Herz ein wahrer Genuß; und dank diesem Genuß bietet mir sogar die Zeit der Entbehrungen noch tausend meiner Liebe kostbare Schätze. Jedoch, wenn ich Dir glauben muß, werde ich keine Antwort von Dir erhalten; auch dieser Brief von mir soll der letzte sein; und wir werden uns eines Verkehrs enthalten, der nach Deiner Meinung gefährlich ist, und den wir »nicht nötig haben«. Sicher glaube ich Dir das, wenn Du darauf bestehst: denn was könntest Du wollen, was ich nicht auch will? Aber willst Du nicht, bevor Du Dich ganz entscheidest, erlauben, daß wir darüber reden? Was die Gefahren betrifft, so urteilst Du am besten allein darüber. Ich kann nichts berechnen, und beschränke mich darauf, Dich zu bitten: sei auf Deine Sicherheit bedacht, denn ich kann nicht ruhig sein, wenn ich Dich in Sorgen weiß. Was das anbelangt, so bilden wir nicht beide eines, sondern Du bist so gut wie wir beide. Nicht ganz so liegt es mit dem »Bedürfnis«: darüber können wir nur einen und denselben Gedanken haben; und wenn wir in unseren Meinungen auseinandergehen, so kann es nur von Mangel an Aussprache kommen, oder weil wir uns nicht verstehen. Folgendes glaube ich zu fühlen. Gewiß wird ein Brief überflüssig, wenn man sich ungehindert sehen kann. Was könnte er sagen, was ein Wort, ein Blick oder selbst Stillschweigen nicht viel besser ausdrückte? Das scheint mir so wahr, daß in dem Augenblick, wo Du mir sagtest, wir wollten uns nicht mehr schreiben, dieser Gedanke leicht über meine[[Besitz]] Seele glitt. Er belästigte sie vielleicht etwas, aber er berührte sie nicht. So ungefähr, wie wenn ich Dich auf Dein Herz küssen will und ein Band oder ein Stück Gaze treffe; ich schiebe es nur beiseite, habe aber nicht das Gefühl, als hindere mich was. Seitdem aber sind wir getrennt; und sobald Du nicht mehr da warst, kam dieser Gedanke ans Schreiben wieder und quälte mich. Wozu, sagte ich mir, auch noch diese Entbehrung? Weil man getrennt ist, hat man sich deswegen nichts mehr zu sagen? Ich nehme an, man ist von den Umständen begünstigt und verbringt einen ganzen Tag miteinander – soll man denn da die Zeit zum Plaudern von der des Genusses abziehen? Ja, des Genusses, meine[[Besitz]] zärtliche Freundin! Denn bei Dir geben auch die Augenblicke der Ruhe noch köstlichen Genuß. Aber schließlich, ob gute oder schlimme Zeit, muß man sich trennen. Und dann ist man so allein! Da ist dann ein Brief kostbar! Wenn man ihn schon nicht liest, so schaut man ihn an … Ach, sicher kann man einen Brief ansehen, ohne ihn zu lesen, wie ich zur Nacht noch Lust daran hätte, Dein Bildnis zu berühren … Dein Bildnis, sagte ich? Aber ein Brief ist doch das Bildnis der Seele. Die Seele hat nicht, wie ein kaltes Bild, diese der Liebe so ferne Starrheit. Abwechselnd belebt es sich, es genießt, es ruht… Deine Gefühle sind mir so kostbar! Willst Du mich ein Mittel entbehren lassen, durch das ich sie sammeln könnte? Bist Du denn so sicher, daß Dich das Bedürfnis, mir zu schreiben, nie quälen wird? Wenn in der Einsamkeit sich Dein Herz weitet oder beklommen wird, wenn eine freudige Bewegung Dir bis in die Seele dringt, wenn eine unwillkürliche Traurigkeit Dich einen Augenblick betrübt, willst Du denn nicht in das Herz Deines Freundes Dein Glück oder Dein Leid ausschütten? Willst Du denn ein Gefühl haben, das er nicht teilen soll? Du willst ihn fern von Dir sich in einsame Träumereien verlieren lassen? Meine[[Besitz]] Freundin, meine[[Besitz]] zärtliche Freundin! Aber Dir steht es zu, zu entscheiden. Ich wollte nur besprechen, nicht Dich verleiten. Ich sagte nur Gründe, ich wage zu glauben, daß ich durch Bitten stärker gewesen wäre. Ich werde also, wenn Du dabei bleibst, versuchen, mich nicht zu betrüben, ich werde mich anstrengen, mir selbst zu sagen, was Du mir geschrieben hättest. Aber sieh, Du würdest es besser sagen als ich; und vor allem würde ich es mit mehr Vergnügen hören. Adieu, reizende Freundin; endlich naht die Stunde, wo ich Dich sehen kann. Ich verlasse Dich rasch, um Dich um so eher wiederzufinden. &&ar Paris, den 3. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="152._Brief" &&fa Hundertundzweiundfünfzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Gewiß, Marquise, halten Sie[[1]] mich nicht für so ungeübt, daß Sie[[1]] dächten, ich hätte mich in bezug auf das {{Tête-à-tête}}, in dem ich Sie[[1]] heute abend gefunden habe und des »erstaunlichen Zufalles«, der Danceny zu Ihnen führte, irreleiten lassen! Ihre geübte Physiognomie hat es ja wunderbar verstanden, den Ausdruck der Ruhe und Ehrlichkeit anzunehmen, und Sie[[1]] haben sie auch durch keinen Satz verraten, der einer Frau manchmal in der Verwirrung oder in der Reue entschlüpfen kann. Ich gebe sogar zu, daß Ihre geschulten Blicke Ihnen vorzüglich gedient haben, und hätten sie nur ebensoviel Glauben wie Verständnis bei mir finden können, dann wäre ich allerdings weit von jedem Argwohn und hätte keinen Moment lang an dem großen Ärger gezweifelt, den Ihnen dieser »lästige Dritte« bereitete. Um nun aber nicht umsonst so große Talente zu entfalten, um den Erfolg, den Sie[[1]] davon erwarteten, zu haben, kurz um die Täuschung, die Sie[[1]] sich versprachen, wirklich hervorzubringen, hätten Sie[[1]] doch zuvor Ihren Neuling von Liebhaber sorgfältiger ausbilden müssen. Da Sie[[1]] einmal damit beginnen, junge Leute zu erziehen, lehren Sie[[1]] Ihre Zöglinge, nicht zu erröten und nicht beim geringsten Scherz die Fassung zu verlieren; nicht einer einzigen Frau wegen dieselben Dinge lebhaft zu leugnen, die er in Hinsicht auf alle andern Frauen nur gerade so so von sich weist. Lehren Sie[[1]] die jungen Leute ferner, das Lob ihrer Geliebten anzuhören, ohne daß sie sich verpflichtet glauben, dafür zu danken. Und wenn Sie[[1]] ihnen erlauben, Sie[[1]] in Gesellschaft anzusehen, dann mögen sie wenigstens lernen, diesen leicht erkennbaren Blick des Eigentümers zu maskieren, den sie so ungeschickt mit dem Blick der Liebe verwechseln. Dann, aber erst dann können Sie[[1]] sie öffentlich auftreten lassen, ohne daß ihre Leistungen der klugen Lehrerin Schande machen; und ich selbst werde glücklich sein, an Ihrem Ruhm mitwirken zu können und verspreche Ihnen, die Programme dieser neuen Schule auszuarbeiten und zu veröffentlichen. Bis dahin muß ich bekennen, wie ich mich wundere, daß gerade ich es bin, den Sie[[1]] wie einen Schüler zu behandeln sich vornehmen. O, wie hätte ich mich bei jeder andern Frau gerächt! Was für ein Vergnügen ich mir daraus machen wollte! Und wie würde es leicht jedes übertreffen, was sie mir zu entziehen glaubte! Ja, es ist wirklich nur bei Ihnen so, daß ich lieber eine Genugtuung als Rache nehme. Und glauben Sie[[1]] ja nicht, daß ich durch den mindesten Zweifel, die geringste Ungewißheit zurückgehalten werde! Denn ich weiß alles. Sie[[1]] sind seit vier Tagen in Paris. Und haben Danceny täglich gesehen und nur ihn allein gesehen. Sogar heute noch war Ihre Türe geschlossen, und es fehlte Ihrem Schweizer nur Ihre Dreistigkeit, daß er mich hinderte, bis zu Ihnen zu dringen. Ich sollte indes nicht zweifeln, schrieben Sie[[1]] mir, daß ich als erster Ihre Ankunft erfahren würde, diese Ankunft, deren Tag Sie[[1]] mir noch nicht bestimmen konnten, während Sie[[1]] mir am Vorabend Ihrer Abreise schrieben. Wollen Sie[[1]] diese Tatsachen leugnen, oder versuchen sich zu entschuldigen? Das eine ist so unmöglich wie das andere; und doch halte ich noch an mich! Bemessen Sie[[1]] danach Ihre Macht. Aber glauben Sie[[1]] mir, seien Sie[[1]] dabei begnügt, sie erprobt zu haben und mißbrauchen Sie[[1]] sie nicht länger. Wir kennen uns beide zu gut, Marquise, – das sollte Ihnen genügen. Sie[[1]] sind morgen für den ganzen Tag aus, sagten Sie[[1]] mir. Sehr schön, wenn Sie[[1]] wirklich aus sind; und Sie[[1]] werden sich denken können, daß ich es erfahren werde. Aber schließlich kommen Sie[[1]] am Abend doch wieder heim; und für unsere schwierige Aussöhnung werden wir bis zum nächsten Morgen nicht zu viel Zeit haben. Lassen Sie[[1]] mich doch wissen, ob es bei Ihnen oder in Ihrem »andern Haus«, – Sie[[1]] wissen schon – sein wird, wo wir unsere zahlreichen beiderseitigen Sühnopfer bringen werden. Und vor allem: Nichts mehr von Danceny. Ihr eigensinniger Kopf hat sich mit dem Gedanken an ihm vollgepfropft, und ich kann bei diesem Delirium Ihrer Phantasie nicht eifersüchtig sein. Aber bedenken Sie[[1]], daß von diesem Augenblick ab das, was nur eine Laune war, zur ausgesprochenen Bevorzugung werden würde. Ich glaube mich nicht für diese Demütigung geschaffen, und erwarte sie nicht von Ihnen zu erfahren. Ich hoffe, daß Ihnen das gar nicht wie ein Opfer vorkommen wird. Aber wenn es Sie[[1]] selbst etwas kostet, so meine[[Meinung]] ich, habe ich Ihnen ein schönes Beispiel dafür gegeben. Eine gefühlvolle schöne Frau, die nur für mich lebte, und die in diesem Augenblick vielleicht vor Liebe und Gram stirbt, ist wohl einen jungen Schüler wert, dem, wenn Sie[[1]] wollen, weder Geist noch hübsches Gesicht fehlt, der aber weder von der Welt was weiß noch irgend Erfahrung hat. Adieu, Marquise! Ich sage Ihnen nichts von meinen[[Besitz]] Empfindungen, die ich für Sie[[1]] habe. Alles, was ich in diesem Augenblick tun kann, ist, mein Herz nicht auszuforschen. Ich erwarte Ihre Antwort. Bedenken Sie[[1]] dabei, daß, je leichter Sie[[1]] es haben, mich die mir zugefügte Beleidigung vergessen zu lassen, mit desto unverwischlicheren Zügen würde eine Weigerung Ihrerseits, ein einfacher bloßer Aufschub sie in mein Herz graben. &&ar Paris, den 3. Dezember 17.. abends. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="153._Brief" &&fa Hundertunddreiundfünfzigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Nehmen Sie[[1]] sich in acht, Vicomte! Und berücksichtigen Sie[[1]] etwas mehr meine[[Besitz]] große Schüchternheit! Wie soll ich denn den niederdrückenden Gedanken ertragen, mir Ihre Mißbilligung zuzuziehen, und wie soll ich vor allem nicht der Angst vor Ihrer Rache erliegen? Um so mehr da, wie Sie[[1]] wissen, wenn Sie[[1]] mir einen Streich spielen, es mir nicht möglich wäre, ihn Ihnen nicht wieder zurückzuzahlen. Ich könnte machen was ich wollte. Ihr Leben wäre darum nicht weniger glänzend und friedlich. Was hätten Sie[[1]] denn zu befürchten? Daß Sie[[1]] abreisen müßten, wenn man Ihnen Zeit dazu ließe. Aber lebt es sich denn im Ausland nicht gerade so wie hier? Und angenommen, daß Sie[[1]] der französische Hof, an dem Ort, wo Sie[[1]] sich niederlassen wollen, ruhig ließe, wäre das für Sie[[1]] nur ein Ortswechsel Ihrer Triumphe. Nachdem ich so versucht habe, Ihnen mit diesen moralischen Betrachtungen Ihr kaltes Blut wiederzugeben, wenden wir uns zu unseren Geschäften. Wissen Sie[[1]], Vicomte, warum ich mich nicht wieder verheiratet habe? Gewiß nicht aus Mangel an guten Partien, sondern nur, damit niemand das Recht hat, mir etwas über mein Tun und Lassen zu sagen. Nicht daß ich befürchtete, nicht mehr nach meinem Willen zu leben, denn ich hätte doch immer getan, wozu mir die Lust gekommen wäre; aber es hätte mich geniert, daß jemand auch nur das Recht gehabt hätte, sich darüber zu beschweren. Schließlich auch darum nicht, weil ich nur zu meinem Vergnügen betrügen wollte und nicht aus Not. Und da schreiben Sie[[1]] mir den eheherrlichsten Brief, den je eine Gattin bekommen hat! Sie[[1]] sprechen darin nur von Unrecht meinerseits und von Gnade Ihrerseits! Aber wie kann man dem was schuldig bleiben, dem man nichts schuldet? Ich kann das nicht verstehen. Worum handelt es sich eigentlich so dringend? Sie[[1]] haben Danceny bei mir gefunden, und das hat Ihnen mißfallen, gut. Aber was konnten Sie[[1]] daraus schließen? Entweder daß es ein Zufall war, wie ich Ihnen sagte, oder mein Wille, wie ich Ihnen nicht sagte. Im ersten Falle ist Ihr Brief ungerecht, im zweiten ist er lächerlich –, das hat sich gelohnt, zu schreiben! Aber Sie[[1]] sind eifersüchtig, und die Eifersucht ist unvernünftig. Also will ich für Sie[[1]] Vernunft haben. Entweder haben Sie[[1]] einen Rivalen oder Sie[[1]] haben keinen. Wenn Sie[[1]] einen haben, müssen Sie[[1]] gefallen, damit Sie[[1]] ihm vorgezogen werden; wenn Sie[[1]] keinen haben, müssen Sie[[1]] auch wieder gefallen, damit Sie[[1]] keinen Rivalen bekommen. In jedem Fall haben Sie[[1]] sich ganz gleich zu verhalten, – warum quälen Sie[[1]] sich also? Warum vor allem quälen Sie[[1]] mich? Können Sie[[1]] denn nicht mehr der Liebenswürdigste sein? Und sind Sie[[1]] Ihrer Erfolge nicht mehr sicher? Gehen Sie[[1]] doch, Vicomte, Sie[[1]] tun sich Unrecht! Aber das ist es auch nicht, was ich meine[[Meinung]]; es ist das, daß Sie[[1]] sich nicht einbilden sollen, es läge Ihnen so viel daran. Es liegt Ihnen nicht an meinen[[Besitz]] Liebenswürdigkeiten. Sie[[1]] wollen nur Ihre Macht mißbrauchen. Schämen Sie[[1]] sich, Sie[[1]] sind undankbar. Das nennt man wohl gar Gefühl? Und wenn ich so weiterschriebe, könnte dieser Brief noch sehr zärtlich werden, aber Sie[[1]] verdienen es nicht. Sie[[1]] verdienen auch nicht, daß ich mich rechtfertige. Zur Strafe für Ihr Mißtrauen sollen Sie[[1]] es behalten: ich sage Ihnen nichts über den Zeitpunkt meiner Rückkehr, nichts über Dancenys Besuche. Sie[[1]] haben sich sehr viel Mühe gemacht, es herauszubringen, nicht wahr? Nun, sind Sie[[1]] damit etwas weiter gekommen? Ich wünsche Ihnen, daß Sie[[1]] viel Vergnügen davon gehabt haben, – dem meinen[[Besitz]] hat es nicht geschadet. Alles, was ich also auf Ihren Drohbrief antworten kann, ist, daß er weder die Eigenschaft gehabt hat mir zu gefallen, noch die Macht, mich einzuschüchtern; und daß ich für den Augenblick so wenig als nur irgend denkbar geneigt bin, Ihnen Ihr Verlangen zu erfüllen. In Wahrheit: Sie[[1]] anzunehmen wie Sie[[1]] sich heute zeigen, das wäre eine offenkundige Untreue gegen Sie[[1]]. Denn das hieße nicht, mit meinem früheren Geliebten anknüpfen, das hieße einen neuen nehmen, und zwar einen, der lange nicht so viel wert ist wie der frühere. Ich habe den ersten noch nicht genug vergessen, als daß ich mich so irren könnte. Der Valmont, den ich liebte, der war bezaubernd. Ich will sogar zugeben, daß ich nie einem liebenswürdigeren Mann begegnet bin. Ach bitte, Vicomte, wenn Sie[[1]] ihn wiederfinden, bringen Sie[[1]] ihn mir, – der wird immer gut bei mir empfangen werden. Sagen Sie[[1]] ihm aber, daß es auf keinen Fall für heute oder morgen wäre. Sein Doppelgänger hat ihm etwas Unrecht getan; und wenn ich mich zu sehr beeilte, würde ich fürchten, mich zu täuschen. Oder habe ich vielleicht für diese beiden Tage Danceny mein Wort gegeben? … Und Ihr Brief hat mich belehrt, daß Sie[[1]] keinen Spaß verstehen, wenn man sein Wort nicht hält. Sie[[1]] sehen also, daß Sie[[1]] warten müssen. Aber was liegt Ihnen denn daran? Sie[[1]] werden sich an Ihrem Rivalen immer noch ausgiebig rächen. Er wird mit Ihrer Geliebten nicht ärger verfahren als Sie[[1]] mit der seinen. Und ist schließlich eine Frau nicht so viel wert wie die andere? Das ist doch Ihr Grundsatz! Die sogar, die »zärtlich und gefühlvoll wäre, die nur für Sie[[1]] lebte, die endlich aus Liebe und Gram stürbe«, würde nichts destoweniger der ersten Laune geopfert werden, der Furcht, einen Augenblick darüber geneckt werden zu können, – und Sie[[1]] wollen, daß andere sich Zwang antun! Das ist doch nicht gerecht. Adieu, Vicomte! Und kommen Sie[[1]] doch liebenswürdig zurück. Sehen Sie[[1]], mir wäre nichts lieber, als wenn ich Sie[[1]] reizend finden könnte, und sowie ich dessen sicher bin, verpflichte ich mich, es Ihnen zu beweisen. Ich bin wirklich viel zu gut, nicht? &&ar Paris, den 4. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="154._Brief" &&fa Hundertundvierundfünfzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. &&fe &&ax &&lg=x Ich antworte sofort auf Ihren Brief, und will versuchen, mich klar auszudrücken, was bei Ihnen nicht ganz leicht ist, wenn Sie[[1]] sich einmal vorgenommen haben, nicht zu verstehen. Lange Reden wären nicht nötig gewesen, um festzustellen, daß, da jeder von uns genug in Händen hat, um den andern zu verderben, wir beide das gleiche Interesse haben, uns gegenseitig zu schonen. Darum handelt es sich also nicht. Aber zwischen dem groben Entschluß, sich zugrunde zu richten, und dem zweifellos besseren, vereint zu bleiben, wie wir es waren, und noch einiger dadurch zu werden, daß wir unser früheres Verhältnis wieder aufnehmen, – zwischen diesen beiden Entschlüssen, sage ich, gibt es noch tausend andere, die man treffen kann. Es war demnach nicht lächerlich, Ihnen zu sagen, und es ist nicht lächerlich, Ihnen zu wiederholen, daß ich von diesem Tage an entweder Ihr Geliebter bin oder Ihr Feind. Ich weiß sehr wohl, daß Ihnen diese Wahl lästig ist, daß Ihnen Ausflüchte besser passen würden; und ich weiß auch sehr wohl, daß es Ihnen niemals angenehm war, so zwischen Ja und Nein gestellt zu sein. Aber Sie[[1]] müssen auch fühlen, daß ich Sie[[1]] aus diesem engen Kreis nicht herauslassen kann, ohne zu riskieren, daß Sie[[1]] mich beschwindeln, und Sie[[1]] mußten es sich vorhersagen, daß ich das nicht dulden würde. Es ist jetzt an Ihnen zu entscheiden. Ich kann Ihnen die Wahl lassen, aber ich kann nicht im Ungewissen bleiben. Ich sage Ihnen im voraus, daß Sie[[1]] mich mit Ihren guten oder schlechten vernünftigen Gründen nicht irremachen werden; daß Sie[[1]] mich mit ein paar Schmeicheleien ebensowenig mehr verführen werden, mit denen Sie[[1]] Ihre Weigerung aufzuputzen gesucht haben. Ich sage Ihnen nur, daß nun endlich der Moment da ist, wo es offen sein heißt. Nichts tue ich lieber, als Ihnen mit gutem Beispiel vorangehen, und ich erkläre mit Vergnügen, daß ich Frieden und Eintracht vorziehe. Aber wenn das eine wie das andere gebrochen sein muß, dann glaube ich dazu das Recht und die Mittel zu haben. Ich füge nur hinzu, daß das mindeste Hindernis Ihrerseits von meiner Seite als regelrechte Kriegserklärung angenommen werden wird. Sie[[1]] sehen, die Antwort, die ich verlange, hat keine langen noch schönen Sätze nötig. Zwei Worte genügen. &&ar Paris, den 4. Dezember 17.. &&al Antwort der Marquise von Merteuil am unteren Rand des obigen Briefes: Also gut: den Krieg! &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="155._Brief" &&fa Hundertundfünfundfünfzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Die Bulletins unterrichten Sie[[1]] besser als ich es tun könnte, meine[[Besitz]] liebe Freundin, von dem betrüblichen Zustande unserer Kranken. Ganz ihrer Pflege gewidmet, nehme ich mir die Zeit, Ihnen zu schreiben, nur insofern es noch andere Vorgänge gibt, als die Krankheit. Hier eines, auf das ich nicht gefaßt war. Ich erhielt einen Brief von Herrn von Valmont, in dem es ihm beliebt hat, mich zu seiner Vertrauten zu machen, ja sogar zu seiner Vermittlerin bei Frau von Tourvel zu wählen, für die er einen Brief an mich beigefügt hat. Ich habe den einen zurückgeschickt zugleich mit der Antwort auf den andern. Ich schicke Ihnen den letzteren und glaube, Sie[[1]] werden wie ich der Meinung sein, daß ich nicht tun konnte noch durfte, was er verlangt. Selbst wenn ich es gewollt hätte, wäre unsere unglückliche Freundin doch nicht imstande gewesen mich zu verstehen. Ihr Delirium dauert fort. Aber was sagen Sie[[1]] zu der Verzweiflung des Herrn von Valmont? Darf man daran glauben oder will er nur alle betrügen und bis ans Ende? Wenn er dieses Mal aufrichtig ist, so muß er sich selbst die Schuld an seinem Unglück beimessen. Er wird mit meiner Antwort, glaube ich, wenig zufrieden sein, aber ich gestehe, daß alles, was mich mehr von dieser unglücklichen Geschichte unterrichtet, mich mehr und mehr gegen ihren Urheber empört. Gott mit Ihnen, meine[[Besitz]] liebe Freundin; ich kehre zu meiner traurigen Krankenpflege zurück, die noch trauriger wird durch die geringe Hoffnung auf Erfolg. Sie[[1]] kennen meine[[Besitz]] Gefühle für Sie[[1]]. &&ar Paris, den 5. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="156._Brief" &&fa Hundertundsechsundfünfzigster Brief Der Vicomte von Valmont an den Chevalier Danceny. &&fe &&ax &&lg=x Schon zweimal war ich bei Ihnen, lieber Chevalier, aber seitdem Sie[[1]] die Rolle des Liebenden mit der des Weiberhelden vertauscht haben, sind Sie[[1]], wie begreiflich, unauffindbar geworden. Ihr Kammerdiener hat mir jedoch versichert, daß Sie[[1]] diesen Abend nach Hause kommen würden und daß er Befehl habe, auf Sie[[1]] zu warten. Ich aber, der ich von Ihren Plänen unterrichtet bin, habe sehr wohl verstanden, daß Sie[[1]] nur auf einen Augenblick nach Hause kommen würden, um sich für die bewußte Gelegenheit umzuziehen und alsbald wieder Ihren Siegeslauf aufzunehmen. Sie[[1]] haben meinen[[Besitz]] Beifall. Aber vielleicht werden Sie[[1]] für heute abend versucht sein, die Richtung besagten Laufes zu ändern. Sie[[1]] kennen erst die Hälfte Ihrer Geschäfte, – ich muß Sie[[1]] über die andere Hälfte aufklären, dann können Sie[[1]] entscheiden. Nehmen Sie[[1]] sich deshalb die Zeit, meinen[[Besitz]] Brief zu lesen. Womit Sie[[1]] von Ihren Vergnügungen nicht abgezogen werden sollen, da dieser Brief im Gegenteil ja keinen andern Zweck hat, als Ihnen zwischen mehreren Vergnügungen die Wahl zu lassen. Wenn ich Ihr volles Vertrauen besessen und von Ihnen den Teil Ihrer Geheimnisse erfahren hätte, den Sie[[1]] mir zu erraten überlassen haben, wäre ich zur rechten Zeit unterrichtet worden, und mein Eifer würde nicht so ungeschickt wie heute Sie[[1]] nicht in Ihrem Vorgehen hindern. Aber gehen wir von da aus, wo wir stehen. Wofür, immer Sie[[1]] sich auch entscheiden, Ihr schlimmster Entscheid würde für andere noch immer das Glück sein. Sie[[1]] haben für diese Nacht ein Stelldichein, nicht wahr? Mit einer charmanten Frau, die Sie[[1]] anbeten? Denn wo ist in Ihrem Alter die Frau, die man nicht anbetet, wenigstens die ersten acht Tage! Der Ort der Handlung soll Ihre Vergnügen noch erhöhen. Ein entzückendes kleines Haus, das man »nur für Sie[[1]] angeschafft hat«, soll die Lust verschönen mit dem Reize der Freiheit und dem des Geheimnisses. Alles ist abgemacht, man erwartet Sie[[1]], und Sie[[1]] brennen darauf, hinzugehen. Das ist es, was wir alle beide wissen, obschon Sie[[1]] mir nichts davon gesagt haben. Jetzt kommt das, was Sie[[1]] nicht wissen, und was ich Ihnen sagen muß. Seitdem ich wieder in Paris bin, sann ich auf Mittel, Sie[[1]] Fräulein von Volanges näher zu bringen: ich hatte es Ihnen versprochen; und noch das letztemal, als ich Ihnen davon sprach, konnte ich aus Ihren Antworten, ich möchte sagen aus Ihrer Leidenschaft schließen, daß ich mich mit Ihrem Glücke beschäftigte. Ich konnte dieses schwierige Unternehmen nicht allein zu gutem Ende bringen; ich überließ, nachdem ich die Wege gebahnt hatte, das übrige dem Eifer Ihrer jungen Geliebten. Sie[[1]] hat in ihrer Liebe Hilfe gefunden, die meiner Erfahrung fehlten; und ihr Unglück will, daß es ihr gelang. Seit zwei Tagen, hat sie mir heute abend gesagt, sind alle Hindernisse überwunden, und Ihr Glück hängt nur noch von Ihnen ab. Seit zwei Tagen schmeichelte sie sich, Ihnen diese Neuigkeit selbst mitzuteilen, und trotz der Abwesenheit der Mama wären Sie[[1]] empfangen worden. Aber Sie[[1]] haben sich überhaupt nicht gezeigt! Und, um Ihnen alles zu sagen, sei es nun Laune oder Vernunft, das kleine Fräulein schien mir etwas geärgert über diesen Mangel an Eifer Ihrerseits. Endlich hat sie es dann möglich gemacht, daß auch ich zu ihr kommen konnte, und hat mir das Versprechen abgenommen, Ihnen sobald wie möglich beiliegenden Brief zu übergeben. Aus ihrer Dringlichkeit dabei ist anzunehmen, und möchte ich wetten, daß es sich um ein Stelldichein für heute abend handelt. Wie dem auch sei, ich habe auf Ehre und Freundschaft versprochen, daß Sie[[1]] das zärtliche Schreiben noch im Laufe des Tages haben sollten, und ich kann und will mein Wort nicht brechen. Was, junger Mann, wollen Sie[[1]] nun tun? Sie[[1]] sind zwischen Eitelkeit und Liebe gestellt, zwischen Vergnügen und Glück – wo wird Ihre Wahl liegen? Spräche ich zu dem Danceny von vor drei Monaten, oder auch nur zu dem von vor acht Tagen, dann wäre ich seines Herzens und so auch seines Entschlusses sicher. Wird aber der Danceny von heute, um den die Frauen sich reißen, der auf Abenteuer geht und wie es der Brauch ist, etwas ruchlos geworden ist, – wird dieser Danceny ein junges, schüchternes Mädchen, das nur seine Schönheit, seine Unschuld und seine Liebe für sich hat, den Annehmlichkeiten einer vollkommen »erfahrenen« Frau vorziehen? Lieber Freund, mir scheint es, daß selbst bei Ihren neuen Grundsätzen, zu denen ich mich ja immerhin auch ein wenig bekenne, die Umstände mich die junge Geliebte wählen ließen. Einmal ist es eine mehr, und dann das Neue und auch die Angst, die Sie[[1]] haben müssen, die Frucht Ihrer Mühen zu verlieren, wenn Sie[[1]] versäumen, sie zu pflücken. Denn schließlich hätten Sie[[1]], von dieser Seite gewonnen, wirklich eine Gelegenheit versäumt, und die kehrt nicht immer wieder, besonders wenn es wie hier eine erste Schwäche ist. Oft braucht es in einem solchen Falle nur einen Augenblick Verstimmung, einen eifersüchtigen Verdacht, ja weniger noch, um den schönsten Sieg zu verhindern. Die ertrinkende Tugend klammert sich manchmal an einen Strohhalm; einmal aber erst so davongekommen, sieht sie sich vor und läßt sich nicht leicht wieder beikommen. Und was riskieren Sie[[1]] drüben? Nicht einmal den Bruch; einen kleinen Zank höchstens, wobei man mit einigen Nettigkeiten das Vergnügen einer Aussöhnung sich erkauft. Was bleibt denn einer Frau, die sich schon ergeben hat, anderes übrig als die Nachsicht? Was gewänne sie mit der Strenge? Den Verlust ihres Vergnügens, ohne Gewinn für ihren Ruhm. Wenn Sie[[1]], wie ich vermute, sich für die Liebe entscheiden, die mir auch die Vernunft für sich zu haben scheint, so gebietet, glaube ich, die Klugheit, daß Sie[[1]] sich bei dem versäumten Stelldichein nicht entschuldigen. Lassen Sie[[1]] ganz einfach auf sich warten; wenn Sie[[1]] mit einem Grund daher kommen, wird man vielleicht versucht sein, ihn zu prüfen. Die Frauen sind neugierig und hartnäckig; alles kann herauskommen. Ich bin, wie Sie[[1]] sehen, ein Beispiel dafür, eben jetzt. Aber wenn Sie[[1]] die Hoffnung bestehen lassen, die ja von der Eitelkeit unterstützt wird, so wird man sie erst lange nach der zu Erkundigungen geeigneten Stunde aufgeben; dann können Sie[[1]] morgen das unüberwindliche Hindernis suchen, das Sie[[1]] abgehalten hat. Sie[[1]] sind krank gewesen, tot, wenn es sein muß, oder irgend sonst was, worüber Sie[[1]] verzweifelt sind, und alles kommt wieder in Ordnung. Wozu Sie[[1]] sich übrigens entscheiden, ich bitte Sie[[1]] nur, mich davon zu unterrichten; und da ich nicht dabei interessiert bin, werde ich alles recht finden, was Sie[[1]] tun. Adieu, lieber Freund. Was ich noch beifügen wollte ist, daß ich Frau von Tourvel sehr bedauere. Die Trennung von ihr bringt mich in Verzweiflung. Ich möchte die Hälfte meines Lebens für das Glück hergeben, ihr die andere weihen zu dürfen. Ach, glauben Sie[[1]] mir, glücklich ist man nur in der Liebe. &&ar Paris, den 5. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="157._Brief" &&fa Hundertundsiebenundfünfzigster Brief Cécile Volanges an den Chevalier Danceny. (Dem vorhergehenden Brief beigelegt.) &&fe &&ax &&lg=x Wie kommt es, mein lieber Freund, daß ich Sie[[1]] nicht mehr zu sehen bekomme, wo ich doch nicht aufhöre, Sie[[1]] herbeizuwünschen? Möchten Sie[[1]] nicht mehr so gerne wie früher? Ach! jetzt bin ich wirklich traurig! Trauriger als damals, wo wir ganz getrennt waren. Der Kummer, den ich sonst von andern erlitt, kommt jetzt von Ihnen, und das tut mir viel mehr weh. Seit ein paar Tagen ist Mama nie zu Hause, wie Sie[[1]] wohl wissen, und ich hoffte immer, Sie[[1]] würden versuchen, diese freie Zeit auszunützen; aber Sie[[1]] denken überhaupt nicht an mich; ich bin recht unglücklich! Sie[[1]] haben mir so oft gesagt, daß ich es wäre, die weniger liebte! Ich wußte wohl, es war umgekehrt, und jetzt ist hier der Beweis. Hätten Sie[[1]] mich besuchen wollen, dann hätten Sie[[1]] es auch gekonnt; denn ich bin nicht wie Sie[[1]], ich denke nur daran, wie wir zusammenkommen können. Sie[[1]] verdienten wohl, daß ich Ihnen gar nichts von all dem sage, was ich für Sie[[1]] getan habe, und mit wieviel Mühe. Aber ich liebe Sie[[1]] zu sehr, und ich habe eine solche Lust, daß Sie[[1]] mich besuchen, daß ich mich nicht enthalten kann, es Ihnen zu sagen. Und dann werde ich nun wohl sehen, ob Sie[[1]] mich wirklich lieben. Ich habe es so gut angestellt, daß der Türhüter für uns ist, und daß er mir versprochen hat, jedesmal wenn Sie[[1]] kämen, will er Sie[[1]] immer herein lassen, als wenn er Sie[[1]] nicht sähe. Und wir können uns ganz auf ihn verlassen, er ist ein sehr anständiger Mensch. Es handelt sich also bloß noch darum, daß Sie[[1]] im Hause niemand sieht, und das ist ganz leicht, wenn Sie[[1]] erst abends kommen, wo überhaupt nichts mehr zu fürchten ist. Seitdem Mama täglich ausgeht, legt sie sich schon alle Tage um elf Uhr schlafen. Somit hätten wir viel Zeit. Der Türhüter hat mir gesagt, wenn Sie[[1]] so kommen möchten, sollten Sie[[1]] statt an der Tür an sein Fenster klopfen, und er würde gleich öffnen. Und dann werden Sie[[1]] die kleine Nebentreppe schon finden; und da Sie[[1]] kein Licht haben können, werde ich meine[[Besitz]] Zimmertür offen lassen, was Ihnen immer etwas Licht geben wird. Sie[[1]] müssen acht geben, daß Sie[[1]] kein Geräusch machen, besonders wenn Sie[[1]] an Mamas Türe vorbeikommen. Bei der Tür meiner Kammerfrau hat es nichts zu sagen, weil sie mir versprochen hat, daß sie nicht aufwachen will. Sie[[1]] ist auch ein gutes Mädchen! Und wenn Sie[[1]] wieder fortgehen, machen Sie[[1]] es gerade so. Jetzt wollen wir sehen, ob Sie[[1]] kommen. Mein Gott, warum klopft mir doch das Herz so, während ich Ihnen schreibe? Soll mir denn ein Unglück passieren, oder ist es die Hoffnung, Sie[[1]] wiederzusehen, die mich so aufregt? Was ich sicher fühle ist, daß ich Sie[[1]] nie so stark geliebt habe, und mir nie so stark gewünscht habe, es Ihnen zu sagen. Kommen Sie[[1]] doch, mein Freund, mein Lieber, daß ich Ihnen hundertmal sagen kann, daß ich Sie[[1]] liebe, daß ich Sie[[1]] anbete, daß ich niemals einen andern als Sie[[1]] lieben werde. Ich fand Mittel, Herrn von Valmont wissen zu lassen, daß ich ihm etwas zu sagen hätte; und da er Ihr guter Freund ist, wird er sicher morgen kommen, ich werde ihn bitten, Ihnen diesen Brief gleich zu geben. Somit erwarte ich Sie[[1]] morgen abend, und Sie[[1]] müssen bestimmt kommen, wenn Sie[[1]] Ihre Cécile nicht unglücklich machen wollen. Adieu, mein lieber Freund, ich küsse Sie[[1]] von ganzem Herzen. &&ar Paris, den 4. Dezember 17.., abends. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="158._Brief" &&fa Hundertundachtundfünfzigster Brief Der Chevalier Danceny an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Zweifeln Sie[[1]], mein lieber Vicomte, weder an meinem Herzen, noch an meinem Entschlusse. Wie könnte ich einem Wunsche meiner Cécile widerstehen? Ach, nur sie, nur sie allein liebe ich, und werde ich immer lieben! Ihre Hingabe, ihre Zärtlichkeit haben einen Zauber für mich, von dem mich für einen Augenblick ablenken zu lassen ich die Schwäche haben konnte, den aber nichts jemals auslöschen wird. Seit ich sozusagen, ohne es zu merken, in ein anderes Abenteuer verstrickt bin, hat die Erinnerung an Cécile mich bis in die zärtlichsten Freuden hinein verfolgt. Und vielleicht hat ihr mein Herz niemals so viel Huldigung dargebracht, als in eben dem Augenblick, in dem ich ihr untreu war. Indes, mein Freund, schonen wir ihr Zartgefühl, und verbergen wir ihr mein Unrecht – nicht um sie zu hintergehen, sondern um sie nicht zu betrüben. Céciles Glück ist mein höchster Wunsch; niemals würde ich mir ein Vergehen verzeihen, das sie auch nur eine Träne gekostet hätte. Ich habe, ich weiß es, den Spott verdient, den Sie[[1]] mit dem treiben, was Sie[[1]] meine[[Besitz]] neuen Grundsätze nennen. Aber Sie[[1]] können es mir glauben, nicht nach ihnen richtet sich im Augenblick mein Verhalten; und ich werde es Ihnen gleich morgen beweisen. Ich werde gehen und mich bei jener anklagen, die meine[[Besitz]] Verirrung verursacht und sie geteilt hat. Ich werde ihr sagen: »Lesen Sie[[1]] in meinem Herzen; es hegt für Sie[[1]] die zärtlichste Freundschaft; und die Freundschaft, die sich mit der Begierde verbindet, sieht der Liebe so ähnlich … Beide haben wir uns geirrt; bin ich aber auch dem Irrtum unterlegen, so bin ich doch einer schlechten Handlung nicht fähig.« Ich kenne meine[[Besitz]] Freundin; sie ist ebenso ehrlich wie nachsichtig; sie wird mehr tun als mir nur verzeihen, sie wird mir beipflichten. Sie[[1]] selbst warf sich oft vor, daß sie die Freundschaft verraten habe; oft erschreckte ihr Zartgefühl ihre Liebe. Verständiger als ich wird sie in meiner Seele diese nötigen Besorgnisse bestärken, die ich in ihr verwegen zu ersticken suchte. Ich werde es ihr schulden, wenn ich besser, wenn ich glücklicher werde. O, meine[[Besitz]] Freunde, teilen Sie[[1]] sich in meinen[[Besitz]] Dank. Der Gedanke, daß ich euch mein Glück schulde, vermehrt seinen Wert. Adieu, mein lieber Vicomte. Das Übermaß meiner Freude hindert mich nicht, Ihres Schmerzes zu gedenken und daran teilzunehmen. Warum kann ich Ihnen auch nicht helfen! So bleibt also Frau von Tourvel unerbittlich? Man sagt auch, daß sie sehr schwer krank ist. Mein Gott, wie bedaure ich sie! Möchte sie doch Gesundheit und zugleich Nachsicht wiedererlangen, und Sie[[1]] für ewig glücklich machen! Das sind die Wünsche der Freundschaft, und ich wage zu hoffen, daß sie die Liebe erhört. Ich möchte noch länger mit Ihnen plaudern, aber die Stunde drängt, und Cécile erwartet mich vielleicht schon. &&ar Paris, den 5. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="159._Brief" &&fa Hundertundneunundfünfzigster Brief Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil. (Bei ihrem Erwachen.) &&fe &&ax &&lg=x Nun, Marquise, wie sind Ihnen die Freuden der letzten Nacht bekommen? Sind Sie[[1]] nicht ein wenig müde davon? Geben Sie[[1]] nur zu, daß Danceny entzückend ist! Er verrichtet Wunder, der Junge! Das haben Sie[[1]] nicht von ihm erwartet, nicht wahr? Alles was Recht ist, ein solcher Rival verdient wohl, daß Sie[[1]] mich ihm opferten. Im Ernst, er ist wirklich voll guter Eigenschaften! Und vor allem: wie viel Liebe, Beständigkeit und Zartgefühl! Ach, wenn Sie[[1]] je von ihm so geliebt werden wie seine Cécile, darin brauchen Sie[[1]] keine Rivalinnen mehr zu fürchten: er hat es Ihnen diese Nacht bewiesen. Vielleicht könnte mit sehr viel Koketterie eine andere Frau ihn Ihnen für einen Augenblick wegnehmen: ein junger Mensch versteht es nicht recht, sich solchen provokanten Lockungen zu entziehen. Aber ein einziges Wort der Geliebten genügt, wie Sie[[1]] sehen, diese Täuschung zu verscheuchen. Sonach fehlt Ihnen nichts weiter, als daß Sie[[1]] diese Geliebte sind, um vollkommen glücklich zu sein. Sicher werden Sie[[1]] sich darin nicht täuschen, denn Sie[[1]] haben ein zu sicheres Gefühl, als daß dies zu fürchten wäre. Indes aber hat meine[[Besitz]] von Ihnen anerkannte aufrichtige Freundschaft in mir den Wunsch für Sie[[1]] reifen lassen, einmal die Probe von heute nacht zu machen. Sie[[1]] ist das Werk meines Eifers und hatte Erfolg. Aber bitte keinen Dank; ist nicht der Rede wert; nichts war leichter als das. Was hat es mich denn gekostet? Ein leichtes Opfer und etwas Geschicklichkeit. Ich habe eingewilligt, mit dem jungen Mann die Gunst seiner Geliebten zu teilen; schließlich hatte er aber doch genau so viel Recht auf sie wie ich, und es lag mir so wenig an ihr! Der Brief, den die junge Person ihm geschrieben hat – den habe ich ihr diktiert; aber nur, um Zeit bei ihr zu gewinnen, die wir besser zusammen anwenden konnten. Der Brief, den ich beigelegt habe, o, das war nichts, beinahe nichts: ein paar Bemerkungen, freundschaftliche, um die Wahl des neuen Liebhabers zu lenken. Aber zur Ehre der Wahrheit: sie waren unnötig – der junge Mann schwankte keinen Augenblick. Und dann will er auch in seiner Unschuld heute zu Ihnen kommen und Ihnen alles beichten; und sicher wird Ihnen dieser Bericht viel Vergnügen machen! Er wird zu Ihnen sagen: »Lesen Sie[[1]] in meinem Herzen« – er schreibt es mir nämlich; und Sie[[1]] sehen wohl, das macht alles wieder gut. Ich hoffe, wenn Sie[[1]] dann darin lesen, was er will, lesen Sie[[1]] wohl auch, daß so junge Liebhaber ihre Gefahren haben; und außerdem, daß es besser ist, mich zum Freund als zum Feind zu haben. Adieu, Marquise, bis zum nächsten Mal. &&ar Paris, den 6. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="160._Brief" &&fa Hundertundsechzigster Brief Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont. (Billett.) &&fe &&ax &&lg=x Ich liebe es nicht, wenn man sich erst schlecht benimmt und dann noch schlechte Witze macht; es ist das weder meine[[Besitz]] Art, noch mein Geschmack. Wenn ich mich über einen zu beschweren habe, mache ich mich nicht über ihn lustig; ich tue was besseres, ich räche mich. So sehr Sie[[1]] auch in diesem Augenblick mit sich zufrieden sein mögen, vergessen Sie[[1]] nicht, es wäre nicht das erstemal, daß Sie[[1]] sich zu früh und ganz allein Beifall klatschten, in der Hoffnung auf einen Triumph, der Ihnen gerade in dem Augenblick entschlüpft wäre, wo Sie[[1]] sich dazu gratulierten. Adieu. &&ar Paris, den 6. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="161._Brief" &&fa Hundertundeinundsechzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Ich schreibe Ihnen vom Zimmer unserer Unglücklichen Freundin aus; deren Zustand fast immer gleich ist. Heute nachmittag soll eine Konsultation von vier Ärzten stattfinden. Leider ist das, wie Sie[[1]] wissen, immer ein Zeichen von großer Gefahr eher als ein Mittel zur Rettung. Es scheint jedoch, daß die Besinnung letzte Nacht etwas zurückgekommen ist. Die Kammerfrau sagte mir heute morgen, daß etwa um Mitternacht ihre Herrin sie hat rufen lassen; daß sie mit ihr allein hat sein wollen, und ihr einen langen Brief diktiert hat. Julie fügte hinzu: während sie damit beschäftigt war, die Adresse zu schreiben, hätten die Delirien wieder begonnen, so daß das Mädchen nicht wußte, an wen sie den Brief adressieren sollte. Ich wunderte mich zuerst, daß der Brief selbst sie darüber nicht aufklärte; aber auf ihre Antwort, daß sie befürchtete sich zu irren, und ihre Herrin habe ihr dennoch dringend empfohlen, den Brief sofort abzuschicken, habe ich das Paket an mich genommen und geöffnet. Ich fand darin das Schriftstück, das ich Ihnen übersende, das tatsächlich an niemand adressiert ist, dafür aber an alle Welt sich richten könnte. Ich glaube indes, daß es Herr von Valmont ist, an den unsere unglückliche Freundin zuerst hat schreiben wollen, daß sie aber unmerklich ihren wirren Gedanken nachgegeben hat. Wie dem auch sei, ich war der Ansicht, daß man diesen Brief niemandem zustellen sollte. Ich schicke ihn Ihnen, weil Sie[[1]] aus ihm besser als ich erraten können, welche Gedanken den Kopf unserer Kranken beschäftigen. So lange sie dies so aufregt, habe ich wenig Hoffnung. Der Leib wird nur schwer wieder gesund, wenn der Geist so wenig ruhig ist. Gott befohlen, meine[[Besitz]] liebe, würdige Freundin. Ich bin froh, daß Sie[[1]] so weit von dem traurigen Schauspiel entfernt sind, das ich immerwährend vor Augen habe. &&ar Paris, den 6. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="162._Brief" &&fa Hundertundzweiundsechzigster Brief Frau von Tourvel an … (Von ihr dem Kammermädchen diktiert.) &&fe &&ax &&lg=x Grausames und böses Wesen, wirst Du nicht müde werden, mich zu verfolgen? Genügt es Dir nicht, daß Du mich gemartert, herabgewürdigt und erniedrigt hast? Willst Du mich bis ins Grab hinein verfolgen? Wie! Sind in diesem Ort der Finsternis, wo mich zu vergraben die Schande zwang, sind hier die Schmerzen ohne Aufhören, und ist die Hoffnung hier unbekannt? Ich erflehe keine Gnade, die ich nicht verdiene, damit ich ohne Klage leide, es ist genug, wenn meine[[Besitz]] Leiden meine[[Besitz]] Kraft nicht übersteigen. Aber mach meine[[Besitz]] Qualen nicht unerträglich. Laß mir meine[[Besitz]] Schmerzen, aber nimm mir die grausame Erinnerung an das Gute, das ich verloren habe. Wenn Du es mir schon entrissen hast, spiegle nicht meinen[[Besitz]] Augen das in Trostlosigkeit stürzende Bild vor. Ich war unschuldig und lebte in Frieden; als ich Dich sah, verlor ich die Ruhe; weil ich auf Dich hörte, wurde ich zur Verbrecherin. Der Du meine[[Besitz]] Fehler veranlaßt hast, mit welchem Recht bestrafst Du sie nun? Wo sind die Freunde, die mich lieb hatten, wo sind sie? Mein Unglück entsetzt sie. Keiner wagt es, sich mir zu nähern. Ich bin in Drang und Not, und sie lassen mich ohne Hilfe! Ich sterbe, und niemand weint um mich. Aller Trost ist mir versagt. Das Mitleid hält am Rande des Abgrundes inne, in den der Verbrecher sich stürzt. Gewissensbisse zerreißen ihn, und sein Schreien hört niemand. Und Du, den ich beleidigte, Du, dessen Achtung meine[[Besitz]] Verzweiflung noch vermehrt; Du, der Du doch allein das Recht hättest, Dich zu rächen, was tust Du fern von mir? Komm und strafe eine ungetreue Frau! Laß mich die verdienten Schmerzen erleiden. Ich hätte mich Deiner Rache schon unterworfen, aber der Mut gebrach mir, Dir meine[[Besitz]] Schande zu gestehen. Es war nicht Verstellung, es war, weil ich Dich achtete. Möge wenigstens dieser Brief dir meine[[Besitz]] Reue zeigen. Der Himmel hat für Dich Partei ergriffen; er rächt Dich für eine Beleidigung, von der Du nichts wußtest. Er selbst hat meine[[Besitz]] Zunge gebunden und meine[[Besitz]] Worte zurückgehalten; er fürchtete, Du möchtest mir den Fehler verzeihen, den er bestrafen wollte. Er hat mich Deiner Nachsicht entzogen, die seine Gerechtigkeit verletzt haben würde. Unbarmherzig in seiner Rache, hat mich der Himmel dem ausgeliefert, der mich ins Verderben gestürzt hat. Es ist um ihn und durch ihn, daß ich leide. Umsonst will ich ihn fliehen, er verfolgt mich; er folgt mir; da ist er; er bestürmt mich ohne Unterlaß. Aber wie ist er nun anders als früher! Seine Augen drücken nur noch Haß und Verachtung aus. Seine Arme umschlingen mich nur, um mich zu zerreißen. Wer rettet mich aus seiner barbarischen Wut! Aber wie! er ist es …! Ich irre mich nicht; ihn sehe ich wieder, er ist es! O mein liebenswürdiger Freund, nimm mich in Deine Arme; verbirg mich an Deiner Brust; ja, Du bist es, Du bist es wirklich! Welche Täuschung voll Unheil konnte mir Dich unkenntlich machen? Wie habe ich, da Du fern warst, gelitten! Wir wollen uns nicht mehr trennen, wir trennen uns nie mehr! Laß mich Atem schöpfen. Fühle mein Herz, wie es schlägt! Ach, nicht mehr aus Furcht klopft es, es ist die süße, herzbewegende Liebe! Warum entziehst Du Dich meiner Zärtlichkeit? Gib mir Deine sanften Blicke! Was sind das für Ketten, die Du zu zerreißen suchst? Warum bereitest Du diesen Totenpomp? Was verändert denn Deine Zunge so schrecklich? Was tust Du? Laß mich, mir schaudert vor Dir! Gott! es ist wieder das Ungeheuer! Freundinnen, verlaßt mich nicht! Du hast mir gesagt, ich soll ihn fliehen, – hilf mir, mit ihm zu kämpfen! Und Du, die Du nachsichtiger warst und mir versprachst, meine[[Besitz]] Leiden zu lindern, komm doch her zu mir. Wo seid Ihr beide? Wenn ich Euch schon nicht sehen darf, antwortet mir wenigstens auf diesen Brief, damit ich weiß, daß Ihr mich noch lieb habt. Laß mich doch, Grausamer! Was für eine neue Wut packt Dich wieder? Fürchtest Du, ein sanftes Gefühl dringe nicht bis zu meiner Seele? Du verdoppelst meine[[Besitz]] Qualen, Du zwingst mich, Dich zu hassen. O, wie der Haß weh tut! wie er das Herz zerfrißt, das ihn hegt! Warum verfolgen Sie[[1]] mich? Was können Sie[[1]] mir noch zu sagen haben? Haben Sie[[1]] mich denn nicht in die Unmöglichkeit versetzt, Sie[[1]] anzuhören, wie auch zu antworten? Erwarten Sie[[1]] nichts mehr von mir. Adieu. &&ar Paris, den 5. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="163._Brief" &&fa Hundertunddreiundsechzigster Brief Der Chevalier Danceny an den Vicomte von Valmont. &&fe &&ax &&lg=x Mein Herr! Ich bin von Ihrer Handlungsweise gegen mich unterrichtet. Ich weiß auch, daß Sie[[1]] noch nicht zufrieden damit sind, mir so mitgespielt zu haben, und sich nicht scheuen, damit groß zu tun, sich etwas darauf einzubilden. Ich habe den Beweis Ihres Verrates von Ihrer eigenen Hand niedergeschrieben gesehen. Ich gestehe, daß mir das Herz darüber geblutet hat, und daß ich Scham darüber empfinde, weil ich selber so sehr mithalf bei dem niederträchtigen Mißbrauch, den Sie[[1]] mit meinem blinden Vertrauen getrieben haben. Aber ich beneide Sie[[1]] nicht um diesen schändlichen Vorteil; ich bin nur neugierig, ob Sie[[1]] diesen Vorteil immer über mich haben werden. Ich werde dies wissen, wenn Sie[[1]], wie ich hoffe, morgen früh zwischen acht und neun Uhr am Tor des Gehölzes von {{Vin¬cen¬nes}} im Dorf {{Saint-Mandé}} sich gefälligst einfinden. Ich werde dafür sorgen, daß alles für die Aufklärungen Nötige da ist, die ich von Ihnen noch erhalten muß. Chevalier Danceny. &&ar Paris, den 6. Dezember 17.. abends. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="164._Brief" &&fa Hundertundvierundsechzigster Brief Herr Bertrand an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Gnädige Frau, mit großem Leidwesen erfülle ich die traurige Pflicht, Ihnen die Neuigkeit anzuzeigen, die Ihnen großen Kummer bereiten wird. Erlauben Sie[[1]] mir, Sie[[1]] zuvor zu der frommen Ergebung aufzufordern, die jeder schon so oft an Ihnen bewundert hat, und die allein uns die Übel ertragen läßt, deren unser elendes Leben so voll ist. Ihr Herr Neffe – mein Gott, muß ich denn eine so ehrwürdige Dame betrüben! Ihr Herr Neffe hat das Unglück gehabt, in einem Zweikampf zu fallen, den er heute morgen mit dem Chevalier Danceny gehabt hat. Ich kenne die Ursache des Streites nicht; aber es scheint, nach dem Billett, das ich beim Herrn Vicomte in der Tasche fand und das ich die Ehre habe, Ihnen zu übersenden, es scheint mir, wie ich sage, daß nicht er der Angreifer war. Es mußte der Himmel erlauben, daß der gnädige Herr unterlag! Ich war beim Herrn Vicomte, um ihn zu erwarten, gerade zu der Stunde, als man ihn nach Hause brachte. Stellen Sie[[1]] sich mein Entsetzen vor, als ich Ihren Herrn Neffen von zwei seiner Leute getragen und ganz in seinem Blut gebadet sah. Er hatte zwei Degenstiche im Leibe und war schon sehr schwach. Herr Danceny war auch da und weinte. Ach, jawohl, der darf weinen; aber es ist gerade an der Zeit, Tränen zu vergießen, wenn man ein solches Unglück angerichtet hat! Ich hatte mich nicht mehr in der Gewalt; und so gering ich auch bin, sagte ich ihm doch meine[[Besitz]] Meinung. Aber da hat sich der Herr Vicomte wahrhaft groß gezeigt. Er hat mir befohlen zu schweigen; und den Menschen, der sein Mörder ist, hat er bei der Hand genommen, seinen Freund genannt, ihn vor uns allen geküßt und zu uns gesagt: »Ich befehle Euch, daß Ihr dem Herrn allen Respekt erweist, den man einem tapfern und ehrenwerten Manne schuldet.« Dann hat er ihm sehr umfangreiche Papiere aushändigen lassen, die ich nicht kenne, aber auf die er, wie ich weiß, sehr viel Wert immer legte. Dann hat er gewollt, daß wir sie einen Augenblick allein lassen. Ich hatte indes um alle Hilfe geschickt, geistliche wie leibliche; aber ach! für das Übel gab es kein Mittel mehr! Nicht ganz eine halbe Stunde später war der Herr Vicomte bewußtlos. Er konnte nur noch die letzte Ölung empfangen; und die heilige Handlung war kaum beendet, da tat er seinen letzten Seufzer. Großer Gott! Als ich diese kostbare Stütze eines berühmten Hauses bei seiner Geburt auf meine[[Besitz]] Arme genommen habe, hätte ich da voraussehen können, daß er einmal in meinen[[Besitz]] Armen sterben, und daß ich seinen Tod zu beweinen haben würde? Ein so früher und so unglücklicher Tod! Meine[[Besitz]] Tränen fließen mir gegen Willen. Ich bitte Sie[[1]] um Verzeihung, gnädige Frau, daß ich es wage, in dieser Weise meine[[Besitz]] Schmerzen mit den Ihrigen zu mischen; aber in allen Ständen hat man ein Herz, das fühlt; und ich wäre sehr undankbar, beweinte ich nicht mein ganzes Leben lang einen Herrn, der mir so viel Güte erwies, und mich mit so vielem Vertrauen beehrte. Morgen, nach Beisetzung der Leiche, werde ich überall die Siegel anlegen lassen, und Sie[[1]] können sich darüber ganz auf mich verlassen. Sie[[1]] werden wohl wissen, gnädige Frau, daß mit diesem traurigen Ereignis die Substitution aufhört, und Sie[[1]] wieder volle freie Verfügung haben. Wenn ich Ihnen dabei von einiger Nützlichkeit sein kann, so bitte ich Sie[[1]] um Ihre diesbezüglichen gütigsten Befehle. Ich werde meinen[[Besitz]] ganzen Eifer daransetzen, sie gewissenhaft auszuführen. Ich bin in tiefster Ehrfurcht, gnädige Frau, Ihr sehr ergebener Diener Bertrand. &&ar Paris, den 7. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="165._Brief" &&fa Hundertundfünfundsechzigster Brief Frau von Rosemonde an Herrn Bertrand. &&fe &&ax &&lg=x Soeben erhalte ich Ihren Brief, mein lieber Bertrand, und erfahre aus ihm dieses grauenvolle Ereignis, dessen unglückliches Opfer mein Neffe wurde. Ja, gewiß werde ich Ihnen Befehle zu geben haben, und nur ihretwegen kann ich an anderes denken, als an meine[[Besitz]] tödliche Betrübnis. Das Billett von Herrn Danceny, das Sie[[1]] mir geschickt haben, ist ein völlig überzeugender Beweis dafür, daß er der Herausforderer zu dem Zweikampf war; und mein Wille ist, daß Sie[[1]] in meinem Namen und sofort Klage erheben. Wenn mein Neffe seinem Feinde und Mörder verzieh, so hat er seiner natürlichen Großmut nachgegeben; ich aber muß seinen Tod und gleichzeitig die Menschlichkeit und die Religion retten. Man kann die Strenge des Gesetzes nicht scharf genug machen gegen diesen Rest von Barbarei, der unsere Sitten noch verpestet; Und ich glaube nicht, daß in dem Falle Verzeihen von Beleidigungen vorgeschrieben sein kann. Ich erwarte demnach, daß Sie[[1]] diese Sache mit all dem Eifer und all der Rührigkeit betreiben, dessen ich Sie[[1]] fähig weiß und die Sie[[1]] dem Andenken meines Neffen schulden. Sie[[1]] werden sich vor allem in meinem Auftrag zum Herrn Präsidenten von {{**}} begeben und mit ihm die Sache besprechen. Ich schreibe ihm nicht, da es mich drängt, mich ganz meinem Schmerz hinzugeben. Sie[[1]] werden mich beim Präsidenten entschuldigen und ihm diesen Brief mitteilen. Adieu, mein lieber Bertrand, ich belobe Sie[[1]] und danke Ihnen für Ihre gute Gesinnung, und bin fürs Leben ganz Ihre – –. &&ar Schloß …, den 8. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="166._Brief" &&fa Hundertundsechsundsechzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Ich weiß, Sie[[1]] sind schon unterrichtet, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin, von dem Verluste, den Sie[[1]] erlitten haben. Ich kannte Ihre zärtliche Liebe zu Herrn von Valmont, und nehme aufrichtigen Anteil an der Betrübnis, die Sie[[1]] empfinden müssen. Es tut mir wirklich leid, daß ich dem Leidwesen, das Sie[[1]] schon haben, noch neues hinzufügen muß –: Wir haben für unsere unglückliche Freundin nur noch Tränen übrig. Gestern abend um 11 Uhr haben wir sie für immer verloren. Durch ein ihrem Schicksal verknüpftes Verhängnis hat die kurze Weile, um die sie Herrn von Valmont überlebt hat, ihr genügt, um seinen Tod zu erfahren, und um, wie sie selbst sagte, dem Gewichte ihres Unglückes erst zu unterliegen, nachdem sein Maß voll war. Sie[[1]] wußten ja, daß sie schon seit zwei Tagen ganz ohne Bewußtsein war; und noch gestern früh, als ihr Arzt kam und wir an ihr Bett traten, erkannte sie weder ihn noch mich, und wir konnten kein Wort, noch das mindeste Zeichen von ihr erlangen. Kaum waren wir wieder zum Kamin gegangen, und während der Arzt mir das traurige Ereignis von Herrn von Valmonts Tod mitteilte, da fand diese unglückliche Frau ihr ganzes Gedächtnis wieder, sei es, daß die Natur allein diese Umwälzung bewirkt hat, sei es, daß sie durch die öfter wiederholten Worte »Tod« und »Herr von Valmont« verursacht ward, die in der Kranken vielleicht die einzigen Gedanken wiedererweckt haben, mit denen sie sich seit langem beschäftigte. Wie dem auch sei, sie riß plötzlich heftig den Bettvorhang auf und rief: »Wie! Was sagen Sie[[1]]? Herr von Valmont ist tot!« Ich versuchte sie glauben zu machen, daß sie sich täusche und versicherte ihr, daß sie falsch verstanden hätte. Sie[[1]] aber ließ sich nicht im entferntesten überreden, sondern verlangte vom Arzt, daß er den traurigen Bericht nochmals wiederhole; und wie ich immer noch versuchte, sie davon abzubringen, rief sie mich und sagte leise: »Warum wollen Sie[[1]] mich täuschen? War er denn nicht schon tot für mich?« Man mußte nachgeben. Unsere unglückliche Freundin hörte zuerst ziemlich ruhig zu. Bald aber unterbrach sie den Bericht und sagte: »Genug, ich habe genug.« Und verlangte zugleich, daß man den Vorhang zuziehe; und als der Arzt sich nachher um ihren Zustand erkundigen wollte, litt sie nicht, daß er ihr nah komme. Kaum war er hinaus, so schickte sie auch die Wärterin und die Kammerfrau weg; und wie wir allein waren, bat sie mich, ihr zu helfen, im Bett sich hinzuknien und sie zu stützen. So blieb sie schweigend einige Zeit und ohne anders sich zu äußern, als durch reichliche Tränen. Endlich hob sie die Hände gegen Himmel und sagte mit schwacher aber inbrünstiger Stimme: »Allmächtiger Gott, ich unterwerfe mich deinem Ratschluß, aber verzeihe Valmont. Laß mein Unglück, das ich verdient habe, nicht gegen ihn zur Anklage werden, und ich will deine Barmherzigkeit segnen!« Ich habe mir erlaubt, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin, diese Einzelheiten eines Gegenstandes zu erzählen, der Ihren Kummer erneuern und Ihre Schmerzen verschärfen muß; ich habe es getan, weil ich nicht zweifle, daß Frau von Tourvels Gebet doch ein großer Trost für Ihre Seele sein wird. Nachdem unsere Freundin diese Worte gesprochen hatte, fiel sie zurück in meine[[Besitz]] Arme; und kaum hatte ich sie wieder ins Bett gelegt, überkam sie eine Schwäche, die lange anhielt, aber doch den gewöhnlichen Hilfsmitteln wich. Sobald sie das Bewußtsein wieder erlangt hatte, bat sie mich, den Pater Anselm rufen zu lassen und fügte hinzu: »Er ist jetzt der einzige Arzt, den ich brauche; ich fühle, mein Leiden wird bald zu Ende sein.« Sie[[1]] klagte über Atembeklemmung und sprach nur mehr schwer. Bald danach ließ sie mir durch ihre Kammerfrau ein Kästchen geben, das ich Ihnen schicke. Sie[[1]] sagte, es enthalte ihr gehörige Papiere, die ich Ihnen sofort nach ihrem Tode zustellen sollte. Dann sprach sie von Ihnen und Ihrer Freundschaft für sie, so gut ihr Zustand es erlaubte, und mit großer Zärtlichkeit. Pater Anselm kam gegen vier Uhr und blieb fast eine Stunde mit ihr allein. Als wir wieder hineingingen, war ihr Gesicht ruhig und heiter; aber es war leicht zu sehen, daß Pater Anselm viel geweint hatte. Er blieb zu den letzten kirchlichen Zeremonien da. Dieses stets so Ehrfurcht gebietende, schmerzliche Schauspiel ward es durch den Gegensatz der ruhig gefaßten Kranken zu dem tiefen Schmerz ihres ehrwürdigen Beichtvaters noch mehr, der neben ihr in Tränen ausbrach. Die Rührung war allgemein, und die, alle beweinten, war die einzige, die nicht weinte. Der Rest des Tages verstrich mit den üblichen Gebeten, die nur durch die häufigen Ohnmachtsanfälle der Kranken unterbrochen wurden. Um elf Uhr nachts schien sie mir beklommener und leidender. Ich streckte meine[[Besitz]] Hand nach ihrem Arm aus; sie hatte noch die Kraft, sie zu nehmen, und legte sie sich aufs Herz. Ich fühlte seinen Schlag nicht mehr; und wirklich atmete im selben Augenblick unsere unglückliche Freundin aus. Erinnern Sie[[1]] sich, meine[[Besitz]] liebe Freundin, daß bei Ihrer letzten Reise hierher, vor etwas weniger als einem Jahre, wir zusammen von einigen Personen sprachen, deren Glück uns mehr oder weniger gesichert schien, und daß wir mit Wohlgefallen bei dem Geschick dieser Frau verweilten, deren Unglück wir heute zugleich mit ihrem Tode beweinen! So viel Tugend, so viel rühmliche Eigenschaften und Anmut; ein so sanfter und liebenswürdiger Charakter; ein Gatte, den sie liebte, und von dem sie angebetet wurde; ein Gesellschaftskreis, in dem sie sich gefiel, und dessen Entzücken sie war; ein hübsches Gesicht, Jugend, Vermögen, so viel vereinte Vorzüge, sind jetzt – durch eine einzige Unvorsichtigkeit – verloren gegangen! O Vorsehung, wohl müssen wir deine Beschlüsse ehren, aber wie unverständlich sind sie! Ich halte inne; ich fürchte, Ihre Traurigkeit zu vermehren, wenn ich mich der meinen[[Besitz]] hingebe. Ich scheide von Ihnen, um zu meiner Tochter hinüberzugehen, die ein wenig unwohl ist. Als sie heute morgen von mir den Tod zweier Bekannten erfuhr, ward ihr schlecht, und ich ließ sie zu Bett bringen. Ich hoffe indes, dieses leichte Unwohlsein wird keine ernsteren Folgen haben. In ihrem Alter ist man den Kummer noch nicht gewohnt, und darum macht er einen lebhafteren und stärkeren Eindruck. Diese rege Empfindlichkeit ist ja gewiß eine löbliche Eigenschaft, aber wie sehr ist sie, man sieht es täglich, zu fürchten! Gott befohlen, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin! &&ar Paris, den 9. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="167._Brief" &&fa Hundertundsiebenundsechzigster Brief Herr Bertrand an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Gnädige Frau! Infolge der Befehle, die Sie[[1]] mir die Ehre erwiesen haben, mir zu erteilen, habe ich die Ehre gehabt, den Herrn Präsidenten von {{**}} aufzusuchen, und indem ich ihm Ihren Brief mitteilte, bemerkte ich zu ihm, daß ich, nach Ihrem Wunsche, nichts gegen seinen Rat tun würde. Diese würdevolle Gerichtsperson hat mich beauftragt, Ihnen zu bemerken, daß die Klage, die Sie[[1]] gegen den Herrn Chevalier Danceny einzugeben beabsichtigten, gleichsehr dem Andenken Ihres Herrn Neffen schaden würde, und daß seine Ehre notwendigerweise durch einen Gerichtsspruch befleckt werden würde, was ein großes Unglück wäre. Seine Meinung ist also, daß man sich hüten muß, irgendwelche Schritte zu unternehmen, und wenn einer zu tun sei, so wäre es im Gegenteil nämlich zu verhindern, daß der Staatsanwalt von dieser unglücklichen Sache etwas erfährt, die ohnedies schon zu viel von sich reden gemacht hat. Seine Bemerkungen sind mir sehr klug erschienen, und will nun neue Befehle von Ihnen erwarten. Erlauben Sie[[1]] mir die Bitte, gnädige Frau, daß Sie[[1]], wenn Sie[[1]] mir schreiben, ein Wort über Ihre Gesundheit beifügen möchten, für die ich bei alle dem vielen Kummer außerordentlich besorgt bin. Ich hoffe, Sie[[1]] verzeihen diese Freiheit meiner Anhänglichkeit und meinem Eifer. Ich bin mit Ehrerbietung, gnädige Frau, Ihr Diener Bertrand. &&ar Paris, den 10. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="168._Brief" &&fa Hundertundachtundsechzigster Brief Anonym an den Chevalier Danceny. &&fe &&ax &&lg=x Mein Herr! Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, daß heute morgen im Parkett des Gerichtshofes unter dem Herren Leuten des Königs von der Affäre gesprochen wurde, die Sie[[1]] letzter Tage mit dem Vicomte von Valmont gehabt haben, und daß zu befürchten ist, daß der Staatsanwalt deswegen Klage erhebt. Ich glaubte, diese Warnung könne Ihnen vielleicht dienlich sein, sei es, damit Sie[[1]] Ihre Protektion bemühen, um diese ärgerlichen Folgen aufzuhalten, sei es, damit, wenn das Ihnen nicht gelingen sollte, Sie[[1]] dann Maßregeln zu Ihrer persönlichen Sicherheit ergreifen können. Wenn Sie[[1]] mir einen Rat erlauben, so glaube ich, täten Sie[[1]] gut daran, sich etwas weniger zu zeigen, als in letzter Zeit. Obschon für gewöhnlich Nachsicht in solcher Art Affären geübt wird, so schuldet man immerhin dem Gesetze die Achtung. Diese Vorsicht wird um so nötiger, weil mir gesagt wurde, daß eine Frau von Rosemonde, wie ich höre eine Tante von Herrn von Valmont, gegen Sie[[1]] eine Klage einbringen will, und dann könnte die Anklagebehörde die verlangte Untersuchung nicht unterdrücken. Vielleicht wäre es gut, wenn Sie[[1]] mit dieser Dame sprechen ließen. Besondere Gründe halten mich ab, diesen Brief zu unterzeichnen. Aber ich rechne darauf, daß, wenn Sie[[1]] auch nicht wissen, von wem er kommt, Sie[[1]] doch dem Gefühle, das ihn diktiert hat, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ich habe die Ehre usw. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="169._Brief" &&fa Hundertundneunundsechzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Es gehen hier, meine[[Besitz]] liebe Freundin, über Frau von Merteuil recht seltsame und ärgerliche Gerüchte um. Sicherlich bin ich weit entfernt davon, daran zu glauben, und ich wollte wetten, daß es nur eine häßliche Verleumdung ist, aber ich weiß zu gut, wie leicht Boshaftigkeiten, selbst die unwahrscheinlichsten Festigkeit bekommen, und wie schwer der Eindruck, den sie zurücklassen, sich wieder verwischt; und darum bin ich über diese hier doch sehr beunruhigt, so leicht sie auch, wie ich glaube, zu zerstören sind. Ich wünschte vor allem, daß man ihnen rechtzeitig Einhalt täte, ehe sie zu weit verbreitet sind. Aber ich habe erst gestern, und sehr spät, all diese Abscheulichkeiten erfahren, die man zu verbreiten erst anfängt; und als ich heute morgen zu Frau von Merteuil schickte, war sie gerade aufs Land gereist, wo sie zwei Tage bleiben soll. Man konnte mir bei ihr nicht sagen, zu wem sie gegangen ist. Ihre zweite Kammerfrau, die ich mir kommen ließ, hat mir gesagt, ihre Herrin habe nur den Auftrag gegeben, sie kommenden Donnerstag zu erwarten; und von ihren Leuten, die sie hier gelassen hat, weiß keiner mehr. Ich selbst kann mir nicht denken, wo sie sein kann. Ich weiß niemanden aus ihrer Bekanntschaft, der so spät noch auf dem Lande wäre. Wie dem auch sei, Sie[[1]] werden mir vielleicht bis zu ihrer Rückkunft einige Aufklärungen geben können, die ihr nützlich sein können. Denn man gründet diese häßlichen Geschichten auf die Umstände, die mit dem Tode des Herrn von Valmont zusammenhängen sollen, von denen Sie[[1]] vielleicht unterrichtet sind, wenn sie wirklich wahr sind, oder über die Sie[[1]] sich leicht erkundigen können, um welche Gefälligkeit ich Sie[[1]] sehr bitte. Ich will Ihnen sagen, was man hier herumspricht, oder richtiger, was man hier herumflüstert, was aber sicher bald geräuschvoller gesagt werden wird. Man sagt also, daß der Streit zwischen Herrn von Valmont und dem Chevalier Danceny das Werk der Frau von Merteuil ist, die alle beide betrog; daß, wie es ja fast immer geht, die beiden Rivalen sich zuerst geschlagen haben, und sich erst nachher Aufklärungen gaben; daß diese eine vollkommene Versöhnung herbeiführten; und um den Chevalier Danceny Frau von Merteuil vollauf erkennen zu lehren und um sich ganz und gar zu rechtfertigen, hat Herr von Valmont seinen Worten eine Menge Briefe beigefügt, einen regelrechten Briefwechsel, den er mit ihr unterhalten habe, und worin sie über sich selbst in freiester Sprache die skandalösesten Anekdoten erzähle. Es wird noch weiter erzählt, daß Danceny in seiner ersten Empörung diese Briefe jedem zeigte, der sie sehen wollte, und daß sie jetzt in Paris umlaufen. Man führt besonders zwei Briefe an: einer, worin sie die ganze Geschichte ihres Lebens und ihrer Grundsätze erzählt, und der das Höchste an gemeiner Niedertracht sein soll, und ein anderer, der Herrn von Prévan – an dessen Geschichte Sie[[1]] sich wohl erinnern – vollständig rechtfertigt durch den darin enthaltenen Beweis, daß er im Gegenteil nur dem Entgegenkommen der Frau von Merteuil nachgegeben hat, und daß jenes Stelldichein mit ihr eine abgemachte Sache war. Ich habe nun zum Glück die stärksten Gründe zu der Annahme, daß diese Bezichtigungen ebenso falsch wie gehässig sind. Erstens wissen wir beide doch nur zu gut, daß Herr von Valmont sich sicher nicht mit Frau von Merteuil abgab, und ich habe auch allen Grund anzunehmen, daß Danceny sich ebensowenig mit ihr einließ; somit scheint es mir erwiesen, daß sie weder Ursache noch Anstifterin des Streites hat sein können. Ich verstehe auch nicht, welches Interesse Frau von Merteuil, die man im Einverständnis mit Herrn von Prévan vermutete, daran gehabt haben soll, eine solche Szene herbeizuführen, die doch für sie nur Unangenehmes haben und sehr gefährlich für sie werden konnte, weil sie sich dadurch einen unversöhnlichen Feind in einem Manne schuf, der nun einmal Mitwisser ihres Geheimnisses war und der sehr viele Anhänger hatte. Es ist außerdem zu bemerken, daß sich seit diesem Abenteuer keine Stimme zugunsten Prévans erhoben hat, und daß selbst von seiner Seite kein einziger Einspruch stattgefunden hat. Diese Erwägungen könnten mich auf den Verdacht bringen, daß er der Urheber dieser Gerüchte ist, und daß diese Verdächtigung das Werk der Rache und des Hasses eines Mannes ist, der sich verloren sieht und auf diese Weise wenigstens Zweifel zu verbreiten und eine ihm vielleicht nützliche Ablenkung zu bewirken hofft. Von welcher Seite aber auch diese Böswilligkeiten kommen, das Nächste und Dringendste ist, sie zu zerstören. Sie[[1]] würden von selbst hinfällig werden, wenn es sich, wie es wahrscheinlich ist, herausstellte, daß Herr von Valmont und Herr von Danceny sich nach der unglücklichen Affäre nicht mehr gesprochen haben, und daß gar keine Papiere ausgefolgt worden sind. In meiner Ungeduld, diese Tatsache auf ihren Inhalt zu prüfen, habe ich heute morgen zu Herrn von Danceny geschickt; er ist aber auch nicht in Paris. Seine Leute sagten meinem Kammerdiener, er sei diese Nacht abgereist auf eine Mitteilung hin, die er gestern empfing, und sein Aufenthalt sei ein Geheimnis. Offenbar fürchtet er die Folgen des Duells. So kann ich nur von Ihnen, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin, die Einzelheiten erfahren, die mich interessieren, und die Frau von Merteuil so nötig haben kann. Ich wiederhole meine[[Besitz]] Bitte, sie mir so schnell als möglich zukommen zu lassen. P. S.: Das Unwohlsein meiner Tochter hatte keine weiteren Folgen; sie entbietet Ihnen ihre Ehrerbietung. &&ar Paris, den 11. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="170._Brief" &&fa Hundertundsiebzigster Brief Der Chevalier Danceny an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Gnädige Frau! Vielleicht finden Sie[[1]] meinen[[Besitz]] heutigen Schritt sehr sonderbar; aber ich bitte Sie[[1]] dringend, hören Sie[[1]] mich an, ehe Sie[[1]] mich verurteilen, und sehen Sie[[1]] weder Kühnheit noch Vermessenheit dort, wo nur Ehrfurcht und Vertrauen herrschen. Ich verhehle mir das Unrecht nicht, in dem ich mich Ihnen gegenüber befinde, und ich würde es mir zeitlebens nicht verzeihen, könnte ich einen Moment lang glauben, es wäre mir möglich gewesen, es zu vermeiden. Seien Sie[[1]] sogar überzeugt, gnädige Frau, wenn ich auch frei von Vorwurf bin, so bin ich es doch nicht von Schmerz; und auch das sage ich Ihnen mit Aufrichtigkeit, daß das Leid das ich Ihnen verursache, viel von dem ausmacht, das ich selber empfinde. Damit Sie[[1]] diesen Gefühlen glauben, deren ich Sie[[1]] zu versichern wage, brauchen Sie[[1]] sich nur selbst gerecht zu werden und zu wissen, daß ich, ohne die Ehre zu haben von Ihnen gekannt zu sein, doch die habe, Sie[[1]] zu kennen. Doch während ich über dies Verhängnis klage, das gleichzeitig Ihren Kummer und mein Unglück bewirkt hat, will man mich befürchten machen, daß Sie[[1]], ganz Ihrer Rache ergeben, alle Mittel ihr zu genügen suchen, ja sogar auch in der Strenge des Gesetzes. Erlauben Sie[[1]] mir, Ihnen zu bemerken, daß hier Ihr Schmerz Sie[[1]] irreführt, da mein Interesse in diesem Punkte wesentlich mit dem des Herrn von Valmont verknüpft ist, und daß von der Verurteilung, die Sie[[1]] gegen mich veranlaßt hätten, auch er betroffen sein würde. Ich würde demnach glauben, gnädige Frau, eher auf Ihren Beistand rechnen zu dürfen als auf Hindernisse, bei den Bemühungen, die ich vielleicht nötig haben werde, damit dieses unglückselige Ereignis in Schweigen begraben bleibt. Aber diese Hilfe der Mitschuld, das gleichzeitig dem Schuldigen wie dem Unschuldigen zustatten kommt, kann meinem Empfinden nicht genügen; indem ich Sie[[1]] als Gegenpartei zu beseitigen wünsche, rufe ich Sie[[1]] als meinen[[Besitz]] Richter an. Die Achtung derjenigen, die man selber achtet, ist zu kostbar, als daß ich mir die Ihrige entreißen ließe, ohne sie zu verteidigen, und ich glaube, die Mittel dafür zu haben. Wenn Sie[[1]] zugeben, daß die Rache erlaubt ist, besser gesagt, daß man sie sich schuldet, wenn man in seiner Liebe verraten wurde, in seiner Freundschaft und ganz besonders in seinem Vertrauen, – wenn Sie[[1]] das zugeben, wird mein Unrecht vor Ihren Augen verschwinden. Glauben Sie[[1]] meinen[[Besitz]] Reden nicht; aber lesen Sie[[1]], wenn Sie[[1]] den Mut dazu haben, den Briefwechsel, den ich in Ihre Hände lege. Die Menge der Briefe, die im Original sich darunter befinden, bestätigen wohl die Echtheit derer, von denen nur die Kopien dabei sind. Im übrigen habe ich diese Papiere, so wie ich die Ehre habe Sie[[1]] Ihnen zu unterbreiten von Herrn von Valmont selbst empfangen. Ich habe nichts hinzugefügt und nur zwei Briefe davon behalten, die zu veröffentlichen ich mir erlaubte. Der eine war notwendig für meine[[Besitz]] und Herrn von Valmonts Rache, auf die wir beide ein Recht hatten, und mit der er mich ausdrücklich betraut hat. Ich glaubte überdies, daß damit der Gesellschaft ein Dienst geleistet wäre, wenn man eine so in Wahrheit gefährliche Frau, wie Frau von Merteuil war, entlarvte, denn sie ist, wie Sie[[1]] sehen können, die einzige und wahre Ursache von all dem, was zwischen Herrn von Valmont und mir geschehen ist. Ein Gefühl der Gerechtigkeit hat mich auch veranlaßt, den zweiten Brief zu veröffentlichen, zur Genugtuung für Herrn von Prévan, den ich kaum kenne, der aber in keiner Weise die strenge Behandlung verdient hatte, die er erleiden mußte, noch das strenge Urteil der öffentlichen Meinung, das noch furchtbarer ist, und unter dem er seit der Zeit leidet, ohne irgendein Mittel zu seiner Verteidigung in der Hand zu haben. Sie[[1]] werden also nur die Abschriften dieser beiden Briefe finden, deren Originale ich für mich behalten muß. In keine sichereren Hände glaube ich die übrigen Papiere legen zu können, an deren Erhaltung mir wohl gelegen ist, aber mit denen Mißbrauch zu treiben ich erröten müßte. Ich glaube, gnädige Frau, indem ich Ihnen diese Papiere anvertraue, auch denjenigen dabei beteiligten Personen ebensogut zu dienen, als wenn ich sie ihnen selbst übergäbe; und ich erspare ihnen die Peinlichkeit, sie aus meinen[[Besitz]] Händen zu nehmen, und sie so wissen zu lassen, daß ich über Dinge unterrichtet bin, von denen sie zweifellos wünschen, daß niemand darum weiß. Ich muß Sie[[1]], glaube ich, noch darauf aufmerksam machen, daß der beiliegende Briefwechsel nur ein Teil eines viel umfangreicheren ist, dem Herr von Valmont ihn in meiner Gegenwart entnommen hat, und die Sie[[1]] bei Abnahme der Siegel finden werden, unter dem Titel, den ich gelesen habe: »Konto der Marquise von Merteuil bei Vicomte von Valmont.« Sie[[1]] werden darüber ganz nach Ihrer Einsicht verfügen. Ich bin mit Hochachtung, gnädige Frau, Ihr ergebener von Danceny. P. S.: Einige Warnungen, die ich bekommen habe, und der Rat meiner Freunde haben mich bestimmt, für einige Zeit Paris zu verlassen. Aber der Ort meines Aufenthaltes, der allen geheim ist, soll es für Sie[[1]] nicht sein. Wenn Sie[[1]] mich mit einer Antwort beehren wollen, so bitte ich Sie[[1]], an die Komturei {{[Kom¬tu¬rei]}} von {{**}} bei P{{*}} zu adressieren, an den Herrn Komtur von {{**}}. Von seinem Hause aus habe ich die Ehre Ihnen zu schreiben. &&ar …, den 12. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="171._Brief" &&fa Hundertundeinundsiebzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Meine[[Besitz]] liebe Freundin, ich komme von einer Überraschung in die andere, von einem Kummer in den andern. Man muß Mutter sein, um zu verstehen, was ich gestern den ganzen Vormittag gelitten habe; und wenn ich inzwischen über meine[[Besitz]] schlimmsten Befürchtungen beruhigt bin, so bin ich doch immer noch in lebhafter Betrübnis, deren Ende ich nicht absehe. Gestern, gegen zehn Uhr morgens, schickte ich, ich war erstaunt, meine[[Besitz]] Tochter noch nicht zu sehen, meine[[Besitz]] Kammerfrau zu ihr, was diese Verspätung bedeute. Sie[[1]] kam im Augenblick darauf ganz entsetzt zurück, und erschreckte mich selbst noch viel mehr durch die Meldung, daß meine[[Besitz]] Tochter nicht in ihren Zimmern sei, und daß sie ihr Kammermädchen schon des Morgens nicht darin gefunden habe. Denken Sie[[1]] sich meine[[Besitz]] Lage! Ich ließ alle meine[[Besitz]] Leute kommen und vor allem den Türhüter; alle schwuren mir, von nichts zu wissen und konnten mir keine Auskunft über den Vorfall geben. Ich ging sofort ins Zimmer meiner Tochter. Die darin herrschende Unordnung sagte mir, daß sie es augenscheinlich erst am selben Morgen verlassen haben konnte; sonst aber fand ich nichts zu meiner Aufklärung. Ich durchsuchte ihre Schränke, ihren Sekretär; ich fand alles an seinem Platz, alle ihre Kleider, bis auf das, in dem sie ausgegangen war. Sie[[1]] hatte nicht einmal das wenige Geld mitgenommen, das sie in ihrem Zimmer hatte. Da sie erst gestern erfahren hatte, was man alles über Frau von Merteuil erzählt, an der sie sehr hing, so sehr sogar, daß sie den ganzen Abend über geweint hat; und da ich mich erinnerte, daß sie nicht wisse, Frau von Merteuil sei auf dem Lande, so war mein erster Gedanke, sie habe ihre Freundin aufsuchen wollen, und sei so leichtsinnig gewesen, allein zu gehen. Wie aber die Zeit verstrich, ohne daß sie zurückkam, kehrte alle meine[[Besitz]] Unruhe wieder. Jeder Augenblick vermehrte meine[[Besitz]] Sorge, und so sehr ich auch darauf brannte, etwas zu erfahren, traute ich mich doch nicht, irgendwelche Erkundigungen einzuziehen, in der Befürchtung, Aufsehen zu erregen, indem ich diesem Schritte Bedeutung gebe, den ich später vielleicht vor jedermann hätte geheimhalten wollen. Nein, in meinem ganzen Leben habe ich nicht so gelitten. Endlich, erst nach zehn Uhr, erhielt ich einen Brief von meiner Tochter und zugleich einen von der Oberin des Klosters der {{**}}. Im Brief meiner Tochter stand nur, sie hätte befürchtet, ich würde mich ihrer Neigung, Nonne zu werden, widersetzen, und daß sie es deshalb nicht gewagt habe, mir davon etwas zu sagen. Das übrige waren nur Entschuldigungen, daß sie ohne meine[[Besitz]] Erlaubnis diesen Entschluß gefaßt habe, den ich, fügte sie hinzu, sicher nicht mißbilligen würde, wenn ich ihre Gründe kennte, nach denen sie mich jedoch nicht zu fragen bitte. Die Oberin schrieb mir, daß sie, wie sie ein junges Mädchen habe allein kommen sehen, es erst nicht habe annehmen wollen, nachdem sie sie aber ausgefragt und von ihr gehört habe, wer sie sei, habe sie mir einen Dienst zu erweisen geglaubt, wenn sie meiner Tochter zunächst einmal Zuflucht gewähre, um sie nicht neuem Umherlaufen auszusetzen, wozu sie entschlossen schien. Die Oberin bot mir, wie nur recht und billig, an, mir meine[[Besitz]] Tochter wieder zurückzugeben, wenn ich sie verlange, lädt mich aber natürlich nach ihrem Stande ein, mich einer Neigung nicht zu widersetzen, die sie als »sehr entschieden« schildert. Sie[[1]] sagte mir noch, sie habe mich von dem Ereignis nicht früher unterrichten können, weil es ihr viel Mühe gemacht habe, meine[[Besitz]] Tochter zu bestimmen, daß sie mir schriebe; denn meine[[Besitz]] Tochter hatte gewollt, daß niemand davon erführe, wohin sie sich zurückgezogen habe. Der Unverstand der Kinder ist doch wirklich grausam. Ich fuhr sofort nach dem Kloster; und nachdem ich die Oberin gesprochen hatte, bat ich, ich möchte meine[[Besitz]] Tochter sehen. Die kam nur mit Mühe und unter Zittern. Ich habe in Gegenwart der Klosterfrauen und auch allein mit ihr gesprochen; aber alles, was ich unter Tränen aus ihr habe herausbekommen können, ist, daß sie nur im Kloster glücklich sein könne. Ich erlaubte ihr schließlich, dazubleiben, aber ohne daß sie schon, wie sie wollte, in den Reihen der Postulantinnen stehen sollte. Ich fürchte, daß der Tod der Frau von Tourvel und Herrn von Valmonts dieses junge Ding so angegriffen haben. So groß auch meine[[Besitz]] Achtung vor dem klösterlichen Leben ist, würde ich doch nicht ohne Schmerz, ja nicht ohne Furcht meine[[Besitz]] Tochter diesen Beruf erwählen sehen. Mir scheint, wir haben schon so genug Pflichten zu erfüllen, auch ohne daß wir uns noch neue zuschaffen; und dann: in diesem Alter wissen wir doch kaum, was für uns taugt. Was die Schwierigkeit meiner Lage verdoppelt, ist die nah bevorstehende Rückkunft Herrn von Gercourts. Wird nun diese vorteilhafte Heirat nicht zustande kommen? Wie soll man denn seine Kinder glücklich machen, wenn es nicht genügt, daß man es wünscht und alle Mühe darauf verwendet? Sie[[1]] würden mich sehr zu Dank verpflichten, wenn Sie[[1]] mir sagten, was Sie[[1]] an meiner Stelle tun würden. Ich kann keinen Entschluß fassen. Ich finde nichts so schrecklich, als wenn man über das Schicksal anderer entscheiden soll, und ich fürchte mich gleich sehr davor, in dieser Angelegenheit streng wie ein Richter oder schwach wie eine Mutter zu sein. Ich werfe mir immerfort vor, Ihren Kummer noch zu vermehren, wenn ich Ihnen von dem meinen[[Besitz]] spreche. Aber ich kenne Ihr Herz: der Trost, den Sie[[1]] andern geben können, würde Sie[[1]] Ihrerseits so sehr trösten, als Sie[[1]] irgend getröstet werden können. Gott befohlen, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin; ich erwarte Ihre beiden Antworten mit größter Ungeduld. &&ar Paris, den 13. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="172._Brief" &&fa Hundertundzweiundsiebzigster Brief Frau von Rosemonde an den Chevalier Danceny. &&fe &&ax &&lg=x Nach dem, was Sie[[1]] mir mitgeteilt haben, mein Herr, bleibt mir nichts anderes übrig als zu weinen und zu schweigen. Man bedauert es noch zu leben, wenn man solche Greuel erfährt; man errötet über sein Geschlecht, wenn man eine Frau sieht, die solcher Ausschreitungen fähig ist. Ich will gern das Meine[[Besitz]] dazu tun, mein Herr, daß alles, was irgendwie zu diesen traurigen Ereignissen in Beziehung steht, in Schweigen und Vergessen sinkt. Ich wünsche sogar, daß sie uns nie andern Kummer bereiten mögen, als diesen von dem unglücklichen Sieg nicht zu trennenden, den Sie[[1]] über meinen[[Besitz]] Neffen davongetragen haben. Trotz seiner Vergehen, die ich zu erkennen gezwungen bin, fühle ich, daß ich mich niemals über seinen Verlust trösten werde; aber meine[[Besitz]] ewige Trauer wird die einzige Rache an Ihnen sein, die ich mir erlaube. Es steht bei Ihnen, ihre Größe zu würdigen. Wenn Sie[[1]] meinem Alter eine Bemerkung erlauben, die man dem Ihren sonst kaum macht: wenn man über sein wirkliches Glück im klaren wäre, würde man es nie außerhalb der Grenzen suchen, die die Gesetze und die Religion uns setzen. Sie[[1]] können versichert sein, daß ich treu und gern das mir anvertraute Gut bewahren werde; aber ich verlange von Ihnen die Ermächtigung, es niemandem zurückzuerstatten, auch Ihnen nicht, mein Herr Chevalier, es wäre denn, Sie[[1]] brauchten es zu Ihrer Rechtfertigung. Ich darf wohl hoffen, daß Sie[[1]] mir diese Bitte nicht abschlagen werden, und daß Sie[[1]] nicht mehr zu lernen brauchen, wie man es oft beklagt, wenn man sich selbst der gerechtesten Rache hingegeben hat. Es ist nicht meine[[Besitz]] einzige Bitte, überzeugt von Ihrer Großmut und Ihrem Zartgefühl. Beider Tugenden wäre es würdig, mir auch die Briefe des Fräulein von Volanges zu geben, die Sie[[1]] offenbar behalten haben, und die Sie[[1]] ja wohl nicht mehr interessieren. Ich weiß, daß das junge Mädchen großes Unrecht an Ihnen begangen hat; doch meine[[Meinung]] ich, daß Sie[[1]] nicht daran denken, sie deshalb zu strafen. Und wäre es nur aus Selbstachtung, würden Sie[[1]] die doch nicht preisgeben, die Sie[[1]] so sehr geliebt hat. Ich brauche also nicht beizufügen, daß Sie[[1]] die Rücksicht, die vielleicht die Tochter nicht verdient, wenigstens der Mutter schulden, dieser sehr achtbaren Frau, der gegenüber Sie[[1]] doch vieles wieder gut zu machen haben; denn was man sich auch mit vorgeblichen Zartgefühlen vortäuscht, der als Erster ein noch einfaches und ehrliches Herz zu verführen sucht, macht sich eben dadurch zum ersten Begünstiger seiner Verderbnis und muß für immer verantwortlich gemacht werden für die Ausschreitungen und Verirrungen, die folgen. Wundern Sie[[1]] sich nicht, mein Herr Chevalier, über so viel Strenge meinerseits; sie ist der größte Beweis, den ich Ihnen von meiner Achtung geben kann. Und Sie[[1]] werden sich noch weitere Rechte darauf erwerben, wenn Sie[[1]], wie ich es wünsche, zur Sicherung eines Geheimnisses beitragen, dessen Veröffentlichung Ihnen selbst schaden und einem Mutterherzen, das Sie[[1]] schon verwundet haben, den Tod bereiten würde. Kurz, mein Herr, ich wünsche meiner Freundin zu dienen; und wenn ich fürchten müßte, daß Sie[[1]] mir diesen Trost versagten, würde ich Ihnen vorher zu bedenken geben, daß es der einzige ist, den Sie[[1]] mir gelassen haben. Ich habe die Ehre usw. &&ar Schloß …, den 15. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="173._Brief" &&fa Hundertunddreiundsiebzigster Brief Frau von Rosemonde an Frau von Volanges. &&fe &&ax &&lg=x Wenn ich genötigt gewesen wäre, meine[[Besitz]] liebe Freundin, mir von Paris aus die Aufklärungen, die Sie[[1]] von mir über Frau von Merteuil verlangen, zukommen zu lassen und zu erwarten, wäre es mir noch nicht möglich, sie Ihnen zu geben. Und zweifellos hätte ich da nur recht unsichere Auskünfte erhalten. Aber es sind mir welche zugegangen, die ich nicht erwartete, und die zu erwarten ich keinen Anlaß hatte; und die haben nur zu viel Bestimmtheit! O, meine[[Besitz]] Freundin, wie hat diese Frau Sie[[1]] getäuscht! Es widerstrebt mir, auf diese schrecklichen Einzelheiten einzugehen. Was man aber auch immer darüber herumreden mag, seien Sie[[1]] versichert, daß es immer noch nicht an die Wahrheit herankommt. Ich hoffe, meine[[Besitz]] liebe Freundin, Sie[[1]] kennen mich gut genug, daß Sie[[1]] mir aufs Wort glauben, und daß Sie[[1]] von mir keinerlei Beweise verlangen. Es mag Ihnen genügen, zu erfahren, daß ich eine Menge Beweise habe, und daß ich sie in diesem Augenblicke in meinen[[Besitz]] Händen halte. Nur mit großem Widerstreben bitte ich Sie[[1]] auch, nicht von mir zu verlangen, daß ich meinen[[Besitz]] Rat in bezug auf Fräulein von Volanges begründe. Ich fordere Sie[[1]] auf, sich dem Entschlusse, den sie gefaßt hat, nicht zu widersetzen. Sicher gibt es nichts, was einen berechtigen könnte, jemanden zum Eintritt in diesen Stand zu zwingen, wenn die betreffende Person nicht dazu berufen ist; manchmal ist es ein großes Glück, wenn es so ist; und Sie[[1]] sehen, Ihre Tochter selbst sagt, Sie[[1]] würden Ihre Gründe nicht mißbilligen, wenn Sie[[1]] sie kennten. Der, der uns unsere Gefühle eingibt, weiß besser als unsere eitle Klugheit, was jedem frommt, und oft ist, was wie ein Akt der Strenge aussieht, im Gegenteil ein Akt seiner Milde. Kurz, mein Rat, der, ich fühle es, Sie[[1]] sehr betrüben wird und den ich, wie Sie[[1]] mir glauben müssen, nicht ohne langes Besinnen gebe, geht dahin, daß Sie[[1]] Fräulein von Volanges im Kloster lassen, weil sie das selbst gewählt hat; daß Sie[[1]] sie in ihrem Entschluß eher ermutigen als ihr darin hinderlich sein mögen; und daß Sie[[1]], bis er zur Ausführung gelangt, nicht zögern sollen, die Verheiratung rückgängig machen. Nachdem ich diese schweren Pflichten der Freundschaft erfüllt habe, und in meiner Ohnmacht irgendwelchen Trost beizufügen, bleibt mir nur noch, Sie[[1]] um die Gunst zu bitten, mich über nichts, was diese traurigen Ereignisse angeht, mehr zu fragen. Lassen wir sie in der Vergessenheit sein, die ihnen gebührt, und ohne betrübendes und unnützes Wissen zu suchen, unterwerfen wir uns der Vorsehung und glauben wir an die Weisheit seiner Absichten mit uns, selbst dann, wenn wir sie nicht verstehen. Gott mit Ihnen, meine[[Besitz]] liebe Freundin. &&ar Schloß …, den 15. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="174._Brief" &&fa Hundertundvierundsiebzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Ach, meine[[Besitz]] Freundin! Mit welch entsetzlichem Schleier umhüllen Sie[[1]] das Geschick meiner Tochter! Und Sie[[1]] scheinen zu befürchten, daß ich ihn aufzuheben versucht sein könnte! Was verbirgt er mir denn, was das Herz einer Mutter noch mehr betrüben könnte, als der schreckliche Verdacht, dem Sie[[1]] mich preisgeben? Je mehr ich Ihre Nachsicht, Ihre Freundschaft kenne, desto stärker werden meine[[Besitz]] Qualen. Zwanzigmal habe ich seit gestern aus dieser grausamen Ungewißheit heraus Sie[[1]] bitten wollen, mich ohne Schonung und Umschweife zu unterrichten, und jedesmal zitterte ich bei dem Gedanken an die Bitte, die Sie[[1]] an mich stellten, keine Frage an Sie[[1]] zu tun. Schließlich stehe ich bei einem Auskunftsmittel, das mir noch einige Hoffnung läßt, und ich erwarte von Ihrer Freundschaft, daß Sie[[1]] mir diesen Wunsch nicht abschlagen: nämlich, daß Sie[[1]] mir sagen, ob ich ungefähr verstanden habe, was Sie[[1]] mir etwa zu sagen haben, daß Sie[[1]] sich nicht scheuen mögen, mich alles wissen zu lassen, was mütterliche Nachsicht zudecken kann, und was wieder gutzumachen unmöglich ist. Wenn mein Unglück über dieses Maß hinausgeht, dann willige ich ein, daß Sie[[1]] sich nur durch Schweigen erklären. Hören Sie[[1]] also, was ich schon wußte, und wie weit meine[[Besitz]] Befürchtungen gehen können. Meine[[Besitz]] Tochter zeigte Neigung zu Chevalier Danceny, und ich bin unterrichtet worden, daß sie Briefe von ihm bekam und sogar beantwortete; aber ich glaubte, es wäre mir zu verhindern gelungen, daß diese kindlichen Verfehlungen gefährlichere Folgen haben. Heute, da ich alles fürchte, kann ich es wohl möglich denken, daß meine[[Besitz]] Wachsamkeit getäuscht wurde, und ich fürchte, daß meine[[Besitz]] Tochter sich hat verführen lassen und dadurch ihre Verirrungen vollständig gemacht hat. Ich erinnere mich noch verschiedener Umstände, die diese Befürchtung vielleicht rechtfertigen. Ich schrieb Ihnen, daß meine[[Besitz]] Tochter bei der Nachricht vom Unglück des Herrn von Valmont unwohl geworden ist. Vielleicht bezog sich diese Empfindlichkeit nur auf den Gedanken an die Gefahren, die Herr von Danceny in diesem Kampfe eingegangen war. Als sie dann nachher so viel weinte, als sie erfuhr, was man alles über Frau von Merteuil sagte, war das, was ich für freundschaftlichen Schmerz hielt, vielleicht nur die Wirkung der Eifersucht oder des Ärgers darüber, ihren Geliebten treulos zu finden. Ihr letzter Schritt läßt sich, scheint mir, auch daraus erklären. Oft glaubt man sich von Gott berufen, nur darum, weil man die Menschen haßt. Endlich: angenommen, diese Tatsachen stimmen, und daß Sie[[1]] darum wissen, dann haben Sie[[1]] sie ohne Zweifel genügend gefunden zur Rechtfertigung des strengen Rates, den Sie[[1]] mir gaben. Wenn es aber so wäre, würde ich meine[[Besitz]] Tochter zwar tadeln, aber doch glauben, daß ich es ihr schuldig bin, alles zu versuchen, ihr die Qualen und Gefahren eines vorübergehenden und trügerischen Berufes zu ersparen. Wenn Herr von Danceny nicht alles Ehrgefühl verloren hat, so wird er sich nicht weigern, das Unrecht wieder gut zu machen, das er allein verschuldet hat, und ich darf wohl noch glauben, daß die Verbindung mit meiner Tochter vorteilhaft genug ist, daß er sowohl wie auch seine Familie sich geschmeichelt fühlen können. Dies ist, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin, die einzige Hoffnung, die mir bleibt. Bestätigen Sie[[1]] mir sie rasch, wenn es Ihnen möglich ist. Sie[[1]] können sich denken, wie sehr ich mich sehne, daß Sie[[1]] mir Antwort geben, und welch schwerer Schlag Ihr Schweigen für mich wäre. Ich war im Begriffe, meinen[[Besitz]] Brief zuzuschließen, als ein Bekannter zu Besuch kam und mir den traurigen Auftritt erzählte, dem Frau von Merteuil vorgestern ausgesetzt gewesen ist. Da ich niemanden all diese letzten Tage gesehen habe, wußte ich nichts von dieser Geschichte. Hier der Bericht, wie ich ihn von einem Augenzeugen habe. Als Frau von Merteuil vorgestern, Donnerstag, vom Lande zurückkam, fuhr sie bei der {{Co¬mé¬die Ita¬lienne}} vor, wo sie eine Loge hat. Sie[[1]] war allein darin, was ihr schon ungewöhnlich vorkommen mußte, kein Herr kam sie während der ganzen Vorstellung besuchen. Vor[[Präpos]] dem Weggehen trat sie, wie es Brauch ist, in den kleinen Salon, der schon voller Leute war. Sofort erhob sich eine Unruhe, für deren Gegenstand sie sich aber sichtlich nicht hielt. Sie[[1]] bemerkte einen leeren Platz auf einer der Polsterbänke, ging hin und setzte sich. Aber sofort standen alle Frauen wie auf Verabredung auf und ließen sie ganz allein. Diese deutliche Kundgebung der Entrüstung wurde von allen Männern gebilligt und ließ das Murmeln sich verdoppeln, das bis zur Katzenmusik sich steigerte. Damit ihrer Demütigung nichts erspart bleibe, wollte es ihr Unglück, daß Herr von Prévan, der sich seit jenem Abenteuer nirgends mehr gezeigt hatte, im selben Augenblick den kleinen Salon betrat. Sobald man ihn bemerkte, bildeten alle Herren und Damen einen Kreis um ihn, begrüßten ihn mit Beifall, und das alles vor den Augen der Frau von Merteuil. Man versichert, daß diese immer noch ausgesehen hat, als höre und sehe sie nichts, und daß ihre Miene sich nicht das geringste änderte! Das halte ich nun für etwas übertrieben. Wie dem aber auch sei, diese für sie so schimpfliche Situation währte bis zu dem Moment, wo man ihren Wagen meldete; Und bei ihrem Weggang verdoppelte sich das skandalöse Geschrei. Es ist schrecklich, mit dieser Frau verwandt zu sein. Herr von Prévan wurde an demselben Abend sehr lebhaft von allen anwesenden Offizieren seines Korps begrüßt, und man bezweifelt nicht, daß er bald wieder Rang und Stellung zurückbekommt. Derselbe, der mir diese Details gebracht hat, sagte mir noch, daß Frau von Merteuil die Nacht darauf ein lebhaftes Fieber bekam, das man zuerst für eine Folge der Szene in der {{Co¬mé¬die}} gehalten hat; seit gestern abend wisse man aber, daß die schwarzen Blattern bei ihr sehr bösartig ausgebrochen sind. Es wäre wirklich ein Glück für sie, wenn sie daran stürbe. Man sagt auch noch, dieses Abenteuer würde ihr bei ihrem Prozeß, der dicht vor dem Urteil steht, sehr schaden, und sie hat dazu, wie man behauptet, sehr viel Gunst nötig, wenn sie ihn gewinnen will. Gott befohlen, meine[[Besitz]] gute und würdige Freundin. Ich sehe in alledem wohl die Bösen bestraft, aber ich sehe keinen Trost darin für ihre unglücklichen Opfer. &&ar Paris, den 18. Dezember 17.. &&al (Dieser Brief blieb unbeantwortet.) &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="175._Brief" &&fa Hundertfünfundsiebzigster Brief Der Chevalier Danceny an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Sie[[1]] haben Recht, gnädige Frau, und gewiß werde ich Ihnen, soweit es von mir abhängt, nichts abschlagen, worauf Sie[[1]] nur einigen Wert legen. Das Paket, das ich Ihnen zuzustellen die Ehre habe, enthält alle Briefe von Fräulein von Volanges. Wenn Sie[[1]] sie lesen, werden Sie[[1]] vielleicht nicht ohne Erstaunen sehen, welche Naivität sich mit so viel Perfidie vereinigen konnte. Das hat mich wenigstens am seltsamsten berührt, als ich sie eben wieder und zum letztenmal las. Kann man sich aber der lebhaftesten Empörung über Frau von Merteuil erwehren, wenn man sieht, mit welchem niederträchtigen Vergnügen sie alle Mühe darauf verwandt hat, so viel reine Unschuld zugrunde zu richten? Nein, ich empfinde keine Liebe mehr. Ich bewahre nichts mehr von einem Gefühl, das so unschuldig verraten wurde, und nicht aus diesem Gefühl heraus suche ich Fräulein von Volanges zu rechtfertigen. Und doch hätte dieses einfache Herz, diese sanfte und so leicht zu lenkende Natur sich nicht leichter noch zum Guten führen lassen als wie jetzt zum Bösen? Welches junge Mädchen, das aus dem Kloster kommt, ohne Erfahrung, ohne Gedanken, das nichts in die Welt mitbringt als eine gleich große Unkenntnis von Gut und Böse, – welches junge Mädchen hätte so niederträchtigen Künsten besser widerstehen können? Ach, um nachsichtig zu werden, genügt es, darüber nachzudenken, an wie vielen von uns unabhängigen Umständen dieses schreckliche Entweder-Oder hängt: Empfindung – Verdorbenheit. Sie[[1]] haben mir also Gerechtigkeit widerfahren lassen, gnädige Frau, wenn Sie[[1]] meinten, daß mir das lebhaft empfundene Unrecht, das Fräulein von Volanges mir antat, keine Gedanken an Rache eingeben werde. Es ist genug, daß ich sie nicht mehr lieben kann! Es fiele mir zu schwer, sie zu hassen. Es bedurfte keiner Überlegung, um zu wünschen, daß alles, was sie betrifft und was ihr schaden könnte, für immer der Welt verborgen bleibe. Wenn es so aussah, als ob ich einige Zeit zögerte, Ihren Wunsch in dieser Beziehung zu erfüllen, so brauche ich Ihnen, glaube ich, meine[[Besitz]] Gründe dafür nicht zu verhehlen: ich wollte vorher sicher sein, daß man mich infolge dieser unglücklichen Sache nicht beunruhigen würde. Während ich um Ihre Nachsicht bat, während ich sogar einiges Recht darauf zu haben glaubte, fürchtete ich, Sie[[1]] könnten glauben, ich wollte diese Nachsicht durch diese Nachgiebigkeit meinerseits erkaufen; und der Reinheit meiner Motive sicher, war es, wie ich gestehe, mein Stolz, daß Sie[[1]] nicht daran sollten zweifeln können. Ich hoffe, Sie[[1]] werden diese vielleicht zu große Empfindlichkeit der Hochschätzung verzeihen, die Sie[[1]] mir einflößen, und dem Wert, den ich auf Ihre Achtung lege. Dasselbe Gefühl läßt mich Sie[[1]] als letzte Gunst bitten, mir gütigst sagen zu wollen, ob ich Ihrer Meinung nach alle meine[[Besitz]] Pflichten erfüllt habe, die mir die unglücklichen Umstände, in denen ich mich befand, auferlegt haben. Bin ich darüber erst beruhigt, so ist mein Entschluß fest: Ich reise nach Malta. Ich will dort das Gelübde ablegen und halten, das mich von einer Welt trennen wird, über die ich, so jung ich bin, schon so sehr zu klagen gehabt habe. Ich werde unter fremdem Himmel den Gedanken an alle die Greuel zu vergessen suchen, deren Erinnerung meine[[Besitz]] Seele nur betrüben und schänden würde. Ich bin in Ehrfurcht, gnädige Frau, Ihr sehr ergebener Danceny. &&ar Paris, den 26. Dezember 17.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="176._Brief" &&fa Hundertundsechsundsiebzigster Brief Frau von Volanges an Frau von Rosemonde. &&fe &&ax &&lg=x Das Schicksal der Frau von Merteuil scheint nun erfüllt zu sein, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin, und es ist so, daß ihre größten Feinde sich teilen zwischen der Entrüstung, die sie verdient, und dem Mitleid, das sie einflößt. Ich hatte wohl recht, als ich sagte, es wäre vielleicht ein Glück für sie, wenn sie an den Blattern stürbe. Sie[[1]] ist zwar davongekommen, aber entsetzlich entstellt; und ein Auge hat sie dabei verloren. Sie[[1]] können sich wohl denken, daß ich sie nicht mehr gesehen habe, aber man sagte mir, daß sie wirklich scheußlich aussehe. Der Marquis von {{**}}, der keine Gelegenheit vorübergehen läßt, eine Bosheit zu sagen, meinte gestern, als man von ihr sprach, die Krankheit habe sie gewendet, und jetzt wäre ihre Seele auf dem Gesicht. Und es stimmte unglücklicherweise nach aller Meinung. Ein anderes Ereignis hatte noch ihre Schuld und ihr Unglück vermehrt. In ihrem Prozeß wurde vorgestern das Urteil gefällt, und einstimmig zu ihren Ungunsten. Auslagen, Entschädigungen, Rückerstattung der Zinsen, alles ist den Minderjährigen zugesprochen worden, so daß das wenige von ihrem Vermögen, das in dem Prozesse nicht riskiert war und noch mehr als das, weit mehr als die Kosten beträgt. Gleich nach Erhalt dieser Nachricht hat sie, obschon sie noch krank war, ihre Vorkehrungen getroffen und ist des Nachts und allein mit der Post abgereist. Ihre Leute sagen heute, daß keiner von ihnen habe mit ihr gehen wollen. Man nimmt an, daß sie nach Holland ist. Diese Abreise erregt noch mehr Lärm als alles übrige; sie hat nämlich ihre Diamanten mitgenommen, einen sehr beträchtlichen Gegenstand, der in den Nachlaß des Mannes einbezogen werden sollte; ferner ihr Silberzeug, ihren Schmuck, kurz alles, was sie konnte. Und hat 50000 Francs Schulden hinterlassen. Ein völliger Bankrott. Die Familie soll sich morgen versammeln, um sich mit den Gläubigern abzufinden. Obschon ich nur sehr entfernt verwandt bin, habe ich mich erboten, beizutragen. Aber ich werde nicht persönlich bei der Versammlung sein, da ich einer viel traurigeren Zeremonie beiwohnen muß. Meine[[Besitz]] Tochter legt morgen das Kleid der Postulantin an. Ich hoffe, meine[[Besitz]] liebe Freundin, Sie[[1]] vergessen nicht, daß ich dieses große Opfer zu bringen keinen andern Grund habe als das Schweigen, das Sie[[1]] mir gegenüber bewahrt haben. Herr von Danceny hat Paris verlassen, es werden ungefähr vierzehn Tage her sein. Man sagt, er gehe nach Malta, und hat die Absicht sich dort niederzulassen. Wäre es vielleicht noch Zeit, ihn zurückzuhalten? … Meine[[Besitz]] liebe Freundin! … Meine[[Besitz]] Tochter, ist sie also so sehr schuldig? … Sie[[1]] werden einer Mutter wohl verzeihen, daß sie nur so schwer sich in diese schreckliche Gewißheit fügt. Was für ein Verhängnis hat sich denn um mich her verbreitet, und mich in meinen[[Besitz]] Liebsten getroffen! Meine[[Besitz]] Tochter und meine[[Besitz]] Freundin! Wer zittert nicht bei dem Gedanken an all das Unglück, das ein einziges gefährliches Verhältnis hervorbringen kann! Und wie viele Leiden würde man sich ersparen, wenn man dies mehr bedächte. Welche Frau ergriffe nicht beim ersten Wort des Verführers die Flucht! Welche Mutter könnte ohne zu zittern ihre Tochter mit jemandem andern sprechen sehen, außer ihr selbst? Aber diese Nachbedenken kommen immer erst, wenn alles vorbei ist; und eine der wichtigsten und wohl auch anerkanntesten Wahrheiten wird erstickt und ist ohne Anwendung im Taumel unserer widersinnigen Sitten. Gott mit Ihnen, meine[[Besitz]] liebe und würdige Freundin; ich empfinde es diesen Augenblick, daß unsere Vernunft, die schon zur Vermeidung von Unglück kaum hinreicht, noch weniger fähig ist, uns darüber zu trösten. &&ar Paris, den 14. Januar 18.. &&x &&ns &&am &&lg=x &&g="Nachwort_des_Herausgebers" &&fa Nachwort des Herausgebers &&fe &&ax &&lg=x Gründe und Erwägungen, die zu respektieren wir uns stets zur Pflicht machen werden, zwingen uns, hier innezuhalten. Wir können in diesem Augenblick dem Leser weder die Fortsetzung von Fräulein von Volanges Erlebnissen geben, noch ihn mit den Ereignissen bekannt machen, die Frau von Merteuils Bestrafung vollendet haben. Vielleicht können wir dies später einmal; doch wollen wir in dieser Beziehung keine Verpflichtung auf uns nehmen. Und könnten wir es auch, so würden wir doch glauben, daß wir zuvor den Geschmack des Publikums befragen müssen, das andere Gründe hat als wir, sich für diese Lektüre zu interessieren.